Levallois-Konzept in Lydit

Begonnen von RockandRole, 06. Januar 2020, 08:53:19

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RockandRole

Hallo Leute,

hier mal wieder, für euch wahrscheinlich langsam langweilig, ein Abschlagkern mit levalloider Abbauweise. Für einen Levallois-Kern sollte ja anscheinend ein Zielabschlag zu 2/3 durchgegangen sein, hier ist das Ding halt mal wieder Steckengeblieben. Ein Schelm ist, wer diesem kurzen Abschlag eine Intension andichten will  :-D Da die Stücke hier so klein sind und das Material relativ schlecht, ist das bei 50% so. Ist ja auch im Prinzip ein Restkern und alles was hier rumfliegt ist ja so weit wie möglich ausgenutzt. Die Vorbereitung der Abbaufläche ist aber wieder klassisch und anscheinend haben die Kerne jetzt endlich auch eine fachliche Bestätigung aus Bayern bekommen. Ja, das ist tatsächlich ein Levallois-Konzept. So weit so gut.

Ich weiß nicht, ob das den Kieseln geschuldet ist, die ja oft klein und eher oval bzw rundlich sind, das man oft den Eindruck hat, das man ein Werkzeug vorliegen hat. Hier ist es wieder so. Wahrscheinlich wird der eine dies, der andere das sagen. Die ersten beiden Bilder zeigen die Abbaufläche die beiden nächsten die zur Einstellung des Schlagwinkels. Bild Nr. 6 zeigt den missglückten Abschlag.

Jedenfalls fand ich das Material wieder schön und wollte es euch nicht vorenthalten.

liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Steinkopf

Moin Daniel,

Bei dem Material denke ich an 'der Widerspenstigen Zähmung'.

LG

Jan

Nanoflitter

Ich denk nicht, das das ein Zielabschlag werden sollte, eher noch in der Phase der Präparation eines neuen Leitgrates passiert. Wär so ziemlich die blödeste Stelle fürn Zielabschlag an dem Stück. Gruss..

Furchenhäschen

#3
Hallo Daniel,
ich weiß jetzt nicht mehr genau wo ich es gelesen habe, im Floss oder irgend einer Magisterarbeit.
Werkzeugnutzung von (Rest-)Kernen im MP,JP, Mesolithikum.
Dieser diskusförmige Kern gab alleine von der Größe ausgehend nichts mehr für weitere sinnvolle Abschläge her.
Meine Erachtens wurde der Restkern so präpariert das eine Nutzung als Werkzeug denkbar scheint , jedenfalls deuten einige Spuren sehr darauf hin.

Gruß
Peter

Kelten111

Wunderschön !
Was soll gegen eine Weiterverwendung sprechen ?
Ich finde insbesondere wen das Rohmaterial knapp ist es für Sinnvoll .

Mfg

RockandRole

Hallo Leute,

ja sehr widerspenstig und im Endstadium. Nano, du meinst, weil ein Grat gerade dazu quer läuft? Guter Einwand, aber bei einer zentripetalen Aufwölbung der Anbaufläche kam es vielleicht nicht prinzipiell auf einen Leitgrat an, obwohl der ja von Vorteil ist. Anders bei den Levallois-Klingenkernen. Da aber ganz sicher.
Hier ist die Schlagfläche herausgestellt, was aber an einer anderer Stelle genau so ist. Dort ist die Schlagfläche aber zerrüttet. Von daher wurde der Kern vielleicht deshalb aufgegeben.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Nanoflitter

Die Fläche ist allgemein zu wenig gewölbt, also ich würde fürn Zielabschlag längs schlagen, zumal da ein Grat da ist. Ein Grat ist immer gut, wenn auch bei Levallois nicht unbedingt notwendig. Die Werkzeugtheorie der anderen teile ich aber auch. Gruss..

RockandRole

 :glotz:  an der Stelle ist das Stück wirklich weniger gewölbt.

Ja, warum sollte man so ein dünnes Teil eigentlich nicht als Werkzeug verwenden und das Stück einfach ungenutzt lassen!?! Meist habe ich so einen Eindruck, wenn das auch Züge von einem diskoiden Konzept hat, so wie hier. Da auf aber auf einer Seite noch viel Geröllrinde ist, habe ich das nicht so bezeichnet. Rohmaterial war zwar nicht knapp, aber es so in ,Form' zu bringen eher schwierig. Ich hab da ein Stück von einer anderen Stelle, da sieht man deutlich, dass das ein Werkzeug war.

Muss mal suchen.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

RockandRole

So hier mal im Vergleich ein Schaber von einer anderen Stelle, wo es hauptsächlich LBK und sehr wenig MP gibt. Das war glaube ich sogar mein erstes MP Artefakt überhaupt  :winke:

Hier ist die Kante sicher zu einer Schneide gemacht worden, diese ist auch viel gerader wie die von dem Stück aus Lydit. Eine Nutzung als Werkzeug, eine Bauchentscheidung? Oder war es auch gut möglich mit einer wechselseitigen Kante zu schneiden, oder war es womöglich manchmal sogar vorteilhaft, wie mit einer gezackten Kante zu schneiden?

Die Fotos sind mir heute irgenwie nicht gelungen.

liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Nanoflitter

Das ist aber ne schöne Kostenki-Schärfung. Sicher lässt sich mit gewellten Schneiden manches besser schneiden. Unsere heutigen Messer haben den Wellenschliff wohl nicht, um ein Muster aufs Butterbrot zu ziehen. Gruss..

RockandRole

Zu Kostenki-Enden ist hier eine gute Beschreibung. Im Mittelpalöolithikum sind sich die Experten sogar fast einig und sagen, das ist ein Abbau von Grundformen bzw. Lamellen. Also keine Retusche.

https://www.google.com/search?client=firefox-b-d&q=Frick+%282013%29+-+Kostenki-Enden+%28Dorsalabbau+an+Grundformen%29

Meiner Meinung nach hat Kostenki nichts mit den gezeigten Artefakten gemein. Kostenki-Enden gibt es an Klingen und an langestreckten Abschlägen. Nicht alles was diskoid ist und eine nahezug lamellare ´Bearbeitung´ hat ist auf einmal Kostenki. Oder habe ich da etwas falsch interpretiert?

Peter, hier ist vielleicht die Textpassage, welche du gemeint hast.  S 233/234

https://www.google.com/search?newwindow=1&client=firefox-b-d&sxsrf=ACYBGNSyKmkm4J0HZyC6a3Vo-nMbXEtKiw%3A1578388800718&ei=QE0UXoOxK8vLwALp2YiYCg&q=levallois+floss+richter+academia&oq=levallois+floss+richter+academia&gs_l=psy-ab.3...27593.32052..32245...0.2..0.137.921.5j4......0....1..gws-wiz.......0i71j33i160j33i21.ALpKWgZbeoY&ved=0ahUKEwiD0aK-lPHmAhXLJVAKHeksAqMQ4dUDCAo&uact=5

liebe Grüße Daniel 
gefährliches Drittelwissen

Danske

Servus Daniel,

ich sehe das wie Peter.

Das sind abgebaute (Rest-)Kerne, die als Werkzeuge mit schabender bzw. kratzender Funktion noch ihren Wert hatten.

Im übrigen langweilst du uns sicher nicht mit dem "schwarzen Zeugs", das Material ist für mich irgendwie faszinierend.

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

RockandRole

Hallo Holger,

Gott sei Dank  :-D  ansonsten hätte ich mir den ja sparen können. Den hattest du aber auch schon in der Hand.

Dieser Kern stammt von einem Acker aus Aschaffenburg direkt am Mainufer. Ich dachte den hätte ich schon gezeigt, hab ihn aber in den Beiträgen von Mai 2019 nicht gefunden. Von da ist er nämlich.
Bis zum Treffen der AG Alt- und Mittelsteinzeit hatte ich eigenlich eine andere mögliche Datierung im Sinn wie die, welche mir dann vorgeschlagen wurde..mit einem könnte gut davor  :-)  bisher habe ich von dem Platz ein wildes Durcheinander von Zeitstellungen, was die Steinfunde anbetrifft.

Diesen Funden aus meiner Heimat gelten natürlich mein besonderes Interesse. Hier ist es definitiv Lydit, was ich an dem ersten Stück mittlerweile eigentlich bezweifle. Das ist wohl eher ein ganz ganz dunkelblauer Kieselschiefer. Jedenfalls beides Radiolarit. Hier sieht man noch schön die Radiolarien.

Eigentlich ist das doch wieder ein ähnliches Bild wie bei den beiden oben. Wenn auch mehr diskoid auf der einen Seite. Werkzeug halte ich hier auch für möglich.

Später kommt noch ein Stück von einem Acker ca. 100 m entfernt. Das ist auch recht spannend.

Bitte um Meinungen frei raus, ob man hier vielleicht auch den gleichen Urheber andenken kann und wenn nicht, was könnte das noch für eine Zeitstellung sein?

liebe Grüße Daniel


gefährliches Drittelwissen

RockandRole

Hier noch das andere Stück. Nicht ganz so klar und eher opportunistisch genutzt. Wieder patiniert und nicht zu unterschieden von dem Großteil der Höhenfundstelle.

liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

hargo

Patina ist schwer zu erkennen bei KS, oder hab ich Tomaten auf....?


mfg

RockandRole

Hallo Hargo,

eigentlich nicht so schwer  :-)  auf den Bildern mit dem letzten Artefakt Bild Nr 3 u 4 erkennt man es am Besten. Die anderen 3 Teile sind nicht patiniert.


liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Nanoflitter

Hier mal ein altes Beispiel für patinierten KS. Im oberen Bild gut zu sehen die rezenten Abplatzungen. Gibt aber auch Zwischenstadien der Patina.http://www.sucherforum.de/index.php/topic,65456.msg406579.html#msg406579 Gruss

hargo