Aus dem mesolithischen Raritätenkabinett

Begonnen von Schuhnagel 2, 12. September 2024, 10:41:54

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Schuhnagel 2


Englischsprachige Flintknapper verwenden den Ausdruck "Flake". Mag ich. Also: Eine Flocke mit Rinde, 18mm.

Kein Bulbus, keine Wallnerlinien ---> kein Beleg.

Viele Grüsse

Ulrich

Nanoflitter

Eine Rarität wären für mich eher ansprechbare Werkzeuge oder Produkte, Debitage macht meist den übergroßen Anteil der Fundplätze aus. Gruss..

Furchenhäschen

#2
Zitat von: Schuhnagel 2 in 12. September 2024, 10:41:54Kein Bulbus, keine Wallnerlinien ---> kein Beleg.

Viele Grüsse

Ulrich

Hallo Ulrich,

das kann man so pauschal nicht sagen!
es gibt Artefakte da finden sich weder Wallnerlinien noch Schlagbuckel.
Beides wirst Du beispielsweise an Mikrolithen und auch an Werkzeugen aus Plattenhornstein nicht finden.

Beispielhaft: auch an diesem vermutl. der Altheimer Kultur zuzuordnenden Sicheleinsatz finden sich weder Wallnerlinien noch ein Bulbus und trotzdem ist es ein Werkzeug.😉
Grüße Peter

StoneMan

Moin Ulrich,

Zitat von: Schuhnagel 2 in 12. September 2024, 10:41:54Kein Bulbus, keine Wallnerlinien ---> kein Beleg.

Das darf man so nicht stehen lassen.

@ Ulrich, dazu hatte ich an anderer Stelle geschrieben:

Zitat von: StoneMan in 11. September 2024, 20:12:36Demgemäß kann und darf sich die Beantwortung dieser Frage nicht nur auf das Vorhandensein
ein paar typischer Merkmale beschränken. Dies könnte dazu führen, dass der Finder Artefakte verwirft,
weil sie keine typischen Merkmale aufweisen.

@ Ulrich,

meine Sichel in meinem Avatar hat ebenfalls weder einen Bulbus noch Wallnerlinien.

Aber auch andere Fundbelege ohne die uns geläufigen Merkmale können Artefakte sein. Das Fehlen solcher
für uns hilfreichen bis notwendigen Bearbeitungsmerkmale kann viele Ursachen haben.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Schuhnagel 2

Hallo

Mein Text war durchaus ironisch gemeint. Raritätenkabinett, weil an der Fundstelle noch nicht viel zusammenpasst ausser der mesolithischen Anmutung und der typischen Lage des Platzes für jene Zeit (potentielles Jagdgebiet, Nähe zu fliessendem Wasser, trockene leicht erhöhte Stelle am Rande eines Feuchtgebietes).

Dann ist das Objekt wohl einfach das, wonach es nach Form und Material aussieht: Abfall beim Entrinden einer kleinen Silexknolle.

Viele Grüsse

Ulrich

StoneMan

Zitat von: Schuhnagel 2 in 12. September 2024, 15:26:16Mein Text war durchaus ironisch gemeint. Raritätenkabinett, weil an der Fundstelle noch nicht viel zusammenpasst ausser der mesolithischen Anmutung und der typischen Lage des Platzes für jene Zeit (potentielles Jagdgebiet, Nähe zu fliessendem Wasser, trockene leicht erhöhte Stelle am Rande eines Feuchtgebietes).

Moin Ulrich,

wer soll denn das wissen?

Fremde, die hier mitlesen, die wenig Fachkenntnisse besitzen, die glauben alles, was hier geschrieben wird.


Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Neos

Hallo, Ulrich,

Zitat von: Schuhnagel 2 in 12. September 2024, 15:26:16Dann ist das Objekt wohl einfach das, wonach es nach Form und Material aussieht: Abfall beim Entrinden einer kleinen Silexknolle.

sollte dieses Stück ohne Beifunde sein, halte ich eine solche Aussage für sehr spekulativ. Schau doch bitte mal, ob der Platz auch eindeutige Artefakte zu bieten hat.

Viele Grüße

Frank

Schuhnagel 2

Zitat von: Neos in 12. September 2024, 18:43:13Hallo, Ulrich,

sollte dieses Stück ohne Beifunde sein, halte ich eine solche Aussage für sehr spekulativ. Schau doch bitte mal, ob der Platz auch eindeutige Artefakte zu bieten hat.

Viele Grüße

Frank

Hallo Frank

An und für sich würde schon die Häufung an zweifelhaften Funden einiges aussagen. Ich suche ja jeweils das ganze Gebiet ab, ohne ausserhalb dieses Perimeters etwas zu finden.
Eindeutige Belege hat ein Archäologe bestätigt, der auf steinzeitliches Fundgut spezialisiert ist. Du brauchst dir diesbezüglich also keine Sorgen zu machen.

Viele Grüsse

Ulrich

Schuhnagel 2

Zitat von: Neos in 12. September 2024, 18:43:13Hallo, Ulrich,

sollte dieses Stück ohne Beifunde sein, halte ich eine solche Aussage für sehr spekulativ. Schau doch bitte mal, ob der Platz auch eindeutige Artefakte zu bieten hat.

Viele Grüße

Frank

Hallo Frank

Du hast Zweifel geäussert. Haben dich meine Argumente nun überzeugt oder eher nicht?

Viele Grüsse

Ulrich


Furchenhäschen

Hallo,
eines muss jedem klar sein, das Terrain welches sich Ulrich für die Suche ausgesucht hat ist wirklich eine echte Herausforderung. Das kann sich ein Flachlandbewohner mit fein bearbeiteten landwirtschaftlichen Agrarflächen nicht wirklich vorstellen.
Die Suche findet im alpinen Gelände statt, auf Viehweiden, an Stellen wo der Oberboden erodiert ist und auf Maulwurfhügeln. Das Mesolithikum ist im Bereich des Alpinen immer noch ziemlich Neuland.
Als Oberbayer bzw. ein im Alpenvorland aufgewachsener Feldbegeher kann ich die Schwierigkeiten und den Aufwand absolut nachvollziehen. Das erfordert unglaublich Geduld und Ausdauer, also mir persönlich wäre das ehrlichgesagt viel zu mühsam.
Deswegen halte ich das Engagement von Ulrich in diesem Gebiet für sehr bemerkenswert.

Allerdings solltest Du Dich lieber Ulrich mit der Artefaktmorphologie etwas gezielter Auseinandersetzen.
Ich denke da gibts noch erheblichen Nachholbedarf. Was die Facharchäologie anbelangt, da gibt es nicht mehr recht viele noch aktive "Größen" die sich mit der Materie Mesolithikum noch wirklich auskennen und auseinandersetzen, viele haben nur noch ein allgemeines Basiswissen.

Für den alpinen Raum gibt es ein empfehlenswertes Werk:
Das Mesolithikum-Projekt Ullafelsen (Teil 1) (Mensch und Umwelt im Holozän Tirols) Gebundene Ausgabe – 1. Februar 2012
von Dieter Schäfer (Herausgeber)
https://www.researchgate.net/profile/Dieter-Schaefer/publication/311677899_Schaefer_D_Hrsg_Das_Mesolithikum-Projekt_Ullafelsen_Teil_1_Mensch_und_Umwelt_im_Holozan_Tirols_1_Innsbruck_2011/links/5853fab008aef7d030a797dd/Schaefer-D-Hrsg-Das-Mesolithikum-Projekt-Ullafelsen-Teil-1-Mensch-und-Umwelt-im-Holozaen-Tirols-1-Innsbruck-2011.pdf
allerdings mit 85€ ziemlich teuer.

Dringend empfehlen kann ich aber dieses Buch von Harald Floss:
https://kernsverlag.com/de/buch/steinartefakte/

Viele Grüße Peter


Neos

Hallo, Ulrich,

Zitat von: Schuhnagel 2 in 13. September 2024, 13:57:28Du hast Zweifel geäussert. Haben dich meine Argumente nun überzeugt oder eher nicht?

auf diese Frage möchte ich ein wenig differenzierter antworten:

Du stellst ein unklares Fundstück vor, ohne in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass ein Facharchäologe bereits einige Artefakte dieses Platzes bestätigt hat. Selbstverständlich erhöht dies die Wahrscheinlichkeit, dass auch dieses Fundstück ein Artefakt ist. Ein Geofakt 100-prozentig ausschließen kann man (und würde ich) dennoch nicht. Klar ist aber auch: Wäre es ein Einzelfund, wären Zweifel mehr als angebracht (die ich übrigens noch nicht einmal gehegt habe). Daher mein Hinweis auf weitere Beifunde.

Die Aussage

Zitat von: Schuhnagel 2 in 12. September 2024, 21:48:18An und für sich würde schon die Häufung an zweifelhaften Funden einiges aussagen.

kann ich nicht nachvollziehen. Eindeutige Artefakte sollten schon darunter sein. Aber das ist ja - aufgrund deiner Ergänzung - gegeben.

ZitatDu brauchst dir diesbezüglich also keine Sorgen zu machen.

Keine Sorge, das habe ich auch gar nicht gemacht.  :-D

Wenn Peter

Zitat von: Furchenhäschen in 13. September 2024, 17:07:01Das kann sich ein Flachlandbewohner mit fein bearbeiteten landwirtschaftlichen Agrarflächen nicht wirklich vorstellen.

schreibt, dann hat er zu 100 Prozent Recht. Natürlich. Daher: Künftig ein wenig mehr ,,abgeholt" zu werden, darüber würde ich mich freuen. Je mehr Informationen man über ein Fundstück und die Fundumstände erhält, umso besser kann man sich ein ungefähres Bild machen. Deine Ergänzungen haben mir auf jeden Fall geholfen, das Ganze besser einzuschätzen. Danke dafür. :super: 

Ulrich, ich wünsche dir weiterhin ,,Gut Fund!" und freue mich auf weitere interessante Beiträge von dir!

Viele Grüße

Frank

Schuhnagel 2

Danke für eure Texte! Ich lasse das alles einmal so stehen.

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Was mir schon vorher klar war, ohne es so formuliert zu haben, ist die Diskrepanz zwischen den objektiven Eigenschaften eines  Fundes und seiner Perzeption. Während Ersteres auf erarbeitetem (und in Publikationen festgehaltenem) Wissen beruht, ist Zweiteres subjektiv bzw. abhängig vom eigenen Erfahrungshorizont.

Bei obigem Fund gab es auf Grund meiner Erfahrung nicht den Hauch eines Zweifels daran, dass er mit menschlichem Zutun entstanden und an den Fundort gelangt ist. Was sich auch weitgehend bestätigt hat.
Das bedeutet im Endeffekt, dass die rein gegenstandbezogene objektive Beurteilung zu kurz greift.
Und damit mir nicht wieder jemand Lehrbücher um die Ohren haut: Ich stelle hier keinesfalls Typologie und im Experiment erarbeitete Erfahrungen in Frage. Aber ich relativiere deren Tragweite, wenn es um die Prospektionen geht.

Warum also der Post ohne weitere Beschreibung? Ganz einfach die Hoffnung, dass hier Leute mit mehr Wissen und Erfahrung auch objektiv menschliches Zutun erkennen können, nachdem ich dies selber nicht kann.

Viele Grüsse

Ulrich


StoneMan

Zitat von: Schuhnagel 2 in 14. September 2024, 09:24:15Was mir schon vorher klar war, ohne es so formuliert zu haben, ist die Diskrepanz zwischen den objektiven Eigenschaften eines  Fundes und seiner Perzeption. Während Ersteres auf erarbeitetem (und in Publikationen festgehaltenem) Wissen beruht, ist Zweiteres subjektiv bzw. abhängig vom eigenen Erfahrungshorizont.

Moin Ulrich,

Du hast diese Diskrepanz erkannt, aber was hältst Du persönlich denn für zielführender zur Beurteilung / Bestimmung eines Fundbeleges?

A) objektive Eigenschaften eines Fundes (u.a. Bearbeitungsmerkmale, Artefaktmorphologie) gestützt durch Fachpublikationen, eigener Erfahrung
und erarbeitetem Wissen aufgrund praktischer Zusammenarbeit mit der Archäologie?
Wobei man hier nicht außer Acht lassen darf, dass noch nicht alles erforscht ist, wie ich schon oft genug gesagt habe,

oder

B) subjektive Beurteilung (ohne bewusstes Erfassen > Perzeption) abhängig vom eigenen Erfahrungshorizont?
Hierbei muss man beachten, dass man schnell Gefahr läuft auf erratische Abwege zu geraten.

Gruß

Jürgen


Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Schuhnagel 2

Jürgen, ich muss mich ja nicht zwischen A und B entscheiden. Beides hat seinen Platz, in Abhängigkeit von der Fragenstellung. Bitte renne hier keine offenen Türen ein.


Viele Grüsse

Ulrich

StoneMan

Zitat von: Schuhnagel 2 in 14. September 2024, 15:09:07Bitte renne hier keine offenen Türen ein.

Moin Ulrich,

lass Dich nicht entmutigen.

Offene Türen einrennen ist weniger anstrengend, als gegen Windmühlen kämpfen.

Die alten Hasen hier wissen, was ich meine, als ich das "B-Wort" hier ins Forum schleppte.

Gruß

Jürgen


Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Schuhnagel 2


Ich bin mir sicher, mit dir könnte man dieses Geplänkel ewig fortsetzen. Würde sogar Spass machen, tut aber der Forumskultur nicht gut.

Viele Grüsse

Ulrich


Furchenhäschen

Zitat von: Schuhnagel 2 in 14. September 2024, 17:45:53Ich bin mir sicher, mit dir könnte man dieses Geplänkel ewig fortsetzen. Würde sogar Spass machen, tut aber der Forumskultur nicht gut.

Viele Grüsse

Ulrich



Hallo,
solange alles im freundschaftlichen Rahmen bleibt wie bisher sehe ich überhaupt kein Problem.

Fakt ist, lieber Ulrich, Du stellst Funde ein, möchtest unsere Meinung dazu hören. Dies ist ja in einem Archäologieforum üblich, allerdings machst Du bislang auf mich den Eindruck auf viele Vorschläge und Anregungen ziemlich resistent zu sein.
Irgendwann muss man dann als Antwortgeber resignieren und sich die Umstände zu Gemüte führen.
Das wäre sehr Schade, denn das Mesolithikum ist immer noch etwas dünn vertreten.

Viele Grüße
Peter