Kleiner Kern

Begonnen von Schabersucher, 15. September 2025, 22:40:41

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Schabersucher

Liebe Leute,

hier kommt ein kleiner Kern (?) für kleine Klingen (?). Eine Seite ist teilweise retouchiert, im dritten Teil-Bild rechte Kante, untere Hälfte. Fundort: Ostsee-Strand, SH.

Viele Grüße

Nanoflitter

Bin auch hier am zweifeln, kein richtiger Abschlag, auch kein Kern. Was sollte jemand mit sowas anfangen, wenn ich die krumme "Schlagbahn" an der Kante betrachte? Eher Geröllprodukt. Übrigens wird archäologisch genau anders geklappt wie technisch...musste mich da auch stark umgewöhnen. :zwinker: LG

Schabersucher

Hallo Nanoflitter,

vielen Dank!
Zitat von: Nanoflitter in 15. September 2025, 23:33:45Übrigens wird archäologisch genau anders geklappt wie technisch...musste mich da auch stark umgewöhnen. :zwinker:
OK, gut zu wissen! Ich hatte irgendwo gelesen, dass in der Archäologie beide Konventionen benutzt werden. Und da habe ich die genommen, an die ich mich im Job mal gewöhnt habe...

Zitat von: Nanoflitter in 15. September 2025, 23:33:45Bin auch hier am zweifeln, kein richtiger Abschlag, auch kein Kern. Was sollte jemand mit sowas anfangen, wenn ich die krumme "Schlagbahn" an der Kante betrachte? Eher Geröllprodukt.
Es sind sieben Facetten, die sich vom Basal bis Terminal ziehen, sowie zwei kleinere, die auch so ausgerichtet sind. Das kommt mir nicht so geröllartig vor... die Schlagfläche ist durch eine Retusche reduziert, was ja dafür sprechen würde, dass der Kern noch eine Funktion bekommen hat. Benutzen könnte man ihn als "Cutter", er ist dank der Retuschen an der Kante, auf die man in der zweiten Ansicht schaut, immer noch schön scharf. Die "krumme Kante" liegt ja der retuschierten Kante gegenüber, sollte eigentlich nicht stören. Die meisten Kerne, die ich sonst finde (oder was ich dafür halte), sind nicht so schön ästhetisch mandelförmig. Dass sich der oder diejenige, die diesen superschönen  :-D  Kern (wenn es einer ist) produziert hat, nicht von ihm trennen wollte, und ihn noch weiterverwendet hat, könnte ich jedenfalls gut verstehen.

Leider geht durch das Zusammenfügen von Bildern in einer Collage und den folgenden Export als .jpg etwas Auflösung verloren. Ich lade dann meistens .jpg Bilder mit bis zu 5MB Größe hoch. Das Bild, was dann hier im Forum angezeigt wird, hat aber zB in diesem Fall nur noch eine Größe von 0.08 MB. Dabei geht leider nochmal sehr viel Auflösung verloren. Vielleicht lade ich als nächstes lieber Einzelbilder von Details hoch?

Viele Grüße,
Sven

Wiedehopf

ZitatEs sind sieben Facetten, die sich vom Basal bis Terminal ziehen, sowie zwei kleinere, die auch so ausgerichtet sind. Das kommt mir nicht so geröllartig vor.

Moin Sven,

das ist auch kein abgerolltes Stück sondern wahrscheinlich durch Gletscherdruck- und Bewegung entstanden. Petersen zeigt solche Pseudoartefakte aus dem Norden in seinem Buch Flint fra Danmarks Oldtid (Moräneknust stk.)

Viele Grüße
Michael

Nanoflitter

Zitat von: Schabersucher in 16. September 2025, 10:24:16Hallo Nanoflitter,

vielen Dank!OK, gut zu wissen! Ich hatte irgendwo gelesen, dass in der Archäologie beide Konventionen benutzt werden. Und da habe ich die genommen, an die ich mich im Job mal gewöhnt habe...
Es sind sieben Facetten, die sich vom Basal bis Terminal ziehen, sowie zwei kleinere, die auch so ausgerichtet sind. Das kommt mir nicht so geröllartig vor... die Schlagfläche ist durch eine Retusche reduziert, was ja dafür sprechen würde, dass der Kern noch eine Funktion bekommen hat. Benutzen könnte man ihn als "Cutter", er ist dank der Retuschen an der Kante, auf die man in der zweiten Ansicht schaut, immer noch schön scharf. Die "krumme Kante" liegt ja der retuschierten Kante gegenüber, sollte eigentlich nicht stören. Die meisten Kerne, die ich sonst finde (oder was ich dafür halte), sind nicht so schön ästhetisch mandelförmig. Dass sich der oder diejenige, die diesen superschönen  :-D  Kern (wenn es einer ist) produziert hat, nicht von ihm trennen wollte, und ihn noch weiterverwendet hat, könnte ich jedenfalls gut verstehen.

Leider geht durch das Zusammenfügen von Bildern in einer Collage und den folgenden Export als .jpg etwas Auflösung verloren. Ich lade dann meistens .jpg Bilder mit bis zu 5MB Größe hoch. Das Bild, was dann hier im Forum angezeigt wird, hat aber zB in diesem Fall nur noch eine Größe von 0.08 MB. Dabei geht leider nochmal sehr viel Auflösung verloren. Vielleicht lade ich als nächstes lieber Einzelbilder von Details hoch?

Viele Grüße,
Sven

Ja, Einzelbilder, möglichst in arch. Klappreihenfolge sind die bessere Wahl. Evtl. im Dateinamen beschriften. Als Zusammenfassung sind deine Bilder aber ok und können auch dann noch ihren Platz finden. LG

Schabersucher

#5
Moin Michael,

Zitat von: Wiedehopf in 16. September 2025, 11:05:19das ist auch kein abgerolltes Stück sondern wahrscheinlich durch Gletscherdruck- und Bewegung entstanden. Petersen zeigt solche Pseudoartefakte aus dem Norden in seinem Buch Flint fra Danmarks Oldtid (Moräneknust stk.)

Vielen Dank für das Bild von Petersens Stein zum Vergleich! Es gibt da ein paar Ähnlichkeiten, aber eher mehr Unterschiede zu meinem Stein. Mir ist auch nicht klar, wie man sich das vorstellen soll: In einer Moräne liegt der Stein zwischen vielen anderen Steinen ... hoher Druck ... Bewegung ... ungemütlich und ziemlich kalt. Da können Flächen abgesprengt werden, abgeschliffen werden, aber wie könnten über die gesamte Länge des Steins (von basal bis distal) feine Grate entstehen, die rund um den Kern verteilt sind?

Ich vermute eher, dass es sich um einen (mesolithischen?) Kern für Mikroklingen handelt. Ich habe diesen Artikel gefunden: Mikkel Soerensen, et al., "The First Eastern Migrations of People and Knowledge into Scandinavia: Evidence from Studies of Mesolithic Technology, 9th-8th Millennium BC", http://dx.doi.org/10.1080/00293652.2013.770416
Hier wird u.a. das "conical core pressure blade concept" beschrieben, siehe Fig 1 in dem Artikel. Als Zwischenprodukt gibt es "bullet-shaped", also patronenförmige Kerne mit runder oder ovaler Schlagfläche. Von dieser ausgehend werden mit pressure-flaking dünne Klingen abgetrennt, immer rund um den Kern herum.

Weil Klingen am basalen Ende dicker sind als am distalen, muss sich durch die Reduktion die Patronenform in eine Mandelform verändern. Die Grate trennen die einzelnen Negative voneinander ab, wie bei jedem Kern dieser Art. Als die Schlagfläche/der Restkern zu klein wurde, wurde er die Ausgangsform für ein kleines Werkzeug (wie ich mir das vorstelle, habe ich ja oben beschrieben). 

Was würde dagegen sprechen?
Wie stellt ihr euch die Vorgänge in der Moräne vor?
Hat Petersen das in seinem Buch genauer beschrieben?
Und hat vielleicht noch irgendjemand anders im Forum Kerne für Mikroklingen gefunden?

Viele Grüße,
Sven


Wiedehopf

#6
Moin Sven,

ZitatUnd hat vielleicht noch irgendjemand anders im Forum Kerne für Mikroklingen gefunden?

Ich bilde mir ja ein, mal einen solchen Kern gefunden zu haben, siehe hier:

https://sucherforum.de/steinartefakte/winziger-kernstein/msg494614/#msg494614

Ansonsten habe ich einen, allerdings nicht von mir selbst gefundenen Lamellenkern aus einer Altsammlung, der wohl den von dir angesprochenen Bullet-Shaped-Kernen entspricht oder nahe kommt (siehe Bilder).

ZitatWie stellt ihr euch die Vorgänge in der Moräne vor? Hat Petersen das in seinem Buch genauer beschrieben?

Da brauche ich etwas Zeit zum Übersetzen, oder kann vielleicht jemand hier im Forum besser Dänisch als ich ? (Seite 40 in dem Buch ('Moränen-Kultur').

Ich gönne dir wirklich, dass du mit deinem hier vorgestellten Stück ein Artefakt gefunden hast. Ich selbst bin über die Jahre als Sucher im Geschiebegebiet allerdings recht vorsichtig und skeptisch geworden, denn es ist schon verblüffend was der Gletscher mir so alles an vermeintlichen ! Artefakten vor die Haustür gekippt hat. 

Viele Grüße
Michael     
 

 

Steinkopf

Moin,

Die Überschrift des Artikels von PVP (S. 40) lautet "Falsche Geräte", vom Verfasser
in Anführungszeichen gesetzt.

Zusammengefasst werden
"Frostscherben" ohne Schlagbuckel mit konzentrischen Wellenlinien mit einem Frostpunktk in der Mitte
 und vom "Druck der Moränen(dynamik" entstandenen Stücke  ausgeführt,
Zusammenfassend schreibt PVP, dass wohl alle Flintsammler solche unter dem Druck der Moränendynamik
entstandenen Stücke aufgelesen haben, die er scherzhaft als "Moraenien-Kultur" bezeichnet.

Dem kann ich zustimmen.

Meine Ergänzung:
Kerne von Mikroklingen habe ich auf mesolithischen Plätzen gefunden.
Bei allen waren die Schlagfläche sowie die Abschlagmerkmale deutlich ausgeprägt.

LG
Jan

Neos

Moin, Sven,

deine Beharrlichkeit ehrt dich. Meine Einschätzung: Natur pur, wenngleich ich natürlich, wie alle anderen auch, die vermeintlichen Klingenbahnen sehe. Ich sehe hier - wie Jan - jedoch keine intentionelle Einwirkung auf den Stein.

Michael zeigt in den Fotos unterhalb seines letzten Beitrags ein Paradestück von einem Mikroklingenkern. So perfekt wie dieser sieht ein Kern aber nur äußerst selten aus. Wenn du einmal die Suche des Forums bemühen magst und nach ,,Mikroklingenkern" suchst, wirst du ebenfalls fündig.

Viele Grüße 

Frank 

Neos

Moin, Michael,

Zitat von: Wiedehopf in 17. September 2025, 11:40:04Ich bilde mir ja ein, mal einen solchen Kern gefunden zu haben, siehe hier:

https://sucherforum.de/steinartefakte/winziger-kernstein/msg494614/#msg494614

wie schon einige in dem Beitrag zu diesem Fundstück geschrieben haben, so halte auch ich dieses Stück für 100 Prozent Natur. Sorry...  :schaem:

ZitatAnsonsten habe ich einen, allerdings nicht von mir selbst gefundenen Lamellenkern aus einer Altsammlung, der wohl den von dir angesprochenen Bullet-Shaped-Kernen entspricht oder nahe kommt (siehe Bilder).

Der Kern ist natürlich allererste Sahne. Ganz toll und dank dir auch fürs Zeigen!  :super:

Viele Grüße

Frank

Schabersucher

Zitat von: Wiedehopf in 17. September 2025, 11:40:04Ansonsten habe ich einen, allerdings nicht von mir selbst gefundenen Lamellenkern aus einer Altsammlung, der wohl den von dir angesprochenen Bullet-Shaped-Kernen entspricht oder nahe kommt (siehe Bilder). 
Hi Michael,
das ist ja ein schöner Kern! Ja, den hätte ich natürlich auch gerne gefunden :)
Ich bin trotzdem natürlich noch ein großer Fan von meinem bzw dem vermeintlichen Artefakt, das hier leider bisher nicht so ganz ernst genommen wird  :kopfkratz:
Ich werde jedenfalls gleich noch ein paar Fotos einstellen, um euch alle vielleicht ja doch zu überzeugen  :-D

Schabersucher

#11
Hallo Ihr Lieben Leute,

eure Antworten auf meine Fragen waren ja ehrlich gesagt nicht allzu ermutigend, ich hoffe, dass das nicht deshalb ist, weil euch das Mikro Thema nervt...
Ich freue mich auf aber jeden Fall sehr, dass Ihr mir antwortet und ich nutze das, um meine Argumente noch ein bisschen zu schärfen. Das hat mich dazu gebracht, den Stein nochmal zu fotografieren, genauer anzuschauen und auch die anderen Steine aus der Box zu nehmen, in die ich ihn gelegt hatte. Vielen Dank also für Euer Feedback und vielleicht stimme ich ja doch noch jemanden um!

Jedenfalls verstehe ich wirklich nicht, wie mein Stein in entweder einem Schritt oder aber in mehreren Schritten in einer Moräne von seiner ursprünglichen Form mit Kortex etc zu dem jetzigen Gebilde geworden sein sollte.

Zitat von: Steinkopf in 17. September 2025, 13:38:15Die Überschrift des Artikels von PVP (S. 40) lautet "Falsche Geräte", vom Verfasser in Anführungszeichen gesetzt.

Zusammengefasst werden
"Frostscherben" ohne Schlagbuckel mit konzentrischen Wellenlinien mit einem Frostpunktk in der Mitte
 und vom "Druck der Moränen(dynamik" entstandenen Stücke  ausgeführt,
Zusammenfassend schreibt PVP, dass wohl alle Flintsammler solche unter dem Druck der Moränendynamik
entstandenen Stücke aufgelesen haben, die er scherzhaft als "Moraenien-Kultur" bezeichnet.
Wenn das alles an Erklärung in dem Buch ist, dann hilft mir das ja tatsächlich nicht weiter. Ich verstehe hier nur "Druck der Moränendynamik". Aber was soll denn bei meinem Stein in welche Richtung gedrückt haben. Soll das auf einmal entstanden sein oder in mehreren Schritten? Kommt mir jedenfalls nicht stichhaltig vor. Ich sammle immer mal wieder größere Steine auf, die in ein oder mehrere Richtungen stark abgeschliffene Flächen haben. Da sehe ich auf jeden Fall ein, dass sowas eher durch Druck und Bewegung in einer Moräne entstanden ist. Aber hier? Merkmale einer Frostscherbe erkenne ich auch nicht...

Zitat von: Neos in 17. September 2025, 18:18:05Meine Einschätzung: Natur pur, wenngleich ich natürlich, wie alle anderen auch, die vermeintlichen Klingenbahnen sehe. Ich sehe hier - wie Jan - jedoch keine intentionelle Einwirkung auf den Stein.

Michael zeigt in den Fotos unterhalb seines letzten Beitrags ein Paradestück von einem Mikroklingenkern. So perfekt wie dieser sieht ein Kern aber nur äußerst selten aus.
Die vermeintlichen Klingenbahnen unterscheiden sich aber in einigen Details von denen auf Petersens Stein: dort sind diese Facetten stark beschädigt, auf meinem Stein sind sie nicht weiter abgestoßen oder abgeschliffen. Die beiden Enden von Petersens Stein sind stark beschädigt, vielleicht hat hier Druck gewirkt, bei meinem Stein sieht das nicht so aus. Ein Ende hat ein unbeschädigtes kleines Negativ eines Abschlags. Und wie man an den Lichtreflexen sieht, sind die Klingenbahnen meines Steins in einer Richtung konkav gekrümmt, in der anderen Richtung konvex, wie man es von einem Negativ hier erwarten würde.

Hier kommen Bilder in höherer Auflösung. In der Collage war einiges vielleicht nicht gut zu erkennen.
Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.
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Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.
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Hier einige Details:
Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.
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Danske

Hallo Sven,

leider kann ich mich meinen Vorrednern nur anschließen, das von dir gezeigte Stück ist kein Artefakt, sondern ein Geofakt. Auch ich halte es für moræneknust flint.

In Ergänzung zu den Ausführungen von Jan hier die laienhaft versuchte Übersetzung aus dem Buch "Flint fra Danmarks oldtid" von Peter Vang Petersen zu den "Falschen Werkzeugen":

"Durch Moränendruck gebrochener Flint ist die zweite Hauptgruppe falscher Werkzeuge, mit denen Museumsmitarbeiter am häufigsten konfrontiert werden. Diese Gruppe umfasst Stücke, die selbst erfahrene Archäologen täuschen können. Der Autor dieses Buches hat in seiner Jugend selbst viele vermeintlich echte Abschläge und Klingenkerne gesammelt, die trotz ihrer großen Ähnlichkeit mit von Menschenhand bearbeitetem Flint rein natürliche Produkte sind. Alle Flintsammler haben schon einmal die Erfahrung gemacht, von solchen Flintstücken getäuscht zu werden, und unter Archäologen werden moränengebrochene Flintstücke scherzhaft als ,,Moränenkultur" bezeichnet.
Eine trügerische Ähnlichkeit mit von Menschenhand geschlagenem Flint hatten die Bruchstücke, die entstanden, wenn Flintknollen während des Vorstoßes der Gletscher in den Moränen aufeinanderdrückten oder gegen andere Steine gedrückt wurden. Die moränengebrochenen Flintstücke können sogar kleinere Absplitterungen an den Kanten aufweisen, die der Bearbeitung (Retouche) ähneln, die für echte Flintwerkzeuge charakteristisch ist. Die Moränenretouche ist jedoch zufällig angeordnet und hat einen unregelmäßigen Charakter, wodurch sie relativ leicht zu erkennen ist."

Soweit die Ausführungen von PVP, auch zu den Vorgängen in den Moränen bei der Entstehung dieser Geofakte.

Die von dir aus dem Artikel von Mikkel Sørensen bezeichneten sog. bullet-shaped Kerne haben eine Schlagfläche, wie der von Michael bezeigte Kern, die ich bei deinem Stück nicht erkennen kann.

LG
Holger

Ignoramus, ignorabimus.

Schabersucher

#13
... Fortsetzung ...

Hier kommen Fotos, auf denen man die konkave Krümmung der Negative erkennt. Das ist am basalen Ende am deutlichsten. Die Krümmung wird zum distalen weniger, bzw verschwindet ganz oder kehrt sich um, je nach lokaler Krümmung des Kerns.

Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.
Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.

diese Krümmungen sieht man bei allen sieben größeren Facetten, ich habe es aber nur bei zweien fotografiert, weil es hier am einfachsten ging...
Meiner Meinung nach ist das ein klarer Hinweis dafür, dass es sich nicht um vermeintliche sondern um tatsächliche Klingenbahnen handelt. Aber bitte lasst mich wissen, wenn es einen natürlichen Vorgang gibt, wie das sich so formieren könnte.

Weiterhin habe ich zum Vergleich auch nochmal ein paar andere Steine aus dem Kästchen genommen, in das ich immer die kleineren Steine lege, die mehr als vier lange, relativ parallele Kanten haben, insgesamt sind vielleicht etwa 5 mal so viele Steine da drin. Ich habe sie mir noch nicht im Detail angeschaut, habe beim Herausnehmen jetzt nur gesehen, dass auch hier einige der Steine Retuschen haben (also wenn es Kerne sind, sind sie hinterher für etwas anderes umgebaut worden). Ich hänge die Fotos an, weil es doch einen Eindruck gibt, dass diese Art Stein hier häufiger vorkommt. Was ja auch dazu passt, dass ich hier häufiger viele andere Steine finde, die ich für Artefakte halte. Und was auch irgendwie gegen die These der Moräne spricht, finde ich. (Zum Größenvergleich liegt mein Lieblingsstein zweimal dabei, und das dritte Foto ist in etwa in gleichem Maßstab wie das zweite.)

Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.
Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.
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Viele Grüße,
Sven



Schabersucher

Lieber Holger,

Zitat von: Danske in 17. September 2025, 23:30:46Die von dir aus dem Artikel von Mikkel Sørensen bezeichneten sog. bullet-shaped Kerne haben eine Schlagfläche, wie der von Michael bezeigte Kern, die ich bei deinem Stück nicht erkennen kann.

ich vermute, dass der bullet-shape nur ein Zwischen-Zustand ist. Wenn weiter abgebaut wird, muss sich der Bullet-shape in eine von mir laienhaft so bezeichnete Mandel-Form transformieren, weil die Klingen am basalen Ende dicker sind als am distalen. Das sieht man auch in der Abbildung von Soerensen, wo die Schlagfläche schon kleiner ist als der Schnitt durch den Kern im Zentrum (dh die Grate sind hier schon konkav gebogen) und wo die Klingen zum distalen Ende immer dünner werden.

Viele Grüße,
Sven

Steinkopf

#15

Neos

Moin, Sven,

ich denke das beste, was du tun kannst, ist dieses Fundstück einem Facharchäologen einmal vorzulegen. Dann hast du die Gewissheit was du hier gefunden hast.

Viele Grüße

Frank

Wiedehopf

Moin Sven,

danke für die neuen Bilder, die ich sehr gelungen finde. Da kann man wirklich ins Grübeln kommen.

Ich finde Franks Vorschlag sehr gut, dass du das Teil mal zur Begutachtung einem Archäologen vorlegst.

ZitatMeiner Meinung nach ist das ein klarer Hinweis dafür, dass es sich nicht um vermeintliche sondern um tatsächliche Klingenbahnen handelt. Aber bitte lasst mich wissen, wenn es einen natürlichen Vorgang gibt, wie das sich so formieren könnte.

Frostsprünge oder Gletscherabrieb sind es sicher nicht.

Aber, mal ein kleines Brainstorming zum 'Moraeneknust':

Am Fuße des Gletschers, der Tonnen von Steinen mitführt finden die Bewegungen aufgrund der Eismasse unter sehr hohem Druck statt. Verglichen mit einem intentionellen Zuschlag eines Flintgerätes durch den Menschen finden die Bewegungen dort extremst langsam statt. Hinzu kommt, dass wir es wahrscheinlich mit deutlichen Minusgraden zu tun haben, die eventuell ein Splittern noch begünstigen (?).

Wenn nun eine Feuersteinknolle unter diesen Bedingungen irgendwie festsitzt oder gar vom Gletscher erst aus ihrer Kalksteinmatrix gehobelt wird können extreme Scherkräfte entstehen, die zu Spannungen im Material führen die sich eventuell dann in solchen Absplissen entladen. 

Das Ganze dann über lange Strecken hinweg (bei mir liegen Granit- und Porphyrknollen die ursprünglich aus der Gegend von Oslo stammen, 900 km nördlich von hier). Da kann schon einiges mit so einer Flintknolle geschehen. 

Ich möchte damit keine Beurteilung deines Fundes verbinden, sondern nur Anregungen geben, was alles an natürlichen Ursachen zu solchen Erscheinungen beitragen könnte.

Viele Grüße
Michael         

Danske

Moin Sven,

vielen Dank auch von mir für die neuen Fotos, die dir wirklich sehr gelungen sind, Respekt! :super:
Davon kann ich nur träumen, krieg ich so jedenfalls nicht hin.

Ich geb Michael Recht, beim Betrachten dieser Fotos kann man wirklich ins Grübeln kommen. Kein Wunder, wenn sogar erfahrene Flintsammler bei der Ansprache Probleme haben.

Das Detail-Foto mit den "Retuschen" bestärkt mich aber, an meiner Meinung festzuhalten. Ich habe noch keinen Kern mit intentionellen Retuschen gesehen, warum sollte er die auch haben. Für mich sind dies "Moränenretuschen".

Ich hoffe aber, dass ich mich irre und meine Ansicht von einem Fachmann im zuständigen LDA widerlegt wird.

Liebe Grüße
Holger   
Ignoramus, ignorabimus.

Nanoflitter

Mit den neuen Bildern könnte ich mich mit Kern anfreunden,  :friede:  LG

Merle2

Moin,

Ich habe nicht alles gelesen...ob Kern oder nicht , kann ich erstmal nicht beurteilen, aber kannst du nochmal ein Bild der Lateralen machen, es sieht irgendwie nach einer genutzten  " Arbeitskante" aus.
Vielleicht ist es ein Stück mit einer sinnvollen " natürlichen" Grundform ob Kern oder nicht, welches eher über die fraglich bearbeitete Laterale anzusprechen ist...ggf Messer, Schaber
Nur so als Gedanke..
Viele Grüße

Steinkopf

#21
Hallo Sven,

Du schreibst: "Wie stellt ihr euch die Vorgänge in der Moräne vor?
               Hat Petersen das in seinem Buch genauer beschrieben?"
               Und hat vielleicht noch irgendjemand anders im Forum Kerne für Mikroklingen gefunden?
und suchst nach Erklärungen. Dazu meine Anmerkung:

Die Anfertigung von Werkstücken aus Silex etc. ist ein Handwerk und keine Zauberei.
Deshalb bleiben die Spuren der Flintbearbeitung bei den Werkstücken sichtbar.
Diese zu 'lesen' ist das Rüstzeug.
Dafür stehen Archäologen wie auch Peter Vang Petersern.
Man sollte nicht erwarten, das der Gletschertransport und seine sicherlich interessanten Resultate im Mittelpunkt stehen,
selbst wenn es ein interessantes Feld ist

Bilder der von mir gefundenen Mikroklingenkernen habe ich weiter oben zugänglich gemacht.
Hier sind deutlich die Schlabahnen und die dafür notwendigen Schlagmerkmale zu sehen.
Es würde mich interessieren, was Du da siehst und ableiten kannst.

LG
Jan


Schabersucher

Zitat von: Steinkopf in 18. September 2025, 18:31:23Du schreibst: "Wie stellt ihr euch die Vorgänge in der Moräne vor?
              Hat Petersen das in seinem Buch genauer beschrieben?"
              Und hat vielleicht noch irgendjemand anders im Forum Kerne für Mikroklingen gefunden?
und suchst nach Erklärungen. Dazu meine Anmerkung:

Die Anfertigung von Werkstücken aus Silex etc. ist ein Handwerk und keine Zauberei.
Deshalb bleiben die Spuren der Flintbearbeitung bei den Werkstücken sichtbar.
Diese zu 'lesen' ist das Rüstzeug.
Dafür stehen Archäologen wie auch Peter Vang Petersern.
Man sollte nicht erwarten, das der Gletschertransport und seine sicherlich interessanten Resultate im Mittelpunkt stehen, selbst wenn es ein interessantes Feld ist

Bilder der von mir gefundenen Mikroklingenkernen habe ich weiter oben zugänglich gemacht.
Hier sind deutlich die Schlabahnen und die dafür notwendigen Schlagmerkmale zu sehen.
Es würde mich interessieren, was Du da siehst und ableiten kannst.
Lieber Jan,
vielen Dank für die Nachfrage! Ich wollte Peter Vang Petersen hier natürlich nicht kritisieren, ich hoffe, dass das nicht so rübergekommen ist. Und natürlich stimme ich völlig mit dir überein, dass man die Flintbearbeitung und die Prozesse dabei verstehen muss. Und dass sich Leute da schon viele Gedanken gemacht haben, da bin ich auch froh von zu profitieren! Genau deshalb habe ich ja auch erklärt, wie ich mir vorstelle, weshalb eine Schlagbahn eine gekrümmte Form haben muss, am Ausgangspunkt, wo das Negativ des Bulbus ist, stärker als weiter hinten, etc. Ich zweifle auch nicht an, dass das Bild aus dem Buch ein Geofakt ist, ich habe nur versucht auszudrücken, dass ich mir kein Modell vorstellen kann zB für die Moränen Entstehung von so geformten Facetten wie ich sie auf meinem Stein sehe.

Das Bild der Entstehung in einer Moräne kam ja nicht von mir, aber ich habe es ja mehrfach von euch gehört, und da hatte es mich einfach interessiert, ob es da auch ein Modell der physikalischen Vorgänge gibt. Meine Vorstellung für die Entstehung des in PV Petersens Buch gezeigten Steins ist: der Stein war tief in der Moräne zwischen zwei anderen Steinen eingeklemmt. Diese drücken von beiden Seiten immer stärker gegen den Stein bis plötzlich alle Facetten gleichzeitig abspringen. Nur so könnte ich mir erklären, dass die Grate hier auch alle auf diese beiden Druckpunkte zulaufen bzw sie verbinden. Wenn das der Prozess ist, dann kann er aber nicht die Krümmungen und nicht die unverletzten "Endpunkte" bei meinem Stein erklären. Also wäre der Stein aus dem Buch halt kein Gegenbeispiel für meine These für meinen Stein ...

Dein Stein hat ja tatsächlich etwas unterschiedliche Schlagbahnen als meiner. Unterschiede sind zB: in deinen Schlagbahnen sieht man Wallner Linien, bei mir nicht oder nicht so deutlich. Das kann an der Steifigkeit des Flint Materials liegen oder/und an dem Material mit dem abgeschlagen wurde. Auf Deinem Stein sind viel mehr Grate / Schlagbahnen als auf meinem und sie verlaufen auch viel linearer im 3D Raum, aber das liegt wohl daran, dass dein Kern ja auch noch nicht so weit abgebaut ist. Mein Kern ist einfach in einem viel späteren Abbaustadium. Dass man mehr "verbrauchte" Kerne findet als frische, ist ja auch wahrscheinlich. Und dass mit fortschreitendem Abbau eher mehr Unterschiede zwischen den Schlagbahnen dazu kommen, wäre auch zu erwarten. Und natürlich gibt es auch Gemeinsamkeiten, nämlich gerade die Krümmungen in den Schlagbahnen, die dem Negativ des Abschlags entsprechen, die Parallelität der Linien, etc.
Und ich weiss natürlich auch, dass ich kein Experte bin, dass mein Stein ein Kern sein könnte habe ich ja auch mit einem großen Fragezeichen versehen. Nach dieser Diskussion bin ich mir ein kleines bisschen sicherer als vorher, aber nur ein kleines bisschen, weil eure Erfahrung ja wohl etwas anderes sagt.

Vielen Dank auch an Alle für die Kommentare! Ja, ich arbeite daran, meine Steine so zu sortieren, dass ich sie auch präsentieren kann. Im Moment ist es noch ein gewisses Durcheinander und ich muss noch herausfinden, welche Steine denn auch interessant genug sind ...

Detail-Fotos von weiteren retouchierten Steinen mit vielen solchen Facetten nehme ich mir euch noch zu präsentieren...

Viele Grüße,
Sven