Beilklinge: zertrümmertes Leichtgewicht aus merkwürdigem Gestein

Begonnen von thovalo, 05. Mai 2010, 13:18:47

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

thovalo

Folks  :winke:

Von einem zweiten Feld der gestrigen Radtour:

Der dümmste Bauer im Dorf ist zugleich der Dickste und baut ausgerechnet auf einem der Hauptfundplätze Kartoffeln an! Der LVR ist seit Jahren über die Zerstörung der Fundschichten informiert und es bestehen weder Schutzauflagen noch irgendwelche Aktivitäten! Daher ist es wohl eher ein dummer Zufall, das der dicke Bauer ausgerechnet dort Kartoffeln anbaut .................. :kopfkratz:

Die in ihrer geringen Grundfläche sehr übersichtliche Feldflur kann aufgrund der angelegten Pflanzbahnen nicht begangen werden, doch vom Feldweg aus fiel sofort eine "Kartoffel" mit grade angeschliffenen Seitenkanten auf: ein bei der Anlage der Pflanzbahnen heftig angeschlagenes Beilfragment, das ich mit einem Ast vom Feld gewedelt habe!

Es handelt sich um eine nach dem Verlust der Schneidenpartie sekundär als Schlagstein weiter verwendete Beilklinge mit beidseitig angeschliffenen Schmalseiten. Die Feldmaschinen haben das Fundstück die Tage arg gebeutelt und dabei auch frische Ansichten des verwendten Gesteins frei gelegt!  :glotz:

Das Verblüffende beim Aufheben war die extreme Leichtigkeit der zu einer Beilklinge verarbeiteten Gesteinvarietät.

Verdreckt sah das Gestein eher noch dem Silex von Valkenburg ähnlich, doch der wiegt bei einer solchen Größe des Fragments eindeutig mehr. Auf dem Rückweg konnte ich den Fund an einem Bachlauf erst einmal oberflächlich reinigen und legte an den angeschlagenen Partien die grob-porösen Strukturen eines "Felsgesteins" frei. Also kein Silex!

Zuhause gereinigt fiel umgehend auf, dass sich der ganze Stein mit Wasser "vollgesogen" hatte und erst über längere Zeit hinweg durch Trocknung sukkzessive seine jetztige (abgebildete) Färbung annahm.

Zwar lässt sich das Gestein nicht mit dem Fingernagel "abbröckeln", ist aber enorm rau und grob strukturiert. Vom Gewicht her eher ein grober Sand- oder ein Kalkgestein!?

Ich habe schon unendlich viele Beilklingen und Beilklingenfragmente in der Hand gehabt. Vom Material her aber noch nicht Vergleichbares.

Vielleicht helfen die Bilder zu einer näheren Einschätzung der Gesteinvarietät!?


Maße: Länge 8.8 cm; max. Breite 5.9 cm an der Bruchkante in Richtung der verlorenen Schneidenpartie; max. Dicke 3.3 cm


Bild 3: die zum Schlagen verwendete Arbeitskante

Bild 4: Ansicht vom Nacken ausgehend
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.


thovalo

Sorry!

Zwei Dateien waren zu groß....., da musste ich nochmal nacharbeiten  :-)
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Mark77

Dachts mir schon^^ hat das Problem mit dem Radiolarit gestern auch.. ist dann ganz schön stressig, weil man die Bilder die mal im Anhang stehen nicht mehr rausmachen kann :smoke:

zu dem Stück: sieht mir nach einem mittelkrönigen Quarzit aus.. in eurer Gegend gibt es ja verdammt viel davon! Tertiär- und älter..
es könnte natürlich auch von deiner Beschreibung her ein kalkhaltiger Sandstein sein. :kopfkratz: :winke:

Moonk

Das Leben ist wie eine Hühnerleiter man kommt vor lauter ..... nicht weiter. HG Moonk

thovalo

#5
@ moonk

Basalt hat ja die sehr dichte schwere und eine sehr leichte blasige Struktur. Die Färbung ist allerdings nicht beige, sondern doch zumeist teif dunkel grau. Beide Varietäten kommt hier gut vertreten vor und sind es sicher nicht!


@ mark 77

Ich denke das geht in die Richtung! Finde es bemerkenswert, dass man solch ein merkwürdiges Material verwendet hat, während hier hoch qualitätsvolle (fein strukturierte) Quarzite und Sandsteine sehr reichlich und gut verteilt in der Gegend zu finden sind.

Fragmente wuchtiger und sehr großformatiger und schwergewichtiger Quarzitbeilklingen sind auch hier im Fundmaterial vorhanden.


Der hier in Form des Fragments einer Beilklinge überlieferte Materialbeleg tendiert wohl in die Richtung
"grob quarzitisch gebundener Sandstein".


Da es hier wirklich mehr als ausreichend qualitätsvollere Alternativen an Quarzit und Sandsteinvarietäten gegeben hätte, kann so eine Beilklinge durchaus auch bereits fertig gestellt an den Ort eingetragen worden sein!

Vielleicht bei einem Besuch der Schwiegereltern vom Mittelrhein?  :zwinker:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

rolfpeter

Servus,

ich vermute, es handelt sich bei dem Stück um Valkenburger Flint.

Neulich haben wir ja über die Dichte verschiedener Gesteinsarten philosophiert. Die Sache hat mich dann nicht losgelassen und ich habe exemplarisch einige Stücke ausgewogen.

Ergebnis:
Valkenburger Flint hat eine erstaunliche Bandbreite in der Dichte. Je rauher und grobkörniger das Material ist, um so geringer ist das spezifische Gewicht. Ich habe Dichten von 2,05 g/cm³ bis zu 2,51 g/cm³ ermittelt. Lousberg und Rijckholt liegen zwischen 2,5 und 2,6 g/cm³

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

thovalo

#7
Lieber rolfpeter!  :winke:

Ich hab mich bis jetzt ja vor der "Dichtemessung" gedrückt! Dann muss ich mich vielleicht doch mal ran begeben!

Aber das Valkenburg so "raspelig" grobkörnig sein kann, das er sogar Wasser speichert, das er dann nur langsam beim Trocknen wieder abgibt, hätte ich im Leben nicht gedacht!

Und das grobe "Zeug" hat man sich eingehandelt ......?  Obwohl das Material in der geschliffenen Fläche tatsächlich glatt wie Flint ist und die Schlagnegative an der alt abgebrochenen breiten Partie muschelig ausgebrochen sind ....

Unglaublich und herzlichen Dank für dein bewährtes Wissen!  :kopfkratz:


Jürgen Weiner hat Heute über einen nächsten Besuch nachgedacht, weil die vollen Kisten hier nicht alle in einen PKW passen.

Wäre sehr schön wenn´s in den kommenden Wochen oder Monaten klappen würde!
Vielleicht kommst du dazu!? Du bist herzlich willkommen!

Zumindest gebe ich rundrum Rapport!   :zwinker:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.