Heute auf Fst. 9

Begonnen von steinwanderer, 21. April 2011, 21:18:27

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steinwanderer

Moin Moin,
ich hab mich Heute von Thomas abholen lassen. Ich kann ja im Moment nicht selber fahren. Wir waren auf dem spätneolithischem Fundplatz in NF.
Obwohl der Boden grad erst bearbeitet wurde und Er furztrocken war haben wir trozdem noch schöne Sachen gefunden.
Den aufregensten Fund machte Thomas. Als Erstes fand er das Nackenstück eines Beiles mit v-förmigen Längsschnitt aus Bryozoen- Feuerstein. Eine halbe Std. später dann das Nackenende des selben Typs bloß aus rotem Feuerstein. Eine Patinierung schließe ich aus. Leider wird es sich auch nicht um Helgoländer- Flint handeln, der sieht glaub ich etwas anders aus.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

insurgent

Schönes Neolithikum  :super:
Meine Bodenfunde werden gemeldet

Steinkopf

Hallo Steinwanderer!

Meinen Glückwunsch zu Deinem schönen Beilfund!

Mit großer Wahrscheinlichkeit ist das rote Stück aus rotem Helgoländer Flint!
(Eine präzise Bestimmung nach einem Foto ist sicherlich mit Vorbehalt zu sehen.)

Ich habe vor ???Jahren bei uns im Weser-Ems ein Sichel-Fragment aus diesem
Material gefunden und mich ausgiebig mit diesem Material und seiner Geschichte
beschäftigt.

Wenn ich Zeit finde, sende ich Fotos vom Helgoländer roten Flint mit den
markanten Merkmalen. Er stammt aus dem Touron und ist älter als Danien- und
der Senon-Flint.

Der niederländische Archäologe Jaap Beuker von 'Drent's Museum' in Assen NL
ist der engagierte Forscher auf diesem Gebiet. Er registriert die Funde, die mittlerweile
aus DK, SH (vor allem von der Westküste), Niedersachsen und aus den Niederlanden
vorliegen.

Wenn es Dich interessiert, kann ich Dir einiges an Material mit Bildern darüber
zusammenstellen.

Schöne Grüße
Jan!

steinwanderer

Moin Jan,
danke für Deine Einschätzug. Ich bin mitlerweile auch auf den Zug Helgoländer Flint aufgesprungen nachdem ich mir Bilder von Rohknollen im Internet angesehen habe. Wenn nur das innerste Rote verwendet wurde, passt es ziemlich gut. Die Helgoländer-Flintknollen sind im Innersten auch nicht durchgehend rot sondern tlw. weiße Flecken auf und sind mit orangenen Adern durchzogen. Eine Ähnlichkeit ist nicht von der Hand zu weisen.
Es wäre toll, wenn Du mir dein Material zuschicken könntest.
Wenn das auch nicht weiter hilft, könnte man die E- Mail Adresse des Niederländers rausfinden.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

Steinkopf

Für Klaus den Glückspilz:

Hier ein frischer Abschlag mit der typischen Textur:

Frohe Ostern! Jan

steinwanderer

Super Jan,
das ist Er.
Schöne Grüße Klaus
Lewer duad üs Slav

Moonk

Hallo, das ist kein Helgoländer Flint, sondern ganz normaler Flint wie er hier im Norden auf vielen Äckern herumliegt. :friede:

HG Moonk :smoke:
Das Leben ist wie eine Hühnerleiter man kommt vor lauter ..... nicht weiter. HG Moonk

Steinkopf

Dann such man weiter, bis das Glück auch Dich einmal erwischt!

mifomex


Hallo Klaus,

na?,alles gut ueberstanden ?

Ja so ist das mit der Leidenschaft,....man muss einfach,trotz eingebundener Schulter, gelle ?

Glueckwunsch, ...welcome back und beste Genesung ! :gute:
Gruss sash :winke:

...wer waescht Dir jetzt die Funde ? :narr:
"Wer Vergessenes ans Licht bringt, Bereichert das Wissen!"

hargo

@Moonk
Siehst du den weißen Einschluss auf 007jpg oben links?
Auch die gelben "Schlieren" unterscheiden das Material von dem rot gefärbten Flint, den wir alle schon mal im Norden gefunden haben.
Oder?

mfg

steinwanderer

Moin Sasha,
ja die Leidenschaft. Sie hift mir auch diesmal wieder über meine trostlose Zeit hinweg. Denn meine Leidenschaft für die Archäologie begann vor 14 Jahren mit einem Gipsarm.
Die Funde kann ich selber waschen. Der Arm wird mit Schlaufen an einem Tragegurt befestigt. Ich soll Ihn auch zwischendurch mal raus nehmen und gerade herunterhängen lassen damit Er nicht steif wird. Das schlimmste sind die Lockerungsübungen bei der Kankengymnastik. Da tut hinterher alles schön weh.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

steinwanderer

Moin Moin,
Gestern hatte ich an die Bude 31 in Helgoland geschrieben. Diese handelt mit aus Helgoländer-Flint hergestellten Schmucksteinen. Heute Morgen wurde mir mitgeteielt, das mein Fragment mit Sicherheit Helgoländer Flint ist. Die Bilder des interessanten Fundes wurden an einen niederländischen Archäologen, der sich mit dem Verbreitungsgebiet dieser Artefakte beschäftigt.
Der kleine Platz wird noch richtig interessant.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

steinwanderer

Moin Moin,
ich habe eben eine Mail unseres Landesmuseums bekommen. Nachdem Sie schon Überzeugt waren, haben sie die Bilder noch eimal überarbeitet und dann zu Jaap Beuker geschickt. Er ist ein niederländischer Archäologe, der sich seit Jahren intensiv mit Helgoländer-Flintartefakten beschäftigt.
Er konnte bestätigen, daß das Nackenframent aus eben dieser Flintvarietät ist.
Da in letzter Zeit noch mehr Artefakte dieser Art in SH. aufgetaucht sind, ist für diesen Monat  eine Aufnahme der Stücke in Holland geplant.
Ende diesen Monats kann ich es mir wieder abholen. Dann werde ich mehr wissen.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

steinwanderer

Moin Moin,
das rote Beilfragment ist aus Holland zurück und ich war Heute in unserem Landesmuseum und habe erst einmal wieder ausgehändigt bekommen. Es soll aber früher oder später in die Landesausstellung aufgenommen werden. Jaap Beuker hat es eindeutig als Helgoländer Flint bestimmt.
Ein großen Dank nochmal an Steinkopf und Hargo.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

Avatar11Retirement

Schönen Abend Herr Kollege!
:prost: und  :super:

mifomex


Hallo Klaus,

schoen dass Du noch Bescheid gibst :super:
auf viele wartet man unendlich....
Danke und Gruesse :winke:
Sash
"Wer Vergessenes ans Licht bringt, Bereichert das Wissen!"

steinwanderer

Moin Moin,
hier nun noch einige Informationen zum helgoländer roten Feuerstein und ein paar Bilder.
Vor gut 25 Jahren ist eine Feuersteinvarietät in den Focus der archäologischen Forschung gerückt, die sichaufgrund ihrer Farbe und Strucktur eindeutig auf ein lokales Vorkommen zurückführen läßt: der rote Feuerstein von Helgoland. Seit vielen Jahrzehnten unter dem begriff "Helgoländer Achat" als polierter Schmuckstein im örtlichen Handel und von Besuchern der kleinen Nordseeinsel geschätzt, wurde seine archäologische Bedeutung erst 1983 vom niederländischen Forscher Jaap beuker erkannt. Er durchforschte das Magazin des Drenths Museums in Assen und zahlreiche Amateursammlungen aus der Provinz Drenthe und konnte über die Jahre eine stattliche Anzahl von vorgeschichtlichen Werkzeugen aus rotem Helgoländer Flint identifiziern.

Als seine Lagerstätte identifizierten Geologen die Helgoländer Oberkreide. Bis vor einigen hundert Jahren stand sie als weißes kliff neben der klippe aus rotem Sandstein. Später wurde die Kreide zu Bauzwecken bis zur Wasserlinie abgegraben und bildet Heute das fundament der Nebeninsel "Düne". Nur noch bei extremen Niedrigwasser sind die Schichten mit den roten Feuersteinknollen sichtbar, doch finden sich am Nordstrand der Düne bisweilen noch ausgespülte Steine. Da es in den helgoländer Lagerstätten allerdigs auch honigfarbenen Flint gibt und durch die Eiszeiten viel schwarzer oder grauer Flint auf die Insel gelangte, ist die Suche nicht ganz einfach.
der rote Flint zeichnet sich durch neine rosarote bis braunrote Grundfarbe aus, die sich im Bruch klar von rötlich patinierten, im Kern aber grauen Feuersteinen unterscheidet. Honigfarbene Schlieren sin eben so vorhanden wie weiße Einschlüsse. Unter der Rinde findet sich zunächst eine weiße Zone, die nach innen meist zu schwarz und schließlich zu rot wechselt.
Kupfergeräte mit Feuerstein nachgeahmt
Die Bandbreite der bislang bekannten Werkzeuge reicht von geschliffenen Beilen, Meißeln und Sichelklingen über Dolche bis hin zu Feuerschlägern, Klingenschabern und flächig retuschierten Pfeilspitzen. Eine verstärkte Nutzung des Rohstoffs scheint im Spätneolithikum und der frühen Bronzezeit eingesetzt zu haben. In dieser Zeit versuchte man, kupferne Geräte in Flint nachzuformen, und der rote flint kam dem metallenen Vorbild farblich natürlich besonders nah. Das Formenspecktrum deckt den mehr als 2000 jährigen Zeitraum von der Mittelneolithischen Trichterbecherkultur bis in die mittlere Bronzezeit ab, das älteste gesicherte Fundstück gehört in die Gruppe der dicknackigen Beile, die in der Zeit zwischen 3000 u. 2700 v. Chr. verwendet wurden. Neuerdings verdichten sich sowohl in den nördlichen Niederlanden als auch in SH sogar die Hinweise darauf, daß dieses exotische Material bereits am Ende der Eiszeit von den Jägern der Federmesserkultur u. der Ahrendsbugerkultur genutzt wurde.
Fertigprodukte stellen insbesondere in Niedersachsen und Schleswig-Holstein die weitaus größte Fundgruppe dar, während von den nordfriesischen Inseln, Eidersteht und dem Elbe- Weserdreieck sowie von Helgoland selbst auch einige Abschläge vorliegen. Einzig die diagnostigten Abfallprodukte von Midlum bei Cuxhaven enstammen offensichtlich dem Prozess der Geräteherstellung. Eine Durchsicht der Bestände am archäologischem Landesmuseums Schleswig, kleinere Museen und Privatsammlungen an der Schleswig- holsteinischen Westküste bestätigt dieses einseitige Verbreitungsmuster, und auch in DK sind bis lang nur wenige Geräte aufgetaucht. Ein anderes Bild zeigt sich hingegen in den nördlichen Niederlanden: Dort überwiegen die Werkabfälle, und ganz offensichtlich scheint der rote Flint in diesem Gebiet besonders begehrt gewesen zu sein, obgleich der Transportweg weiter und damit bescherlicher und gefährlicher war als zur Schleswig- holsteinischen Küste. Da in Drenthe jedoch kaum brauchbarer Flint vorhanden war, war hier die Nachfrage besonders groß
Beukers Recherchen führten ihn in den 1980 er Jahren über Niedersachsen und SH bis nach Helgoland selbst, wo er von Stühmer größere Knollen der roten Flintvarietät erhielt und daraus Handstücke für eine Vergleichssammlung zusammen stellte. Im Jahre 1988 hatte er in Nordholland bereits 24 Fst. mit insgesamt 31 Objekten lokalisiert. Seit dieser Zeit werden im Drenths Museum alle Nachweise des Helgoländer Flintes in einer zpeziellen Datenbank gespeichert. Während aus der Provinz Drenthe damit die meisten Artefakte aus rotem helgoländer Flint vorliegen, ist die  bislang bekannte Zahl der Artefakte in Niedersachsen und SH deutlich geringer. Allerdings kommen jährlich Neufunde hinzu und es konnte aus Viborg ein Dolch als zum Helgoländer Flint zugehörig betimmt werden.
Dass Neufunde als unerkannte Stücke zeigt ein Fund von Föhr. Im Museum dort liegen Artefakte die vor 100 Jahren bei der anlage einer Kartoffelgrube endeckt wurden. !866 ssstieß der Schneider Hansen auf die Reste eines Großsteingrabes . Die Kammersteine fehlten bereits, aber an Beigaben waren noch Pfeilspitzen, Wetzsteine, ein Dolch, 7 Flintmesser 7 geschliffene Flintbeile und 4 schlanke Meißel erhalten. Ingesammt 4 Werkstücke, darunter ein Meißel, ein Dolch und zwei Beile sind aus rotem helgoländer Flint. Dieses Ensempel läßt darauf Schließen, daß dort eine hochrangige Persönlichkeit bestattet wurde.
Rückschlüsse auf den Stand der Seefahrt
Die Verbreitung des helgoländer roten Flints lässt Rückschlüsse auf en Stand der Seefahrt zu. Denn im fraglichen Zeitraum war Helgoland durch den weltweit steigenden Meeresspiegel längst zur Insel geworden, die mindestens 65 km von der Festlandsküste entfernt unsichtbar hinter dem Horizont lag. Bedenkt man, daß die Seereise nach Helgoland mit modernen Motorschiffen auch heute noch durch wechselnde Wetter- und Strömungsverhältnisse zum Abenteuer werden läkann, wird das beachtliche vavikatorische Vermögen der jungsteinzeitlichen Menschen deutlich. Über die Beschaffenheit der verwendeten Schiffe lassen sich aufgrund von felsbildern, schiffsförmigen Steinsetzungen und einzelnen Wrackfunden Mutmaßungen anstellen- sicher ist jedoch, daß es sich um größere Boote mit einer entsprechenden Rudermannschaft gehandelt haben muß. Letztlich verdeutlicht die Kartierung der Feuersteinfunde also auch die Mobilität des Menschen während der Jungsteinzeit und Bronzezeit. Feuersteinfunde in den Küstenbereichen von Cuxhaven, Eidersteht und den nordfriesischen Inseln, die Helgoland am nächsten liegen, lasses zudem erkennen, daß die günstigsten Ausgangspunkte für die Überfahrt durchaus bekannt waren.
Gruß Klaus

 

Lewer duad üs Slav

Harkonen

Hallo Klaus,
ein Klasse Bericht,
vielen herzlichen Dank für die interessante Info.  :super:

Grüße
Harkonen

Joxkowski

Ich hole das Thema nocheinmal hoch, da die obigen Ausführungen zum Helgoländer Flint einfach klasse sind!

Ich interessiere mich sehr für Fundstellen des Helgoländer Flints in Niedersachsen und bin an einem Austausch über Neufunde (sozusagen die Funde nach Beukers Aufsatz) sehr interessiert.

teabone

Hallo Klaus,

Glückwunsch zum Fund und Dank für die umfassenden Informationen.

LG Augustin

Such- und Fundgebiet: Weinviertel, Nö.