Aus der Zeit der Gründung des fränkischen Königreiches im Jahr 509

Begonnen von thovalo, 29. Juli 2023, 17:13:43

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thovalo



Moin!


2003 entdeckte ich einen einigartigen Fundplatz am rechten Niederrhein. Auf einem Teil des Gesamtfundareals errichteten germanische Siedler in Angsicht des Rheinlimes ihre Gebäude und hinterliessen Keramik und Fibeln. In der zweiten Hölfte des 5. Jhs, entwickelte sich der Platz zu einem überregional wirksamen Handelsposten über den Waren aus der römischen Provinz in das Barbaraicum und aus dem Barbaricum in die römische Provinz ausgetauscht wurden.

Gestern fand ich zalreiche Keramik nd darunter auch diese beiden Stücke aus der Zeit des Übergangs von der Spätantike in die frühe merwowingische Epoche. Das erste Fragment ist ein Randstück eines Gefäßes vom Typ Alzey 32/33 das in die Zeit von 480  bis 510 datiert und in Mayen in der Eifel produziert wurde. Das zweite fragment datiert zeitgleich stammt aber vermutlich aus den Töpfereien bei Speicher in der Eifel.

Es ist auch im Rheinland sehr selten Keramik aus dieser Epoche anzutreffen und kaum rechtsrehinische Funde entlang des Niederrheins gibt es kaum bis auf diesen Platz. Das Besondere ist, dass sie aus der Lebenszeit des ersten fränkischen Gesamtkönigs Chlodwig stammt der 511 in Paris starb.

Der Fundort liegt im Sprengel der spätantiken Militärverwaltung von Köln. Zu Zeit der Keramik war Sigibert (der Lahme) von Köln Herrscher über die ribuarischen Franken mit dem Königssitz in der Stadt Köln. Gemeinsam mit Chlodwig beseigte er in der Schlacht bei Zülpich die Alamannen und wurde dabei am Bein verletzt, weshalb er lahmte. Chlodwig stachelte den Sohn Sigiberts an seinen Vater zu ermorden, was auch geschah. Daraufhin ließ Chlodwig umgehend den Sohn als Mörder seines Vaters beseitigen.

Nun riefen die Franken des Königkreiches von Köln Chlodwig in der Kölner Kirche St. Gereon zu ihrem König aus und erhoben Chlodwig auf den Schild. Damit hatte dieser sein Ziel erreicht Herrscher über alle Franken zu werden.

Die hier am Rhein gelegene Ansiedlung war gleich ein Handelsposten. Da sich hier auch eine Schertperle aus Bergkristall aus der Zeit um 500 fand, eine große durchbohrte Amethystperle, Glasperlen und Bronzefunde, werden auch die Herren über diese Siedlung zuden bedeutenden Vertretern der ribuarischenFranken in dieser Zeit gehört haben undmussten diese ZEit einer tragisch vollzogenen Wende mit tragen.

Weiles eine Zeit mit kaum schriftlicher Überlieferung war sind Fundplätze wie dieser mit einemklar in diese Zeit einzuordnenden Keramikvorkommen von enormer Bedeutung. Die Seidlung nahm im Verlauf des 6. Jh. einen zusätzlichen Aufschwung der sich im 8. Jh. noch einmal wiederholte. Hier wurden über den Fluß hinweg Güter in beide Richtungen ausgetauscht.Funde aus dieser Zeit lösen bei mir immer Gänsehaut aus, weil es rare Zeitzeugnisse für eine Epoche und einen Umbruch sind, nach dem sich die Zukunft Euopas neu zu gestalten begann.

Ebenso spannend finde ich die vielen Keramikbelege des Platzes aus der Zeit Karl des Großen. Der Ort wird auch in kirchengeschichtlicher Hinsicht schon früh entwickelt worden sein, denn schon Pippin der Mittlere richtete um 700 in der Nähe in Kloster ein und um 800 wurde unter Karl dem Großen das Missionskloster in Essen-Werden als Misionskloster gegründet und reich ausgestattet. Um 900 folgte zudem das Damenstift in Gerresheim. Anschließend übernahmen die Ottonen die Region und hinterließen in Essen ein Frauenstift und einen der beeindruckendsten Kirchenchätze ottonischer Zeit. Wer einmal da ist, sollte sich die dortige Schatzkammer mit ihren einmaligen Werken ottonischen Kunst einmal ansehen.


Das Keramikfragment, zu dem bereits sehr viele bereits geborgene Keramikbelege aus dieser Zeit gehören, ist verbunden mit einer hoch interessanten Zeitgeschichte!


lG Thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo



Dieses zweite Fragment eines großen Topfes der Zeit könnte aus den Töpfereien von Speicher in der Eifel stammen.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Wiedehopf

Geschichte anhand einer bescheidenen Scherbe sehr anschaulich vermittelt. Danke  :super: 

thovalo


Guten Abend!


Dankeschön. Diese Hintergründe habe sich mit der Zeit und dem inzwischen riesigen Fundaufkommen für einen Platz aus dieser Zeit eröffnet. Da steckt noch viel mehr mit drin. Das würde aber hier das Maß doch deutich übersteigen.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.


Heino

Hallo Thomas,
herzlichen Dank, das du uns durch deine Bilder an dieser selten dokumentierten Zeitstellung teilhaben lässt. Da gibt es noch viel zu Forschen. Ich glaube das es in den Magazienen noch Keramik dieser Zeit giebt, die unter römisch oder allgemein mittelalterlich abgelegt wurden.
Gruß Heino

thovalo

Zitat von: Heino in 30. Juli 2023, 09:35:59
Hallo Thomas,
herzlichen Dank, das du uns durch deine Bilder an dieser selten dokumentierten Zeitstellung teilhaben lässt. Da gibt es noch viel zu Forschen. Ich glaube das es in den Magazienen noch Keramik dieser Zeit giebt, die unter römisch oder allgemein mittelalterlich abgelegt wurden.
Gruß Heino


Da bin ich mir auch sehr sicher. Ich habe in Köln studiert und lebe zurzeit noch zwischen Köln und Bonn (der Fundpltz von dem die oben gezeigte KEramik stammtl iegt nahe meinem Heimatort am Niederrhein).

Um Kön herum haben die menschen in der Spätantike viele Überfälle und Zerstörungen erlebt. Deshalb errichteten sie kleine "burgii", kleine Befestigungen umd sich bei solchen Anlässsen gemeinschaftlich in Sicherheit bringen und verteidigen zu können. An solchen Plätzen oder im Bereich erst zerstörter und dann teilweise wieder besidelter Hofesstellen, finden sich manchmal duetliche Konzentrstionen MAyener Keramik. Ich habe damals für die Kölner Bodendenkmalpflege prospektiert. Unter den sehr zahreichen  Mayener Keramikbelegen tauchten zwar Sichelränder und typischen Schalen und Kannenbruchstücke auf, aber nicht einmal Keramik aus dieser nur wenig späteren Überganszeit.

Auf dem Fundplatz am Rhein kommten dagegen alle Gefäßtpen dieser Grobkermaik aus dieser Übergangsphase nd "rotgestrichene" Keramik aus Mayen vor. Die "rotgestrichene Keramik" war eine Imitation der dann nicht mehr hergestellten terra sigillata.

Das Thema ist zwar randständig, weil es weinige Funde dazu gibt. Ich bin aber sehr von Funden  aus solchen Übergangzeiten faszniert.


Am Fundort konnten im Rahmen eines europäischen Forschungsprojekten inzwischen drei Grabungssondagen durchgeführt werden, die nachhaltig die Datierung des Aufblühens des Platzes ab dem Ende des 5. Jhs. dokumentiert. Viel mehr als Keramik überliefert dieser besondere Zeitabschnitt allerdings nicht.

lG Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Danske

Hallo Thomas,

auch von mir vielen Dank für die interessanten Ausführungen zum sog. "dunklen" Zeitalter Europas, wobei diese Begrifflichkeit wohl eher bezogen ist auf die geringe Anzahl der zur Verfügung stehenden Quellen als auf das kulturelle Niveau dieser Zeit. Obwohl ein kultureller Niedergang nach dem Zerfall des weströmischen Reiches sicher erkennbar ist.

Die Geschichte zeigt, dass weder Chlodwig I. noch später Karl der Große zimperlich vorgingen, um zur Macht zu gelangen und diese zu festigen.

Ich wünsche dir, dass der Platz noch einige Fundstücke liefert.

LG
Holger :winke: 
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.