ein diskussionswürdiges Plattenhornsteinartefakt

Begonnen von Furchenhäschen, 29. Mai 2020, 15:40:45

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Furchenhäschen

Servus,

diesen Altfund wollte ich hier nochmal zur Diskussion stellen!
Für mich bislang immer noch ziemlich offen und etwas rätselhaft.
Ich möchte auch nicht durch irgend welche Aussagen meinerseits Einfluss nehmen.

Wir haben:

-Plattenhornstein Jura, 7 bis 9mm stark, einseitig Kortex
-linke Laterale stumpf, glatte Seite
-rechte Laterale gestumpft (Zerrüttung)
-oben halbrund dorsal retuschiert, ventral quer 2-3grobe Abschlagsnegative

an der Fundstelle bislang aufgetreten Endpaläolithikum bis Bronzezeit aber keinerlei Keramikfunde.

Grüße
Peter

Nanoflitter

Lässt mich mit den quer verlaufenden Abschlägen am Ende an ein Beil denken, die Form und Grösse wär auch so nicht schlecht dafür. Gruss..

palaeo1

Das sehe ich auch so ! Ist wohl ein Äquivalent des nordischen Scheibenbeils, passt auch mit dem quer verlaufenden Schneidenschlag auf der Ventralseite. Es gibt da Vergleichsstücke aus Wittislingen in Bayern (Seitz 1956)
LG Klaus


Furchenhäschen


Servus,
danke für Euere Beiträge.
Zu meinen Gedanken:
Ich sehe in dem Artefakt ebenfalls eine Beilklinge aus Jurahornstein.
Die typischen Anhaltspunkte und Bearbeitungsmerkmale für eine Beilklinge sind vorhanden und erkennbar.
Einmal wurde es als Gezähe angesprochen, einmal sogar als Sicheleinsatz. Dem konnte ich absolut nicht folgen.
Beilklingen aus Hornstein sind in Oberbayern extrem selten, so fand ich bislang ein Stück mit Vollschliff und eben dieses eine Stück.(ja mittlerweile sind es 50 Jahre Feldbegehungen und es macht heute immer noch soviel Spaß und Freude wie damals) :-D
Dem sogenannten Epipaläolithikum von Wittislingen steht man heute insgesamt sehr kritisch gegenüber.
Diese Großgeräte(Kultur wie man es manchmal auch nannte) gibt es sonst absolut nirgends in Bayern in dieser Form und das ist schon etwas merkwürdig.
In der Fachliteratur reißt seit dem Bericht von damals die Präsentation der Fundstücke komplett ab. Da findet sich absolut nichts aktuelles.

Danke und viel Grüße
Peter

palaeo1

#5
Zitat von: Furchenhäschen in 29. Mai 2020, 22:22:48
Dem sogenannten Epipaläolithikum von Wittislingen steht man heute insgesamt sehr kritisch gegenüber.

Peter,
diese Kulturdefinition ist definitiv überholt - hat es auch in Norddeutschland gegeben - , was aber nicht heißt, dass es solche Geräte nicht gibt, wie Du sie selbst gefunden hast!
LG Klaus

Furchenhäschen

#6
Zitat von: palaeo1 in 29. Mai 2020, 23:05:11
Peter,
dieser Kulturdefinition ist definitiv überholt - hat es auch in Norddeutschland gegeben - , was aber nicht heißt, dass es solche Geräte nicht gibt, wie Du sie selbst gefunden hast!
LG Klaus


Hallo Klaus,
richtig, ist ja unbestritten
aber eben in der Häufigkeit wie in Wittislingen eben sonst in Bayern nirgends, jedenfalls wäre mir das ansonsten schon bekannt.
Da ich mittlerweile, ich traue es mir gar nicht sagen weit über 10.000 Endpal,/Frühmesol. Funde machen durfte aber Beile, Spalter usw. bisher nie dazugehörten.
Also im Mesolithikum Oberbayerns wird man derartige Artefakte wohl nicht antreffen.

Die Frage wird überhaupt sein, wo das Hornsteinbeilchen denn zeitl. hineinpasst?

Grüße
Peter

thovalo

Zitat von: Furchenhäschen in 29. Mai 2020, 23:09:15
Hallo Klaus,
richtig, ist ja unbestritten
aber eben in der Häufigkeit wie in Wittislingen eben sonst in Bayern nirgends, jedenfalls wäre mir das ansonsten schon bekannt.
Da ich mittlerweile, ich traue es mir gar nicht sagen weit über 10.000 Endpal,/Frühmesol. Funde machen durfte aber Beile, Spalter usw. bisher nie dazugehörten.
Also im Mesolithikum Oberbayerns wird man derartige Artefakte wohl nicht antreffen.

Die Frage wird überhaupt sein, wo das Hornsteinbeilchen denn zeitl. hineinpasst?

Grüße
Peter


Lieber Peter!

Wie Du weisst galten Dechselklingen ewig lange ausshließlich als altneolithische Gerätschaften. Dieser Ansatz ist ja inzwischen sehr eindeutig zerlegt. Dechselklingen aus Steingrudnformen gehören heute anerkannterweise auch mit zum Geräteinventar des jüngeren Neolithikums.

Eine mesolithische Beziehung solcher Stücke eg kann sich ja noch mit der Zeit auch ergeben.


Pfeilschneiden sollte es ja lange Zeit über auch nicht in Bayern oder Hessen oder imRehinland in besodnerenMasse gegeben haben ..... jetzt gibt es sie dort auch und auf einem einzigen Fundplatz am rechten Niederrhein alleine schon in der Stückzahl mehr als sonst aus dem gesamten Rheinland bekannt sind. Es ist immer eine Frage der Zeit bis sich Horzonte Erweitern.  :zwinker:

Sag niemals nie!

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Furchenhäschen

#8
Hallo Thomas,

selbstverständlich hast Du dahingehend Recht.

Da ich ohne Vorauswahl, lückenlos sämtl. Hornsteine auflese kann mir auch nichts entgehen!
Ich verschließe mich dem auch überhaupt nicht.
Eine Pfeilschneide konnte ich auf einem Bandkeramischen Siedlungsplatz mit Befunden der ältesten BK auch schon verzeichnen.
Was ich damit sagen möchte,
ich habe die Augen und Gedanken offen und
glaube mir, ich erkenne das Besondere. :-)

Viele Grüße
Peter :winke:

und so gewaltig sehen dann die BK Stücke manchmal im Süden aus:

30mm+27mm+15mm+27mm



Furchenhäschen

Servus,

das hätte ich doch fast vergessen!
Wäre dann der 2. Kandidat, für mich kein Gezähe sondern eine Beilform
aus Baiersdorfer Plattenhornstein.

Grüße
Peter

palaeo1

#10
Peter,
man muss da unterscheiden zwischen dem Terminus "Beil", was den Gerätetyp beschreibt und "Gezähe", was die Funktion beschreibt. Was auch immer mit Deinem "Beil" bearbeitet wurde, bleibt erst einmal unklar! Findet man diese Geräteform z.B. im Bergbau, kann es evtl. als Gezähe bestimmt werden. Dafür scheint mir dieses Gerät vor allem aufgrund der Größe aber auch wegen der blättrigen Bruchstruktur zu ungeeignet.
LG Klaus

Furchenhäschen

#11
Zitat von: palaeo1 in 30. Mai 2020, 17:57:54
Peter,
man muss da unterscheiden zwischen dem Terminus "Beil", was den Gerätetyp beschreibt und "Gezähe", was die Funktion beschreibt. Was auch immer mit Deinem "Beil" bearbeitet wurde, bleibt erst einmal unklar! Findet man diese Geräteform z.B. im Bergbau, kann es evtl. als Gezähe bestimmt werden. Dafür scheint mir dieses Gerät vor allem aufgrund der Größe aber auch wegen der blättrigen Bruchstruktur zu ungeeignet.
LG Klaus

Hallo Klaus,

für mich ist der Terminus doch völlig klar!

Jetzt habe ich noch rasch
ein paar eindeutige Gezähe, allesamt aus Plattenhornstein aufgenommen, da müsste eigentlichen einem jeden der Unterschied klar werden.(siehe anhängende Bilder)

Von offizieller Seite waren die gezeigten Stücke nicht als Beile angesprochen obgleich ich mein Veto einlegte, ist aber schon ein Weilchen her und die
Ansprechpartner sind mittlerweile auch wieder andere.

Gruß
Peter

palaeo1

Zitat von: Furchenhäschen in 30. Mai 2020, 19:36:41
Jetzt habe ich noch rasch
ein paar eindeutige Gezähe, allesamt aus Plattenhornstein aufgenommen
Von offizieller Seite waren die gezeigten Stücke nicht als Beile angesprochen obgleich ich mein Veto einlegte
Sorry Peter,
jetzt hast Du mich etwas verwirrt ! Das ist jetzt widersprüchlich. Verstehe ich das richtig: Für Dich sind es Beile, die aber von offizieller Seite als Gezähe angesprochen wurden ? Weil du schreibst, dass Du noch eindeutige Gezähe abbildest. Das mittlere Stück ist auf jeden Fall ein Beil, die anderen kann ich so mit einer Aufsicht nicht beurteilen.
LG Klaus

Furchenhäschen

Zitat von: palaeo1 in 30. Mai 2020, 19:53:43
Sorry Peter,
jetzt hast Du mich etwas verwirrt ! Das ist jetzt widersprüchlich. Verstehe ich das richtig: Für Dich sind es Beile, die aber von offizieller Seite als Gezähe angesprochen wurden ? Weil du schreibst, dass Du noch eindeutige Gezähe abbildest. Das mittlere Stück ist auf jeden Fall ein Beil, die anderen kann ich so mit einer Aufsicht nicht beurteilen.
LG Klaus

die 3 stammen aus dem direkten Plattenhornsteinabbau Baiersdorf, beim mittleren Stück läuft die Zurichtung zur Arbeitskante hin aus, macht einen frischen unbenutzten Eindruck (wahrscheinlich zur Weiternutzung nachgeschlagen). Die beiden Stücke links und rechts sind abgearbeitet, das linke Gezähe bis zur völligen Stumpfung, das Rechte zeigt schwere Abplatzungen und Schlagschäden.
Lt. Tillmann finden sich Gezähe nahezu ausnahmslos an Abbaustellen aber selten im Siedlungsbefund. Die im Thread voran eingestellten Artefakte sind Siedlungsbefunde bzw. wurden nicht in einem Abbaugebiet aufgelesen.

Gruß
Peter

palaeo1

OK, verstehe ! Es ist aber auch belegt, dass am Abbauort bereits Geräte für den Heimgebrauch vorgefertigt worden sind. Bei dem mittleren Stück halte ich es  zumindest für denkbar. Die anderen beiden Stücke kann ich in der Funktion absolut nachvollziehen.
LG Klaus