Klingenkratzer

Begonnen von Danske, 08. Februar 2025, 16:20:48

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Danske

Moin zusammen,

hier ein kleiner Klingenkratzer vom LBK-Platz in Rheinhessen. Diese Geräte sind in Ausführung und Format typisch für das hiesige Früh- und Mittelneolithikum.

Das proximale Ende ist abgebrochen, allerdings dürfte nicht viel weggebrochen sein, weil ein ausstreichender Bulbus noch zu fühlen ist.

Die für die Größe des Geräts kräftige Kratzerkappe ist gerade, eventuell ist das Stück häufig nachretuschiert worden.

Das Material dürfte Rijckholt-Flint sein.

Maße:
L: 20 mm
B: 16 mm
D: 6 mm

LG
Holger :winke:
 
Ignoramus, ignorabimus.

Robert

ja von der Machart her hast du recht, die gab es auch noch in der LBK, klein aber oho.

Grüße Robert
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

thovalo



Moin!

Ein LBK- Klassiker und klarer Fundbeleg.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

hargo

Oh cool!
Klein (bzw. kurz), aber scheinbar gar nicht abgenutzt.  :glotz:

mfg

Danske

Zitat von: hargo in 08. Februar 2025, 23:23:42Oh cool!
Klein (bzw. kurz), aber scheinbar gar nicht abgenutzt.  :glotz:

Stimmt, die Retusche ist zwar recht grob ausgeführt, aber Abnutzungen sind nicht zu erkennen.

Ignoramus, ignorabimus.

Herlitz

Zitat von: Danske in 09. Februar 2025, 00:27:55Stimmt, die Retusche ist zwar recht grob ausgeführt, aber Abnutzungen sind nicht zu erkennen.



dann würde ich es doch eher als gerade Endretusche ansprechen. Eine Kratzerstirn sollte doch konvex sein.
 :glotz:  Sven

Neos

Hallo, Sven,

Zitat von: Herlitz in 09. Februar 2025, 17:04:49dann würde ich es doch eher als gerade Endretusche ansprechen. Eine Kratzerstirn sollte doch konvex sein.

mein Eindruck: Mehr konvex als bei diesem Fundstück geht schon fast nicht mehr.  :schaem:

@Holger: Herzlichen Glückwunsch zu diesem Klingenkratzer! Gefällt!  :super:

Viele Grüße

Frank

Danske

Hallo zusammen,

erst mal vielen Dank für die vielen positiven Rückkopplungen.

Lieber Frank, die Kratzerkappe ist doch nicht konvex, d.h. bogenförmig von einer Lateralen zur anderen, ausgebildet, sondern annähernd gerade. Oder bedeutet konvex hier was anderes? :kopfkratz:

Liebe Grüße
Holger
Ignoramus, ignorabimus.

Danske

Zitat von: Herlitz in 09. Februar 2025, 17:04:49dann würde ich es doch eher als gerade Endretusche ansprechen. Eine Kratzerstirn sollte doch konvex sein.
 :glotz:  Sven

Hallo Sven,

soweit ich das beurteilen kann, ist die Stirn gerade, dennoch würde ich das Stück als Kratzer ansprechen.

In seiner Arbeit über die "Formen und Techniken neolithischer Steingeräte aus dem Rheinland" schreibt Lutz Fiedler, dass eine deutliche morphologische Abgrenzung von Kratzern und endretuschierten Stücken zu ähnlich retuschierten Artefakten schwierig ist. Die Formen der Kratzer können sich durch Nachretuschierung von kovex zu gerade und schließlich zu konkaven Ausprägungen verändern. Es kommt also eher auf die allgemeine Form, die Handhabung, Schäftungsmöglichkeiten und Funktion an (Fiedler 1979).

Und dass ich als Laie bei dem Stück keine Abnutzungsspuren erkennen kann, soll nicht bedeuten, dass tatsächlich keine vorhanden sind.

Liebe Grüße
Holger
Ignoramus, ignorabimus.

Neos

Hi, Holger,

Zitat von: Danske in 09. Februar 2025, 19:32:16Lieber Frank, die Kratzerkappe ist doch nicht konvex, d.h. bogenförmig von einer Lateralen zur anderen, ausgebildet, sondern annähernd gerade. Oder bedeutet konvex hier was anderes? :kopfkratz:

ich würde meinen, dass die Konvexität sich auf von dorsal zu ventral bezieht. Und auf mich macht dein Fundstück einen sehr konvexen Eindruck. Du kannst das vor Ort aber natürlich deutlich besser beurteilen als ich.

Viele Grüße

Frank

Danske

Zitat von: Neos in 09. Februar 2025, 20:02:09Hi, Holger,
ich würde meinen, dass die Konvexität sich auf von dorsal zu ventral bezieht. Und auf mich macht dein Fundstück einen sehr konvexen Eindruck. Du kannst das vor Ort aber natürlich deutlich besser beurteilen als ich.

Moin Frank,

jetzt bin ich aber platt und lag die ganzen Jahre wohl falsch?? :kopfkratz:
Klar ist die Kappe von dorsal zu ventral konvex, aber das ist doch bei allen stärker ausgeprägten Retuschen der Fall. Ich habe das bisher als Steilheit der Retusche bewertet. Die Konvexität bezog ich von einer Lateralen zur anderen.

Liebe Grüße in den Norden
Holger
Ignoramus, ignorabimus.

Neos

Moin, Holger,

Zitat von: Danske in 09. Februar 2025, 22:22:51jetzt bin ich aber platt und lag die ganzen Jahre wohl falsch?? :kopfkratz:

was soll ich sagen? Nobody is perfect! Und das gilt selbstverständlich auch für mich. Soll heißen: Vielleicht liege auch ich falsch und du richtig. Gewiss gibt es jemanden unter uns, der es 100-prozentig weiß und Licht ins Dunkel bringen wird.

Liebe Grüße zurück

Frank

hargo

#12
Zitat von: Neos in 09. Februar 2025, 22:51:01...Gewiss gibt es jemanden unter uns, der es 100-prozentig weiß und Licht ins Dunkel bringen wird.


Das glaube ich nicht.

Da bräuchten wir im Forum schon jemanden wie Jürgen Weiner (Forumsname: Khamsin)
Seit seinem Tod am 24.4.2023 sind wir hinsichtlich der lithischen Artefakte auf uns selber gestellt.
Ja ok, er hat das Forum schon eine Zeit lang vorher verlassen.
Sehe seitdem keinen, der die Lücke ausfüllen könnte.

mfg

Herlitz

Hallo,

es fällt mir jetzt schwer mich zu äußern, da ich mein Wissen in keinem Fall mit dem von Jürgen Weiner vergleichen will.
Aber die zur Bezeichnung als Kratzer nötige Konvexität bezieht sich auf die Retusche von einer Lateralen zur anderen. Was nicht heißt, dass es von der Funktion her kein Kratzer gewesen sein kann.
Aber fragen wir uns doch lieber, wozu da eine Endretusche angelegt wurde, wenn nicht zum kratzen. In der Regel sind diese Endretuschen schräg. Sie sind dann recht typisch für Spätpaläolithium und Mesolithikum. Da als Pfeilbewehrung, an Mikrolith oder Querschneider. Oder als Vorbereitung für einen Stichel. Im Neolithikum fallen mir da neben Querschneidern noch Erntegeräteeinsätze ein. An diesen könnte auch eine gerade Endretusche zielführend zur Schäftung sein. Dafür ist dieses Stück aber wieder zu kurz.
 :winke:  Sven
P.S.: Ob wir noch schärfere Bilder zu sehen bekommen könnten?  :glotz:

StoneMan

Zitat von: hargo in 09. Februar 2025, 23:13:57Da bräuchten wir im Forum schon jemanden wie Jürgen Weiner


Moin,

vielleicht reichen dieselben Initialen (J. W. = StoneMan). :dumdidum: ?

Wenn ich den "Hahn" zugrunde lege, sehe ich bei Kratzern die Konvexität auf die Retusche von
einer Lateralen zur anderen bezogen, wie es Sven schreibt.
Dass die "Stirnretusche" ebenfalls konvex wird / ist, ergibt sich wohl zwangsläufig.

Alternativen sind gerade, konkave, bzw. schräge (schräggerade) Endretuschen.

So habe ich es bislang gedeutet.

Gruß

Jürgen W.

Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

StoneMan

Moin nochma,

zum Fund selber. Da sehe ich ein Klingenfragment mit gerader Endretusche,
das zeigt die dorsale und ventrale Ansicht gut.

Demgemäß würde ich es als Klingenfragment mit gerader Endretusche bezeichnen.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Danske

Liebe Sucherfreunde,

vielen Dank für euer Feedback.

Da habe ich ja mal wieder für Verwirrung gesorgt. :schaem:

Habe versucht, bessere Fotos zu machen, allerdings vergebens. Wie bei anderer Gelegenheit bereits gesagt, ist mein Equipment zum einen in die Jahre gekommen, zum anderen bin ich fotografisch vollkommen untalentiert (was meine Frau auch immer wieder bestätigt).

Bei nochmals näherer Betrachtung bin ich im Zweifel, ob ich meine Aussage "...aber Abnutzungen sind nicht zu erkennen" noch aufrecht erhalten kann. Es sieht doch so aus, als sei in der Mitte der Retusche ein Stück ausgebrochen. Dadurch erscheint diese Stelle sogar leicht konkav. Ich habe mal versucht, dass auf den Dorsal- und Ventralansichten mit der gepunkteten Linie darzustellen.
Aber sicher bin ich mir nicht, dazu fehlt mir die Erfahrung in Gebrauchsspurenanalyse. Es kann auch sein, dass es sich bei der vermeintlichen Aussplitterung doch um eine Nachretuschierung handelt.

Bezugnehmend auf die Aussage von Lutz Fiedler, die ich weiter oben wiedergegeben habe, würde ich das Stück weiterhin als Klingenkratzer ansprechen.
Eine Endretusche zur Formgebung oder im Sinne einer Kürzung des Werkzeugs auf eine geeignete Länge sehe ich hier nicht.

Voraussichtlich werde ich Lutz Fiedler im April treffen. Bei dieser Gelegenheit werde ich ihm meine Stücke zeigen. Mal schauen, was er dazu sagt.

Liebe Grüße
Holger
Ignoramus, ignorabimus.