Das Randfragment eines karolingischen Kugeltopfes

Begonnen von thovalo, 24. September 2021, 17:27:19

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thovalo



Guten Abend!

Dies ist das Randfragment eines "klingend hart" gebrannten karolingerzeitlichen Kugeltopfes aus einer Produktion am Kölner Vorgebirge, das aktuell im Bereich einer fränkischen Siedlung am rechten Niederrhein aufgefunden worden ist. Dieselbe Form gibt es auch aus der Töpferregion Mayen in der Eifel. Die Mayener Stücke zeigen jedoch einen rötlich gebrannten Kern und weisen reflektierende dunkle vulkanische Partikel in der Magerungsmasse auf.

Beide Varietäten kommen auf diesem Fundplatz gemeinsam vor, der ein überregionales Zentrum für den Austausch von Waren in Richtung der Hellwegzone gewesen ist. Der Platz ist zudem ein lokales Zentrum fränkischer Präsenz am rechten Niederrhein vor und dann unter der Herrschaft der fränkischen Hausmeier aus deren Familien sich dann die Vorfahren Karls des Großen in den Vordergrund der fränkischen Herrschaft schieben konnten. Es verwundert auch nicht, dass es die Region ist, in der sich die karolingische Vorherrschaft durch frühe Klostergründungen wie Kaiserswerth, Gerresheim und Werden an der Ruhr besonders ausgeprägen konnte.


lG Thomas  :winke

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Tomcat

Erstaunlich, wie viele Informationen eine Scherbe beinhalten kann, wenn man die zu deuten weiß!
Life burns!

hargo

Ja, dieses Teil ist im Fundaufkommen der Region wirklich cool!

mfg

RockandRole

Hallo Großer,

die sieht außen sehr fein aus, fällt das unter gelbtonige Ware? Ich merke, ich habe da noch starke Defizitite. Am Donnerstag sind wir aus Ermangelung an Flächen durch den Mais bei meiner fränkischen Fläche und haben Scherben gesucht  :-) 2 Artefakte waren auch dabei.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

hargo

Zitat von: RockandRole in 25. September 2021, 06:41:06
...fällt das unter gelbtonige Ware? ...

Das Foto täuscht.
Der Scherben ist eher rötlich und steinhart. Nicht tonig!

mfg

thovalo

Zitat von: hargo in 26. September 2021, 00:27:56
Das Foto täuscht.
Der Scherben ist eher rötlich und steinhart. Nicht tonig!

mfg

Gutne Tag!

Nein, das Foto täuscht nicht. Die Scherbe ist im Kern beige.
Bei einem Mayener Produkt wäre der Kern rötlich.

lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Heino

Ich begehe schon lange einen Fundplatz im rechtsrheinischen Mittelgebirge. Diese Art Keramik ist dort, neben Keramik Badorfer Art sehr häufig. Eindeutige hochmittelterliche Grauware fehlt. Nach meinen Erfahrungen weisen die Farben des Kerns eine höhere Variation auf. Obwohl meistens rötlich bis Klinkerfarben, kommen auch grau, beige, gelb und braun vor. Gemeinsam ist der sehr harte Brand, die Randformen und die dünne Wandung. Sicher ist Ware aus dem Vorgebirge dabei, aber auch aus Mayen und wer weiß woher. Ohne das gesammte Fundmaterial zu kennen, hätte ich viele der Wandungsscherben in eine nachmittelalterliche Periode datiert, die dort aber gar nicht vorkommt.
Gruß Heino

thovalo



Guten Abend!


Ja, die Härte ist bemerkenswert, weshalb man diese Warenart auch als "karolingisches Steinzeug" anspricht. Wenn auf Deinem Platz spätere grau gebrannte Irdenware fehlt, handelt es sich mit einiger Wahrscheinlichkeit um eine karolingerzeitliche Wüstung.

Beim rötlichen Brand kann man begleitend immer auf glänzende/"funkelnde" dunkle Anteile der Magerung achten. Treten sie in der Tonmasse mit auf ist man absolut gesichert bei einem Produkt aus Mayen in der Eifel.



lG THomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

RockandRole

Hallo Leute,

ist dann das charakteristische an gelbtoniger Ware, dass sie nicht hart gebrannt ist?

Das was Heino schreibt ist mir auch schon aufgefallen. Das was ich als nachmittelalterlich eingestuft hätte, wurde im Nachhinein als karolingisch erkannt. Deshalb nehme ich jetzt auch Scherbenschleier mit. Da kann man dann direkt anhand der glasierten Keramik vergleichen. Die aussagekräftigsten Vergleiche sind immer die, wo noch kaum Glasur vorhanden ist.  Wenn man Zeit für solche Vergleiche findet  :winke:

Liebe Grüße Daniel

gefährliches Drittelwissen

hargo

Karolingische Scherben sind meines Wissens immer klingend hart gebrannt.

mfg

thovalo

Zitat von: hargo in 28. September 2021, 00:05:58
Karolingische Scherben sind meines Wissens immer klingend hart gebrannt.

mfg

Überwiegend aber nicht immer!  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.