Flächenretuschiertes Fragment

Begonnen von StoneMan, 21. Oktober 2017, 21:03:38

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StoneMan

Moin,

zu diesem Fundbeleg möchte ich gerne eure Einschätzung.

Fundort: D / S-H
50 x 36 x 8 mm, 14,5 Gramm

Das Gerät ist mit einem typischen Angelbruch fragmentiert. Der Bruch selber ist patiniert.

Zum Bruchende scheinen sich die Lateralen bereits wieder zu verjüngen. Leider kann ich nicht
mit Sicherheit ausschließen, ob es alte Ausbrüche / Schäden sind, oder ob es ursprünglich so modifiziert wurde.
Die Patinierung ist jedenfalls wie die übrige Oberfläche.

An der einen Kante sind kurz vor der Spitze zwei Beschädigungen. Sie erscheinen auf den ersten Blick rezent.
Die Ausbrüche sind quasi genau so patiniert wie der Rest der Spitze. Ebenfalls sind die proximalen Kanten der
Muschelbrüche verrundet.
Lediglich die winzigen Aufschlagpunkte in den Ausbrüchen sind wegen der Zertrümmerung kaum oder gar nicht patiniert.

Für die Einschätzung was es für ein Gerät ist, ist dies aber nicht relevant.

Was habt ihr für einen Eindruck?


Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Nanoflitter

Ziemlich gross und patiniert. Schwer zu sagen. Hab mittlerweile ca. 4 abgebrochene flächig retuschierte Spitzen, wo eine genaue Ansprache reine Spekulation wäre. Der erste Satz ist der Unterschied zu meinen. Gruss..

StoneMan

Moin Nanoflitter,

sind Deine Fragmente von heimischen Fundplätzen und hast Du Deine bereits hier gezeigt?

Danke dennoch für Deinen Beitrag - geteiltes Leid... ;.)

Gruß

Jürgen
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Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

hargo


Nanoflitter

Zitat von: StoneMan in 21. Oktober 2017, 23:12:17
Moin Nanoflitter,

sind Deine Fragmente von heimischen Fundplätzen und hast Du Deine bereits hier gezeigt?

Danke dennoch für Deinen Beitrag - geteiltes Leid... ;.)

Gruß

Jürgen

Ja, heimische Plätze, alle hier irgendwo eingestellt. Eigentlich nicht bestimmbar. Pfeilspitze? Dolch? Speerspitze? Blattspitze? Die Fragezeichen werden bleiben, wenn du den Rest nicht findest. :heul: Gruss...

Steinkopf

Hallo Jürgen,

Du hast das Fundstück sauber angelichtet -wie wir es von Dir kennen.

Auch die Beschreibung: "Zum Bruchende scheinen sich die Lateralen bereits wieder zu verjüngen."

ist zu erkennen. Dadurch sind der Fantasie enge Grenzen gesetzt.

Das Stück ist schon sehr flach abgedrückt. Es wirkt aber immer noch recht grob bearbeitet.

Mehr sehe ich im Augenblick auch nicht.

LG

Jan

StoneMan

Moin Leute,

nun, eure Fragezeichen sind eine gewisse Beruhigung für mich, bin ich doch nicht allein damit.

Klar denke ich auch in Richtung Dolch oder gar Sichel (die sind, wenn sie neu sind auch mitunter bilateral konvex),
aber wie Jan es schreibt, diese verflixte Verjüngung zum Bruchende macht mir Kopfzerbrechen.

Und ich habe Bücher gewälzt und meine Vermutung, dass die Verjüngung intentionell sein könnte,
hat sich vermutlich bestätigt.

Morgen mache ich eine maßstäbliche Montage und zeige euch eine bestimmte Art "Gedrungene Flintdolche" mit breitem Blatt.

Und Jans Anmerkung zur "groben Bearbeitung" passt auch zur Beschreibung.  :super:

@ Jan, schau einmal bei Hans Joachim Kühn, "Das Spätneolithikum in Schleswig-Holstein", Seite 42 und Tafel 4, 4.

Danke euch einstweilen - N8

Jürgen


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Steinkopf

#7
Hallo,

Vielleicht passen die äußeren Proportionen des Fundstücks zu einem ähnlichen Dolch:

Länge: 12,5 cm, Breite: 3,2 cm;



Möglicherweise ist es  im Stadium einer Vorarbeit verunglückt.

LG

Jan

Wiesenläufer

Moin,
Sichel würde ich nach dem Gefühl und dem Aussehen her, ausschließen. Für mich sieht es nach einem alten Bruch aus, was auch mit der Patina passen würde.
Ich tendiere auch zu einem Dolch.
Ihr werdet wahrscheinlich mehr Fachwissen haben als ich, also nehmt es mir nicht "übel" wenn ich mich in Eure Diskussionen einmische.
G. v. Wiesenläufer
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

StoneMan

Moin,

Danke euch allen noch einmal.

@ Jan, urteile selber, ob Dein Beispiel zu diesem Typ gehört. Wobei ja erst einmal
festgestellt werden muss, ob das zutreffend ist, was ich da rausgekramt habe.
Aber vorweg noch einmal :super: für Deine Anmerkung zur "groben Bearbeitung".

Es hatte mich ja dann gestern nicht mehr ruhen lassen und musste noch stöbern.

Hier die beiden Bildmontagen, begleitet mit Zitatauszügen von Hans Joachim Kühn.

Hans Joachim Kühn, "Das Spätneolithikum in Schleswig-Holstein".

Kapitel 2. Dolche, Seite 41 ff , Typ I

Zitat: [...]
Gedrungene Flintdolche des Typs I mit breitem Blatt, deren größte Breite zwischen
Dolchmitte und Dolchspitze liegt, werden Variante a zugerechnet.
[...]
Neben wenigen Einzelfunden ist je ein Exemplar aus einem Grabhügel (...Taf. 4,5) und von einem Werkplatz Westholsteins (Taf. 4,2) bekannt.
Die Definition dieser Variante entspricht derjenigen E. Lomborgs, wenn auch die schlanke Form, wie sie stellvertretend für den
südskandinavischen Dolchtyp IA abgebildet ist, in Schleswig-Holstein nur mit zwei Exemplaren vertreten ist (Taf. 4, 3-4).

Die grobe Bearbeitung weist einige Vertreter dieser Variante als Halbfabrikate aus (Taf. 4,1-2),
doch zeigen auch die fertigen Dolche auffallend großflächige Muschelung.


Zitat Ende

Was meint ihr, passt meine virtuelle Rekonstruktion?

Gruß

Jürgen


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Antoine de Saint-Exupéry

Neos

Moin, Jürgen,

ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Jan mit seiner These einer Vorarbeit absolut richtig liegt. Für ein vollendetes Stück sind die Flächenretuschen einfach noch viel zu grob ausgeführt.

Und was den Dolch-Typ angeht: Deine Montage erscheint mir sehr passend!  :super:

Viele Grüße

Neos

StoneMan

Moin,

Danke Neos, Deine Einschätzung weiß ich zu würdigen.

Du hast aber nicht den letzten Satz im Zitat überlesen? Denn das Teil ist bereits so dünn, da weiß ich gar nicht,
wie die da noch etwas runter bekommen. Aber ich bin ja auch kein Flintknapper.

Schön dass Dir die Montage passend erscheint.

Gruß

Jürgen
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Antoine de Saint-Exupéry

Nanoflitter

Ich schätze deine Montagen und Bildbearbeitungen sehr, leider wird nicht mehr als ein "könnte" herauskommen. Jede feste Zuordnung ist hier unseriös. Gruss..

StoneMan

Moin Nanoflitter,

es war und ist von Anfang an ein Fragezeichen (besonders für mich) mal sehen was die Fundaufnahme ergibt.

Schade, dass ich es nicht ein paar Tage eher gefunden hatte, denn da war ich selber im Landesamt und
hätte es auch vorlegen können.

Gruß

Jürgen
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Nanoflitter

Es ist ohne Frage eine sehr schöne, flächig retuschierte, abgebrochene Spitze, die zu finden, auch mich sehr glücklich machen würde. :-) Die Wahrscheinlichkeit, das sie von einem evtl. unvollendetem Dolch stammt, ist hoch. Nicht mehr und nicht weniger. Gruss..

Birk

Moin Jürgen. Klasse Stück welches du da finden durftest. :super: Meine Vermutung geht auch in Richtung Dolch. Nano hat da halt auch mit recht. Man wird es kaum noch beweisen können. Aber das macht unser Hobby doch auch aus. Man kann oftmals richtig schön weiter träumen. Auch wenn man sich so das ein oder andere mal über Fragmente ärgert. Aber erst einmal finden. :zwinker:

Also immer weiter.

Gruß
  Thomas

StoneMan

Moin,

Danke euch beiden auch noch einmal.

Wenn ich sagen würde, ich will nicht unbedingt wissen was es was, würde ich mich Lügen strafen.

Schließlich stand in meiner Signatur einmal: "Eigentlich bin Ich gar nicht neugierig, ich will immer nur alles genau wissen".  :-D

Aber Tatsache ist, ick freu mir wie Bolle über so´n geilet Teil, egal was dabei rauskommt oder es offen bleibt.

Gruß

Jürgen
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Danske

Moin Jürgen,

auf jeden Fall ist es ein wunderschönes Artefakt, auch wenn es "nur" fragmentarisch erhalten ist.

Tippe übrigens auch Richtung Dolch, deine Montage überzeugt.

Habe mal im PVP geschaut. Was meint er eigentlich mit "Dolkstave", S. 124+125? Habe keine Übersetzung gefunden, Nr. 202 könnte auch passen.

LG Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

StoneMan

Zitat von: Danske in 22. Oktober 2017, 22:12:10
...
Habe mal im PVP geschaut. Was meint er eigentlich mit "Dolkstave", S. 124+125? Habe keine Übersetzung gefunden, Nr. 202 könnte auch passen.

LG Holger

Moin Holger,

PVP meint damit "Dolchstab". Das sind mächtige dicke Dinger. So genau habe ich mich damit
noch nicht auseinander gesetzt.

Passt m. E. nicht so gut, weil - Zitat Kühn: "...deren größte Breite zwischen Dolchmitte und Dolchspitze liegt"
Das ist ja abweichend von den meisten Dolchen, deren größte Breite in Dolchmitte liegt.

Dank Dir.

Gruß

Jürgen
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Neos

Moin, Jürgen,

Zitat von: StoneMan in 22. Oktober 2017, 13:11:01
Du hast aber nicht den letzten Satz im Zitat überlesen? Denn das Teil ist bereits so dünn, da weiß ich gar nicht,
wie die da noch etwas runter bekommen. Aber ich bin ja auch kein Flintknapper.

vielleicht war genau das der Grund, weshalb das Stück nicht fertig wurde. Who knows?

Zitat von: StoneMan in 22. Oktober 2017, 13:34:24
Schade, dass ich es nicht ein paar Tage eher gefunden hatte, denn da war ich selber im Landesamt und
hätte es auch vorlegen können.

Nächste Chance: Wie ich dich einschätze, kommst du doch sicherlich zum diesjährigen Tag der Archäologie am 04.11. nach Schleswig, oder? Sönke wird auch da sein...  :-D

Viele Grüße

Neos

StoneMan

Moin,

@ Neos,

klar, wodurch er gebrochen wurde, das bleibt uns für immer verborgen. Ich erwähnte das lediglich
noch einmal, weil Kühn bereits die "großflächige Muschelung" auffiel.

Leider kann ich am 04.11. nicht nach Schleswig kommen, die Info bekam ich leider zu spät.
Eine zuvor geplante Familienfeier bindet mich...   :heul:

Gruß

Jürgen
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Antoine de Saint-Exupéry

StoneMan

Moin,

schaue gerad in meine Unterlagen...  :glotz:

NACHTRAG

2018 beim TDA hatte Dr. Sönke Harz den Fund gemäß H. J. Kühn bestätigt.

Gruß

Jürgen
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