Auswertung einer Begehung

Begonnen von Fischkopp, 27. Januar 2020, 15:32:37

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Fischkopp


Liebe Sucher,

die Nachbereitung der aufgelesenen Artefakte ist mindestens so spannend wie das Suchen
selbst. Mein Fundplatz in M-V mit überwiegend neolithischen Inventar ist sehr fundreich.
An der Auswertung eines Suchtages möchte ich euch teilhaben lassen und so sollen in dem
Beitrag die Zahlen sprechen und nicht so sehr die Bilder im Vordergrund stehen.
Eine Begehung dauert in der Regel 3 bis 4 Stunden und jeder Stein wird mitgenommen und
ausgewertet!

Nun die Fakten:

335    aufgelesene Steine
   5     ohne steinzeitlichen Zusammenhang max. 3 cm groß
330    Artefakte
228    Abschläge
102    sonstige Artefakte
   0    Scherben ( in all den Jahren erst 4 gefunden)

Fischkopp


Einzelauswertung der nicht Abschläge deren Gesamtanteil 31% beträgt (102 Artefakte)

64 Trümmer die nicht näher zugeordnet werden können
21 Restkerne (3 davon verbrannt)
7 Schlagsteine
6 Klopfsteine
3 Pics (Sonderform, Zuordnung fraglich)
1 Feuerschlagstein

Einzelauswertung der Abschläge 69% des Fundgutes (228 Artefakte)

139 Abschläge grösser als 2cm (61%)
89 Abschläge kleiner als 2cm      (39%)

Genauere Betrachtung der Untergruppen Abschläge mit Gebrauchsspuren

59 Abschläge weisen Gebrauchsspuren auf (26% aller Abschläge)
43 davon sind grösser als 2cm (18% aller Abschläge)
   20 Artefakte sind gekerbt (umstrittenes Thema) (9%)
   16 Kratzer (7%)
   3 Klingen (1%)
   1 Bohrer (verbrannt) (0,4%)
   1 Stichel (0,4%)
   3 Abschläge mit deutliche Fossilien (1%)
16 sind kleiner als 2cm ( 7% aller Abschläge) keine genauere Einteilung erfolgt ( z.B Lamellen)

Genauere Betrachtung der Untergruppe Abschläge ohne Gebrauchsspuren (74% aller Abschläge)

56 Abschläge mit Rinde grösser als 2cm
14 Abschläge mit Rinde kleiner als 2cm
29 Abschläge ohne Rinde grösser als 2cm
25 Abschläge ohne Rinde kleiner als 2cm
34 Abschläge verbrannt kleiner als 2cm
8  Abschläge verbrannt grösser als 2cm

Fischkopp


Einzelauswertung der Abschläge kleiner als 2cm (39% aller Abschläge)

89 Abschläge insgesamt (100%)

38% sind verbrannt
28% sind ohne Rinde
18% mit Gebrauchsspuren
16% sind mit Rinde


Schlussfolgerungen:

Die Anteile der gefundenen Artefakte sind bei jeder Begehung ähnlich verteilt.
Die Bedeutung der Verhältnisse zueinander wird mich weiter beschäftigen um vor allem zur Nutzung
und Bedeutung dieses Platzes Aussagen treffen zu können. Auf einige Sachen möchte ich aber jetzt
schon hinweisen
Der Anteil verbrannter Artefakte beträgt vom gesamten Fundaufkommen dieses Tages 13%.
Den größten Anteil der Abschläge unter 2cm nimmt allerdings die Gruppe der verbrannten Artefakte
mit 38% ein. Dies ist ein Umstand der genauer betrachtet werden sollte. Auch die genauere
Untersuchung verbrannter Artefakte und deren Verhältnisse zum Gesamtinventar werden mich
weiter beschäftigen.
Sehr wichtig wird auch die genauere Betrachtung der kleinen Artefakte mit Gebrauchsspuren werden.
Die Auswertung eines Fundtages zeigt schon sehr schön die groben
Verhältnisse des Fundaufkommens.
Eine genauere Betrachtung der Abschläge insbesondere die
Schlagflächengestaltung und der Schlagtechniken muss noch genauer untersucht werden.
Das strittige Thema gekerbter Artefakte (6% aller Artefakte des Tages) muss außerdem näher
untersucht werden.
Die Größen Verteilung der Klopfsteine (aus Flint) kann nur durch das gesamte Fundaufkommen
Näher betrachtet werden sowie viele andere Fragen bei Artefakten die nicht so häufig zu finden
sind.
Man kann festhalten das es nie langweilig wird und mehr Fragen auftauchen als beantwortet
werden können.
Die Grenzen der Untersuchung sind die gegebenen Fundumstände (Oberflächenfunde, gestörte
Lage, Einfluss landwirtschaftlicher Maschinen, Funde verschiedener neolithischer Kulturen, u.s.w...)

Ich hoffe euch einen kleinen interessanten Einblick des Fundplatzes gegeben zu
haben. Ich bleibe dran...

LG Fischkopp

Signalturm

Leider sind diese Steinfunde (noch-)nicht meine Welt.
Aber ich finde deine Aufstellung und die Menge an Material enorm.    :staun:
Schon das konzentrierte Laufen ist ne menge Arbeit. Aber was danach kommt an Auswertung um so mehr.
Ich werde deine/eure Arbeit weiterhin interessiert verfolgen und kann sicherlich noch viel lernen.
Danke fürs zeigen
Finderglück ist Finderlohn genug.

Wiesenläufer

Moin Fischkopp,

Deine Auswertung von diesem Suchtag ist beeindruckend.  :staun:  :super:

Das muss man sich mehrmals durchlesen um es zu verstehen.

Das Verhältnis von Kratzern zu Klingen finde ich interessant!

Gruß

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

Fischkopp

Hallo Gabi,

es ist ein wenig konfus muss ich zugeben.
Klingen sind auf dem Platz schon immer Mangelware.
Insgesamt 4 Klingen an diesem Tag und davon 3 mit Retusche.

LG Fischkopp

Nanoflitter

Ich komme so auf 500 Steinartefakte in meiner gesamten steinzeitlichen Laufbahn. :heul:  :super: Gruss..

steinwanderer

Moin Fischkopp,
nicht schlecht, so fing das auch auf meinen neolithischen Plätzen an. Doch wird es mit der Zeit weniger.
Harm Paulsen meinte mal "Da hast Du ja mal wieder ordentlich gestaubsaugt".
Da hab ich mich dann gefragt, was für einen Sinn es macht einen Platz " leer " zu machen. Ich hab mir Vorgenommen meine neolithischen Plätze nicht mehr aufzusuchen. Ich weiß ja was dort liegt.

LG Klaus
Lewer duad üs Slav

Fischkopp

Hallo Klaus,

du bist da sicherlich ein wenig abgeklärter als ich.
Bin einfach zu neugierig und weiß noch nicht so genau
was dort alles liegt. Beschränke mich allerdings auch auf
diesen Platz da es sonst einfach zu viel werden würde.
Ich habe allerdings auch ein wenig Angst das der Platz nicht mehr allzu lange begehbar ist. Falls doch
hoffe in 30 Jahren dort für mich abgeschlossen zu haben.

LG Fischkopp

RockandRole

Hallo Leute,

ich werde mich nie wieder über die anfallende Funddoku beschweren. Wenn es gut läuft haben wir mal 50 Stücke an einem Tag. Das aber zu zweit.

Tolle Arbeit, und meiner Meinung nach, sollte man die Funde aus dem Pflughorizont ruhig aufsammeln wenn man ordentlich dokumentiert. Sonst werden die nur immer zerstückelter.
Aber ich weiß was Klaus meint. Die Ämter sind eh schon gesättigt mit ihren Funden.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Furchenhäschen

#10
Zitat von: RockandRole in 27. Januar 2020, 19:52:29
Hallo Leute,

ich werde mich nie wieder über die anfallende Funddoku beschweren. Wenn es gut läuft haben wir mal 50 Stücke an einem Tag. Das aber zu zweit.

Tolle Arbeit, und meiner Meinung nach, sollte man die Funde aus dem Pflughorizont ruhig aufsammeln wenn man ordentlich dokumentiert. Sonst werden die nur immer zerstückelter.
Aber ich weiß was Klaus meint. Die Ämter sind eh schon gesättigt mit ihren Funden.

Liebe Grüße Daniel

Hallo,

das halte ich für einen Riesenfehler!
Gerade auf reinen Paläolithischen und Mesolithischen Plätzen ist es extrem wichtig komplett aufzusammeln.
Aus den Aufsammlungen können wichtige statistische Kenntnisse gewonnen werden.
Ein Vorsortieren auf den Fundstellen halte ich deswegen grundsätzlich für falsch.
Manche meiner mesolithischen Plätze begehe ich seit über 40 Jahren und es stellte sich bei der wissenschaftlichen Bearbeitung heraus wie wichtig die komplette Fundaufnahme war.

Gruß
Peter

RockandRole

Hallo Peter,

so mache ich das auch. Inklusive einmessen von mindestens 50-60% der Funde. Mitgenommen wird jeder Fitzel.  :winke:

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Wiesenläufer

Moin,

es mag bei Paläolithischen und Mesolithischen Plätzen wichtig sein. (habe ich bei meinem Mesolithischen Platz auch gemacht)
Ob es jemals zu einer wissenschaftlichen Bearbeitung/Auswertung kommt, ist allerdings mehr als fraglich.

Bei den Neolithischen Fundplätzen sieht es noch extremer aus, daher kann ich Klaus bis zu einem gewissen Grad verstehen.

Meine persönliche Einstellung ist die von Peter, doch es ist nicht erwünscht und so braucht man mit "Abschlägen" nicht beim Amt
ankommen. Hier ist ein "Vorsortieren" von Interesse.  :heul:

Von meiner neuen Stelle von Gestern, habe ich mindestens ein Dutzend Abschläge und geglühte Flintstücke um eine Kuppe herum gehabt.
(bei einer Std. Sondierungsgang)
Letztendlich habe ich einen Messpunkt gesetzt und zwei Fotos gemacht.
Die Stelle werde ich zwar weiter aufsuchen aber solange kein "Gerät" kommt, ist es nur für mich von Interesse,
was eigentlich sehr schade ist.

Gruß

Gabi


Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

Birk

Moin Leute. So ist das halt im Leben. Wie man es macht ist es falsch. :smoke:  Wenn solch eine Fundstelle mal von Wissenschaftlichem wert sein sollte, zählt halt alles.  Nur leider wird es sich dabei um die aller wenigsten handeln.  Je nach alter halt. :zwinker:
Aber schließlich suchen ja die meißten von uns ja aus Spass an der Sache. Bearbeitung inclusive.

Gruß
   Thomas

Fischkopp


Hallo liebe Sucher,

schöne Diskussion!

Ein Teil meiner Motivation ist die Tatsache das die Ämter nicht alles leisten können und beim allgemeinen
Umfang neolithischer Inventare zwangsläufig auch Sachen übersehen müssen.
So gibt es Geräteformen die kaum Beachtung finden und sicherlich auch welche die überhaupt noch nicht erwähnt wurden.
Ein langer Atem kann dabei sicherlich neue Erkenntnisse bringen. So jedenfalls meine Hoffnung.

LG Fischkopp