Ein kurzer Feldgang von heute zwischen Bonn und Köln

Begonnen von thovalo, 29. August 2019, 18:44:44

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thovalo



Eine winzige 2.3 cm lange transluzide Klinge .......
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo



.... ein proximales Klingenframent aus klassischen und hoch charakteristischen "honigfarbenen" Feuerstein vom maasländischen Typ "Rullen" ....
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo




....... und zwei weitere Fragmente von steinernen Handschiebemühlen.


lg Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Wiesenläufer

Moin,

die Klinge ist ja wirklich ein schöner Winzling, die gefällt mir.  :super:

Gruß

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

Steinkopf

Hi Thomas,

meinen Glückwunsch zu dem schönen winzigen Klingenfund!

Jan

feldspat

die Klinge sieht fantastisch aus!  :super:
Beste Grüße
Christian

Danske

Hallo Thomas,

die Klinge ist fein :super:

Ist der Rullenfeuerstein, wie in Hessen/Rheinhessen, auch im unteren Rheinland charakteristisch für das Mittelneolithikum?

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

thovalo

#7
Zitat von: Danske in 29. August 2019, 23:16:21
Hallo Thomas,

die Klinge ist fein :super:

Ist der Rullenfeuerstein, wie in Hessen/Rheinhessen, auch im unteren Rheinland charakteristisch für das Mittelneolithikum?

LG
Holger

Ja, ist er und zwar nur im mittleren Neolithikum und nur in Siedlungszusammenhängen der Rössener Kultur nimmt er einen deutlichen Anteil ein. Warum das so ist wird in der Fachliteratur nicht näher erörtert. Hier an dem Fundpunkt ist auch ein deutlicher Anteil von Rijckholtfeuerstein gegeben.

Ich kann mich an Literatur erinnern die einmal das vollkommene Aufgeben der Siedlungen hier im Rheinland (durch Naturkatastrophen, Seuchen usw. ?) in der späten Bandkeramik und einer Neuaufsiedlung nach ein bis drei Generationen, durch Vertreter der Rössener Kultur vom Mittelrheingbiet ausgehend vermutet. Deshalb können entsprechende unmittelbare Distributionslinien für diesen spezifischen maasländischen Feuerstein in diesem Zeithorizont bestanden haben. Die Vertreter der Rössener Kultur haben nicht nur die bandkeramischen Altsiedlungsgebiete neu aufgesiedelt sondern auch vor allem entlang der größeren Flüsse und an bedeutenden Wegverbindungen bislang nicht besiedelte Landstriche gerodet und erschlossen.

lG Thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Danske

Zitat von: thovalo in 30. August 2019, 10:02:57
Ja, ist er und zwar nur im mittleren Neolithikum und nur in Siedlungszusammenhängen der Rössener Kultur nimmt er einen deutlichen Anteil ein. Warum das so ist wird in der Fachliteratur nicht näher erörtert. Hier an dem Fundpunkt ist auch ein deutlicher Anteil von Rijckholtfeuerstein gegeben.

Ich kann mich an Literatur erinnern die einmal das vollkommene Aufgeben der Siedlungen hier im Rheinland (durch Naturkatastrophen, Seuchen usw. ?) in der späten Bandkeramik und einer Neuaufsiedlung nach ein bis drei Generationen, durch Vertreter der Rössener Kultur vom Mittelrheingbiet ausgehend vermutet. Deshalb können entsprechende unmittelbare Distributionslinien für diesen spezifischen maasländischen Feuerstein in diesem Zeithorizont bestanden haben. Die Vertreter der Rössener Kultur haben nicht nur die bandkeramischen Altsiedlungsgebiete neu aufgesiedelt sondern auch vor allem entlang der größeren Flüsse und an bedeutenden Wegverbindungen bislang nicht besiedelte Landstriche gerodet und erschlossen.

lG Thomas   :winke:

Danke für die Info, Thomas.

Ich meine, auch mal gelesen zu haben (meine Ablage an digitaler Fachliteratur ist derzeit chaotisch, ich finde den Beitrag nicht), dass die Rössener Leute zunächst die Siedlungsplätze der Bandkeramiker gemieden haben und verstärkt auf Schwarzerdeböden ausgewichen sind. Erst nach geraumer Zeit haben sie die alten Siedlungsbereiche der LBK wieder besiedelt. Hat vielleicht damit zu tun, dass die Lössböden durch eine zu hohe Population ausgelaugt waren oder Seuchen grassierten oder das Klima sich änderte, was vielleicht in der Summe die Ursache für die sog. erste neolithische Krise am Ende der Bandkeramik war. Ähnliches haben wir ja derzeit in einigen Gebieten Afrikas.

LG Holger :winke:
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

hargo

Zitat von: Danske in 30. August 2019, 23:51:49
......Ich meine, auch mal gelesen zu haben (meine Ablage an digitaler Fachliteratur ist derzeit chaotisch, ich finde den Beitrag nicht), dass die Rössener Leute zunächst die Siedlungsplätze der Bandkeramiker gemieden haben ...

Das habe ich auch gelesen.
Sie mieden die vermutlich noch gut erkennbaren Plätze der BK wie die Pest.

mfg

thovalo

#10
Zitat von: hargo in 31. August 2019, 00:24:04
Das habe ich auch gelesen.
Sie mieden die vermutlich noch gut erkennbaren Plätze der BK wie die Pest.

mfg


Oder anders formuliert: die vorhergegangenen Siedlungsstellen waren obertägig noch erkennbar und es wurde nie direkt auf die vorhergegangenen Siedlungensstellen gebaut, sondern in deren Nachbarschaft. Die Lößböden wurden weiterhin bevorzugt aufgesucht, die allgemein besiedelten Territorien jedoch deutlich erweitert. Erstaunlicherweise scheinen die Niederlande von Rössener Siedlungsnachweise weitestgehend frei zu sein.


Leider ist die Forschung zur jungsteinzeitlichen Archäologie unter A. Zimmermann in Köln im Rheinland völlig akademisch abgehoben und "allogorhytmisiert" worden. Und die Alleinherausstellung der Funde im Braunkohetagebaugebiet als repräsentativ hat die Erforschungen anderer Regionen das notwendige Personal und die finanziellen Ressourcen vollkommen entzogen. Klar dass man dort wo die Befunde für immer vernichtet werden auch Unmengen an Daten gewinnen kann. Sehr gut, aber auch vollkommen einseitig.

Erstaunlicherweise liegt ein herausragendes Zentrum der Expansion der "Rössener Kultur" den Fluß übergreiffend im Raum Krefeld/Duisburg/Norden der Stadt Düsseldorf (mit der archäologisch nachweisbaren kulturellen Abfolge "Rössen" - "Bischheim" - "Michelsberg"). Da es aber keine flächendeckende übergreifende Beobachtung und Befunderhebungen gegeben hat, ist das weeitgehend verlorenes Wissen, so komplett verloren wie der Befundbestand im Braunkohletagebaugebiet. Nur dort hat man sich hoch finanziell ausgestattet von den Universitäten Köln und Bonn aus in einem gezielten Langzeitprojekt engagiert.


lG Thomas  :winke:


Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Heino

Hallo zusammen,
hier eine kleine Fundstreuung aus dem rechtsrheinischen Mittelgebirge, auf Löss. Auch hier Rullensilex und Keramik mit inkrustierten Verzierungen. Ein Wandungsbruchstück und wohl der Rand eines kleinen Kugelbechers sind bis jetzt leider die einzigen Keramikstücke.
Gruß Heino

thovalo



Danke fürs Zeigen!  :super:


Das ist ein insgesamt nur sehr selten aus Oberflächenbegehungen zu sehendes Material!  :glotz:

Super ....... wenn man mal die Keramik in den Fingern haben kann verwundert schon alleine das überhaupt etwas von diesem feinen Material übrig geblieben ist. Wenn die Keramik nicht aus angepflügten Gruben käme würde sehr schnell nichts mehr davon übrig bleiben


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Danske

Hallo Heino,

schönes Material, vor allem die seltene Scherbe mit Inkrustierung. :super:

Die Fundbelege wären einen eigenen Thread wert. Da könntest du auch die Klingen mit Rundumansichten präsentieren.

LG
Holger :winke:
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

thovalo



In der vergangenen Woche kam die Rückmeldung auf die abgegebene Fundmeldung zu diesem Fundplatz:

"Glückwunsch zu Deiner Neuentdeckung einer Rössener Siedlung bei... Ort gelöscht ...! Der Fundplatz war uns bisher völlig unbekannt und Mittelneolithikum haben wir hier – wie Du besser als ich weißt – nicht gerade im Überfluss. Vor kurzem konnte ich durch Vermittlung eines EM die Sammlung eines inzwischen 90-jährigen Sammlers in das Landesmuseum vermitteln, der Gute hat rund um ... Ort gelöscht ... u.a. auch wunderschönes Mittelneolithikum zusammengetragen. Deine Mail habe ich direkt an Erich Claßen (seit Januar unser neuer Landesarchäologe, wie Du sicher schon weißt), weitergeleitet; Erich war sichtlich angetan."

Rössener Fundplätze befinden sich im nach Süden immer enger werdenden Rheintal in einer besonderen Lage und sind daher beachtenswert.

lG Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Danske

Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.