Steinbeil aus Hämatit

Begonnen von Zahnfee, 06. Januar 2016, 16:47:39

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Zahnfee

Mein schönster Lesefund aus 2015.
Ein Steinbeil aus Hämatit ( leicht magnetisch)
Ich gehe von Michelsberger Kultur aus.
Viele Grüße , Werner Roman

Im Auftrag des Herrn unterwegs

Merle2

Hallo :winke:
das ist ja ein herausragender Fund! Herzlichen Glückwunsch.
Die abgeschliffen wirkende Schneide habe ich schonmal bei Steinbeilen gesehen, die als Amboss bei der Kupfer- und Goldbearbeitung gedient haben, nur so mein Gedanke.
Tolles Stück, ich habe nur einmal ein Hämatitbeil gesehen und das war indianisch, ich komm garn nicht mehr aus dem Staunen heraus... :super: :super: :super:
Viele Grüße
Marc

RockandRole

Hallo Werner

Das ist einfach nur WOW  :-)  von der Form her würde ich es auch irgendwo am Ende des Neolithikums sehen. Hast du evtl. auch einen weiteren Nachweis in dem Zusammenhang mit Hämatit machen können?
Darf ich auch nach dem Bundesland fragen?

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

thovalo

#3


Wie Daniel denke ich in Bezug auf die Form und Proportionen auch deutlich an eine spätere Entstehungszeit ..... möglich bis eisenzeitlich.
Als Beilklinge ist der Fund proportional sehr gedrungen, zwar mit ovalen Querschnitt, aber mit einer für Michelsberg untypischen "stumpfen" Nackenpartie. Da die Färbung tatsächlich an Eisen erinnert passte das in eine, in der frühen Eisenzeit mit Eisenobjekten weniger gut versorgten Region.

Michelsberger Beilklingen aus Silex und aus Felsgestein finden sich selbst im Bereich zentraler Orte dieser Kultur nur selten.

Nach Bildern lassen sich Materialien nicht immer und unbedingt nachvollziehen.
Ist die Ansprache als Hämatit sicher?
Farblich sieht es jedenfalls so aus!

Das wäre eine vollkommen ungewöhnliche Verwendung des eigentlichen LBK-Farbsteins.
Ich kenne bislang keines!
Das wäre das erste!  :super:


Tatsächlich erinnert es auch an "Hammersteine" für die frühe Metallbearbeitung.
Ist die "Schneide" denn scharf oder schmal aber stumpf überschliffen?

Es wäre klasse wenn Du noch was zur Fundregion sagen möchtest und auch ob und welche Beifunde es an der Stelle an der Oberfläche gegeben hat!


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Zahnfee

Hi. Das Material ist definitiv Hämatit .
Es ist leicht magnetisch.
Fundort ist Mittelhessen.

Im Auftrag des Herrn unterwegs

thovalo

Zitat von: Zahnfee in 06. Januar 2016, 19:21:31
Hi. Das Material ist definitiv Hämatit .
Es ist leicht magnetisch.
Fundort ist Mittelhessen.




Nach Hessen passen solche Wunderdinge!
Dort tickte die Welt der verwendeten Materialien wohl in vielen Aspekten anders (siehe Daniels Kieselschieferpaläolithikum)!   


Singulär .......  in meiner Wahrnehmung! 


Ein Knaller in jeder Hinsicht!  :super:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Zahnfee

Die Schneide scheint nie nachgeschliffen worden zu sein.
Bei der Fundmeldung meinte der Archäologe er kenne noch mehr Geräte aus Hämatit aus unserem Kreis.
Im Auftrag des Herrn unterwegs

thovalo

Zitat von: Zahnfee in 06. Januar 2016, 19:28:04
Die Schneide scheint nie nachgeschliffen worden zu sein.
Bei der Fundmeldung meinte der Archäologe er kenne noch mehr Geräte aus Hämatit aus unserem Kreis.

Beilklingen oder andere "Geräte"?
Toll das Du das hier gezeigt hast!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Zahnfee

Zitat war "Geräte".
Aber er ist auch kein Neolithiker ,der Interessenschwerpunk
lag bei anderen Funden. Aber ich werde mich nochmal schlau machen.
Im Auftrag des Herrn unterwegs

RockandRole

Hallo  :winke:

Das ist wirklich mal was richtig interessantes. Wenn es bei euch ein paar von diesen Werkzeugen gegeben hat, müsste es doch eigentlich irgendeine Veröffentlichung geben? Ich suche auch mal unabhängig von dir Werner.

Hey Thomas, zwischen meiner Fundregion und Mittelhessen könnten durchaus 300 km liegen  :friede: Obwohl die Lyditverwendung ja bei beiden Gebieten sehr ähnliche Geräte herausgebildet hat.

Wie auch immer, das ist wirklich ein Knallerfund. Würde mich aber wirklich interessieren ob die Tradition der Färbersteine in Mittelhessen auch für ein Ende des Neolithikums nachgewiesen werden kann.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Nanoflitter

Das "Hämatit" würde ich zwar anhand der Bilder nicht unterschreiben, da geschliffene Hämatite eigentlich immer metallisch glänzen, und das sehe ich hier nicht :glotz:, jedoch ist das ein verdammt schönes Beil, gratuliere!
Gruss...

Furchenhäschen

Hallo Werner,
ein interessantes Fundstück!
Eine schön geformte Beilklinge aus rötlichem Felsgestein, mit gestumpfter Schneide, wohl nachträglich zur Metallverarbeitung weitergenutzt. Das kommt hie und da vor.
Einen Hämatit würde ich fast sicher ausschließen wollen,
da ich das Gestein für ein Schlagwerkzeug, das augenscheinlich auch Verwendung fand als viel zu weich und wenig geeignet erachte.
Soviel Sachverstand darf man unseren Ururahnen bei der Materialauswahl zur speziellen Werkzeugherstellung schon zutrauen.
Hämatite sind alleine in Form von Färbesteinen durch Witterungseinflüsse häufig Oberflächig schon recht angegriffen.

Grüße
Peter

Zahnfee

Was könnte es anstatt Hämatit sonst für ein Material sein.
Ich bin davon ausgegangen,  da es leicht magnetisch ist .
Im Auftrag des Herrn unterwegs

RockandRole

Guten Morgen

Ich dachte das wäre amtlich abgesegnet mit dem Material!?!

Klingt zwar jetzt ein wenig unprofessionell, aber um sicher zu gehen ob das Hämatit ist, einfach einen evtl vorhandenen Schleifstein ein wenig nass machen und eine beschädigte Stelle des Stückes ganz leicht antesten ob es abfärbt. Das ergibt dann ein recht hartnäckiges Färbemittel.
Und bevor jetzt ein allgemeiner Aufschrei durch die Runde geht, wenn man es ganz leicht macht, schadet es weder dem Fundstück, noch dem Schleifstein.

Wenn das auch mit anderen roten Felsgesteinen so wäre, dann einfach nicht auf mich hören und eine Dichtebestimmung durchführen und einen Geologen fragen. Vielleicht kann man das auch vor der Methode 1 machen  :-D

Von der Homogenität kann es aber durchaus Hämatit sein, hab einen Färberstein, der auch ohne jegliche Einschlüsse oder Auswaschungen ist.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Zahnfee

Also auf Grund der Farbe und der magnetischen Eigenschaften,  sind der Kreisarchäologe, 2 befreundete Archäologen,  denen ich es gezeigt habe und ich , davon ausgegangen,  dass es Hämatit ist.
Die haben es alle live in der Hand gehabt und auch mit einem Magneten getestet.
Ich bin jetzt kein Materialexperte und weiß nicht , welcher Stein ebenfalls solche Eigenschaften aufweist.
Im Auftrag des Herrn unterwegs

thovalo

#15

Die Beilklinge ist für einen Oberflächenfund aus heutiger Zeit in einem exzellente Erhaltungszustand überliefert  :super:


Die unverschrammte Oberfläche spricht dafür, dass sie noch nicht lange durch die Landwirtschaft belastet und kreuz und quer bewegt worden ist.

Als Beilklinge ist sie typologisch nicht ungewöhnlich (z.B. besonders groß,klein oder anders typologisch auffallend).

Wie Du an den Reaktionen merkst ist die Materialzuschreibung eine Besonderheit die viel Aufmerksamkeit und Interesse weckt.
Sollte das Hämatit sein wäre das eine außergewöhnliche Materialwahl.
Und wie zu bemerken führt das zu regen Interesse und einigen Erstaunen.

Ansprachen steinzeitlicher Gerätschaften werden von Archäologen für Urgeschichte vorgenommen. Archäologe mit anderen Schwerpunkten haben auch viel gesehen, sind da aber weniger versiert. In Bezug auf verwendete Materialien haben die Urgeschichtler meist auch viel Wissen, viel Gesehen und das Übliche an Materialien kennen sie in aller Regel weil es oft vorkommt und von geologischer /mineralogischer Seite her gut anzusprechen und klar zu identifizieren ist (z.B. Amphipolit).

Bei der Ansprache eines besonderen Materials sind Archäologen nicht die ersten Ansprechpartner. Zu einer Materialansprache braucht es eine Materialbestimmung. Dazu sind Geologen und Mineralogen fachlich ausgebildet. Archäologen nicht. Da verschiedene Gesteine auf Magneten reagieren, geben die Färbung und dieser Effekt noch keine Klarheit. Umso spannender wäre es diese Beilklinge konkret auf die Fragestellung nach dem Material entsprechend vorzulegen und bestimmen zu lassen.


Der Vorschlag von Daniel es mit einem "Farbtest" zu versuchen ist einfach und effektiv und schadet dem Objekt nicht!


lG Thomas  :winke:



Vom Bruchbild würde rein optisch auch ein Quarzit nicht auszuschließen sein.
Vielleicht ist es aber doch etwas exotisches.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Zahnfee

Danke für eure Hilfe.
Da ich mich mit Steinartefakten überhaupt nicht auskenne ( Spätantikler ) , mein zuständiger Kreisarchäologe ebenfalls einen anderen Themenschwerpunkt hat,  mache ich folgenden Vorschlag : ich schicke das Beil als versichertes Packet ( Rückporto beiliegend) an denjenigen,  der sich eine Bestimmung des Materials zutraut. Das mit dem Schleifstein traue ich mir nicht zu , würden es aber den Experten machen lassen.
Viele grüße, Werner
Im Auftrag des Herrn unterwegs

Daniel

Der oben genannte Farbtest nennt sich bei den Mineraliensammlern "Strichtest". :staun:
Ist nichts unanständiges und ganz einfach. :-D
Nimm ein Stück unglasiertes Keramik (Rückseite einer Wand- oder Bodenkachel), zur Not auch der unglasierte Bodenrand einer Schüssel,
Tasse oder Tellers und reibe einfach eine Kante von dem Beil drüber.
Dann berichte was es da für eine Farbe hinterlassen hat.
Ist es Hämatit, sollte die Farbe rotbraun sein.

Gruß Daniel
Spalttabletten, meine Dame, sind bekömmlich und gesund.
Doch verwirrend ist der Name, sie gehören in den Mund.

Zahnfee

Im Auftrag des Herrn unterwegs

Nanoflitter

Und dann den Strich oder das Abgeriebene etwas mit einem Fingertupf nass machen und etwas reiben, sollte bei Hämatit eine schöne rotbraune Suppe geben, wie der Daniel(RockandRole) schon sagte. Gruss...

Nanoflitter

In Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905 wird auf Steibeile aus Hämatit im Afrikanischen Raum hingewiesen. So unwahrscheinlich ist es also nicht, das Material zu verwenden. Aber warten wir mal den/die Tests ab, ob das für unsere Gefilde auch zutrifft.
Gruss...
http://www.zeno.org/Meyers-1905/B/Afrikanische+Altert%C3%BCmer


Zahnfee

So. ich habe vorhin mit einem befreundeten Grabungstechniker gesprochen.
Er hatte in 25km Entfernung einen Schuhleistekeil aus Hämatit auf einer Grabung.
Meines kommt von einem Acker , der vor 5 Jahren noch Streuobstwiese war.
Ich habe vorhin den Reibetest gemacht . Mit dem Boden eines Kaffeebechers.
Ich musste nicht mal hart reiben .
Gab eine rotbräunliche Schmierschicht.
Ich habe das Beil dann mit einem Tempo abgerieben.
Siehe Bilder.
Viele Grüße , Werner
Im Auftrag des Herrn unterwegs

RockandRole

Hallo Werner   :winke:

Von hier aus sieht das sehr gut aus. Ich bleibe bei Hämatit.  :super: bin immer noch begeistert.

liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

StoneMan

Moin,

@ Werner, ein ganz toller Fundbeleg  :super:

Hinsichtlich des Hämatits war ich aufgrund nur durch Foto-Einsichtnahme recht skeptisch.
Erst der Strichtest hat mich überzeugt, nicht der Magnetismus allein.

Die Härte (Mohshärte ~ 5,5 - 6,5) und Dichte (5,1 - 5,3 g/cm³) die ein Hämatit aufweisen kann, lässt auch ein Werkzeug zu.

Glückwunsch zu diesem feinen Beil  :Danke2:

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Nanoflitter


Furchenhäschen

Servus,
in der Tat,
wenn es sich bewahrheiten sollte,
daß es sich um ein Hämatitbeilchen handelt,
dann ist es ein äußerst seltener Fundbeleg.
Ich würde trotzdem nur zur Bestätigung den Geologen draufsehen lassen!

Gruß
Peter

Zahnfee

Ich danke euch für eure Hilfe :)
Im Auftrag des Herrn unterwegs

thovalo



Auch ich danke Dir für die Mühe(n) ..... ein Zugewinn für uns Fragenden, in jeder Hinsicht!  :super:

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

hargo

Wobei für mich die Frage offen bleibt, ob es überhaupt als Beil eingesetzt werden sollte?
Immerhin spielten Hämatit, Beilklingen und Dechsel bei Bestattungen zeitweilig keine unerhebliche Rolle.

mfg