Abschlag - Arnhofner Plattensilex

Begonnen von Bavaricum, 21. Juni 2008, 21:32:02

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Bavaricum

In meiner Gegend wurde vor ein paar Wochen ein Feld abgezogen auf dem eigentlich nichts zu erwarten war. Nun habe ich mir heute doch mal die Fläche angesehen. Auf der abgeschobenen Fläche (ca. auf 40 cm) war leider garnix zu finden. Im Abraum konnte ich einige MA/NZ Scherben finden.

Der einzige Lichtblick war ein Abschlag eines Plattensilex. Aufgrund der nähe zu Kelheim nehme ich an, daß das Material aus Arnhofen stammt.

Ich gehe nächste Woche nochmals die Fläche ab, hab aber wenig Hoffnung. Die stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Servus

Andreas

Silex

Diese Abschübe....da beutelts mich direkt vor Widerwillen...bavaricum....was stellen sie da schon wieder in die Landschaft?

Der Abschlag sieht schon plattig aus mit den beiden flankierenden (hab grad die wunderbar spielenden Russen angeschaut) Rindenpartien. Aber sowohl die als auch die sonst so deutliche Innenbänderung- die auf den Fotos nicht zu erkennen ist lässt mich eher an anderes Material denken.

Am Montag regnet es  angeblich gewaltig.... da kommt noch mehr raus....wenn Du Zeit hast...
Ein ruhiggestellter Silexfreund


bis bald


Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Silex

Hier noch das typische Gepräge das bis zu uns  (und noch viel weiter) exportiert wurde.
Auffallend die sehr dünne Rinde sowie die deutlichen, parallelen "Sedimentations"schichten des Arnhofener Plattenhornsteins.
Sonst gibts noch selbigen in Fladen- und Knollenform..... vielleicht täuscht aber nur das Foto, Andreas.
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Hallo Leute  :-)

Ich hätte da noch eine Frage zu diesem, für mich, ganz unbekannten Material.

Warum wird es eigentlich Plattenhornstein genannt ?  :kopfkratz:

Ich gehe davon aus, dass es in der Struktur wie Flint ist, und man sieht ja deutlich die Schichten, jedoch kann man wohl nicht von "Platten" reden, so wie z.B. bei sedimentären Sandsteinen.
Es gibt bei uns auch Flinttypen, die Schichten und Streifen haben, die Schichten sind aber keines Falls als "Platten" zu bezeichnen, da das Material völlig homogen ist, und es spaltet nie in Richtung der Schichten, sondern vom Schlag bestimmt.
So ist es wohl auch beim Plattenhornstein, oder.... ?

:winke:

Silex

Der Begriff "Platten"hornstein beruht vor allem auf der geringen Dicke dieser beidseitig berindeten Rohstoffvorkommnisse... agersoe...die meisten meiner  aufgelesenen Artefakte und Kerne  lassen auf eine Plattendicke zwischen 15- und 30 mm Dicke schließen. Man muss sich diese Dinger wirklich als  flache Sandwiches vorstellen die  unter extrem  hohen Druck dicht verpackt  , viele Millionen von Jahren, zwischen den Rindenbeschichtungen  auf die gierigen Entdecker warteten.
Das non plus ultra für Stichel, Bohrer, Rückenmesser.
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Zitat von: Silex in 22. Juni 2008, 00:41:49
Der Begriff "Platten"hornstein beruht vor allem auf der geringen Dicke dieser beidseitig berindeten Rohstoffvorkommnisse... agersoe...die meisten meiner  aufgelesenen Artefakte und Kerne  lassen auf eine Plattendicke zwischen 15- und 30 mm Dicke schließen. Man muss sich diese Dinger wirklich als  flache Sandwiches vorstellen die  unter extrem  hohen Druck dicht verpackt  , viele Millionen von Jahren, zwischen den Rindenbeschichtungen  auf die gierigen Entdecker warteten.
Das non plus ultra für Stichel, Bohrer, Rückenmesser.



Ach so, hatte ich mir schon gedacht, das erklärt ja den Namen !!  :super:

Danke, Edi !!  :winke:

Bavaricum

Grüß Dich Edi,

ich möchte natürlich nicht unserem forumseigenen bayerischen Feuersteinpapst wiedersprechen. Dazu habe ich viel zuwenig Ahnung von der Materie. Jedoch sieht das Stück für mich aus wie Silex.

Ich hab den Abschlag nochmal von einer andersen Seite photographiert. Das Stück hat eine Stärke von nur 7,9 mm.

Servus

Andreas

Khamsin

#7
Salaam!

Vielleicht ist das von allgemeinem Interesse im Zusammenhang mit der Terminologie von Kieselgestein:

Zuerst einmal - da wir uns hier im deutschen Sprachgebiet bewegen - sei erlaubt darauf hinzuweisen, dass es im Deutschen seit etlichen hundert Jahren ein wunderbares Wort für den Hauptvertreter der Kieselgesteingruppe gibt, und das ist "Feuerstein" (lediglich im hohen Norden spricht man von "Flint" und kann und soll damit die geographische Nähe zu unseren sympathischen nächsten skandinavischen Nachbarn nicht verhehlen).

Bei den Geologen und (leider immer weniger) Archäologen bleibt der Begriff "Feuerstein" beschränkt auf Kieselgesteine aus der Kreidezeit. Solche aus der geologischen Formation des Jura werden traditionell als "Hornsteine" bezeichnet.

Ich beobachtet seit Jahrzehnten den schleichenden "Siegeszug" des Begriffes "Silex" im deutschen Sprachraum. Entwicklungsgeschichtlich dürfte das mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit daran liegen, dass eine der seinerzeit auf dem Gebiet des Feuersteinbergbaus einflussreichsten Persönlichkeiten, die Ordinaria des Institutes für Ur- und Frühgeschichte Basel, Frau Prof. Dr. E. Schmid, den Begriff "Silex" über Jahrzehnte bei ihrer Lehrtätigkeit und in ihren diesbezüglichen Veröffentlichungen nonchalant benutzte. Dies wiederum dürfte am ehesten seine Erklärung in der spezifisch geographisch-sprachhistorischen Situation der Schweiz, hier vor allem der frankophonen Westschweiz finden.

Denn im Französischen heisst Feuerstein "silex" (im Englischen und Dänischen z.B. "flint", im Niederländischen "vuursteen", im Polnischen "krzemien",  im Russischen "kremen", im Italienischen "selce", im Spanischen "pedernal" und auf Türkisch "cakmak tas", c wie tsch und s wie sch gesprochen).
Bislang kann ich nicht sehen, dass die Franzosen - und zwar vom sog. kleinen Mann bis in die hohen Wissenschaften hinein - ihren Begriff "silex" z.B. gegen unser "Feuerstein" oder "Hornstein" austauschen würden. Warum auch?

Nur im deutschen Sprachraum - und wie bereits angedeutet hier immer stärker auf akademisch-ur-und frühgeschichtlichem Niveau - wird Feuer- oder Hornstein "silex" genannt. Vielleicht glauben die deutschsprachigen Archäologen, sich damit einen internationalen flair geben zu können. Im übrigen folgt das ja auch einem allgemeinen Trend zur Sprachverschluderung in Deutschland, d.h. einer zumeist kritiklosen, oft sogar bemerkenswert kenntnislosen - und damit dann originär dummen - Übernahme von Anglizismen...

Zurück zu Steens Frage, zu deren Beantwortung man sich die Naturformen von Feuerstein/Hornstein näher anschauen muss. Prinzipiell unterscheiden die Geologen und Archäologen 3 primär in den jeweiligen geologischen Vorkommen anstehenden Formen, hier gelistet in aufsteigender Folge von unregelmässig zu sehr regelmässig:

1. den sog. Knollen- bez. Gekrösefeuerstein. Dabei handelt es sich um unregelmässig-knollenförmige Aggregate diverser Grössen mit konkav-konvexen Oberflächen, mehr oder weniger deutlichen Protuberanzen und fallweise sogar durchgehenden Löchern. Deshalb auch die Analogie zu "Gekröse" = Innerein/Gedärm.
Beispiele: Rijckholt-, Valkenburg- (nur Paramoudras!), Spiennes-, Grimes-Graves-, Hov-Feuerstein.

2. den sog. Fladenfeuerstein. Dabei handelt es sich um unterschiedlich dicke rundlichovale Aggregate mit überwiegend glatter Oberfläche, deren zentraler Abschnitt immer dicker ist und beidseits zum rundlich umlaufenden Rand mehr oder weniger einheitlich abfällt.
Beispiele: Valkenburg-, Krzemionki-Opatovskie-Feuerstein, Monti Lessini-Feuerstein, Feuerstein vom Typ Ramat Tamar, Negev/IL.

3. den sog. Plattenfeuer- oder -hornstein. Dabei handelt es sich um veritable Plattenformen unterschiedlicher Dicke und Grösse mit parallel verlaufenden Aussenseiten/Rindenpartien.
Beispiele: Lousberg- oder Simpelveld-Feuerstein, Arnhofener-Hornstein oder Feuerstein vom Typ Wadi el-Sheikh, Eastern Desert/Ägypten.

Zu beachten ist, dass es selbstverständlich fliessende Übergänge gibt, insbesondere zwischen Knollen- und Fladen-Feuerstein bzw. in einem Vorkommen etwa Fladen- und Platten-Hornstein, wie z.B. in Arnhofen!

Schliesslich gibt es noch eine weitere Vorkommensform, besonders von Feuerstein, und das sind klassische Gerölle. Sie stellen sowohl von ihrer Genese als auch von ihrer Lagerung (sekundär) einen Sonderfall dar, der hier nur am Rand interessiert.

Für alle genannten Formen gilt indes, dass damit nur das äussere Erscheinungsbild beschrieben wird, nicht aber die innere Struktur, die Farbe, eventuelle Einschlüsse diverser Art und schliesslich die Textur!

Unter Letztere fallen nach meinem Verständnis

1. sog. Bänderungen: Von der Matrix farblich abgesetzte, mehr oder weniger einheitlich breite und überwiegend parallel zur Oberfläche/Rinde verlaufende Streifung sowie

2. sog. Zonierungen: Von der Matrix farblich abgesetzte Streifung wechselnder Breite und unterschiedlich stark ondulierendem Verlauf ohne erkennbaren Bezug auf die Oberfläche/Rinde.

Unbeschadet der Verwendung des in diesem Zusammenhang ein wenig irritierenden Begriffes "Schichten", hat unser Steen völlig zu Recht bereits darauf aufmerksam gemacht, dass diese beiden Texturmerkmale natürlich keinen Einfluss auf das Bearbeitungsverhalten der Gesteine haben.
Auch wenn der vermeintlich "schalige" Aufbau von Feuerstein und dessen Einfluss auf dessen Härte und Bearbeitbarkeit seit vielen Jahren von einem mittlerweile im Internet sehr prominenten und erfolgreichen Professor aus Bielefeld propagiert wird. 

Fazit

1. Es gibt veritablen Plattenfeuerstein, -flint oder -hornstein, der in manchen Fällen nicht nur die exklusive Form in einem Vorkommen ist, sondern auch die nachgerade exklusive Herstellung bestimmter Geräteformen begünstigt hat.
Beispiel: Platten-Feuerstein-Vorkommen im Wadi el-Sheikh, Eastern Desert, Ägypten und die ausschliessliche Herstellung diverser Messerformen und Klingen (Google-Maps: Nilaufwärts von Kairo bis Maghagha, dort am Ostufer Wadi el-Sheikh, schaut mal auf die Steilhänge...)

2. Grundsätzlich spielt für die Bearbeitung von Feuerstein und Hornstein (und vergleichbarer Gesteinsarten) die äussere Form (Knolle, Fladen, Platte) und Grösse keine Rolle. Die von Rinde umschlossen Matrix, und zwar unmittelbar unterhalb der Rinde, auf halbem Wege zum Zentrum oder im Zentrum selbst, verhält sich auf die Einwirkung kinetischer Energie immer gleich isotrop.

Herzliche Grüsse KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Khamsin

Salaam!

Für alle, die noch mehr wissen wollen, hier noch einige weitere internationale Namen für Flint/Hornstein, auf die ich in über rd. 30 Jahre gestossen bin:

Afrika:

1.   Afrikaans: Vuurklip
2.   Swahili: Gumu sana
3.   Yoruba: Okúta ibọn
4.   Zulu: Ityelomilo

Amerika:

5.   Inuit: Kikiksaut
6.   Yahi: Pana k´aina

Asien:

7.   Chinesisch/Mandarin: Huo shih
8.   Hebräisch/Ivrit: Challamish
9.   Hindustani: Chaqmaq pathrí
10.   Persisch/Farsi: Sang í chákmák

Europa:

11.   Albanisch: Stërrall
12.   Armenisch: Khijabagi
13.   Bulgarisch: Krem´k
14.   Griechisch: Pyrites
15.   Irish: Cloch thine
16.   Norwegisch: Flint
17.   Rumänisch: Cremene
18.   Schwedisch: Flinta
19.   Ungarisch: Kova
20.   Wallisisch: Callestr

Einige dieser Namen finden sich bei Sepherd,W. 1972: Flint. Its Origin, Properties & Uses. (London),
den Rest habe ich aus vielfältigster Literatur zusammengetragen.

Herzliche Grüsse KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Silex

Vielen Dank Khamsin für diese tiefgründige Silexnomenklaturklärung...
@ bavaricum  :  "Silex"  ists schon... aber  vermutlich nicht  der "Arnhofener Plattenhornstein" 
....und : Ich bin wirklich ein sehr mieser Feuerstein"erkenner"....
Vielleicht liegts an der Vielfalt die hier in diesem "Durchzugsgebiet" herrscht  zu der  auch die vielen Epochen der Steinzeit ihren entsprechenden Anteil beitragen.
Bücher helfen da nicht viel weiter und "gebildete" Steinzeitfreunde gibts in dieser Gegend kaum.....
Schön dass wir uns wenigstens hier austauschen können.
Wir sollten viel öfter (auch schon bestimmte) Rohmaterialien und Geräte hier reinstellen.
RP´s lokalen Flint  z.B. kann ich mir schon ziemlich gut vorstellen und andere auch immer besser.
Erkennen kann ich ziemlich sicher Lydit , Chalzedon, Arnhofener-, Jurahornstein   aber dann ist der Ofen schon aus.....aber daran werde ich arbeiten...denn Geräteart, Kultur und Rohstoff bilden  ein komplexes und manchmal sinnstiftendes  Gebilde zum Verständnis  für unsere Jagd nach den damaligen Kulturen
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Silex

...und hier noch  3 Arnhofener Grundmaterialien.
Arnhofener Knolle...  hier als Klopfstein malträtiert (Die Zonierung ist hier aber nicht idealtypisch zu erkennen)
Arnhofener Fladen...hier als "begonnener" Kernsteinbarren (dicker als Plattenhornstein und schlieriger, weniger parallel in der Schichtung)
Arnhofener Platte.... hier als simpler Absplitterer (Typisch  die oft sehr dünne, " feinsandig beschichtet  wirkende" Rinde.
Man findet das Zeug  sogar noch in Prag oder  am Rhein....bei Ötzi ...und bei "mir".
Neolithische Bauern  (vermutlich oft auch deren Kinder) haben hier im Winter geschuftet in engen tiefen Schächten um sich so ein Zubrot zu verdienen.
http://www.binsteiner.geophysik.de/feuerst.html
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.