Abschlag in Form einer Zitrusscheibe

Begonnen von Schabersucher, 28. November 2025, 22:34:47

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Schabersucher

Liebe Leute,

hier kommt noch ein Abschlag, bei dem die Form der ursprünglichen Flintknolle die entstandene Grundform im wesentlichen vorgibt, "function follows form". Es wurde nur die maximal notwendige Zahl von Abschlägen durchgeführt: von einem rundlichen Geröll werden Abschläge wie Zitrusscheiben abgetrennt, die Dorsalfläche wird dann durch den Kortexrücken und ein Abschlagnegativ gebildet. Hier sind zwei Dorsalgrate vorhanden, von vorherigen Abschlagnegativen. An der Kante sind Retuschen auf die Dorsalfläche vorhanden, sodass dieser Stein als kleiner Schaber (?) benutzt werden konnte. Fundort wieder der Ostseestrand, und ich habe wieder mehrere Steine dieser Art gefunden, teils mit Retuschen, teils ohne.

Im Floss wird diese Technik in das Paläolithikum einsortiert, aber ich nehme stark (aber natürlich laienhaft) an, dass dieser Stein jünger ist, d.h., dass sich diese Technik durch die Zeiten erhalten hat.

Auch wenn hier die Herstellung vielleicht wieder etwas lieblos erscheint: ein wirklich ästhetischer Aspekt dieser Abschläge ist für mich, dass sich der Farbverlauf der patinierten Flintknolle schön der Form des Abschlags anpasst: vom dunklen Äußeren direkt unter der Kortex ins hellere, grau-beige marmorierte Innere, und mit starkem Farbkontrast zur Kortex.

Was haltet Ihr davon?

Viele Grüße,
Sven

Fischkopp

Lieber Sven,

einen schönen Abschlag mit tollen Fotos stellst du hier vor!
 Dein Strand wird wohl voll mit Feuersteinknollen sein... Ich Frage mich immer wie viele davon von der Qualität her den damaligen Flintschmieden gut genug waren. Vermutlich die wenigsten... Ich Frage mich immer in wieweit das Rohmaterial importiert würde obwohl man vermeintlich auf der Quelle gesessen hat. Oder hat man einfach so viel Material zur Verfügung gehabt das man einfach viel Ausschuss in Kauf genommen hat? Nun zurück zu deinem Fund. Ein Abschlag der vielleicht genutzt wurde oder von der Natur weiter bearbeitet worden ist. Am Ende ist der gesamte Überblick an Artefakten von diesem Strandabschnitt entscheided für eine sichere Einordnung des Fundes.
LG Fischkopp

Schabersucher

Lieber Fischkopp,

Zitat von: Fischkopp in 29. November 2025, 18:54:00Dein Strand wird wohl voll mit Feuersteinknollen sein... Ich Frage mich immer wie viele davon von der Qualität her den damaligen Flintschmieden gut genug waren. Vermutlich die wenigsten... Ich Frage mich immer in wieweit das Rohmaterial importiert würde obwohl man vermeintlich auf der Quelle gesessen hat. Oder hat man einfach so viel Material zur Verfügung gehabt das man einfach viel Ausschuss in Kauf genommen hat?
Ja, an meinem Strand liegt wirklich sehr viel Flint. Es gibt ein Steilufer, aus dem immer wieder frische Flintknollen herauskommen. Allerdings heißt frisch aus der Steilküste natürlich nicht frisch aus der Kreide. Ich nehme an, dass die Steilküsten hier alte End- oder Seitenmoränen sind. Dann wären die Flintknollen bei einer der letzten Eiszeiten mitsamt der Kreide um sie herum von den Gletschern hierher geschoben worden. Ich könnte mir vorstellen, dass sie vorher in Kreidefelsen des jetzigen Ostseeraums saßen, die so wie jetzt noch Mön oder Rügen aussahen. Manche Knollen haben den Transport äußerlich gut überstanden, zB findet man hier auch schöne Fossilien... Vielleicht haben solche Knollen noch eine gute Qualität zum Bearbeiten und sie leiden erst, wenn sie lange in der Brandung und in vielen Temperaturwechseln an der Oberfläche gelegen haben??

Jedenfalls findet man hier Artefakte aus unterschiedlichen Zeiten, in manchen war der Transport von Rohmaterial vielleicht noch nicht so üblich?

Und manche Steine hebe ich nur deshalb auf, weil der Flint so ungewöhnlich & ungewöhnlich schön aussieht  :-D

Zitat von: Fischkopp in 29. November 2025, 18:54:00...
Ein Abschlag der vielleicht genutzt wurde oder von der Natur weiter bearbeitet worden ist. Am Ende ist der gesamte Überblick an Artefakten von diesem Strandabschnitt entscheided für eine sichere Einordnung des Fundes.
LG Fischkopp
An dem Strandabschnitt liegen Steine, die wohl aus unterschiedlichen Zeiten stammen ... Mesolithikum, Neolithikum aber auch Flintensteine aus der Neuzeit. Paläolithisch (bisher?) aber eher nicht ...

Und so wie die Knollen kommen hier auch immer frische Artefakte aus der Steilküste, d.h. die haben oft gar nicht in der Brandung gelegen, sondern sind noch mit Lehm, Erde oder Klebstoff verklebt...
Wirklich sicher einordnen kann man deshalb wahrscheinlich nur Steine mit einer zeitlich gut eingrenzbaren Herstellungsweise ... oder mit Rohmaterial, das nur durch Handel zugänglich war...

Viele Grüße,
Sven