Mahlstein

Begonnen von Buddelfisch, 13. November 2007, 00:02:02

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Buddelfisch

Guten Abend,
mein letzter Fang vom Wochenende trägt alle Merkmale eines "Unterliegers" aus Sandstein  :jump:

Nach intensiver Foren- und Netzrecherche wage ich dennoch zu fragen:
In welche Epoche könnte man diese Stück wohl stellen? :kopfkratz:
Wäre theoretisch wirklich vom Neolithikum bis FMA alles möglich, oder läßt sich diese grob behauene
Form mit der brotlaibförmigen Unterseite etwas eingrenzen?

Beifunde gibt es noch keine; mein Dechselfundplatz ist ca.700m entfernt.
Die Maße sind: Länge 23cm x Breite 22cm x Dicke 8cm
(Gewicht kommt später)

Gruß
Ralph

Buddelfisch

...und noch ein paar Ansichten.
Das Tragbild der Mahlfläche ist leicht angefeuchtet
und wird im Gegenlicht schön sichtbar.

Gruß
Ralph

wühlmaus

Hi Ralph  :winke:

Ist auf jedenfall ein "Unterlieger". Das Bild mit der angefeuchteten Stelle ist da, meiner Meinung nach, sehr eindeutig.

Bei der Datierung halte ich mich erstmal zurück.
Wenns bei uns im Rheinland gefunden worden wäre, würde ich FMA ausschließen und Vorgeschichte mit einer deutlichen Tendenz zur Jungsteinzeit vermuten ...

:winke:
Gerd

Carolus Rex

hi

nicht mahlstein sondern reibstein.

gib mal bei google ein

gruß cr
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Buddelfisch

Mahlstein, Reibstein, Reibemühle, Schiebemühle,....hab mich halt an den Bezeichnungen hier im Forum orientiert :idee:

Bei http://www.kleiekotzer.com/html/muhlsteine_2.html bin ich auf diesen Hinweis gestoßen:

Brotlaibiger Reibstein - Neolithikum bis mittlere Hallstattzeit
Bootsförmiger Reibstein - Späthallstattzeit

Auf die von mir so bezeichnete "brotlaibförmige Unterseite" bin ich selber gekommen, schaut halt einfach so aus...... :super:
Der Fundort war an einem südwestlichen Hang, Lößgebiet, ca.20m über der Talaue, bißchen windig der Platz aber schöne Aussicht.


Gruß
Ralph

Khamsin

Salaam!

Großsteinartefakte zum Getreidemahlen werden von Fachleuten nach der jeweiligen Funktionsbewegung als sog.

1. Schiebemühlen oder
2. Drehmühlen

kategorisiert.  

Danach werden entsprechende Artefakte begrifflich wie folgt unterschieden

Zu 1. Mahlsteine (Neolithikum bis vorrömische EZ) und
Zu 2. Mühlsteine (röm. bis heute).

Beide Kategorien bestehen immer aus zwei Komponenten, einem sog. Unterlieger im Liegenden und einem Läuferstein im Hangenden.

Zu 1. Die Unterlieger von Mahlsteinen besitzten aus ergonomischen Gründen eine langschmale Form zwischen rechteckig und oval, die Läufersteine eine schmalere Brotlaibform.

Zu 2. Die Unterlieger von Mühlsteinen sowie deren Läufersteine sind aus denselben Gründen immer drehrund.

Kenner wissen demzufolge sofort bei der Verwendung der Begriffe "Mahlstein" resp. "Mühlstein"
sofort, worum es geht.

@CRex: Demgegenüber ist der Begriff "Reibstein" diffus.

Dies mag Nichtkenner nicht davon abhalten, Mahl- bzw. Mühlsteine als "Reibsteine" zu bezeichnen, was sich durchaus bei Suchmaschinen oder in der Literatur niederschlagen mag. Bekanntlich ist Papier ja auch sehr geduldig.

All das ändert nichts an der Geltung einer professionellen Terminologie und deren erfolgreichem Einsatz.

Schala gaschle KIS



"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Carolus Rex

na wenn du meist.

mein Archäologe hats mir anders erklärt

aber man lern ja nie aus

gruß cr
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Silex

Danke! Ausdrücklichst! An alle Mitwirkenden.
Es ist  in Zeiten der Sprachverschluderung immer wieder schön einen Eckpflock zur Orientierung erhaschen zu können.
Denn nur dann kann man sich weiterhangeln.
Schönen Winter
wünscht
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Khamsin

Salaam!

@CRex: Das hat nichts mit meiner Meinung zu tun. Ich habe lediglich die täglich geübte Praxis bei den Archäologen referiert. Nach meiner Erfahrung mit der Fachliteratur ist es jedoch durchaus so, dass es nicht wenige erkenntnisresistente Archäologen b.G. (beiderlei Geschlechts) gibt, die sich nonchalant über die Regeln einer verbindlichen Fachterminologie hinwegsetzen. Die Erwähnung Deines Archäologen bestätigt das ja in wünschenswerter Weise.

Nun könnte man mich des Dünnbrettbohrens zichtigen, denn zwischen "Reibstein" und "Mahlstein" sei doch kein grosser Unterschied... Wehret den Anfängen, kann ich da nur sagen, denn mit den Kleinigkeiten fängt es an!

Tatsächlich ist Fachterminologie eine eigene Sprache, die es - wie eine Fremdsprache - zu lernen gilt. Aber mit dem Sprachenlernen haben viele Archäologen allem Anschein nach so ihre Probleme! Dabei gehört das, gerade im Fach Ur- und Frühgeschichte, zum unverzichtbaren Handwerkszeug. Und die vom Handwerk bekannte Grundregel, dass man nur gute Leistung abliefern kann, wenn man gutes Rohmaterial, adäquates Werkzeug und hinreichende Fachkenntnis besitzt, gilt uneingeschränkt natürlich auch für archäologisches "Kopfwerk". 

Aber vielleicht ist letztlich die von Edi genannte, allenthalben in der Gesellschaft  - festzustellende "Sprachverschluderung" (und ihres graphischen Pendants, der "Schreibverschluderung" z.B. in diesem Forum) des Übels Grund. Denn wenn bereits sprachverschluderte Jungmenschen an die Uni kommen und mit einem Studium beginnen, dann könnte sich diese fatale Vorbedingung durchaus auf die Ernsthaftigkeit auch des Erlernens verbindlich gemeinter Fachterminologien auswirken.
Sollte dies zutreffen, dann wäre es die Aufgabe der verantwortlichen Mitglieder des archäologischen Establishments an den Unis, d.h. der Professoren b.G., gegen die Sprachverschluderung anzugehen.
Freilich, bei der m.E. viel zu grossen Zahl von Urgeschichtsstudenten b.G. wird dies keine hohe Priorität bei den Professoren haben. Überdies wird hier nur Verantwortlichkeit verschoben, denn es ist die Aufgabe der elterlichen Erziehung, die Kleinen vor einer Sprachverschluderung zu schützen. Das aber kann von vielen bereits selbst sprachlich defizitär aufgewachsenen Eltern nicht geleistet werden.
Und so beisst sich die Katze in den Schwanz.

Diese mehr als bedauernswerte Situation kann und darf jedoch nicht achselzuckend als Entschuldigung für schluderige Verwendung jeglicher Fachterminologie, so auch in der Archäologie, hingenommen werden! Hier muss bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf das Übel hingewiesen werden.

Schala gaschle KIS


 
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Carolus Rex

@Khamsin

schön geschrieben

aber ich habe gott sei dank nicht studiert, sondern habe ein anständiges handwerk gelern und einen guten menschenverstand.
darauf bin ich stolz und bin froh, dass ich noch so denken und reden kann wie mir der schnabel
gewachsen ist.
ich kann immer nur über solche eine geschwollene art zu reden und zu schreiben den kopf schütteln.

und damit ist das thema für mich erledigt

gurß an alle

cr
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Buddelfisch

...nachdem die Fachbezeichnungen soweit geklärt sind,
wären ein paar Hinweise oder Denkanstöße zur zeitlichen Einordnung
nicht nur für mich sehr hilf-und lehrreich :winke:
In anderen Threads zu Mahlsteinen verläuft diese Einstufung leider immer
irgendwie im Sand(...was vielleicht seinen Grund in der "Undatierbarkeit" dieser Fundstücke hat).

Gruß und Danke
Ralph

rolfpeter

Servus,

Mahlsteine sind keineswegs undatierbar, ganz im Gegenteil, sie können sehr wohl einen Hinweis auf den Kulturkreis, dem sie entstammen, geben.
Klar ist, daß sie zum Mahlen von Getreide dienten, Getreide wurde vom Altneolithikum bis heute gemahlen.
Wo kommt das Fundstück her? Afrika, dann könnte es von 2002 sein.
Wahrscheinlich kommt es aber aus Mitteleuropa, dann schränken wir den Zeithorizont vom Altneolithikum bis in die Metallzeiten ein. Die Kelten und Römer benutzten bereits Drehmühlen.
Material ist Sandstein, also kommt das Stück wahrscheinlich aus dem Neolithikum, später benutzte man für Mahlsteine, (Napoleonshüte) lieber Basaltlava, die braucht nicht geschärft zu werden.
Wie ist die Form des Steines? Unten flach oder untenrum spitz? Unten spitz, eher metallzeitlich, (Napoleonshut, Nomen est Omen) untenrum  flach, dann eher neolithisch.
Beifunde? Dechsel in 700m - kein Thema, der Mahlstein ist  alt- oder mittelneolithisch.

Ich hätte mir die ganze Tipperei auch sparen können. Meine Erfahrung als Sammler sagt mir zumindest für meine Sammelregion in der Rheinischen Lößbörde:  90% aller Mahlsteine aus Sandstein stammen von LBK-Plätzen. Auf jüngerneolithischen Siedlungsstellen finde ich die Dinger kaum. Stellen, wo es Mahlsteinbruchstücke hagelt, sind für mich zuerst mal LBK. Die Archäologen sagen zwar: LBK ist 'ne Klingenindustrie, zeige mir Klingenkerne oder schön rechteckige Erntemessereinsätze mit Sichelglanz, dann sehn wir mal weiter...aber für mich sind Mahlsteine genau so wichtig!
Wenn der Fundort also einen fruchtbaren Boden (Löß o.ä.) hat, ein Fließgewässer nicht weiter als 1500m entfernt ist, dann tippe ich auf LBK. Auf jeden Fall sind Mahlsteine prima Siedlungsindikatoren, die auch an Stellen, die unsere Sammlerahnen schon besucht und abgegrast haben, noch wirksam sind! Also Nachsuche!

Herzliche Grüße
RP

Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Carolus Rex

Hi

Hier noch was zum Stöbern und datieren des REIB-  bzw. REIBESTEINS.


Gruß CR


http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.heimatfreunde-winterbach.de/assets/images/Reibstein-klein.jpg&imgrefurl=http://www.heimatfreunde-winterbach.de/html/vor_u__fruhgeschichte_2.html&h=289&w=289&sz=22&hl=de&start=1&um=1&tbnid=XTfTMT73hz02zM:&tbnh=115&tbnw=115&prev=/images%3Fq%3Dreibstein%26svnum%3D10%26um%3D1%26hl%3Dde%26rls%3DGGLG,GGLG:2005-49,GGLG:de%26sa%3DN

http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.shopping-kl.de/Info-KL-Ordner/Info-KL-Bilder/Reibstein.jpg&imgrefurl=http://www.shopping-kl.de/Info-KL-Ordner/Museen/Weilerbach-Museum.html&h=192&w=346&sz=14&hl=de&start=3&um=1&tbnid=Kkq-WBoFdzD4JM:&tbnh=67&tbnw=120&prev=/images%3Fq%3Dreibstein%26svnum%3D10%26um%3D1%26hl%3Dde%26rls%3DGGLG,GGLG:2005-49,GGLG:de%26sa%3DN

http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.schweizerbrot.ch/images/brotmehl/kornundstein.jpg&imgrefurl=http://www.schweizerbrot.ch/brotmehl/heuteundgestern.htm&h=120&w=110&sz=3&hl=de&start=4&um=1&tbnid=FcX1VnsqqLkyAM:&tbnh=88&tbnw=81&prev=/images%3Fq%3Dreibstein%26svnum%3D10%26um%3D1%26hl%3Dde%26rls%3DGGLG,GGLG:2005-49,GGLG:de%26sa%3DN

http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.archaeologie-krefeld.de/Bilder/Museum/Erdgeschoss/Raum%25201/Vitrine%25202/reibsteinaehrenweb.JPG&imgrefurl=http://www.archaeologie-krefeld.de/leiste/museum/steinzeit.htm&h=924&w=500&sz=82&hl=de&start=8&um=1&tbnid=ZeFlWTGWzG78QM:&tbnh=147&tbnw=80&prev=/images%3Fq%3Dreibstein%26svnum%3D10%26um%3D1%26hl%3Dde%26rls%3DGGLG,GGLG:2005-49,GGLG:de%26sa%3DN

http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.eiszeitstrasse.de/Seiten/regionalgeschichte/steinzeit_neu/bilder/malstein.jpg&imgrefurl=http://www.eiszeitstrasse.de/Seiten/regionalgeschichte/steinzeit_neu/jungstein.html&h=197&w=250&sz=6&hl=de&start=1&um=1&tbnid=IVdLzUvjmPi4gM:&tbnh=87&tbnw=111&prev=/images%3Fq%3Dreibestein%26svnum%3D10%26um%3D1%26hl%3Dde%26rls%3DGGLG,GGLG:2005-49,GGLG:de

http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.amuseum.de/physik/alwaze/Exponate/mill/reibe5g.jpg&imgrefurl=http://www.amuseum.de/physik/alwaze/alwazemill.htm&h=426&w=560&sz=44&hl=de&start=3&um=1&tbnid=YrVQ9vSxna1aXM:&tbnh=101&tbnw=133&prev=/images%3Fq%3Dreibestein%26svnum%3D10%26um%3D1%26hl%3Dde%26rls%3DGGLG,GGLG:2005-49,GGLG:de

http://images.google.de/imgres?imgurl=http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/2/2f/Woldegk-Reibestein.JPG/180px-Woldegk-Reibestein.JPG&imgrefurl=http://de.wikipedia.org/wiki/Mahlstein&h=271&w=180&sz=11&hl=de&start=9&um=1&tbnid=66l7-YhGeCJhNM:&tbnh=113&tbnw=75&prev=/images%3Fq%3Dreibestein%26svnum%3D10%26um%3D1%26hl%3Dde%26rls%3DGGLG,GGLG:2005-49,GGLG:de

http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.fremde-kulturen.de/urdunee/urduneegrafik/146jdkopie.JPG&imgrefurl=http://www.fremde-kulturen.de/urdunee/alte%2520kulturen.htm&h=223&w=341&sz=27&hl=de&start=17&um=1&tbnid=5GJuD-iZgVrirM:&tbnh=78&tbnw=120&prev=/images%3Fq%3Dreibestein%26svnum%3D10%26um%3D1%26hl%3Dde%26rls%3DGGLG,GGLG:2005-49,GGLG:de
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Buddelfisch

#13
Hallo RP,

mit "Undatierbarkeit" meinte ich eine Problematik ähnlich wie bei Schleifsteinen und anderen Universalteilen.
Ich könnte mir durchaus vorstellen, daß in "schlechten" Zeiten immer wieder auf die einfachen Urformen der
Mahlsteine zurückgegriffen wurde um die Versorgung sicherzustellen. Es kommt also wie meistens auf die Beifunde an.
Mit deinen Aussagen kann ich jedenfalls gut was anfangen, wobei es im meiner Gegend fast schon schwierig wird, kein Fließgewässer
im Radius von 1500m zu haben.
Interessanterweise lag der Stein an einer Böschung(Feldrain) und hat eigentlich nur ganz frische Schrammen, die vom maschinellen Mähen stammen müßten.
Zumindest schaut er nicht aus, als ob er schon seit Jahren vom Pflug bearbeitet wird. Es könnte vielleicht sein, daß mit dieser Böschung grad eine tiefe Kulturschicht(Gräber/Gruben?) wegerodiert. Für Hinweise und Tips in dieser Richtung wäre ich ebenfalls dankbar.
An diesem Platz werde ich jedenfalls noch viele Stunden verbringen.

@CR,
danke für die Links. Der Wikieintrag führt beide Benennung auf, legt sich aber auf Mahlstein fest,
auch wenn der Begriff "Reibstein" die Funktion vielleicht anschaulicher beschreibt.
Hab viel gelernt :zwinker:

Gruß
Ralph

rolfpeter

Wo wohnst Du Ralph? Erwähne mal Deine Sammelgegend.

Die Materialauswahl hat m.E. nichts mit schlechten oder guten Zeiten zu tun. Ich schildere das mal fürs Rheinland: Irgendwann vor xtausend Jahren hatte sich bis nach Düren herumgesprochen, daß Mayener Basaltlava sich für Mahlsteine besser eignet als Sandstein. Grund: Sandstein muß regelmäßig mit Flint-Klopfsteinen aufgerauht, gepickt werden, Basaltlava hat blasenförmige Hohlräume in sich, wird also bei Benutzung von selbst scharf. Ein Mahlstein aus Sandstein ist ungleich aufwendiger in der Herstellung und Präparation als einer aus Basalt. Beide Gesteine kommen auf der Lößbörde nicht vor, müssen also von irgendwoher geholt - oder gehandelt werden.
Der Mahlsteinkunde, vielleicht der Sippenhäuptling, überlegt: wenn Mutti nur noch 'ne halbe Stunde fürs Kilo Mehl schiebern muß, kann sie in der gesparten Zeit ja den Hamburger erfinden oder Bier brauen oder sonst was schönes machen. Mir kommt nur noch Basalt auf den Hof!....So haben aber alle dedacht. So denken wir heute noch, das nennt man Evolution, glaub ich.
Mahlsteine, besonders wenn es große Exemplare sind, dazu zähle ich Deinen halben Unterlieger, liegen oft am Rain oder am Weg. Der Bauer trägt die dorthin, damit die Egge oder die Sähmaschine nicht kaputt geht....und damit der Weg befestigt wird. Früher wurde alles, was stabil, kiesig, steinig war, in den Weg gefahren. Irgendwo in der Nähe wird eine neolithische Siedlungsstelle sein, ich bin mir sicher!
Siehe hier die vermeintliche Luppe, kommt auch aus 'nem ehemaligen Feldweg.
http://www.sucherforum.de/index.php/topic,27596.0.html
Herzliche Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Buddelfisch

Hallo Rolfpeter,

mein Gebiet ist in Südbaden, Vorbergzone Rheintal/Schwarzwald;  Löß, Muschelkalk und Buntsandstein sind die Untergründe.
Sandstein ist in wahrscheinlich allen Klassen bei uns zu finden, etwas vulkanisches gäbe es am Kaiserstuhl in ca.30km Entfernung.
Ich könnte mir halt vorstellen, daß es hier über einen sehr langen Zeitraum eine schnelle Lösung war, sich einen Mahlstein-Grobian aus Sandstein herzurichten.
Wenn ich mir den Luxus erlauben kann, nix anderes als Basaltlava auf den Hof kommen zu lassen, ist das sicher okay.
Es mag aber auch Zeiten gegeben haben, wo ein grober Klotz aus Sandstein, obwohl schon längst von der Evolution überholt, das Überleben der Sippe gewährleistet hat.
So stelle ich mir jedenfalls die Mechanismen des technischen Rückschrittes in schlechten Zeiten vor.
Deshalb sollte man vielleicht bei der Einordnung einen deutlich größeren Maßstab anlegen - aber sicher nicht bis 2002 :narr:
Ich bin sicher, daß ich auf der neolithischen Siedlungsstelle draufgestanden bin.
Der Feldrain hat übrigens nix mit einem Weg zu tun und ist relativ steil; ich möchte fast wetten, daß das Teil aus der Böschung stammt.

...Luppe: Und ich habe mich schon als Held gefühlt als ich dieses Steinchen heimgetragen haben :super:

Gruß
Ralph


steinsucher

Hallo Buddelfisch,

das ist wirklich ein schönes "Unterleger-Fragment".

Diskussion: Mahlstein / Mühlstein / Reibstein?

Sollte es eigentlich nicht geben. Der einzige "Reibstein" den ich kenne, wird von meiner Frau benutzt. Sie meint, sie hätte zu viel Hornhaut auf ihrem Knie und reibt sie mit einem Stein ab. Danach sind die Knie dann schön rot.

Ansonsten hat Khamsin, der "Wind der Wüste", das Thema wohl für jeden verständlich erklärt. Im Übrigen ist er in diesem Fall nicht der Vater aller Normen. Er folgt dabei anderen (Fachleuten). Er ist nur, wie immer, und das wollen wir ja auch so, emotional voll bei der Sache. Und ich folge Ihm dabei: Es gibt Vereinbarungen in der Namensgebung. Wer diese nicht benutzt (vielleicht auch nicht kennt) sorgt für Missverständnisse. Man sagt auch: "Man redet aneinander vorbei".

Gut's Nächtle, Fritz.

Buddelfisch

"....Ist aber kein Unterlieger, sondern der Läufer, den man in der Hand hat und reibt...."
(Archäologische eMail-Ferndiagnose)

Könnte man anhand der Bilder tatsächlich auch zu diesem Schluß kommen? :staun:
Ist das nun eine Verwechslung, grenzwertig oder einfach falsch?

Gruß
Ralph

rolfpeter

Neenee, ist schon eine Unterlieger. Ist die archäologische Ferndiagnose Urgeschichtlerin?
Ich begründe mal kurz meine Meinung:
Der halbe Stein ist 23cm lang, der komplette Stein wäre dann mindestens 40 cm lang. Der Stein ist ordentlich abgearbeitet aber trotzdem verhältnismäßig plan auf der Mahlfläche. Bei einem Läufer, der so intensiv genutzt wurde, sollte sich am Ende eine überhängende Partie gebildet haben. Wenn sich kein Überhang gebildet hat, müßte der Unterlieger breiter sein als der Läufer lang, in unseren Falle breiter als 40 cm....das wäre echt ein Riesenmoppel!
Habe heute extra einen halben Läufer gefunden, damit ich Dir zeigen kann, worauf's ankommt.



Natürlich gibt es auch ausgelutschte Läufer ohne herabhängende Wascheln. Die sind dann aber keine 40 cm breit!
So, das war's jetzt für mich in dem Trööt!  :-D

Herzliche Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Buddelfisch

@Rolfpeter
Die Ferndiagnose ist eher auf frühgeschichtliche Keramik spezialisiert.
Deine Erklärung habe ich als Schema gesehen, aber jetzt erst im Zusammenhang gefressen.
Hab Dank für deine Mühen.

Ist ja richtig was zusammengekommen hier.
Deshalb mein Dank auch an alle Anderen und ein fundreiches Wochenende :winke:

Ralph

Khamsin

Salaam!

Wäre der Schuster bei seinen Leisten geblieben, dann hätte sich die
"archäologische Ferndiagnose" nicht zu einer
"archäologischen Fehldiagnose" gemausert!

Ein im besten Sinne des Wortes überdenkenswertes Beipiel für uns alle, das hoffentlich Lernprozesse initiiert.

Schala gaschle KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Buddelfisch

#21
Guten Abend,

ich möchte diesen alten Thread/Fred/Trööt wieder vorholen, weil ich eine neue Überlegung
zum Fundstück habe. Bei einem Seminar meines LDA wurde ich in einer Broschüre über keltische
Eisenverhüttung auf die darin abgebildete Schiebmühle aufmerksam. Der zuständige Archäologe meinte
auf meine Frage zu Unterscheidungsmerkmalen(z.B.Tragbild) zu Getreidemühlen, "es gibt keine".

Interessanterweise liegt die Fundstelle unterhalb eines Waldstückes Namens "Ofenberg". Der Name soll von
der hier betriebenen, keltischen und römischen Eisenverhüttung herrühren - so prangt es jedenfalls auf großen Tafeln zum hiesigen Bannwaldprojekt.
Leider ist es mir bis jetzt nicht gelungen, irgendeinen wissenschaftlichen Beleg dafür zu finden. :irre:
Trotz intensiver Nachsuche hab ich im Fundbereich bisher nicht das kleinste Fitzelchen verdächtiger Keramik gefunden, dafür in ca.40m Entferung eine
Art verschlackter Erzbrocken aufgelesen - vermute ich zumindest.
Das Teil ist für meine üblichen Schlacken zu schwer, scheint einen dichten Kernbereich zu haben und ist leicht magnetisch.
Zu Beginn des Themas hatte ich geschrieben, daß der Platz windig wäre. In der Broschüre steht, daß die Luftzufuhr der Rennöfen teilweise "unter Ausnutzung natürlich vorbeistreifender Hangwinde" geregelt wurde.
Der großräumige Fundbereich könnte vielleicht auch zum Betrieb von Rennöfen ideale Bedingungen geliefert haben.

Ob der Ansatz in diese Richtung wohl denkbar ist, oder muss man als Experte die Hände über dem Kopf zusammenschlagen?
Vielleicht ist da jemand mit sowas schon weiter... :idee:

Gruß
Ralph

rolfpeter

Servus Ralph,
danke für den interessanten Beitrag, war mir bis dato nicht bekannt. Neben den Schiebermühlen zu Gesteinszerkleinerung erinnern die Pochsteine ja auch stark an neolithische Klopfsteine.
Vielleicht hilft es bei der Bestimmung weiter, wenn man die Fundumgebung in die Analyse einbezieht. Welche Beifunde gibt es? Taugt der Boden zur Landwirtschaft oder ist es ein Areal, auf dem Erzbergbau betrieben wurde?
HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Buddelfisch

Hallo Rolfpeter,

tja, als Beifunde kann bis jetzt nur dieser vermutete Erzklumpen dienen. Der Boden wie auch die unmittelbare Fundumgebung würde hervorragend zum Neolithikum passen.
Allerdings gibt es auf dem naheliegenden Höhenzug 4(!) vorgeschichtliche Wallanlagen in sehr knappen Abstand. Innerhalb der nächstliegenden Anlage(ca.2km LL) wurde in den 70'er Jahren bei einer Probegrabung durch einen Ehrenamtlichen etwas hallstattzeitliche Keramik gefunden. Der Mahlstein oder besser gesagt die Schiebemühle lag im Bereich eines alten Zugangsweges zu diesem Höhenzug. In 6-7km Entfernung liegt eine in den 60'er Jahren stillgelegt Erzgrube mit Stollen- und Tagebau. Daß dieses Erz früher zum Holz transportiert wurde, läßt sich bei uns auch durch vorgeschichtliche Verhüttungsplätze weiter draußen in der Rheinebene in 10-15km Entfernung belegen(Schlackenanalysen). Ich sollte wohl mit dem hierin kundigen Ehrenamtlichen Kontakt aufnehmen. Dieser überaus erfolgreiche Autodidakt gehört zur alten Garde und hat leider kaum Zeit für einen Frischling wie mich. Eine Vernetzung der Ehrenamtlichen, wie vom Amt angestrebt, scheint noch in weiter Ferne. Zusammen mit der früher eher zurückhaltenden Meldepraxis aufgrund von Differenzen mit dem Amt scheint der verpaßte Generationswechsel das größte Problem in meiner Region zu sein - Altlasten aus früheren Tagen der archäologischen Denkmalpflege.
Haarsträubende Geschichten von verschollenen Fundstücken, verpaßten Chancen und mutigen bis mutwilligen Eigeninitiativen.....
Aber immerhin, es kann nur besser werden :winke:
Gruß
Ralph