Kleiner, süßer Meißel

Begonnen von Neos, 31. März 2021, 02:19:58

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Neos

Moin, zusammen,

das ist er: Der kleinste, vollständig erhaltene Meißel, den ich bis dato finden durfte. Er stammt aus einer endneolithisch/bronzezeitlichen Siedlung im nördlichen Schleswig-Holstein, die, verteilt auf einer Länge von rund 660 Metern, zahlreiche stark sandige Flächen aufweist. Also prädestiniert zum Siedeln war.

Die Schneide hat beidseitig einen Schneidenschlag erhalten und auf den ersten Blick sieht es so aus, als wäre sie auf der einen Seite geschliffen. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Lateralen wurden sauber zugerichtet und ein leichter Schäftungsglanz ist auch vorhanden.

Hier seine Maße:


  • Länge: 61 mm
  • Breite: 25 mm
  • Dicke: 14 mm (max.) und 4 mm (min.)
  • Gewicht: 16 g

Viele Grüße

Frank

PS: Mangels Knetmasse musste ein Apfel herhalten. Ich dachte mir der bringt bestimmt ein wenig Farbe ins Spiel. Und lecker war er am Ende auch noch!  :zwinker:

Wiesenläufer

Moin Frank,

warum Meißel ?
ich hätte es eher als Beil(chen) für feinere Arbeiten angesehen.   :kopfkratz:

Gruß

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

ChristianH

Hübscher Maßstab. ist das ein echter Hintergrund oder wurde das digital freigestellt?

Sprotte

Sieht mir eher nach einem kleinen Scheibenbeil aus (da aus einem Abschlag hergestellt).

Viele Grüße
Sprotte

Neos

Hallo, zusammen,

@Gabi & Sprotte: Ich kann euch absolut verstehen. Als ich das Stück aufhob, war mein erster Gedanke ebenfalls, dass es sich eindeutig um ein Scheibenbeil(chen) handeln muss. Erst nach dem Reinigen und dem genauen Betrachten der Schneide wurde mir klar, dass es sich um einen Meißel handelt.

@Christian: Der Hintergrund ist echt. Echt digital. Und, ja, ich hatte das Motiv vorher freigestellt.

Viele Grüße

Frank

Steinkopf

Moin Frank,

meinen Glückwunsch zu diesem fein gearbeiteten Fund!

LG
Jan

Wiesenläufer

Moin Frank,

falls man sich dieses Jahr nochmal sieht, würde ich es mir gerne anschauen wollen.
In Natura erklärt zu bekommen, hilft mir mehr.   :-)
Behalte es doch mal im "Hinterstübchen".  :zwinker:

Gruß

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

Neos

Moin, Gabi,

Zitat von: Wiesenläufer in 01. April 2021, 04:25:07
falls man sich dieses Jahr nochmal sieht, würde ich es mir gerne anschauen wollen.
In Natura erklärt zu bekommen, hilft mir mehr.   :-)
Behalte es doch mal im "Hinterstübchen".  :zwinker:

ich bin äußerst zuversichtlich, was das angeht. Und ... ist abgespeichert!  :smoke:

Viele Grüße

Frank

Neos

Moin, Jan,

Zitat von: Steinkopf in 31. März 2021, 20:53:06
Moin Frank,

meinen Glückwunsch zu diesem fein gearbeiteten Fund!

LG
Jan

dank dir vielmals!  :super:

Liebe Grüße zurück

Frank

thovalo

#9
  
Guten Morgen Frank!

Das ist eine feine Miniatur und klasse, dass Du sie so identifizieren konntest. Es gab im steinzeitlichen Werkzeugkasten eine ungemeine Bandbreite und solche intensiver zugerichtete Kleingeräte finden sich nach meinem Erleben sehr viel seltener als die größerformatigen vergleichbaren Belegexemplare.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Neos

Moin, Thomas,

Zitat von: thovalo in 02. April 2021, 10:49:53
... und solche intensiver zugerichteten Kleingeräte finden sich nach meinem Erleben sehr viel seltener als die größerformatigen vergleichbaren Belegexemplare.
lG Thomas  :winke:

das entspricht ganz meinen Erfahrungen.  :super:

Viele Grüße

Frank

StoneMan

#11
Moin,

Glückwunsch zu dieser schönen Miniatur  :Danke2: Ganz wunderbar, da kann man sich kaum satt dran sehen.

Dass es bei der Ansprache Fragezeichen gab, ist durchaus verständlich. Ein ähnlicher noch etwas kleinerer Fund
von mir wurde von Archäologen in Schleswig auch nicht einstimmig benannt.

Da ich selber auch nicht sicher war, hatte ich meinen Fund vorläufig mit "Miniatur Kerngerät" bezeichnet.
Bei den Archäologen war Kernbeil und Scheibenbeil gesagt worden - meinen Vorschlag zu "Kernmeißel" konnte
derzeit niemanden überzeugen.

Dann habe ich "den Kühn" noch einmal genauer gelesen.

Vielleicht findet der Begriff "Scheibenmeißel" ja weitere Anhänger ;-)

Gruß

Jürgen

PS @ Frank, zur Präsentation und dem Freistellen müssen wir einmal telefonieren - will auch können ...

PPS @ Frank, hast Du den Kühn eigentlich nicht?
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Neos

Moin, Jürgen,

Zitat von: StoneMan in 10. April 2021, 17:05:50
Glückwunsch zu dieser schönen Miniatur  :Danke2: Ganz wunderbar, da kann man sich kaum satt dran sehen.

Dank dir! Ich habe mich auch riesig über diesen Fund gefreut!

Zitat
Dass es bei der Ansprache Fragezeichen gab, ist durchaus verständlich.

Ja, absolut!

Zitat
Ein ähnlicher noch etwas kleinerer Fund von mir wurde von Archäologen in Schleswig auch nicht einstimmig benannt.

Das unterscheidet uns, mein Bester! Mein Fund wurde zwischenzeitlich eindeutig bestätigt...  :frech:

Beste Grüße

Frank

StoneMan

Zitat von: Neos in 12. April 2021, 21:16:22
...

Das unterscheidet uns, mein Bester! Mein Fund wurde zwischenzeitlich eindeutig bestätigt...  :frech:
...

Dafür ist meiner klitzeklein - eine echte Miniatur. PM Out  :frech: :frech:

:winke:



Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Danske

Hallo zusammen,

deine Miniatur ist ja echt winzig, Jürgen.

Mir ist noch immer nicht klar, auf welcher Grundlage die Unterscheidung "Scheibenbeil" und "Meisel" bzw. "Scheibenmeisel" beruht. Welche Gebrauchsspuren können eine Nutzung als Scheibenbeil oder Meisel belegen?

Wie kann man sich die Schäftung der Meisel vorstellen? Ich würde bei einem Meisel ein kräftigeres Ende mit Aussplitterungen oder Zerrüttungen vorstellen.

Hier ein kleines Scheibenbeil aus Djursland, L: 65 mm, Br: 28 mm, Dicke 17 (5) mm, Gewicht 30 gr.

Auf den ersten Blick ähnelt das dem von Frank gezeigten Stück, ich würde es aber nie als Meisel bezeichnen. Sorry, die Fotos sind auf die Schnelle gemacht und besch....

LG
Holger

Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Steinkopf

#15
Hallo Holger, Hallo zusammen,

das Elend beginnt damit, wenn Begriffe aus der heutigen Zeit auf vorgeschichtliche
Funde übertragen werden.
Beile sind sicherlich breiter als Meissel - aber wo liegt die Grenze?
Auch Meissel werden sicherlich geschäftet um ein Aussplittern des Nackens zu verhindern.
Meißel werden auf das Werkstück aufgesetzt um z. B. Nuten oder Löcher für Zapfen
herauszuarbeiten.

Warum der Ausgangsfund als Meißel bezeichnet wird, kann uns sicher der Frank erklären.
Es sieht so aus, als ob es seine ursprüngliche Form noch hat.

Das von Dir abgebildete Scheibenbeil könnte ursprünglich länger gewesen und
durch 'Schneidenschläge' nachgeschärft worden sein. Die übliche Biographie bei
Kern- und Scheibenbeilen.

Von der Bearbeitungstechnik her sind die 'Querschneider' und die Scheibenbeile ähnlich.
Auch von Scheibenbeilen gibt es noch wesentlich kleinere Fundstücke.

LG

Jan




thovalo

#16
Zitat von: Steinkopf in 14. April 2021, 00:01:47
Hallo Holger, Hallo zusammen,

das Elend beginnt damit, wenn Begriffe aus der heutigen Zeit auf vorgeschichtliche
Funde übertragen werden.
Beile sind sicherlich breiter als Meissel - aber wo liegt die Grenze?
Auch Meissel werden sicherlich geschäftet um ein Aussplittern des Nackens zu verhindern.
Meißel werden auf das Werkstück aufgesetzt um z. B. Nuten oder Löcher für Zapfen
herauszuarbeiten.

Warum der Ausgangsfund als Meißel bezeichnet wird, kann uns sicher der Frank erklären.
Es sieht so aus, als ob es seine ursprüngliche Form noch hat.

Das von Dir abgebildete Scheibenbeil könnte ursprünglich länger gewesen und
durch 'Schneidenschläge' nachgeschärft worden sein. Die übliche Biographie bei
Kern- und Scheibenbeilen.

Von der Bearbeitungstechnik her sind die 'Querschneider' und die Scheibenbeile ähnlich.
Auch von Scheibenbeilen gibt es noch wesentlich kleinere Fundstücke.

LG

Jan



Meine wesentliches Prospektionsgebiet liegt rechts des Rheinalaufs zwischen Düsseldorf und Duisburg.

Von dem Hauptfundgelände dort stammt auch ein nur wenige Zentimeter großes Artefakt aus westischen Feuerstein, das von J. Weiner M. A. als  Dechselklinge definiert worden ist (unten Abbildung von vier Dechselklingen aus Feuersteingrundformen aus dem Rheinland: der klenformatige Fundbeleg unten rechts stammt, wie der zweite von Links, aus meinem Langzeitprojekt). Die kleinste Form in Feuerstein die er je aus dem Rheinland gesehen hat. Deshalb Dechselklinge, wei sie plan-konvex gestaltet und an der Schneide angeschliffen worden war. Die Definition des Artefakts erfolgt über die zugrunde gelegten wissenschaftlich definierten Mekmale die dann nochmal durch Publikation und in einem direkten wissenschaftlichen Diskurs überprüft worden sind.

Insofern muss man jedes einzelene Stück in einer Diskussion darstellen und in seinen Merkmalen beschreiben, was hier, finde ich aufdie kleine Meisselklinge, gut gelungen scheint.

Obschon ich einige Erfahrung habe, sind mir klar definierbare Kleinformen auf die Definitionen wie Beilklinge, Dechselklinge oder Meissel zutrafen, zumindest im Rheinland, auffallend selten nachgewiesen oder erkannt worden. Überhaupt gibt es zumindest in diesem Großraum noch erhebliche Defizite in der Kenntnis der Bandbreite des Werkzeuginventars und dessen sich wandelnde Gebrauchszustände. Mit Ausnahme der bandkeramischen Kultur, für die das Wissen breit aufgestellt ist. Im älteren Nolithikum war das Werkzeuginventar sehr stark normiert.

Der nach meinem Eindruck in der Variabilität vielfältigste Zeitabscnitt war das jüngere Neolithikum und darin insbesondere die Michelsberger Kultur, wel sie ein breit gefächertes Netzwerk an Materialbezügen und Austuaschmöglichkeiten aufbauen und lange Zeit auch halten konnte.

Der Norden hat davon eine unabhängige Entwicklung genommen, weshalb die Typologien auch unterschiedlich geprägt sind.

lG Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

hargo

Es bleibt eigentlich nicht viel zu sagen:
Der Querschnitt eines Meißels ist annähernd quadratisch.

mfg

Danske

Hallo Jan, hallo Thomas,

vielen Dank für eure ausführlichen Erläuterungen.

Auf jeden Fall ist es problematisch, heutzutage verwendete Begrifflichkeiten auf vorgeschichtliche Werkzeuge zu übertragen. Ein Blick in meine Werkzeugkiste zeigt mir Spitz- und Flachmeisel, alle mit einem viereckigen oder runden, aber kräftigen Ende. Klar, sonst wären die Meisel als solche auch nicht zu verwenden. Aber trifft das auch auf vorzeitige Meisel zu?

Ich sehe allerdings ein grundsätzliches Problem in der Deutung der hier gezeigten Fundstücke als Meisel. Selbst, wenn sie geschäftet waren, nach ein paar kräftigen Schlägen mit einem Schlagstein würden sich die filigranen Nacken verabschieden, zumindest wären sie deutlich ausgesplittert und bald wäre das Stück nicht mehr als Meisel verwendbar.

Daher sehe ich es so wie hargo: Für mich haben Meisel einen quadratischen, rechteckigen oder vielleicht noch runden Querschnitt.

Hier noch zum Vergleich eine bandkeramische Dechselklinge (Miniaturdechsel) mit annähernd quadratischem Querschnitt, die ich neulich gefunden habe und die im Amt entsprechend bestätigt wurde mit dem Zusatz: "Aufgrund der deutlichen Zerrüttungen am Nackenende ist eine Verwendung als Beitel wahrscheinlich."

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

StoneMan

Moin Holger,

Zitat von: Danske in 15. April 2021, 11:55:48
...
Auf jeden Fall ist es problematisch, heutzutage verwendete Begrifflichkeiten auf vorgeschichtliche Werkzeuge zu übertragen.
...
Selbst, wenn sie geschäftet waren, nach ein paar kräftigen Schlägen mit einem Schlagstein würden sich die filigranen Nacken verabschieden,
zumindest wären sie deutlich ausgesplittert und bald wäre das Stück nicht mehr als Meisel verwendbar..

Das Problem der Begrifflichkeiten ist allumfassend.

Zur Verwendung / Abnutzung.
Hier muss man sicher berücksichtigen, was es für eine Schäftung war und welches Medium bearbeitet wurde.
Im Klartext, hier würden nur Gebrauchsspurenanalysen Aufschluss geben.

Diese Dinger wurden sicher nicht von einem Steinmetz verwendet.  :kunst:

Gruß

Jürgen

Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Herlitz

Zitat von: Danske in 15. April 2021, 11:55:48
Hier noch zum Vergleich eine bandkeramische Dechselklinge (Miniaturdechsel) mit annähernd quadratischem Querschnitt, die ich neulich gefunden habe und die im Amt entsprechend bestätigt wurde mit dem Zusatz: "Aufgrund der deutlichen Zerrüttungen am Nackenende ist eine Verwendung als Beitel wahrscheinlich."

LG
Holger

Nach meiner Beobachtung trifft das auf fast alle bandkeramischen Dechselklingen zu (meine Funde). Die Zerrüttung der Nacken lässt darauf schließen, dass die Dechselklingen regelmäßig mindestens teilweise ungeschäftet genutzt wurden. Eventuell, nachdem sie aus der Schäftung gefallen sind, und man die Arbeit nicht unterbrechen wollte, um die Schäftung zu erneuern. Andererseits kann ich mir den Gebrauch der großen Geräte ohnehin sehr gut ohne Schäftung vorstellen. Allerdings tatsächlich nicht zur Steinbearbeitung  :zwinker: .
:winke: Sven

Neos

Moin, zusammen,

spannend, sehr spannend finde ich die Diskussion in diesem Thread. Und dafür danke ich euch allen sehr herzlich!  :ildf:

Die Argumente, die von euch angeführt werden, kann ich nachvollziehen und teile sie voll und ganz. Die Ansprache dieses Fundes als Meißel ist nicht über jeden Zweifel erhaben. So haben hargo und Holger vollkommen Recht, wenn sie schreiben, dass ein Meißel (in der Regel) einen nahezu "quadratischen, rechteckigen oder vielleicht noch runden Querschnitt" hat bzw. haben sollte. Die "idealen" Meißel, also jene aus den Lehrbüchern, haben genau dieses Merkmal. Wir alle wissen aber, dass Lehrbücher natürlich nicht alles abdecken (können), was es gegeben hat.

Wie komme ich jetzt zu der Einschätzung dieses Fundes als Meißel?

Die äußerst geringe Größe, das damit verbundene geringe Gewicht, im Wesentlichen aber die beidseitige Zuarbeitung der Schneide machen auf mich einfach eher den Eindruck eines Meißels als den eines Scheibenbeiles. Scheibenbeile haben (in der Regel) einen (!) Schneidenschlag erhalten - dieses Gerät zwei. Um eine zweite Meinung zu erhalten, habe ich das Fundstück daher einem der Facharchäologen in Schleswig-Holstein vorgelegt, ohne dabei meine eigene Einschätzung kundzutun, was mir wichtig war. Und auch seine Einschätzung lautete "Meißel".

Summa summarum hat vermutlich Jürgen Recht, wenn er die Gebrauchsspuren-Analyse ins Spiel bringt, die möglicherweise - über jeden Zweifel (wirklich) erhaben - Licht ins Dunkel bringen würde.

Viele Grüße

Frank

PS: Ist es nicht immer wieder faszinierend, dass man über einen 16 g leichten Flintstein so intensiv diskutieren kann? Das macht wirklich Spaß!  :super:

Neos

#22
Eine Sache noch:

Moin, Holger,

Zitat von: Danske in 15. April 2021, 11:55:48
Ich sehe allerdings ein grundsätzliches Problem in der Deutung der hier gezeigten Fundstücke als Meisel. Selbst, wenn sie geschäftet waren, nach ein paar kräftigen Schlägen mit einem Schlagstein würden sich die filigranen Nacken verabschieden, zumindest wären sie deutlich ausgesplittert und bald wäre das Stück nicht mehr als Meisel verwendbar.

ich möchte widersprechen. Klar, geht man von einem großen, typischen Meißel aus, der für die Bearbeitung harten Holzes genutzt wurde, würde im Vergleich und zur selben Nutzung dieser Winzling vermutlich nach nur einem Schlag - wenngleich geschäftet - den Geist aufgeben.

Stellt man sich hingegen ein Holzobjekt vor, das aus einer eher weichen Holzart besteht, und das filigran bearbeitet werden muss, dann würde ein solch kleines Gerät schon Sinn machen.

Hier ein klasse Beitrag von Manfred, wie man sich eine solche Schäftung vorstellen kann.

Viele Grüße

Frank

PS: Coole Dechselklinge!  :super:

hargo

#23
Ich möchte abschließend, ohne Anspruch auf Richtigkeit, erwähnen, dass vergleichbare kleine Beile (Beilchen) in der Ausstellung des Rheinischen Landesmuseums Herne als Pfeilschaftglätter beschriftet sind.
Zeitstellung: 9600-5000 v.Chr.
(d.h. für meine Region: Mesolithikum)

Die Fachleute werden sich dabei etwas gedacht haben.
Auch wenn die mir bisher zugängliche Vorstellung eines Pfeilschaftglätters davon total abweicht.

mfg

Danske

Zitat von: Herlitz in 15. April 2021, 16:40:15
Nach meiner Beobachtung trifft das auf fast alle bandkeramischen Dechselklingen zu (meine Funde). Die Zerrüttung der Nacken lässt darauf schließen, dass die Dechselklingen regelmäßig mindestens teilweise ungeschäftet genutzt wurden. Eventuell, nachdem sie aus der Schäftung gefallen sind, und man die Arbeit nicht unterbrechen wollte, um die Schäftung zu erneuern. Andererseits kann ich mir den Gebrauch der großen Geräte ohnehin sehr gut ohne Schäftung vorstellen. Allerdings tatsächlich nicht zur Steinbearbeitung  :zwinker: .
:winke: Sven

Hallo Sven,

das kann durchaus sein. Wobei Zerrüttungen am Nacken zumindest in gewissem Maße wohl auch in der Schäftung entstehen konnten.
Und vielleicht waren eine bestimmte Form von Klingen auch so geschäftet, dass der Nacken freilag und das Beil wie eine moderne Axt genutzt werden konnte, mal mit der Schneide, mal mit dem Nacken.
Manchmal wünsche ich mir eine Zeitmaschine...

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Danske

Moin Frank, hallo zusammen,

solche Diskussionen sind wirklich sehr interessant und auch fruchtbar, und so soll es auch sein, denn nur durch den Meinungsaustausch wird der eigene Horizont erweitert.

Deine Argumente, die für einen Meißel sprechen, sind durchaus nachvollziehbar. Und du hast die Aussagen zweier Fachleute, die letztlich deine Einschätzung bestätigen.

Das Experiment von Mandred ist beeindruckend. Auch der Nacken seines Meißels war relativ schmal gehalten und trotzdem hielt er der Belastung dank ausreichender Dämpfung in der Schäftung stand.

Im Übrigen gibt es auch bei Scheibenbeilen schmale, sogar spitze, Nacken. Trotzdem konnten die Beile in geeigneter Schäftung wohl genutzt werden.

Und klar, Stein ließe sich mit den hier gezeigten Stücken sicher nicht bearbeiten, das Material wird in erster Linie Holz gewesen sein. Wobei wir wieder bei der Gebrauchsspurenanalyse wären....

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Herlitz

Zitat von: hargo in 16. April 2021, 00:32:23
Ich möchte abschließend, ohne Anspruch auf Richtigkeit, erwähnen, dass vergleichbare kleine Beile (Beilchen) in der Ausstellung des Rheinischen Landesmuseums Herne als Pfeilschaftglätter beschriftet sind.
Zeitstellung: 9600-5000 v.Chr.
(d.h. für meine Region: Mesolithikum)

Die Fachleute werden sich dabei etwas gedacht haben.
Auch wenn die mir bisher zugängliche Vorstellung eines Pfeilschaftglätters davon total abweicht.

mfg


Das wundert nicht nur dich! Ob das wirklich Fachleute waren, die da was durcheinandergebracht haben?  :kopfkratz:
Wenn sie sich aber wirklich etwas dabei gedacht haben, würde mich interessieren, was.

Zitat von: Danske in 18. April 2021, 06:31:11

Und vielleicht waren eine bestimmte Form von Klingen auch so geschäftet, dass der Nacken freilag und das Beil wie eine moderne Axt genutzt werden konnte, mal mit der Schneide, mal mit dem Nacken.

LG
Holger

Eine beidseitig offen liegende Schäftung kann ich mir schon gut vorstellen. Sowas ist, glaube ich, auch aus der "Völkerkunde" bekannt. Mich wundert allerdings, dass man da keine Geräte findet, die auf beiden Seiten eine Schneide haben. Oder gibt es so etwas öfter, als ich denke?  :kopfkratz: Dass man den Nacken zum Schlagen verwendet hat, glaube ich aber weniger. Dass man bei einer offenliegenden Schäftung aber draufgeschlagen hat, schon.

:winke: Sven