Mal was anderes als Stein... "Steinzeug" Spinnwirtel

Begonnen von StoneMan, 27. Juli 2015, 23:03:41

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StoneMan

Moin,

eigentlich gar nicht mein Beutechema. Zumal ich auch nicht auf Suche war.
Dieser einfache neuzeitliche Wirtel lag mitten im Wald.
Der letzte Sturm erforderte, dass schweres Gerät abseits von Wegen in den Wald fuhr.
Neben einer tiefen Radspur lag der Wirtel obenauf.

Spinnwirtel aus dem Rumbachtal, Mülheim an der Ruhr

Typ KUG
Kugelförmig, Abplattung unten etwas mehr.

Außendurchmesser: 30 mm
Höhe: 22 mm
Bohrung, konisch: 8,5/10,0 mm Ø
Gewicht: 22,4 g

Dieser kugelige Wirtel ist aus grauem Steinzeug (Raeren?).
Außen, 2 mm unterhalb des größten Durchmessers, ist eine schlichte Verzierung
in Form einer halbrunden Rille von nur einem Millimeter Breite/Tiefe.

Die Salzglasur ist auf dem oberen Teil des Wirtels (kleines Loch) aufgrund
starker Abrasion kaum noch vorhanden. Am unteren Teil dagegen ist die Glasur
noch deutlich zu sehen.
Im konischen Loch ist die Glasur am besten erhalten. Aber auch hierin kann man
Gebrauchsspuren sehen; das anliegende Holzstäbchen hat die Glasur abgerieben,
sodass matte Kontaktzonen entstanden. Die konische Bohrung gewährleistet einen
guten Kontakt am Holz und somit eine große Haltekraft.

Wer kann den Spinnwirtel zeitlich eingrenzen?

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Sprotte

Hallo Jürgen,

ich würde für Spätmittelalter plädieren: 13.-15. Jahrhundert.

Viele Grüße
Sprotte

StoneMan

Moin Sprotte,

das wäre ja fein. 
Ich selber, keine Ahnung von Spinnwirteln, habe es nicht so alt vermutet.

Danke Dir für Deine Einschätzung. :Danke2:

Keramiker vor @ Levante, thovalo & Co, gibt es dazu etwas öffentliches zum nachsehen?
Natürlich für den hiesigen Bereich (NRW-Ruhrgebiet)  :-D

Gruß

Jürgen
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Antoine de Saint-Exupéry


Heino

Ein Wirtel kann überall liegen, aber meistens handelt es sich bei den Fundstellen um einen abgegangenen Siedlungsplatz. Also, Augen auf!
Der Datierung von Sprotte würde ich mich anschließen.
Gruß Heino

StoneMan

Moin,

da lag ich ja mit "Steinzeug (Raeren?)" gut, lediglich beim Alter wäre ich im Traum
nicht soweit zurück gegangen. 15. Jhd. (gar älter) find ich  :super:

Weiß jemand, wann man die Handspindeln mit Wirtelstein ausliefen?
In meinem Meyers Konversations-Lexikon von 1897 steht lediglich, dass die Handspinnerei
durch die Maschinen fast verdrängt ist.

Super, danke für Dein Link Nanoflitter.

@ Heino, das historische Kartenmaterial was ich gesichtet habe, zeigt dort keine Besiedelung, kein Weg.
Aber damit (historische Karten) bin ich nicht so firm - werde noch dran bleiben.
Ein Bach läuft in der Nähe, da kann bei Hochwasser so manches angespült werden.


Gruß

Jürgen
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Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Furchenhäschen

Hallo Jürgen,
ein schwieriges Thema!
Wie schon wiederholt gesagt, Wirtel sind Evergreens, vom Neolithikum bis in die Neuzeit in der Formgebung nahezu unverändert.
Was will man auch an dieser pragmatischen, erprobten Form recht viel verbessern.
In diesem grauen Farbton, auch glasiert und oder nicht sind diese Wirtel in der ganzen Republik verbreitet.
Vom Aussehen ist dieser Wirtel vom frühen Mittelalter bis in die frühe Neuzeit möglich.

Grüße
Peter

StoneMan

Moin Peter,

danke auch Dir - Du hast ja so "einige" davon.
Ich möchte ihn auch nicht älter machen als er ist, daher hake ich ja nach bis wann die Dinger
in Gebrauch waren.
Frühe Neuzeit, 18./19. Jahrhundert, wäre ja das was ich als Laie annahm.
Gegen die anderen Stimmen kann und will ich mich nicht stemmen :super:

Wie war doch noch eine Signatur von mir?
"Ich bin gar nicht neugierig, ich will nur immer alles genau wissen!  :-D

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

hargo

#8
Hallo Jürgen,

Sonderformen, wie Spinnwirtel, wurden in Raeren angeblich ab dem 15./16. Jh. in Massen produziert. Erst Mitte des 16. Jh. wurden alle Warenarten mit einer Salzglasur versehen. Ob es sich bei deinem Fund tatsächlich um ein Produkt aus Raeren handelt, weiß ich natürlich nicht.

Aus deiner Heimatstadt sind ein paar Wirtel von der Isenburg bekannt, was Eurem Bürgermeister sogar eine Erwähnung auf der städtischen Homepage wert ist.
https://www.essen.de/rathaus/aemter/ordner_67/isenburg_1/Spinnwirtel.de.html

Die Isenburg wurde allerdings schon im Jahre 1288 zerstört und nicht wieder aufgebaut.

Ich würde im Zweifelsfall der Einschätzung von Peter folgen (frühe Neuzeit 16.-18. Jh.)

mfg

StoneMan

Moin hargo,

Zitat von: hargo in 29. Juli 2015, 00:31:18
...Erst Mitte des 16. Jh. wurden alle Warenarten mit einer Salzglasur versehen...

Das ist doch eine prima Annäherung - danke dafür.

Die Wirtel von der Isenburg bzw. den verlinkten Artikel hatte ich bereits in meinem "Ordner" Wirtel abgelegt.
War bei meiner ersten Recherche schon hochgekommen, da die Stadt MH da nicht so ergiebieg war.

Der Artikel wird von unserem Dr. Hopp (Stadtarchäologe) sein, ich kenne ihn persönlich.
Den Wirtel werde ich ihm per PDF vorlegen. Er kann mir ggf. auch einen Kontakt zur
Mülheimer Archäologie nennen.

Der Fund dieses einfachen Alltagsgegenstandes macht mir echt Freude.
So werde ich ihn vorläufig ablegen: Frühe Neuzeit 16.-18. Jhd.
Danke euch allen und macht weiter die Augen auf.

Gruß

Jürgen


PS

Übrigens, ich wohne nur etwa 3 km von der Isenburg.
Als Kind, ich wohnte noch weiter weg, habe ich bereits dort Ritter gespielt.
Wenn ich heute die große Außenmauer mit dem Fenster sehe, wird mir einigermaßen mulmig,
denn die habe ich als Dreikäsehoch im "freestyle climbing" geentert... :irre:


Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
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Antoine de Saint-Exupéry

StoneMan

Moin,

das ging ja ratzfatz.

Meldung an die Untere Denkmalbehörde Mülheim an der Ruhr.
Weiterleitung >> an das Amt für Bodendenkmalpflege Rheinland.
Zitatauszug:
Die als PDF angehängte Funddokumentation des Finders ermöglichte eine Datierung
des Spinnwirtels ins 16.-17. Jahrhundert
Zitat Ende

Danke euch allen für eure fachkundigen Vorab-Informationen.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Furchenhäschen

Zitat von: StoneMan in 07. August 2015, 16:02:43
Moin,

das ging ja ratzfatz.

Meldung an die Untere Denkmalbehörde Mülheim an der Ruhr.
Weiterleitung >> an das Amt für Bodendenkmalpflege Rheinland.
Zitatauszug:
Die als PDF angehängte Funddokumentation des Finders ermöglichte eine Datierung
des Spinnwirtels ins 16.-17. Jahrhundert
Zitat Ende

Danke euch allen für eure fachkundigen Vorab-Informationen.

Gruß

Jürgen


Danke für die Info Jürgen!