Wetzstein ?

Begonnen von animus, 26. März 2021, 14:55:12

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animus

Hallo zusammen

Dieses Fundstück würde ich für das Bruchstück eines Wetzsteins halten. Habe allerdings noch nie einen nicht modernen gesehen. Die Gebrauchsspuren scheinen mir aber deutlich in diese Richtung zu weisen. Oder liege ich da falsch?

Fundort: Mitte Sachsen-Anhalt, mehrphasiger Siedlungsbereich mit gesichert LBK, SBK, Bronzezeit, Eisenzeit, RKZ (sehr wahrscheinlich auch Glockenbecher Kultur)

Daniel

hargo

#1
Ein Retuscheur!
Kein Wetzstein.

mfg

thovalo

Zitat von: animus in 26. März 2021, 14:55:12
Hallo zusammen

Dieses Fundstück würde ich für das Bruchstück eines Wetzsteins halten. Habe allerdings noch nie einen nicht modernen gesehen. Die Gebrauchsspuren scheinen mir aber deutlich in diese Richtung zu weisen. Oder liege ich da falsch?

Fundort: Mitte Sachsen-Anhalt, mehrphasiger Siedlungsbereich mit gesichert LBK, SBK, Bronzezeit, Eisenzeit, RKZ (sehr wahrscheinlich auch Glockenbecher Kultur)

Daniel



Das ist ein für mich sehr interessanter Fundbeleg!

Er zeigt ein Spurenbild, das nicht dem sonst üblichen Erscheinungsbild eines Retuscheurs entspricht der eher eingedrückte Narbenfeler und kurze Kritzer aufweist. Ich habe im Abstand mehrerer Jahre hinweg zweiF ragmente eines auch farblich höchst außergewöhnlichen Kieselschiefers auflesen können, der auf beiden Seiten gegenständige Felder solcher länglicher Kratzer aufweist. Diese scheinen in schneller Abfolge je Feld in jeweils gleicher Ausrichtung ausgeführt worden zu sein. Diese Spuren entstehen nicht durch das "schwingend-wendende" Wetzen einer Klinge aus Metall. Tatächlich ist der von mir entdeckte Fundbeleg auch als Retuscheur angesprochen worden. An meinem Objekt wurden die Schrammen sogar durch das Überschliefen der Fläche wieder eingeglättet und neue Felder angelegt.

Ich habe bislang noch keine klaen Vergleichsstücke dazu gesehen.Der Fundbeleg hier kommt dem aber schon nahe.

Der von mir entdeckte Beleg stammt von einer Fundfläche die zu einer Haußtniederlassung der Michelsberger Kultur im Rheinland gehört und dann weiter nachfolgend  kontinuierlich genutzt wurde, einschießlich neolithische Becherzeit, Metallzeiten und fränkische Epoche. Die Lage des Fundbelegs beog sich am ehesen auf die jungneolithische Fundkonzentration.

Sehr interessant.  :glotz:


lG Thomas  :winke:

lG Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

hargo

#3
Zitat von: thovalo in 26. März 2021, 20:55:46

...
Ich habe bislang noch keine klaen Vergleichsstücke dazu gesehen.Der Fundbeleg hier kommt dem aber schon nahe.
...


Da ich es gerade geöffnet hatte, erlaube ich mir es mal anzuhängen

mfg

thovalo

#4
Danke!  :winke:


Das Stück besteht wohl aus einem rötlich-orangefarbigen Tonschiefer.

Beide Seiten zeigen solche Felder mit feinen gleich ausgerichteten Stries wobei die Felder unterschiedlich ausgerichtet ausgeprägt sind.

Die Rückseite zeigt eine Mulde und ebensolche Ritzlinienfelder.

Ein sehr ernsthafter Facharchäologe aus dem Rheinland hat das Stück als Retuscheur angesprochen wobei auch die besondere Färbung hervorzuheben ist, die dieses Gesteinstück zusätzlich auszeichnet. Der Fundbeleg war zusätzlich auch entlang der Ränder angeschliffen, vermutich in der Absicht scharfe Kanten des Gesteinstücks zu überarbeiten, damit diese bei einem Transport nicht störend auswirkten.

Trotz der deutlichen Ähnlichkeit müssen die Spurenbilder nicht unbedingt eine vergleichbare Entstehungsgeschichte haben, aber sie stehen doch zumindest ähnlich aus!

An den Retuscheuren aus Grabngezusammen hängen gibt es die Narbenbilder die durch das punktuelle Aufdrücken des zu retuschierenden Silexstück verurscht wurden. Wenn aber ein Kantenverlauf durch das "Abzeihen" auf dem Retuscheur bearbeite wird, entstehen solche Stries genannten Ritzlinien.

Es gibt auber sicher auch viele Arbeitsschritte die wir gar nicht kenne z.B. in der Bearbeitung von organischen pflanzlichen Stoffen. Da gibt es noch ganz viel Forschungsbedarf. Annelou van Gijn hat sich erstmalig ausführlich mit Spurenbildern an Silices beschäftigt und dazu viele Varianten der Bearbeitung pflanzlicher Mterialien herausrbeiten können. Bei Felsgesteinartefakten sidn solche finer auflösendne Studien noch gar nicht erfolgt.

Obschon ich meine Sammlungen, in denen sich auch etliche Retuscheure befinden, inzwischen an das Land NRW gegeben habe ist dieser spezielle Retuscheru noch in meiner Hand, damit er unter dne zehntaisenden Artefakten in den Sammlungen nicht untergeht. Ich versuche dessen Bearbeitung und Analyse noch gesondert durchzuführen.


lG Thomas    :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

animus

Vielen Dank für eure Meinungen und deine Erläuterung Thovalo! Ich muss zugeben das ich erstmal nachschauen musste, was ein Retuscheur ist (ich sehe wieder wieviel ich noch zu lernen habe). Für mich ist es dadurch aber durchaus noch interessanter, als ein Wetzstein, und freut mich natürlich umso mehr. So deutliche Gebrauchsspuren hatte ich bisher auch bei keinem Fundstück. Da bin ich mal gespannt, was man auf dem Amt dazu sagt.

Daniel   

thovalo

Zitat von: animus in 27. März 2021, 15:37:28
Vielen Dank für eure Meinungen und deine Erläuterung Thovalo! Ich muss zugeben das ich erstmal nachschauen musste, was ein Retuscheur ist (ich sehe wieder wieviel ich noch zu lernen habe). Für mich ist es dadurch aber durchaus noch interessanter, als ein Wetzstein, und freut mich natürlich umso mehr. So deutliche Gebrauchsspuren hatte ich bisher auch bei keinem Fundstück. Da bin ich mal gespannt, was man auf dem Amt dazu sagt.

Daniel   


                :super:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.