Einordnung verschiedene Scherben - Malhornware

Begonnen von Rheinpirat, 15. Oktober 2024, 11:50:24

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Rheinpirat

Hallo zusammen,

ich habe aus der Gelegenheit einer ehrenamlichen Bergungsbegehung eine große Menge Keramik vom Bauplatz eines abgerissenen Bauernhauses im alten Ortskern im Kreis Karlsruhe geborgen. Darunter ein paar Stücke Malhornware, bei denen ich mit der zeitlichen Einordnung kämpfe. Wüsste eventuell jemand Rat?
Dekorationsobjekte, die sich an der Werra- und Weserware orientierten, gab es ja noch bis ins 20. Jahhundert.

Das erste (und zweite) Bild zeigt wahrscheinlich einen Teller, von dem auch gegessen wurde, wie die Messerspuren vermuten lassen. Das Objekt mit der dunkelbraunen Grundfarbe fällt vor allem wegen dem kragenartigen Rand auf. 

Beifunde waren die typischen Seltersflaschen und vielfältige Gebrauchskeramik nach 1800 in großer Masse. Nur einzelne Scherben, lassen sich sicher vor oder deutlich vor 1800 einordnen.

Vielen Dank schon vorab!

Rheinpirat

Hier noch eine Ergänzung zum letzten Bild, da der Anhang zu groß wurde.

Heino

Hallo Rheinpirat,
passt nach meiner Einschätzung alles eher ins !9. Jahrh. als in die Zeit davor.
Gruß Heino

Rheinpirat


Levante

Guten Morgen,

es freut mich sehr, dass du derartig junges Material aufgesammelt hast.
Natürlich sind Bleiglasierte Irdenwaren und Malhornwaren kulturell weit verbreitet. Die Spätrenaissance Werra Ware und die Weserware gehören lediglich zu den bekanntesten Vertretern. Da gibt es natürlich noch die Niederrheinische Irdenware die ebenfalls zu nennen ist, sowie vieler weiterer Vertreter, die jedoch eher regionale Verbreitung fanden. Hier in Mittelhessen wäre es die Schwelmer Bauernkeramik, die aber nahezu überall hergestellt worden ist.
Beieinen Fragmenten sehen wir beispielsweise Schlicker Dekore, aber auch die typische Verlaufsdekore, sowie Schlickerdekore wie sie spätestens seit dem frühen 18. Jahrhundert nahezu überall die Regel sind. Ich würde zumindest die Fragmente mit der Braunen Grundengobe und der Werra Ware ähnlichen Randausformung tatsächlich noch in das späte 17. oder das frühe 18. Jahrhundert datieren wollen. Die weiteren Fragmente passen eher in das ausgehende 18. und frühe 19. Jahrhundert.

Spoiler, wir durften Ende letzten Jahres bzw. Anfang dieses Jahres in Wanfried die Reste einer Werra Keramik Töpferei graben. Die Publikation es Fundkomplexes ist noch ausstehend.

LG

Patrick
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

Rheinpirat

Guten Morgen Patrick,

vielen Dank für die ausführliche Erläuterung.  :super:

Eine Töpferei, die sicherlich auch die umgebenden Ortschaften beliefert hat, gabe es hier wahrscheinlich schon seit dem Mittelalter bis zum Ende des 19. Jahrhunderts auch. Unter anderem haben wir von dieser einen (vermutlichen) Taufteller aus dem frühen 18. Jahrhundert. Zudem gehen wir hier durch die Nähe zum Rhein von regem Warenaustausch in den letzten Jahrhunderten aus. Daher ist die lokal vorgefundene Keramik aus allen Zeiten immer sehr interessant, selbst relativ junge Fundkomplexe. Leider gibt es nur vereinzelte Versuche, die lokalen Fundkomplexe aus dem Spätmittelalter und der Neuzeit auszuwerten. Konkrete Einordnungen sind daher nicht immer einfach.

Viele Grüße