Diskussion/Ergebnis zur Kurzumfrage zum Barbarenschatz-Urteil von Prof. R. Karl

Begonnen von mc.leahcim, 27. Februar 2015, 11:38:06

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Jøran-Njål

Zitat von: Daniel in 04. April 2015, 15:45:38
Auch eine Meinung zu dem Urteil.
https://www.youtube.com/watch?v=91uN5xwdcPE
Ne,aber sowas kann ich auch nicht ernstnehmen.  :narr:

Erinnert mich irgendwie an die Katastrophe mit dem "blauen Brief".  :-D

:irre:

Grüße,

Jøran-Njål
Der Raubgräberterminator meint: Freiheit für legalle Sondengänger und Archäologen. Nieder mit der Deutschen Sondengänger Union! Vertraut ihnen nicht!

Caddy

Ich halte mich mal besser zurück, sonst stehe ich bald wieder vor verschlossener Tür.
Nur soviel: Er (SPB) scheint sich weiterhin in die Kacke reinreiten zu wollen.
Soll er es tun, ich werde mich als Sucher und Sondengänger trotzdem nicht wegen solchen Leuten schämen.

Zum Thema: Paar weitere Meinungen zur Umfrage würden mich eher interessieren.

raykarl

Hi,

Zitat von: mc.leahcim in 04. April 2015, 17:30:17Wenn du schreibst die Politik ist Schuld dann gebe ich dir recht. Aber nehmen wir mal als Beispiel die Änderung des DschG in NRW.
Du kannst hier mal schauen wer denn so alles bei der Änderung des Gesetzes ein Stellungnahme abgegeben hat. Wer also beteiligt war. Es können nicht viele Hände gewesen sein die dort in Richtung Sondler, Feldbegeher, Ehrenamtliche... ausgestreckt wurden obwohl viele Denkmalämter und denen nahestehenden ihre Stellungnahme abgegeben haben.
Es wurde wohl nicht erkannt das eine Gesetzesänderungs-Verschärfung nichts bringt sonder das es sogar nur schlechter wird.
...
Zurück zu den Archäologen. Wenn sich nun aber nach gründlicher Überlegung zeigt das Gesetze nicht reichen sondern andere Maßnahmen ergriffen werden müssen um Kultur zu schützen kann und muss das in Verhandlungen eingebracht werden und hier komme ich nach einem langen Bogen zurück auf die Ausarbeitung von R. Karl. Diese zeigt doch, auch wenn sie nicht repräsentativ ist, trotzdem, das was schief läuft.  
Daher dieses Papier erst in die Hände der Archäologen zur Diskussionsgrundlage, aber auch und da gebe ich dir Recht genauso in die Hände der entsprechenden Politiker.  
...
Es hilft der Sache aber nicht wirklich, denn dann können andere sagen, weil sie es nicht wissen oder ignorieren (wollen). Es läuft doch!! Die Problematik muss nach oben und nicht unter den Tisch.

naja, auch wenn ich Euch im Prinzip bis zu einem gewissen Grad zustimme ist es immer sehr einfach, "der Politik" die Schuld in die Schuhe zu schieben, und es stimmt auch, wie mc.leahcim impliziert, nur bedingt.

Die Vorstellung, dass die Politiker an 'falschen' Gesetzen und ebenso 'falschen' Geldzuteilungen "Schuld" wären, ist zwar (vor allem derzeit) recht populär, aber wenigstens grob vereinfacht, wenn nicht sogar völlig falsch. Was die 'falschen' Gesetze und ihre Auslegung betrifft habe ich gerade am konkreten Fallbeispiel Österreich gezeigt, dass die 'archäologischen' Probleme die es gibt allesamt von uns ArchäologInnen selbst 'hausgemacht' sind - siehe dazu meinen noch unveröffentlichten Artikel "Obrigkeit und Untertan im denkmalpflegerischen Diskurs" auf https://www.academia.edu/10728851/Obrigkeit_und_Untertan_im_denkmalpflegerischen_Diskurs._Autokratische_B%C3%BCrokratie_und_die_Zivilgesellschaft. Wenigstens das österreichische Denkmalschutzgesetz ist von "uns ArchäologInnen" selbst gemacht und wie es angewandt wird entscheiden auch so gut wie zur Gänze wir selbst; und das noch dazu oft genug nicht dem Buchstaben des Gesetes entsprechend, sondern dem "Sinn" des Gesetzes entsprechend, dem wir diesem Gesetz unterstellen bzw. in dieses Gesetz "hineinlesen", so wie es uns im jeweiligen Einzelfall gerade passt.

Ganz ähnliches ließe sich auch im Bereich auf die Ressourcenverteilung zeigen, wo ich einen dem soeben Zitierten sehr vergleichbaren Artikel über das Fallbeispiel Österreich schreiben könnte; wo bis vor wenigen Jahren das Bundesdenkmalamt sich (und damit seine Ressourcen) hauptsächlich auf die Finanzierung "amtseigener" Grabungen konzentriert hat und darüber andere Aufgaben wie die Unterschutzstellung archäologischer Denkmale (wenigstens weitgehend) vernachlässigt hat; dann aber vor ein paar Jahren (ungefähr 2010) mehr oder minder (von außen) gezwungener Maßen seine amtsinterne Prioritätensetzung geändert hat und sich seitdem vermehrt auf andere seiner Aufgaben wie eben die Unterschutzstellung von Denkmalen und die Verfassung von Denkmalschutzgutachten vor "verursacherfinanzierten" archäologischen Ausgrabungen, die nicht durch das Amt selbst sondern durch private ("kommerzielle") Grabungsfirmen durchgeführt werden, konzentriert (was übrigens dazu geführt hat, dass in den letzten ca. 7 Jahren in Österreich die Anzahl der ArchäologInnenposten um etwa 40% angestiegen ist, aber dafür das Durchschnittsgehalt das ArchäologInnen bezahlt bekommen deutlich gesunken ist). Jetzt hat das BDA auch damit begonnen, sich zu überlegen, wie verstärkte archäologische Bürgerbeteiligung ermöglicht werden kann und beginnt damit z.B. den neu gegründeten Verein ArchaeoPublica (siehe https://www.facebook.com/archaeopublica) zu fördern, damit - bei gleichbleibender Finanzierung des Amtes - ebenfalls andere Prioritäten gesetzt werden können als zuvor. Klar muss das Amt gewisse Aufgaben erfüllen, die ihm gesetzlich vorgeschrieben sind, aber wie es diese Aufgaben erfüllt und wie es dazu seine Finanzmittel einsetzt steht ihm (innerhalb gewisser Rahmenbedingungen) weitgehend frei. Und das bedeutet, das es immer auch "anders" geht, als es bisher gemacht wurde, wenn das Amt das nur will.

Nur kurz als Beispiel: archäologische Landesaufnahme (= die Lokalisierung, Bestimmung und Überwachung der Erhaltung von [neuen] archäologischen Fundstellen) ist zum Beispiel eine Aufgabe, die das BDA erfüllen muss. Aber diese Aufgabe kann vom BDA auf wenigstens drei Arten erfüllt werden: 1) kann es die Arbeit selbst machen, was sehr teuer und sehr schwer ist, weil es behördliche Personalressourcen kostet und es nur sehr beschränkte "Personalmittel" gibt; 2) es kann externe ArchäologInnen ("kommerzielle archäologische Dienstleister") damit beauftragen, das zu tun, was auch recht teuer aber leichter ist, weil externe Dienstleister aus "Sachmitteln" bezahlt werden können und daher nicht das Personalbudget des Amtes belasten; oder 3) es kann interessierte Laien ("Ehrenamtliche", Metallsucher, "Korrespondenten") diese Aufgabe durchführen lassen, was eher billiger ist, aber - weil diese "Ehrenamtlichen" ja dann irgendwie betreut werden müssen - ebenfalls den Einsatz von Personal- und/oder Sachmitteln erfordert, also auch nicht gratis. Welche "Methode" das Amt nun wählt, um seine Aufgabe archäologische Landesaufnahme zu betreiben zu erfüllen, das schreiben ihm nicht Politiker vor, das ist eine weitgehend bis rein amtsinterne Entscheidung, wo das Amt abwägen muss, was die größten Vor- und die wenigstens Nachteile bringt und der effektivste Einsatz seiner Finanzmittel ist.

So gesehen: mehr Geld und bessere Gesetze wäre natürlich gut. Aber: mehr Geld ist nicht unbedingt notwendig; und bessere Gesetze können wir uns weitgehend selbst machen. Natürlich nicht von heute auf morgen, aber sehr wohl von heute auf in 5 Jahren. Berät man die Politik entsprechend, dann wird die Politik auch entsprechend handeln und Gesetze ändern, weil Politiker kennen sich ja nicht mit Archäologie aus und vertrauen daher auf die Fachleute, die sie dafür anstellen. Diese Fachleute müssen sich auskennen, und müssen auch ordentlich darüber nachdenken, was sie wollen, wie sie ihre Ziele am besten erreichen können, und wie sie den Nutzen aus dem Geld das sie zur Verfügung gestellt bekommen maximieren können...

Liebe Grüße,

Ray