KLINGENKERN?

Begonnen von Ahrbach, 02. Januar 2015, 17:38:30

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Ahrbach

Auch dieses feine Stück  fiel mir in den letzten Tagen des jahres 2014 in die Hände.
Ich würde es als Klingenkern ansprechen- was meint ihr????
Euch Allen wünsch ich ein erfolgreiches und vor allem gesundes neues Jahr :prost:

Nanoflitter

Feines Teil, ein Kern, der sogar bipolare Abschläge aufweist und dann sogar noch zu einem Beil umgearbeitet wurde, würd ich mal sagen!
Mach mal noch Ansichten von allen Schmalseiten, wenns Zeit hast.
Gruss...

Ahrbach

...an die beilversion hatte ich auch schon mal gedacht, hätte die "Schneide" jedoch woanders gesehen(s. Bild Kernbeil 6)

thovalo

#3


Das ist ein klar ansprechbarer großer Abschlag mit Teilen der Abbaufläche eines Kernsteins mit Klingennegativen!
Der könnte durchaus auch erst durch modere Einflüsse vom Kernstein gelöst worden sein, dafür sprechen insbesondere die vielen Rostschrammen.

Ein sehr eindrucksvoller Fundbeleg insbesondere für Deine Fundregion!  :super:

Die gedachte "Schneide" ist der aufwippend ausgelaufene Bereich der Abschlags!  :glotz:


lG Thomas


Ist der Silex patiniert?
Der kommt mir recht hell vor.
Bild 5 kurz hier drüber zeigt linksseitig das Profil eine Bruchfacette
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Nanoflitter

Die neuen Ansichten widerlegen meine Beiltheorie. In der ersten Draufsicht sah es ganz so aus....
Ist dann so, wie der Thovalo sagt, kein Beil. Aber irgendwie in Form gebracht schauts schon aus.. :kopfkratz:

Gruss...

thovalo

Zitat von: Nanoflitter in 02. Januar 2015, 19:24:41
Die neuen Ansichten widerlegen meine Beiltheorie. In der ersten Draufsicht sah es ganz so aus....
Ist dann so, wie der Thovalo sagt, kein Beil. Aber irgendwie in Form gebracht schauts schon aus.. :kopfkratz:

Gruss...

Der Ansatz war auf den Eindrücken der ersten Bilder gut nachvollziehbar.  :super:
Ahrbach sucht in NRW, da gibt es keine Scheibenbeilklingen nordischer Art.

Es gibt aber kleine Sonderformen die in den Niederlanden als "afslagbijltje" bezeichnet werden und ganz vereinzelt auch mal hier mit auftreten.
Die haben dann allerdings nicht den seitlichen "Schneidenabschlag" wie die ähnlichen Stücke aus dem Norden.


lG Thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Ahrbach

#6
Zitat von: thovalo in 02. Januar 2015, 19:19:41



lG Thomas


Ist der Silex patiniert?
Der kommt mir recht hell vor.

Hallo Thomas,
sehen auf den Bildern etwas zu hell aus-würde sagen; keine Patina.
Die farbe in Worten: helles schlammgrau
Das Material ist sehr körnig und eher matt, bei einem anderen Stück dieser Fundstelle, hast du mir ans Herz gelegt, nach quarzitkernen zu suchen :kopfkratz: (http://www.sucherforum.de/index.php/topic,58443.0.html)
Hier noch 2 Detailaufnahmen

Nanoflitter

Sieht schon quarzitisch aus, würde deinen Fund nochmals aufwerten.
Gruss...

steinwanderer

Moin moin,
meiner Meinung nach hat sich das Stück nicht von einem größeren Kernstein gelöst. Der ist zur Flachheit hin abgebaut worden. Es ist schon eine Art von Patina aber eben nur nicht so wie sonst bei Flint üblich.
Nach der Bearbeitung zu urteilen ist er mindesten mesolithisch.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

Steinkopf

Hallo.
zur Patinierung würde ich gern wissen, ob bei der vorletzten Abbildung (Bild 5 - oben)
die untere Kante rezent beschädigt wurde. Mir sieht es danach aus, als würde man die
'innere' Färbung dort an einer frischen Bruchkante sehen?

LG

Jan

palaeo1

#10
Ich würde es auch als klaren bipolaren Klingenkern ansehen. Ein Abschlag von einem Kern ist es nicht, da ventral deutliche Patinierungsunterschiede zwischen Negativen der Präparation und einer vermutlichen Frostfläche vorhanden sind. Diese spitzen Abbauwinkel und derart flache Stücke sind typisch bei spätglazialen Inventaren.

Gruß
Klaus
PS. hier mal ein Vergleich von einer Fundstelle der Ahrensburger Kultur

thovalo

Zitat von: palaeo1 in 02. Januar 2015, 20:55:41
Ich würde es auch als klaren bipolaren Klingenkern ansehen. Ein Abschlag von einem Kern ist es nicht, da ventral deutliche Patinierungsunterschiede zwischen Negativen und einer vermutlichen Frostfläche vorhanden sind. Diese spitzen Abbauwinkel und derart flache Stücke sind typisch bei spätglazialen Inventaren.

Gruß
Klaus

Bis auf einen vollständig erhaltenen Klingenabschlag fehlen die Schlagkanten und sind die Negative zum Schlagpunkt hin gekappt.
Das deutet zusammen mit der erkennbaren Bruchkante auf den Überrest von einem Kernstein hin.

Das wäre ein fein strukturierter Quarzit. Nichts ist unmöglich. Was vom Eindruck an Silex dem zumindest farblich und in der Struktur
nahe kommt ist der Feuerstein aus Rullen, der im mittleren Neolithikum seine bevorzugte Verwendung gefunden hatte.
Zeitlich würde dazu auch das Format der zuletzt abgebauten Klingenserie passen.

Jedenfalls etwas dass man einem Archäologen sehr gut zur näheren Einschätzung zur kulturellen Entwicklung in der Region vorlegen kann.


Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

palaeo1

Man muss so etwas immer im Kontext sehen. Ein Einzelstück lässt sich selten einwandfrei einem Zeit- oder Kulturhorizont zuordnen. Da sollte man das komplette Material der Fundstelle beurteilen.

Gruß
Klaus

hargo

#13
Zitat von: palaeo1 in 02. Januar 2015, 20:55:41
PS. hier mal ein Vergleich von einer Fundstelle der Ahrensburger Kultur

Ahrensburger wäre natürlich Klasse. Am Kartstein, als südlichste Bastion der Rentierjäger in der Eifel, schon nachgewiesen!

mfg

Ahrbach

Zitat von: hargo in 02. Januar 2015, 23:29:17
Ahrensburger wäre natürlich Klasse. Am Kartstein, als südlichste Bastion der Rentierjäger in der Eifel, schon nachgewiesen!

mfg
...die Fundstelle liegt ca  15km nördlich von von dieser kARTHÖHLE ENTFERNT
:winke:

thovalo

#15

Meine Fundplätze liegen in direkte Nähe zum Neandertal ......  :dumdidum:

Ein starkes Argument finde ich allerdings den bildlich vorgestellten flachen Kern!  :super:
Dennoch ist das hier vorgestellte Fundstück seitlich rezent oder alt gekappt und daher nicht so eindeutig dem zuzuordnen.

Es bleibt so oder so ein eindrucksvoller und nicht so häufiger Fundbeleg!

Ich fand den Hinweis den Fundzusammenhang zu beobachten wichtig. Wenn schon ein Stück der Grundformproduktion auftritt, ist dann auch  mit Grundformen, Debitage und ggf. auch ausgearbeiteten Artefakten rechnen. Demnach weiterhin mit auf solches "Kleinzeug" achten!

Ein spannender Fundplatz und ein kontinuierlich treffender werdender Finder allemal!


lG Thomas    :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Ahrbach

Zitat von: thovalo in 03. Januar 2015, 13:07:37
Meine Fundplätze liegen in direkte Nähe zum Neandertal ......  :dumdidum:





lG Thomas    :winke:


:schaem: :schaem:
Vielen Dank für die angeregte und für mich sehr lehrreiche Diskussion--- möchte euch aber noch einen Fundbeleg dieser Stelle zeigen:
Das Teil ist deutlich kleiner, dafür aber m.E. vollständig. das Material scheint ähnlich ; farblich etwas gelblicher, und von der Körnung etwas feiner. Ist das auch ein Kern passend zu dem obigen???


palaeo1

Das geht in diese gleiche Richtung!

Gruß
Klaus

palaeo1

Ich habe hier noch einmal ein Stück aus einer Grabung von mir, wobei das Inventar nach einer 14C-Datierung vermutlich schon in das Präboreal gehört. Der Kern ist 7,5 cm lang.

Nanoflitter

#19
Zitat von: Ahrbach in 03. Januar 2015, 18:11:35
 Ist das auch ein Kern passend zu dem obigen???

Das sieht mir eher nach einem schiefgegangenen oder gewollten großem Abschlag aus. :glotz:
Das ist kein Kern.
Wenn man bei einem Kern weiter mittig schlägt, können schon mal paar mehr Negative auf der Dorsalseite des Abschlags sein. :-)
Gruss...

palaeo1

Es handelt sich um eine Frostscherbe, die sich auch mal von einem Kern bei der Herstellung von Klingen lösen kann. Es ging hier ja primär um die Frage, ob als Basis ein Klingenkern vorliegt. Und das ist definitiv so. Es ist kein Abschlag, weil entsprechende Merkmale fehlen.

Nanoflitter

Als Basis diente natürlich ein Klingenkern. Ob dies ein Frostsprung ist :kopfkratz:, kann ich nicht wirklich widerlegen.
Gruss...