Korrekturabschlag

Begonnen von StoneMan, 05. Februar 2023, 12:41:44

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StoneMan

Vermeintliches Rückenmesser entpuppt sich als Korrekturabschlag.

Moin,

nun, ich hatte auf dem Acker, schmutzig wie es war, auch erst gedacht, oh oh schon wieder eins...   
Schließlich war ich bei der Nachsuche auf diesem Teil des Ackers.

Dann hatte ich es mir immer öfter betrachtet und mir kamen Zweifel aufgrund der Retuschen bzw. deren Abschlagsrichtungen.
Ich schrieb einen Fachmann an.
Postwendend kam die ernüchternde Nachricht - kein Rückenmesser. Das war aufgrund meiner Fotos.
Die Erklärung konnte ich nachvollziehen und sah jetzt auch kein Messerchen mehr.

Am Tag der Archäologie in Schleswig (2022) hatte ich das Teil wortlos einem Archäologen in die Hand gedrückt.
Er erklärte mir exakt so, wie schon der andere Fachmann, was es war und wie es entstanden ist.

Ich war ziemlich beeindruckt, wie von zwei Fachleuten, die unbeeinflusst von anderen ihre Beurteilung abgaben
und diese derart exakt übereinstimmten.

Diese vier roten "Retuschen" sind missglückte Versuche Klingen abzutrennen und haben die Schlagflächenkante vermurkst.
Um wieder eine ordentliche Schlagfläche zu erhalten, wurde die Kante korrigiert.

Somit haben wir es mit einem Korrekturabschlag zu tun.   

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

neolithi

Die Zeichnung mit dem Kern ist eine tolle Darstellung. Vielen Dank für das Rätsel und die Auflösung!

HG
Anke

Wiedehopf

Sehr anschaulich, vielen Dank. Wieder was dazugelernt.

Viele Grüße
Michael

Danske

Hallo Jürgen,

danke für den Beitrag, sehr interessant.

Ein Korrekturabschlag der Schlagflächenkante, dürfte im Gegensatz zur Kernkantenklinge ein nicht so häufig gefundenes Artefakt sein.

LG
Holger

PS: Wäre es aber nicht sinnvoller, die Schlagfläche über die gesamte Fläche wegzunehmen?
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

StoneMan

Moin,

@ Anke,
warst ja wirklich nah dran, die KKK hat lediglich eine andere Richtung am Kern  :super:

@ Michael,
auch ich habe dazugelernt  :dumdidum:

@ Holger,
sinnvoll oder nicht, frag mich etwas Leichteres.
Von so einem lütten Kern noch eine Scheibe abschlagen wäre schon riskant.

Danke euch  :prost:

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

RockandRole

Hallo  :winke:

sowas habe ich auch noch nicht gesehen und ich habe mir auch die gleiche Frage wie Holger gestellt. Die fehlende Krümmung macht es nicht gerade leichter. Beim Befummeln soll man aber angeblich  feststellen können, welche Seite des Grates die ist, welche zuletzt abgetrennt worden ist  :nixweiss: ich kann es nicht. Wie immer eine tolle Darstellung.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Fischkopp

Hallo Jürgen,

toller Fund und wie immer von dir sehr schön dargestellt.
Durch den Beitrag konnte meine Augensonde weiter geschärft werden.

LG Fischkopp

Munigis

Hallo Jürgen,

wieder mal toll dargestellt und erklärt.
Vielen Dank :Danke2:

Grüße
Oli

Steinkopf

Hallo Jürgen,

feine Präsentation - Rätsel mit Lösung!

LG
Jan

StoneMan

Moin,

@ Fischkopp,
Danke, Du bringst es auf den Punkt, die Augensonde ist upgedatet  😎

@ Oli,
das muss ich so erklären, damit ich es auch verstehe 🤣 Dank Dir.

@ Jan,
Rätsel-Funde sind wie das Salz in der Suppe   :prost: und Danke.

Gruß

Jürgen
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Antoine de Saint-Exupéry

hargo

Zitat von: Steinkopf in 05. Februar 2023, 20:36:11
...

feine Präsentation - Rätsel mit Lösung!

...

Korrekturabschlag vom Kern.
Mal wieder bereichernd  :super:

mfg

thovalo


Diese Art von Korrekturabschlägen sind dann besonders irritierend wenn sie sehr gleichäßig retuschiert erscheinen und dann an Spitzen oder retuschierte Kleinformen erinnern. Ich habe das Fundmaterial eines spätaltsteinzeitlichenPlatzes nicht mehr hier vorliegen, da das Inventar gerade aufgenommen und bearbeitet wird. Darunter befinden sich drei solcher Stücke. Sie wurden insbesondere abgetrennt um den Schlagwinkel zu korrigieren oder optimieren. Das ist hier aber schon Alles so gesagt worden.

lG Thomas


Eine tolle Skizzierung und Gesamtdarstellung von Jürgen .....   chapeau    :super:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

StoneMan

Moin,

@ hargo,
Danke, für mich ebenfalls eine Bereicherung.

@ Thomas,
genauso wie Du es schreibst, haben es beide Fachleute erwähnt, dass der Abbauwinkel zwischen Schlag- und Abbaufläche korrigiert wurde.
Wenn Du drei (3) solcher Stücke hast, dann ist das gemessen an der Vielzahl Deiner Stücke wohl wirklich sehr selten.
Danke fürs Lob und Deiner Ergänzung.

Gruß

Jürgen
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Antoine de Saint-Exupéry

Danske

Zitat von: StoneMan in 05. Februar 2023, 14:09:35
@ Holger,
sinnvoll oder nicht, frag mich etwas Leichteres.
Von so einem lütten Kern noch eine Scheibe abschlagen wäre schon riskant.

Ich denke, es handelt sich um den missglückten Versuch, eine Kernscheibe abzuschlagen. Was hätte der Steinschläger davon gehabt, nur ein Stück der Kante zu entfernen?

Gruß Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

hargo

#14
Zitat von: Danske in 06. Februar 2023, 21:43:43
Ich denke, es handelt sich um den missglückten Versuch, eine Kernscheibe abzuschlagen. Was hätte der Steinschläger davon gehabt, nur ein Stück der Kante zu entfernen?

Gruß Holger

Interessant, ohne es jetzt, zu dieser Uhrzeit :kopfkratz: noch zu verstehen.
Kannst du den Gedanken präzisieren?

mfg

StoneMan

Zitat von: Danske in 06. Februar 2023, 21:43:43
Ich denke, es handelt sich um den missglückten Versuch, eine Kernscheibe abzuschlagen. Was hätte der Steinschläger davon gehabt, nur ein Stück der Kante zu entfernen?

Gruß Holger
Moin Holger,

da bleibe ich doch bei den Erklärungen von den beiden Fachleuten, die haben ohne voneinander zu wissen,
genau das Gleiche beschrieben. Einer der beiden ist Flintknapper.

Meine Grafik gibt genau deren Beschreibung wieder. In dem Bild SF1 hat Klaus G. (er hatte lediglich meine Fotos) das Stück Kante eingekreist.

Am TDA 2022 hatte Klaus H. (der Flintknapper) das Stück in der Hand und erklärte es ebenso.
Beide hatten unmissverständlich lediglich den kleinen Abschlag als Korrektur gemeint - eine Kernscheibe ist nie erwähnt worden.

Ich denke, die sonstige Schlagfläche gab das her, dass nur ein kleiner Abschlag reichte.

Einen Kern habe ich hier liegen, da sieht die Schlagfläche so aus, als wenn zwei Fehlversuche die Schlagfläche noch nicht
ordentlich hinbekommen haben. Da könnte auch so ein Teil wie das hier gezeigte etwas verbessern.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
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Antoine de Saint-Exupéry

Danske

Hallo zusammen,

ich möchte keinesfalls die Meinungen der beiden genannten Fachleute infrage stellen, um Gottes willen :friede: Dass es sich um einen Abschlag der Schlagflächenkante handelt, ist deutlich zu sehen.

Mir geht es nur darum zu verstehen, was den Steinschläger veranlasst hat, den Korrekturabschlag vorzunehmen oder anders gefragt: Wie sah der Kern (Schlag- und Abbaufläche) nach den 4 missglückten Abschlägen aus?

Vielleicht habe ich den Fehler gemacht, die Skizze von Klaus G. eins zu eins als Grundlage zu nehmen. Nach der Zeichnung hat der Kern nach den missglückten Abschlägen eine plane Schlagfläche und eine ordentliche Abbaufläche. Warum sollte also eine Korrektur erfolgen? Diese hätte doch nur zu einer Verschlechterung geführt (siehe zu 1. auf meiner beigefügten Skizze).
Daher mein Gedanke, dass der Steinschläger versucht hat, eine Scheibe abzutrennen, es aber nur zu einem Abschlag der Kante gekommen ist.

Wenn der Kern nach den missglückten Klingenabschlägen in der Seitenansicht so wie bei 2.) meiner Skizze (übertrieben dargestellt) ausgesehen hat, macht eine Kantenkorrektur in diesem Bereich eher Sinn, um wieder eine gerade Abbaufläche zu bekommen.

Oder ist das alles Quatsch und ich liege nun komplett falsch?? :kopfkratz:

LG Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

StoneMan

Zitat von: Danske in 07. Februar 2023, 12:59:13
...
Wie sah der Kern (Schlag- und Abbaufläche) nach den 4 missglückten Abschlägen aus?
...

Moin Holger,

der Kern von Klaus G. steht in keinem Bezug zu meinem Fund und naturgemäß nicht zu dem Kern, von dem wir nichts wissen.
Er hat irgendeinen Kern genommen, um mir zu verdeutlichen, wie bzw. wo so etwas entsteht.

Demgemäß ist das, im doppelten Sinne, die Kernfrage.

Wir wissen einfach nicht, wie, auf welche Art und wie viel oder wenig lädiert die Schlagfläche war.

Deine Gedanken sind keinesfalls Quatsch.

Allerdings gehen meine Kenntnisse zum Flintknapping gegen Null. Auch wenn ich mal vor 111 Jahren zwei Werkzeuge
hergestellt habe, kann ich selbst gar nicht fachlich darüber diskutieren.

Aber aufgrund meiner sonstigen handwerklichen Fähigkeiten, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass eine Schlagflächenkante,
die von einigen Fehlschlägen verrundet / vergurkt ist, keine gezielten Klingen mehr zulässt.

Der Abstand des Schlagpunktes zur Kante und der Abbauwinkel sind wohl sehr wichtig, nur ein Millimeter weniger oder mehr
zur Kante -  ein Grad Abweichung in der Schlagrichtung -  und das Resultat ist Abfall.

@ Holger, solche Diskussionen sind erwünscht  :super: sie geben Anstöße, sie erweitern den Horizont.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
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Antoine de Saint-Exupéry

Fischkopp

Hallo Jürgen,

mir stellt sich die Frage wie das nähere Umfeld deines Fundes aussieht? Gibt es dort viele Abschläge?
Kerne? Der Gegenspieler liegt hoffentlich dicht daneben.

LG Fischkopp

StoneMan

Moin Fischkopp,

das nähere Umfeld brachte in den letzten ~ zehn Jahren nicht viel. Wenige Abschläge,
noch weniger Klingen, keine Kerne.

Dennoch gehe ich sporadisch auch über solche "unattraktiven" Flächen.
Dieser Teil des Feldes wurde von einigen Jahren einmal tief gepflügt, meine Hoffnung erfüllte sich in
den folgenden Jahren nicht.

Erst im weiteren Umfeld gab es ein paar wenige Kerne, verstreut auf 300 - 500 m Distanzen und einige andere
Funde wie Kern- und Scheibenbeile, Löffelschaber, Dolchfragmente, die ich hier vorgestellt habe.

Im Oktober 2021 fand ich dann dieses Rückenmesser
Letztes Jahr 2022, etwa 35 m davon entfernt kam dieser Korrekturabschlag. Die Ernüchterung kam bald...

Interessant ist es dennoch.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Wiedehopf

Moin, 

ZitatNach der Zeichnung hat der Kern nach den missglückten Abschlägen eine plane Schlagfläche und eine ordentliche Abbaufläche. Warum sollte also eine Korrektur erfolgen? Diese hätte doch nur zu einer Verschlechterung geführt (siehe zu 1. auf meiner beigefügten Skizze).

Vielleicht sollte man sich von dem Gedanken lösen, dass das Ziel der Korrektur ein weiterer Klingenabbau war. Wurde vielleicht ein stumpf gewordener Kernhobel durch den Abschlag 'nachgeschärft' ? Das würde auch erklären, dass der Kantenrest (siehe insbesondere das Bild auf dem Jürgen das Stück in der Hand hält) für meine Begriffe sehr verrundet bzw. abgenutzt ausschaut.

Siehe in diesem Zusammenhang auch PVP Nr. 22 (Plattformafslag af mikroflaekkeblok).

Viele Grüße
Michael   

StoneMan

Moin,

Zitat von: Danske in 07. Februar 2023, 12:59:13
...
Nach der Zeichnung hat der Kern nach den missglückten Abschlägen eine plane Schlagfläche und eine ordentliche Abbaufläche.

@ Michael Wiedehopf,

zu Holgers Annahme hatte ich ja folgendes geschrieben:

...
Zitat von: StoneMan in 07. Februar 2023, 16:17:49
...
der Kern von Klaus G. steht in keinem Bezug zu meinem Fund und naturgemäß nicht zu dem Kern, von dem wir nichts wissen.
Er hat irgendeinen Kern genommen, um mir zu verdeutlichen, wie bzw. wo so etwas entsteht
....
Wir wissen einfach nicht, wie, auf welche Art und wie viel oder wenig lädiert die Schlagfläche war.

Nun habe ich nur wenige Kerne, somit haben meine Kerne nicht die Aussagekraft, die wir wünschen. Nicht einer meiner Kerne
hat eine ebene Schlagfläche, wie sie nach einem Präparationsabschlag - abtrennen einer Kernscheibe - idealerweise sein soll.

Einen Kern habe ich, da ist die Schlagfläche total unregelmäßig, durch drei derbe Abschläge aus verschiedenen Richtungen,
wurde sie leicht konkav, zu einer "Kraterlandschaft" verunstaltetet.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

thovalo

#22


Moin!  :winke:


Ich finde Jürgens Erläuterung sehr klar und gut nachvollziehbar. Der Feuerstein folgt bestimmten Abbauregeln, ist aber nicht in absoluter Präzsion beherrschbar. Unsere Vorfahren waren sehr pragmatisch strukturiert und sie entwickelten "einfache" im Sinne handwerlich praktischer Anpassung bei der Bearbeitung des Feuersteins. Dazu gehören auch solche Modfiktationen zur Optimierung von weiteren Schlagvorgängen.

Die Korrektur der Schlagkante gehört mit dazu. Heutige Flintschläger brauchen das nur selten, weil sie meist großformatiges Material in guter Qualität zur Verfügung haben. Gerade wo Flint selten gewesen ist, nur in kleinen Formaten und nicht in der besten Qualität vorhanden, da häufen sich solche Beobachtungen von Korrekturabschlägen.

Hier im Anhang ein Fundstück aus den letzten beiden Aufsammlungen auf einer Feldflur mit einem spätaltsteinzeitlich Aufenthalt bei Düsseldorf. Es entsteht zunächst der Eindruck einer sekundären Kernkantenklinge und das ist auch schon ein Unterschied zu Jürgens eindeutigen Stück von einer abgetrennten Teilpartie einer Abschlagkante.

Dennoch ist auch der angehangene Fundbeleg kritisch zu besprechen. Zwar liegen die Negative so wie das an einer sekundären Kernkante zu erwarten wäre, nur sind sie für das kleine Format des vormaligen Kernsteins zu groß. Es sind von diesen vollständig erhaltenenSchlagpunkte Negative deutlich langschmaler Abschläge (kleine Klingen/Lamellen) ausgegangen und die brauchten Raum für ihren länglichen Verlauf. Das spricht eher dafür, dass es sich auch um einen solchen Korrekturabschlag entlang der Schlagkante eines Kernsteines handeln wird.

An diesem Kern wäre dann zuvor ein Kerntablett gelöst worden, da die gegenseite Klingenhälfte plan ist. Beide Arbeiten, die Kernkanten und sekundären Kernkantenklingen wie auch die Korrektur einer Abschlagkante gehören zu den gut beherrschten Techniken der späten Altsteinzeit und wurde noch genauso und gar nicht so selten in meiner Region auch im Mesolithikum ausgeführt. Das war notwendig weil das Ausgangsmaterial Feuerstein hier nicht natürlich vorkommt und die Ausbeute der eingetragenen Feursteinrohstücke optimal und möglichst vollständig sein mußte. Denn sonst hätte man aufbrechen um neues brauchbares Material weiter östlich zu suchen, was von hier aus hier sehr aufwändig gewesen wäre.

Mein Beispiel ist ein aktuell gefundes Stück und wie ich weiter Oben geschrieben hatte, fanden sich auf derselben Flur bereits zwei bis drei Abbaukantenabtrennungen. Man kann meinen Fund kritisch in beide Richtungen (sekundäre Kernkante versus Schlagkantenabschlag) besprechen, Jürgens Fund ist aber sehr eindeutig ein Korrekturabschlag der Schlagkante.


lG Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

Zitat von: Wiedehopf in 08. Februar 2023, 08:45:15
Moin, 

Vielleicht sollte man sich von dem Gedanken lösen, dass das Ziel der Korrektur ein weiterer Klingenabbau war.
Wurde vielleicht ein stumpf gewordener Kernhobel durch den Abschlag 'nachgeschärft' ? Das würde auch erklären, dass der Kantenrest (siehe insbesondere das Bild auf dem Jürgen das Stück in der Hand hält) für meine Begriffe sehr verrundet bzw. abgenutzt ausschaut.

Siehe in diesem Zusammenhang auch PVP Nr. 22 (Plattformafslag af mikroflaekkeblok).

Viele Grüße
Michael


Ja, das macht Sinn und das Ziel war ja unbefindgt die Schlagkante wieder in Gebrauch zu nehmen. Von daher wurde die freigestelte Stelle ja auch umgehend wieder in Betrieb" genommen. Ich habe aus dem Mesolothikum einige horizontal glatte Kernflächen die durch die Abtrennung von Kerntablets entstanden sind.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

StoneMan

 Moin,

@ Thomas,

Danke für Deine Nachträge, da steht eine profunde Kenntnis und umfangreiches Inventar dahinter.


@ Michael,

Mea Culpa! Deine Anmerkung zu PVP habe ich leider übersehen - Danke dafür.

Zitat von: Wiedehopf in 08. Februar 2023, 08:45:15
...
Siehe in diesem Zusammenhang auch PVP Nr. 22 (Plattformafslag af mikroflaekkeblok).
... 

Ein sehr schönes Beispiel für einen ähnlich pragmatischen Präparationsabschlag. In diesem Falle, bei PVP, geht der Schlag
in Richtung Kernmitte. Somit trennt er lediglich eine Art Kreisausschnitt (statt Scheibe) aus der Schlagfläche heraus.

Das Ergebnis, eine Stufe in der Schlagfläche. Die Gründe dafür bleiben mir / uns (Nicht-Flintknapper)verwehrt.

Fazit.

So sehr uns die standardisierte Grundformerzeugung genormt erscheint und trotz wiederkehrenden Querschnitten bei
Klingen und Analogien bei anderen Werkzeugentypen, wir werden immer wieder Unbekanntes entdecken.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Danske

Moin zusammen,

Dieser Thread ist sehr interessant, Dank an alle für die informativen Erläuterungen.

Den PVP habe ich nun bereits mehrmals von vorne nach hinten und von hinten nach vorne gelesen, aber die Darstellung zum Plattformabschlag übersehen oder nicht richtig wahrgenommen. :schaem:

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

StoneMan

Moin Holger,

weil es so gut passt.

Wir kennen es sicher inzwischen alle (?) - Zitat:

"Man sieht nur, was man weiß."

Dieses berühmte Zitat von Johann Wolfgang von Goethe beschreibt die Tatsache, dass uns nur Dinge auffallen können,
über die wir Hintergrundwissen besitzen.

Frei nach Goethe: "Wir kennen nur, was wir schon gefunden haben."

Bösartige Unterstellung (nicht ernst nehmen, Anwesende ausgeschlossen)  :narr: "Einige glauben nur, was bereits publiziert wurde."

Danke an alle.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
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Antoine de Saint-Exupéry