Graue Scherbe mit rotem Kern

Begonnen von Seckachtaler, 22. März 2016, 15:09:45

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Seckachtaler

Hallo,

gestern beim Hundespaziergang auf einem Acker im Odenwälder Bauland gefunden.

Beide Seiten sind grau, scheinen aber unglasiert.
Der Kern der Scherbe ist rot.
Deutlicher Fingerabdruck auf der Innenseite.
Auf der Außenseite abgebrochener Fuß oder Handhabe oder Knubbe?
Der Grünstich ist dem komprimieren geschuldet, im Original ist die Scherbe nicht grünlich.

Kann mir jemand bei der Einordnung helfen?

Vielen Dank
   Jens

Heino

Scheint reduzierend gebranntes karolingisches Steinzeug zu sein.
Gruß Heino

thovalo



Nein, leider nicht karolingisch!
Reduziert gebrannte HOCHmittelalerliche Irdenware  :glotz:

Har was von einem Grapenfragment mit abgebrochenen Bein.

lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Seckachtaler

Hallo Heino und Thomas,
vielen Dank für Eure Einschätzungen.
Das wäre für mich Beides denkbar.
Im Nachbarort wurde vor wenigen Jahren ein karolinger Gutshof bestätigt.
Ersterwähnung meines Wohnortes durch div. Schenkungen an das Kloster Lorsch ist 788.

Dann ist die schwarze Färbung wohl die Sinterschicht?

Übrigens will ich die Scherbe morgen auf dem Amt zeigen(ich habe heute morgen telefoniert).
Mache ich mich damit lächerlich?

Nebenbei:
An Büchern habe ich leider nur "Keramik aus Südwestdeutschland" von Rainer Schreg.
Ich finde das Buch zwar super, aber da ich auch leider kein Randstück fand ist die Einordnung, für mich als Laien, sehr schwer.
Auch hunderte Fotos aus besuchten Museen brachten mich praktisch nicht weiter.

Gibt es einen Buchtipp?
Etwas Grundlegendes zu Keramik möglicherweise?

Ich bin für Empfehlungen dankbar.



Bis dann
  Jens

thovalo

Zitat von: Seckachtaler in 22. März 2016, 21:49:24
Hallo Heino und Thomas,
vielen Dank für Eure Einschätzungen.
Das wäre für mich Beides denkbar.
Im Nachbarort wurde vor wenigen Jahren ein karolinger Gutshof bestätigt.
Ersterwähnung meines Wohnortes durch div. Schenkungen an das Kloster Lorsch ist 788.

Dann ist die schwarze Färbung wohl die Sinterschicht?

Übrigens will ich die Scherbe morgen auf dem Amt zeigen(ich habe heute morgen telefoniert).
Mache ich mich damit lächerlich?

Nebenbei:
An Büchern habe ich leider nur "Keramik aus Südwestdeutschland" von Rainer Schreg.
Ich finde das Buch zwar super, aber da ich auch leider kein Randstück fand ist die Einordnung, für mich als Laien, sehr schwer.
Auch hunderte Fotos aus besuchten Museen brachten mich praktisch nicht weiter.

Gibt es einen Buchtipp?
Etwas Grundlegendes zu Keramik möglicherweise?

Ich bin für Empfehlungen dankbar.



Bis dann
 Jens


Ich bin auf die Keramik des Rheinlands spezialisiert, da passt die Literatur für Dich nicht.
LEVANTE/Patrik kann Dir dazu mit Sicherheit mehr sagen, denn der arbeitet Dir räumlich deutlich näher!

Er ist aber grade unterwegs.
Schreibe ihm eine PM.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Levante

Zitat von: Heino in 22. März 2016, 16:40:45
Scheint reduzierend gebranntes karolingisches Steinzeug zu sein.
Gruß Heino

Hi bin gerade nur mal schnell mit dem Handy im Forum daher nur eine kurze Antwort.

Also Karolinger und Steinzeug passt leider nur bedingt zusammen, möchte ich aber jetzt nicht näher drauf eingehen.

Die Scherbe ist ,wie schon geschrieben wurde äußerlich reduzierend gebrannt ,im Kern haben wir jedoch eine Oxidation , dies kann unabsichtlich beim Brand im Töpferofen aufgetreten sein  als der Ofen bei der Reduktion Sauerstoff gezogen hat ,kann aber auch Absicht gewesen sein.

Leider habe ich wohl deine Fund Gegend überlesen.

Das Buch von Rainer ist tazächlich nicht so ganz unproblematisch , gerade für Leute die am Anfang der Keramik Ansprache stehen.

Für einen abgebrochenen Grapen Fuß würde ich dein Fragment momentan nicht halten. Eher für einen leicht abgeflacht en Deckel mit abgebrochenem Knauf. Für ein ähnliches Stück habe ich.gerade leider kein Belegstück zur Hand, bei einer näherem Räumlichen Einordnung sollte sich da jedoch etwas ähnliches finden lassen.

Ich hoffe dir auf die Schnelle wenigstens etwas geholfen zu haben.

LG Patrick

P.S. räumlich kann ich dir dann auch gerne  Literatur empfehlen.
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

Levante

Ich habe doch mal etwas im Depot geschaut ,ähnliche Formen gab es z.B. in Dreihausen als Brennhilfen bis in das frühe 20. Jahrhundert. Diese haben dann meist eine Markierung von einem ,zwei oder drei strichen . Den Fragment scheint einseitig den Rest einer lochen Markierung zu haben.
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

Seckachtaler

Guten Abend,
als Erstes vielen Dank das sich so viele Leute Gedanken machen.

Brennhilfe, das stelle ich mir jetzt als eine Art Stütze für das eigentliche Brenngut vor. Kann man das so sagen?
Der große Radius wäre dazu auch passend.

Es sind sowohl Kratzer als auch Beschädigungen an der Scherbe, aber ob es sich um Markierungen handelt vermag ich nicht zu sagen, da mir doch die Oberfläche irgendwie nachher (nachdem die Oberfläche schon gebrannt war) beschädigt erscheint.
Ein Kratzer ist jedoch auffallend gerade und hat Anfang und Ende. Also nicht einfach drübergezogen.

Leider war am Donnerstag doch niemand auf dem Rathaus erreichbar.
Ab Mittwoch wieder.

Bis dann
  Jens

Seckachtaler

Hallo,

letzte Woche hatte ich die Gelegenheit die Scherbe den Fachleuten vom RPS Karlsruhe zu zeigen.
Sehr wahrscheinlich römisch.
Auch die Fundstelle war dem Amt anscheinend schon als römisch bekannt.

Danke für alle Gedanken zu diesem Thema, welche mir Stichworte lieferten mich weiter einzulesen.

Bis dann
  Jens

Mordar

 :winke:

Die Ansprache als römisch kann ich - im Gegensatz  zu den vorangegangenen Einschätzungen - ganz und gar nicht nachvollziehen ...
:kopfkratz:
Gerd

The Benutzer Formerly Known As Wühlmaus

Mordar

 :winke:

Hi,
hier nochmal zum Vergleich zwei Wandscherben, die ich am Freitag auf einer mittelalterlichen/frühneuzeitlichen Streuung am linken Niederrhein auflesen konnte. Es ist mittelalterliche Grauware und so würde ich auch deine Scherbe einordnen.

Zum Thema "Brennhilfen" kann ich nix beisteuern, da ist Patrick der Fachmann. Vielleicht kann er ja noch ein paar Vergleichsfotos beisteuern.

:winke:
Gerd
The Benutzer Formerly Known As Wühlmaus

Seckachtaler

Hallo,
nachdem es so viele Zweifel gab war ich heute im Osterburkener Römermuseum und habe dort nach Vergleichsstücken gefragt.
Im Keller lagern die Scherben aus dem Kastell Osterburken und in einem der Kartons mit der Beschriftung "Deckel" befinden sich dutzende Deckelscherben.
Sehr Viele außen in verschiedenen Grautönen, mal heller mal dunkler, und Einige auch mit rotem Kern.
Nach Aussage des freundlichen und kundigen Museumsmitarbeiters (für Ihn war die Scherbe eindeutig römisch) ist auch die Möglichkeit gegeben, daß die fertige Keramik später einem Feuer ausgesetzt war.
So war es in Osterburken der Fall.

Zum Vergleich habe ich eine Scherbe dort aufgenommen.
Fotos zu vergleichen ist so eine Sache, ich weiß, aber die Stücke dort sind wirklich sehr ähnlich.
Leider hatte ich nur das Handy zum fotografieren dabei und erst zu hause gesehen wie schlecht die Qualität ist.
Ich werde demnächst nochmal bessere Bilder machen.

Danke für alle Denkanstösse

Bis dann
  Jens

RockandRole

Hallo an alle  :winke:

Jetzt weiß ich wenigstens wieder einmal, dass ich nix weiß.  :-)

Ein Kompliment an dich Jens, dass du der Sache so nachgegangen bist. Trotzdem müsste es doch ein Unterscheidungskriterium zwischen der römischen und der mittelalterlichen Wahre geben   :kopfkratz:

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Levante

NHi,

ich halte es für absolut verständlich, das jemand aus einem "Römer Museum" der die ganze zeit nur römische Keramik vor den Augen hat meint, "eindeutig römisch".

Ich sag ja schon seit Jahren, dass sich Deckel oder Deckelfragmente als Einzelfunde von der Römerzeit bis in die Neuzeit datieren lassen, da gewisse Formen vor 2000 Jahren und nach 1600 Jahren identisch sind.  :irre: :narr:
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

Mordar

.... und nicht alles, was sich auf einer römischen Fundstelle auflesen lässt, ist auch römisch...  :dumdidum:

Für mich bleibts bei der Ansprache hartgebrannte mittelalterliche Grauware, was die obenstehende Scherbe angeht, da bin ich wohl unbelehrbar ...  :engel:

Die zweite, eindeutigere, Deckelscherbe kann gut römisch sein ... unterscheidet sich aber deutlich von der oberen ... da vergleichen wir Äpfelchen mit Birnchen ...

:winke:
Gerd

The Benutzer Formerly Known As Wühlmaus

Levante

Gerd da bin ich ganz bei dir.  :smoke:
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

hargo

Die Qualität der Fotos ist nicht ausreichend.
Was im Zweifelsfall für die Meinung der Fachleute vor Ort spricht.

mfg