Lyditspitze und retuschierte Lamelle

Begonnen von Nanoflitter, 04. Mai 2017, 20:07:59

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Nanoflitter

Von dem kleinen Acker, wo ich bisher einen Dechsel und eine weitere Spitze fand,
http://www.sucherforum.de/index.php/topic,72067.msg449008.html#msg449008
kamen heute nach einem ordentlichen Regen noch zwei Artefakte. Eine ebenfalls abgebrochene Spitze aus Lydit, die in der Seitenansicht recht krumm ist :-), und ein Lamellenbruchstück mit schräger Endretusche.
Leider bringt mich das auch noch nicht weiter, nicht eine einzige, noch nicht mal eine unverzierte vorgeschichtliche Scherbe auf dem ganzen Acker. Mit der Zeitstellung dauerts wohl noch. :besorgt: Gruss...

psearch

Die Größe der Funde kommt mir bekannt vor  :narr:   :prost:

Nanoflitter

Ja, viel Platz braucht man dafür nicht :-) :prost:

StoneMan

Moin,

feine Teilchen, ich mag diese lütten Dinger - Glückwunsch  :Danke2:

Und ein Extralob für den vorbildlich platzierten Maßstab  :super: da muss ich nicht erst rechnen.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

RockandRole

Guten Morgen,

ich kenne dieses ewige Bahnenziehen und hoffen, dass man wenigstens ein Artefakt findet von hier gut. Deshalb habe ich dafür große Bewunderung!
Das Fehlen von Keramik kann ja viele Ursachen haben, aber mit der Zeit wirst du bestimmt das Rätsel lösen. Gibt es dort auch Gedöns?

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Nanoflitter

Dank euch! Wenn du mit Gedöns Trümmerstücke meinst, nur 3 Stück bisher. Nicht näher definierbare Splitterfragmente.
Lösen werd ich das Rätsel wohl nicht mehr, da wird jetzt bald Naturblumenwiese eingesät.  :besorgt: So schön, wie Naturwiesen und der Trend zur Streuobstwiese hier sind, für uns ist das  :besorgt: :heul: Gruss..

thovalo

#6


   :-)



Entgegen der Fundplätze in Hessen ist scheinbarer "Lydit" auf den mir bekannten Fundplätzen am rechten Niederrhein nicht verwendet worden.

Das zur Herstelllung der von Dir gezeigten gebrochenen Spitze verwendete Material scheint besonders homogen zu sein. Daniel hatte mal etwas breiter aufgestellt die Qualitätvarienten und die näheren Entstehungshintergründe in Hessen vorgestellt. Eine vergleichbar feine homogene Qualität gab es am Niederrhein wohl nicht.


"Lydit ist ein (schwach) metamorph überprägter Radiolarit, er ist also diesem (als Überbegriff) unterzuordnen. Die alte Bezeichnung ,,Kieselschiefer" (als Synonym für Lydit) ist nicht wirklich zutreffend und sollte daher nicht mehr für Lydit verwendet werden.

Lydit ist auch vom (eigentlichen) Radiolarit zu trennen, da zwar jeder Lydit im Grunde genommen vor der Metamorphose ein (paläozoischer) Radiolarit war, aber bei weitem nicht jeder Radiolarit ein (metamorpher) Lydit ist.

Definierend für Lydit ist eben die metamorphe Überprägung. Bedingt durch diese, ist beim Lydit auch der Fossilinhalt oft nur mehr sehr schwer bis kaum noch zu erkennen bzw. nachweisbar (abhängig vom Metamorphosegrad).
"


Ich nehme an, dass wir hier erst einmal klären müssten welches Gestein bei dieser gebrochenen Pfeilspitze wirklich verwendet worden ist!


Dein Fundbeleg ist iin einer geübten Flächenretusche zugearbeitet worden. Damit kann die wahrscheinliche Datierung zumindest auf die Zeit "ab" dem jüngeren Neolithikum ausgerichtet werden. Dieses Handwerk so ausüben zu könne bedarf längerer handwerklicher Erfahrung in der Auseinandersetzung mit der Steinbearbeitung. Die regelhafte Steinbearbeitung zur Geräteherstellung lief im Übergang zur Metallzeit aus.

Gut erkennbar ist der Biegebruch der Folge des gewaltsamen Zerbrechens des Artefakts unter starker Belastung ist. Die Bilder zeigen kein Merkmal eines Aufprallschadens oder eines Bruches im Verlauf der Retuschierung. Das wird am ehesten die Folge der landwirtschaftlichen Tätigkeit oder der Umlagerung des Erdreichs sein, aus dem die Fundbelege stammen. Es kann sich bei der erkennbaren Durchmischung durchaus auch um Fundbelege aus neu aufgetragenen Erdreich handeln. Auch Dein erste Fundbeleg einer Spitze ist schlicht zerbrochen worden. Die Artefakte sind wahrscheinlich schon längere Zeit "unterwegs" und aus ihren ursprünglichen Befunden heraus gelöst.

Pfeilspitzen sollten verschossen werden. Vor diesem Hintergrund sind sie am ehesten als Einzelfunde zu erwarten. Dem folgt das Vorkommen von einigen Exemplaren in Zusammenhang durch die Beigabensitte in Bestattungen. Für Befunde aus einfachen Siedlungszusammenhängen sind Pfeilspitzen nicht charakteristisch. Ihr Vorkommen steigt dem Fundaufkommen nach ab dem jüngeren Neolithikum deutlich an.


Das dünne schräg retuschierte Klingensegment kommt bereits in späteren mesolithische Fundinventaren vor, ist aber ohne näher datierende Beifunde vollkommen zeitlos.


Das sind bislang sehr wenige Fundbelege aus dem Eindruck nach verschiedenen Zeitebenen.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Nanoflitter

Zitat von: thovalo in 05. Mai 2017, 14:00:41

 

Das sind bislang sehr wenige Fundbelege aus dem Eindruck nach verschiedenen Zeitebenen.



Danke für deine Ausführungen! :super: Das Gestein ist nur lokal sehr homogen, im Bruch und auf der retuschierten Fläche sind noch die typischen verflixten Sollbruchstellen/Klüfte des Materials zu erkennen. Ist/war sehr schwierig, da eine bearbeitbare Scherbe zu gewinnen. In meinem gesamten Gebiet durchmischen sich die Kulturen von älterer Jungsteinzeit bis Heute, mal ist lokal mehr Bandkeramik, mal mehr Bronzezeit, auch was sonst so gab ist ab und an ein Verdachtsfall dabei. Leider nichts unvermischtes. Mein gesamtes Gebiet beschränke ich aber so auf 2x2km, und der Acker liegt mittendrin. So würde ich den Aufschüttungsverdacht eher prozentual gering ansetzen, da die Nachbarflächen ähnliche Funde aus allen Epochen liefern. Hier war immer viel los, so ist auch viel verloren worden. Denke an Verlustfunde hier, für Siedlung fehlen die vielen Scherben, die sonst dabeiliegen.   Gruss...

psearch

Dieses hell- bis dunkelgraue Material ist eine typische Varietät von Radiolarit z.B. aus Mainschottern. Eqs ist fast schon glasig und von hoher Qualität. Vielleicht hat die Erosion die steinzeitliche Keramik vernichtet. Bruch sieht bei mehreren Exemplaren immer irgendwie nach Ausschuss auf einem Werkplatz aus, die Trümmer sprechen eventuell dafür. Vielleicht aber auch ein Rückzugsort für Männer  :prost: die mal wieder in Ruhe die Jagdwaffen in Ordnung bringen wollten ohne das Qequengel der Familie  :narr:

Nanoflitter

 :-)Dank dir, die Trümmer/Splitter waren hier Flint, hab ich nicht erwähnt. Kieselschiefertrümmer ohne Merkmale nehm ich hier gar nicht mehr mit. Da wirst du nicht fertig. Ist wie im Norden mit Flint. Gruss...

thovalo

#10
Zitat von: psearch in 05. Mai 2017, 19:18:08
Dieses hell- bis dunkelgraue Material ist eine typische Varietät von Radiolarit z.B. aus Mainschottern. Eqs ist fast schon glasig und von hoher Qualität. Vielleicht hat die Erosion die steinzeitliche Keramik vernichtet. Bruch sieht bei mehreren Exemplaren immer irgendwie nach Ausschuss auf einem Werkplatz aus, die Trümmer sprechen eventuell dafür. Vielleicht aber auch ein Rückzugsort für Männer  :prost: die mal wieder in Ruhe die Jagdwaffen in Ordnung bringen wollten ohne das Qequengel der Familie  :narr:

Ja, das ist wirklich eine beeindruckende Qualität!

Daniel hat mir mal eine vergleichbar retuschierte Pfeilspitze und paläolithische Funde aus diesem Material gezeigt.
Hier sind Radionlarite meist extrem klüftig immer wieder auch mit Quarzäderchen durchsetzt.

Während man hier selbst die kompakten Maaseier (verrollter Silex) zurecht kam (und beim Selbermachen auch zurecht kommen kann) gelingt es bei den häufigen Kieselschiefern nur sehr selten einen brauchbaren größeren Abschlag hin zu bekommen. Das Material ist zudem bröselig und brüchig. Ganz anders als die feine Varietät aus dem Maingebiet.

In meiner Prospektionsregion bilden sich neolithische Siedlungsstellen auch nur durch wenige Silices und Felsgesteinartefakte ab. Die passen dann typologisch, von der Bearbeitungstechnologie und vom Material her immer gut zusammen.


Auf einem Fundplatz direkt am Rheinlauf explodiert allerdings das Fundaufkommen dermaßen das man an ein neolithisches "Zentrum" denken kann. Das war wohl ein zentraler Platz für den überregionalen Austausch von Silex aus der Maasregion.

Einzeln gelegene Hofesstellen haben dem gegenüber kaum lithisches Fundmaterial hinterlassen wenn am Ort keine Silices bearbeitet worden sind.

Daher spielen die Kontinuität und die Wiederholung von Geländebegehungen eine entscheidende Rolle um mit der Zeit ein aussagekräftiges Fundinventar und einen guten Überblick über einen Fundpunkt erhalten zu können.


Also lohnt es sich immer dran zu bleiben!   :super:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

hargo

#11
Zitat von: thovalo in 05. Mai 2017, 14:00:41

....Dein Fundbeleg ist in einer geübten Flächenretusche zugearbeitet worden. Damit kann die wahrscheinliche Datierung zumindest auf die Zeit "ab" dem jüngeren Neolithikum ausgerichtet werden. ...


Sehe ich auch so!
Helfen würde dir vermutlich aber nur eine vergleichende Darstellung?

mfg



Nanoflitter

Dank euch vielmals, denke auch, das die Spitze jünger als der Dechsel ist. Übrigens ist die Lamelle aus Flint, ging aus meinem Geschreibsel nicht so hervor. Gruss..