Kirchen- Siegel

Begonnen von insurgent, 05. April 2007, 19:38:58

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insurgent

Dieses wunderschöne Kirchen Siegel lag auch auf einem Kirchen Acker. Vermutlich ist es bewußt zerstört worden, beim Tod des Besitzers und irgentwann auf dem Acker gekommen. Die restlichen Funde später.
Zuerst dachte ich, ich hätte nur einen Deckel vom Tintenfass etc gefunden, aber dann beim Abwaschen  :staun: :jump: :cool1:

Wer kann mir helfen die Umschrift zu lesen  :winke:

Schöne Grüße vom Insurgenten
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Gratian

Ich lese: ECLESIE MAIOR PRGI -------- TPARBVRNESIS

OR und AR ligiert
Gut Fund!   :engel:
Gratian

ANTE ROMAM TREVERIS STETIT ANNIS MILLE TRECENTIS
PERSTET ET AETERNA PACE FRUATUR. AMEN.

insurgent

Zitat von: Gratian in 05. April 2007, 20:01:21
Ich lese: ECLESIE MAIOR PRGI -------- TPARBVRNGSIS

OR und AR ligiert

Und was heist das   :platt: .....ECLESIE MAIOR wird wohl Hauptkirche sein, aber der Rest.

Wie alt kann das gute Stück sein?

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Gratian

ich korrigiere mich: ECLESIE MAIOR PREI -------- TPARBVRNESIS

Wer ist die dargestellte Person - wohl ein Heiliger, wegen des Palmwedels ein Martyrer (Attribut für Martyrer). Was hält er in der anderen Hand?
Dürfte der Patron der Kirchengemeinde sein. Wegen des Hinweises auf die Hauptkirche eine größere Gemeinde?
Gut Fund!   :engel:
Gratian

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insurgent

Hallo Gratian, was er in der anderen Hand hält ist schwer zu sagen. Ich meine ein Buch (aufgeschlagene Bibel?)

Was meinst Du zum Alter?

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ChristophNRW

ich hatte ähnlich gelesen und nach einem Blick auf die Internetseite vom Orbis Latinus auf Paderborn getippt:

"Paderbronna, Padalborna, Paderborna, Paderbrunna, Padrabrunnum, Paderesprun(n)a, Padreburna, Padelbronnensis civitas, Paderburnum, Patrisbrunna, Patre(s)brunna, Patresburnum, Patherbrunna, Paverbrona, Podelbrunnum, Podarburnensis civ., Badaebrunna, Fontes Baderae, Paderborn, St., Preußen (Westfalen)."

muss aber nicht richtig sein ...  :zwinker:

gugf
christoph
Tout est chaos
Tous mes idéaux : des mots abimés
Je suis d'une géneration désenchantée
(Mylène Farmer - Désenchantée)

Gratian

#6
Die Hauptkirche (Mutterkirche) einer Pfarrgemeinde bezeichnet man auch als Parochialkirche (Pfarrkirche). Im Gegensatz dazu wird eine Filialkirche von hier aus (also von der Parochialkirche) betreut. "Parochie" Lateinisch "parochia, paroecia" ist die Bezeichnung somit für eine Pfarrgemeinde, Kirchengemeinde oder aber auch nur für ein Kirchspiel.

Katholisches Kirchenrecht: Es ist in der Kirchenhierarchie der unterste Seelsorgebezirk, beinhaltet nicht den Status einer juristischen Person.

Evangelische Kirche: Evt. auch ein ländlicher Bereich, dem mehrere selbständige Kirchgemeinden angehören, die alle von einem Geistlichen (Pastor) betreut werden. Ein(e) Geistliche(r) vertritt als juristische Person in solchen Fällen die einzelnen Kirchgemeinden immer nur zusammen mit der jeweiligen Kirchengemeindeleitung. Mehrere Parochien bilden entsprechend diesem Verständnis einen Kirchenkreis bzw. Kirchenbezirk.

Diese Heiligen haben das Buch (nicht abschließende Aufzählung) als Attribut:

Buch:    Ambrosius von Mailand, Angelus, Arialdo, Augustinus, Bartholomäus, Birgitta (Brigitta) von Schweden, Dominikus, Findanus von Rheinau, Gertrud von Helfta, Gregor I., der Große, Gudula, Judas Thaddäus, Julianus von Le Mans, Katharina von Alexandria, Klara von Assisi, Kunigunde von Luxemburg, Ludwig IX., Mildred von Minster, Otto von Freising, Paulus, Petrus, Petrus Canisius, Philippa Mareri, Philippus, der Apostel, Teresa von Ávila, Winifred (Gwenfrewi)
Buch mit zwei Fischen:    Zeno
Buch als Exorzismus-Text: Cyriacus
Bücher: Alexander Newskij, Antonius von Florenz, Basilius, der Große, Hieronymus Ämiliani, Karl Borromäus, Placidus von Subiaco
Zwei Augen auf Buch: Ehrhard von regensburg
Regelbuch: Bernhard von Clairveaux   

Könnte sich aber auch um ein Kästchen handeln...

Welche Kirchengemeinde liegt dem Acker denn am nächsten?

Gib uns bitte auch noch Länge und Breite des Siegels an.
Gut Fund!   :engel:
Gratian

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insurgent

Hallo Gratian, die Breite ist 4,5 cm, länge bis zur Bruchkante 5,3 cm. Der Rücken ist übrigens glatt.

Gemeinden in der Nähe, Groß Grönau, event Krummesse und natürlich Lübeck, mit all seinen Kirchen  :zwinker:

Schöne Grüße vom Insurgenten
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stratocaster

Hallo
Zeig uns doch auch mal die Rückseite.
Gruß und  :gn
Das Sucherforum dankt all denen,
die zum Thema nichts beitragen konnten
und dennoch geschwiegen haben !

Bert

#9
Ein schöner (wenn auch leider beschädigter) Fund!

Mein Datierungsvorschlag ist spätgotisch, damit meine ich 1450-1500. Zwar wurden in dieser Zeit bei Privatsiegeln bevorzugt Minuskeln (Kleinbuchstaben) verwendet. Kirchliche Siegel stellen m.M. nach in dieser Zeit aber eine Ausnahme dar, indem weiter Majuskeln verwendet wurden. Allerdings wurden die Majuskeln relativ filigran und gerundet , mit einem Wort "modern" ausgeführt. In der Zeit vor 1450 wurde eher eine kräftig und markant geschnittene Schrift im klassichen gotischen Stil verwendet.

Ein Indiz für eine relativ späte Datierung ist auch die Tatsache, dass die Heiligenfigur die Umschrift durchbricht. Bei den meisten klassichen MA-Kirchensiegeln ist der heilige streng durch die Umfassungslinie abgegrenzt.

Die Umschrift lese ich identisch wie Gratian. Ich möchte nur anmerken, dass die Umschrift mit ziemlicher Sicherheit rechts oben (an der fehlenden Spitze) beginnt. Gerade bei der Größe ist es sehr wahrscheinlich dass es tatsächlich der Siegelstempel einer kirchlichen Institution ist, nicht nur eines kirchl. Würdenträgers. Rein strukturell wird die Umschrift daher wie folgt aufgebaut sein: >S' [Heiligenname] Ecclesia Major [Stadtname]<.

Adios, Bert

Bert

Ich muss mich korrigieren, es gibt doch reichlich kirchliche Siegelstempel um 1500 mit Minuskelschrift. Daher ordne ich das Stück etwas früher ein (um 1450).

Im Übrigen halte ich das Stück nicht für absichtlich zerstört. Die wenigen, eindeutig absichtlich unbrauchbar gemachten Stücke weisen kreuzförmig gehauene Kerben auf der Siegelfläche auf.

Adios, Bert

Störtebecker

schönes teil, insurgent :prost:

störti :super:

insurgent

Und noch die Rückseite.
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insurgent

Zitat von: Bert in 05. April 2007, 23:53:58
Rein strukturell wird die Umschrift daher wie folgt aufgebaut sein: >S' [Heiligenname] Ecclesia Major [Stadtname]<.

Adios, Bert

Hallo Bert, dann fängt der Stadtname mit "PREI..." an und der Heilige hört mit "...TPARBVRNESIS" auf? Habe ich das so richtig verstanden?

Schöne Grüße vom Insurgenten
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ChristophNRW

jaja, ignoriert nur mein Posting  :frech:
, Paderborn scheint mir weiterhin nicht unmöglich

ein Problem stellt sich noch: ec(c)lesi(a)e wäre genitiv oder dativ ...
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insurgent

Zitat von: ChristophNRW in 06. April 2007, 19:43:17
jaja, ignoriert nur mein Posting  :frech:
, Paderborn scheint mir weiterhin nicht unmöglich

ein Problem stellt sich noch: ec(c)lesi(a)e wäre genitiv oder dativ ...
Hallo ChristophNRW, das mit Paderborn ist nur so weit weg  :irre:. Aber die Wege des Herrn sind unergründlich  :engel:
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Bert

Hallo insurgent und alle anderen,

ich habe nochmal in der Literatur nachgeschaut, und die von mir oben angegebene Variante der Umschrift (Heiliger vor Kirche) ist eher selten. Deswegen vermute ich in dem Umschriftteil auf der rechten Seite doch eher eine Titelbezeichnung als einen Heiligen.
Die Struktur wäre dann >S' [Institution bzw. Titel] Ecclesie Major [Stadtname]<, also z.B. Sigillum Conventus Ecclesie Major Mindensis =  Siegel des Konventes der Domkirche zu Minden (der Lateiner verzeihe mir die Ignoranz jeglicher Deklination ;-)). ...TPARBVRNESIS wäre dann ein kirchlicher Titel, vermutlich in stark verkürzter Form. Erschwert wird die Entzifferung durch die damalige Vorliebe, bei Bedarf einzelne Buchstaben wegzulassen.

Ich habe jetzt Ecclesia Major sowohl im Netz als auch in der Literatur immer als Domkirche, das heisst als Hauptkiche eines Bezirkes gefunden. Das würde die Suche nach dem Ortsnamen schon erheblich einschränken. Kann das jemand bestätigen, der von kirchlichen Sachen etwas mehr Ahnung hat als ich?

@Christoph: PARBVRNESIS würde als verkürzte Form von Podarburnensis gut passen, aber die Stellung innerhalb der Umschrift leuchtet mir in diesem Fall nicht so ganz ein. Nach meinen rudimentären Lateinkenntnissen ist Podarburnensis Genitiv. Sinn würde eine Wendung wie >Prepositi Ecclesi Majoris Podarburnensis< (Propst der Domkirche zu Paderborn) ergeben, aber nach der lesbaren Umschrift würde das "... Podarburnensis Ecclesi Majoris Prepositi" heissen. Diese Variante hätte den Charme, dass sie das Rärtsel lösen würde ;-), aber kann man dies in Latein so sagen (mit dem Substantiv im Nominativ am Ende)? Ich habe bisher nur Umschriften gesehen, bei denen die Ortbezeichnung nach dem Substantiv kam, auf welches sie sich bezog.
Der Schutzpatron des Doms zu Paderborn ist der Hl. Liborius, der wiederum Bischof in Südfrankreich war und den Pau als Symbol hat. Die Darstellung auf dem Siegel passt nicht so recht zu ihm.

Adios, Bert

ChristophNRW

Zitat von: Bert in 06. April 2007, 22:21:34
@Christoph: PARBVRNESIS würde als verkürzte Form von Podarburnensis gut passen, aber die Stellung innerhalb der Umschrift leuchtet mir in diesem Fall nicht so ganz ein. Nach meinen rudimentären Lateinkenntnissen ist Podarburnensis Genitiv. Sinn würde eine Wendung wie >Prepositi Ecclesi Majoris Podarburnensis< (Propst der Domkirche zu Paderborn) ergeben, aber nach der lesbaren Umschrift würde das "... Podarburnensis Ecclesi Majoris Prepositi" heissen. Diese Variante hätte den Charme, dass sie das Rärtsel lösen würde ;-), aber kann man dies in Latein so sagen (mit dem Substantiv im Nominativ am Ende)? Ich habe bisher nur Umschriften gesehen, bei denen die Ortbezeichnung nach dem Substantiv kam, auf welches sie sich bezog.
Der Schutzpatron des Doms zu Paderborn ist der Hl. Liborius, der wiederum Bischof in Südfrankreich war und den Pau als Symbol hat. Die Darstellung auf dem Siegel passt nicht so recht zu ihm.
Adios, Bert

Hallo, Bert,
deine Argumentation ist durchaus stichhaltig, der heilige Liborius kam mir auch in den Sinn, wurde aber wieder ausgeschlossen, da er kein Märtyrer war.
Du besitzt auch sicher ein breiteres Spezialwissen als ich ...
Nur der Vollständigkeit halber: adjektivische Ortsbezeichnungen auf -ensis können von der Endung her sowohl Nominativ für maskulinum und femininum als auch Genitiv für alle drei Geschlechter sein ...

gruß und gut Fund
Christoph
Tout est chaos
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(Mylène Farmer - Désenchantée)

Der Wikinger

#18
Hallo Leute  :-)

Ich glaube der Text muss so gelesen werden:

Von oben und mit dem Uhrzeiger:




PS: maior sollt vielleicht mit "der grösste" übersetzt werden.

insurgent

Hallo ihr lieben, vielen Dank für die Mühe.

Wenn ich das richtig sehe steht links "Eclesie Major Prepositi" für Dom Propst und rechts müßte stehen "SIG ..TPARBVRNESIS" für Siegel von ...

Könnte "RTPARBVRNESIS" für Ratzeburg stehen?

Schöne Grüße vom Insurgenten
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mc.leahcim

Hallo Insurgent,
bei einer Recherche nach einer ganz anderen Geschichte habe ich mehr zufällig in einem Heimatheftchen (Swistal / Odendorf 1999) ein Bild gesehen das mich sofort an dein Siegel erinnert hat. Bei dem Bild handelt es sich um ein Schöffensiegel des Gerichts Odendorf an einer Beurkundung aus dem Jahr 1513.
Auch hier sehe ich einen "Heiligen" (Strahlenkranz um den Kopf) mit einem Stab und einer Schatulle. Auch hier ist die Minuskelumschrift durch die Figur unterbrochen. Das interessante ist das es sich eindeutig datieren lässt.
Was sagst du und die anderen dazu?

Gruß

Michael
Gum biodh ràth le do thurus. = Möge deine Suche erfolgreich sein (Keltisch/Gälisch)
Die soziale Kälte hilft nicht die globale Erwärmung aufzuhalten!!

Gratian

ZitatKönnte "RTPARBVRNESIS" für Ratzeburg stehen?

Ratzeburg glaube ich weniger...Der Name geht angeblich auf den Fürsten Ratibor/Ratse zurück, welcher an der Spitze des abodritischen Teilstammes der Polaben stand. Er residierte hier im frühen 11. Jahrhundert in der vermutlich von ihm selbst errichteten Ringwallanlage. Von der ,,Racesburg" ist 1062 in einer in Worms ausgestellten, aber nicht übergebenen Empfängerurkunde von Heinrich IV. die Rede. In dem Schriftstück schenkt dieser die Burg dem Billungerherzog Ordulf.

Auch Adam von Bremen erwähnt 1076 das damals slawische Ratzeburg bei seiner Beschreibung des Todes von Ansverus am 15. Juli 1066 auf dem Rinsberg bei Einhaus über dem Ratzeburger See: Ansverus monacus et cum eo alii apud Razzisburg lapidati sunt. Idus Iulii passio illorum occurrit. Das Ansveruskreuz ist heute noch am Waldrand in Einhaus in der Nähe von Ratzeburg zu sehen. In drei Anläufen erfolgte die Christianisierung, die Stadtgründung und endgültige Etablierung des Bistums erfolgte 1154 durch Heinrich den Löwen (siehe auch Artikel Bistum Ratzeburg).

Während die Stadt zum Herzogtum Sachsen-Lauenburg, dem späteren preußischen Landkreis Herzogtum Lauenburg, gehörte, gelangte das Stiftsgebiet mit dem Domhof 1648 durch den Westfälischen Frieden als Fürstentum Ratzeburg in die Hand der Mecklenburger und wurde 1701 ein Teil von Mecklenburg-Strelitz. Erst mit dem Groß-Hamburg-Gesetz 1937 wurde der Dombezirk Teil der Stadtgemeinde.

Die Kirchengemeinde des Doms blieb Teil der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburg, das Domarchiv verwahrte nach Kriegsende über viele Jahrzehnte die Sammlung älterer Kirchenbücher (fast) aller mecklenburgischer Gemeinden, die inzwischen ins Landeskirchliche Archiv Schwerin rückgeführt wurde.(Wikipedia)

Mit den verschiedenen Schreibweisen hat diese Umschrift  hier nichts zu tun. Außerdem wäre dann als Heiliger der Hl. Ansverus zu vermuten, dessen Attribute sind aber drei Steine ( weil er als Märtyrer gesteinigt wurde)....
Gut Fund!   :engel:
Gratian

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insurgent

Habe mal einen Abdruck vom Siegel gewagt und muß mich nun korrigieren.

Der Typ in der Mitte trägt doch wohl ein Kästchen

Ist bartlos und steht "Knie" betont. Kann das auch eine Frau sein???

Hallo Gratian  :winke: kannst Du nochmal helfen mit den Heiligen  :hacker:

Schöne Grüße vom Insurgenten
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Der Wikinger

Hallo Leute !!  :-)

Könnte "das Kästchen" nicht eine dicke Bibel sein, mit einem schönen, kreuzförmigen Buchbeschlag drauf ??

Nur so eine Idee ! (..aber eine gute  :engel: )

:winke:

insurgent

Hallo agersoe, der "Beschlag" geht aber nur bis zur Mitte und deshalb erscheint mir der "Beschlag" als Kästchen-Beschlag logischer.  :smoke:

Schöne Grüße vom Insurgenten
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Gratian

#25
Hallo Jochim,

ich bin ja immer wieder begeistert wenn ich einen so schönen detailierten Positivabdruck sehe. Man kann wesentlich mehr erkennen, als wenn das Siegel nur gespiegelt ist.

Buch oder Kästchen? Ich denke eher an ein dickes Buch. Ein Kästchen als Attribut ist in der Ikonographie der Heiligen nicht geläufig.


Was mich mehr interessiert:

1) Erkenne nur ich im oberen markierten Kreis eine Lilienblüte oder seht Ihr das auch - oder handelt es sich nur um eine Unregelmäßigkeit in der Knetmasse? Die "Märtyrerpalme" wäre dann ein Lilienstengel...

2) Das sind doch offensichtlich Stigmata an der linken Hand der Person oder gab's beim Abdruck eine Verwerfung in der Knetmasse?

Ich tendiere zu einer weiblichen Person wegen der schlanken Gestalt und den angedeuteten knabenhaften Brüste sowie dem zierlichen Kinn.

Regelbuch und Lilie sind die Attribute der Heiligen Klara von Assisi....1255 wurde Klara heilig gesprochen.

aber Lilie und Stigmata sind die Attribute der Heiligen Katharina von Siena. Beides Ordensfrauen....

Die heilige Katharina von Siena ist übrigens die Patronin der Pfarramtssekretärinnen...vielleicht liegt hier der Schlüssel zum Buch?...und zum Siegelinhaber? Wohl kaum denn die Pfarramtssekretärinen haben Katharina erst in neuester Zeit für sich entdeckt.
Katharinas Heiligsprechung erfolgte 1461 durch Papst Pius II.

Gut Fund!   :engel:
Gratian

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insurgent

Hallo Gratian, vielen Dank für die Erläuterungen.
Zu den beiden Punkten: An der Hand scheint tatsächlich ein Stigmata zu sein, bei einem zweiten Abdruck ist es auch zu sehen. Die Verwerfungen/Lilien am oberen Rand sind nicht eindeutig zu erkennen/bestimmen, können auch entstanden sein beim Zerbrechen des Siegels.
Gibt es denn eine Liste wo die gute Katharina von Siena Schutzheilige war, außer den Pfarramtssekretärinne  :zwinker:

Schöne Grüße von Jochim, dem Insurgenten
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Gratian

#27
Katharina von Siena
Gedenktag katholisch: 29. April Fest
Gedenktag evangelisch: 29. April
Gedenktag anglikanisch: 29. April
Name bedeutet: die Reine (griech.)
Ordensfrau, Mystikerin, Kirchenlehrerin
* 25. März 1347 in Siena in Italien
† 29. April 1380 in Rom
      
Caterina Benincasa wurde als 24. Kind des wohlhabenden Pelzfärbers Jacopo Benincasa und seiner Frau Lapa geboren; ihre Ewillingsschwester starb kurz nach der Geburt. Es war eine Zeit der Bürgerkriege, Machtkämpfe und Familienfehden; der Papst residierte in Avignon, der Adel unterdrückte das Volk. Mit sechs Jahren hatte Caterina ihre erste Vision mitten auf der Straße: sie sah Jesus Christus im Ornat des Papstes, umgeben von Petrus, Paulus und Johannes. Mit sieben Jahren legte sie das Gelübde der Jungfräulichkeit ab. Schon als Kind lebte sie asketisch. Schon mit zehn Jahren hatte sie Kontakte zum Dominikanerorden, dem ihr Vetter Tommaso della Fonte beigetreten war. Im Alter von zwölf Jahren sollte sie heiraten, weigerte sich aber, was ihr besonders die Mutter übel nahm. Der Zwist mit der Mutter endete nach drei Jahren, als der Vater über Caterinas Kopf eine weiße Taube schweben sah und daraufhin bestimmte, man solle sie in Ruhe lassen. Als ihr Gesicht durch Pockennnarben entstellt wurde, lebte sie nur noch zurückgezogen zu Hause. Sie ernährte sich von Kräutern und Wasser, fastete wochenlang, betete und übte sich im Schweigen, geißelte sich blutig und schlief wenig.

1363 trat Caterina in ihrer Heimat gegen den Willen ihrer Eltern in den Dritten Orden der Dominikaner in Siena ein, die wegen ihres langen schwarzen Umhanges "Mantellaten" genannt werden, und lebte dort zunächst weiter in asketischer Strenge gegen sich selbst. Nach einer Vision gab sie ihr zurückgezogenes Leben auf und widmete sich mit äußerster Hingabe in der Pflege von Kranken und Armen im Ospedale della Scala und im Leprosenheim S. Lazzaro. In einer mystischen Vision erlebte sie 1367 ihre Vermählung mit Christus und tauschte ihr Herz mit ihm; den Ehering sah sie ihr Leben lang an ihrem Finger. Mit inständigen Gebeten erflehte sie für ihre Eltern die Lösung aus dem Fegefeuer und nahm Peinigungen auf sich. Legenden berichten, wie sie bei einer Teuerung Brot aus dem als verdorben geltenden Mehl buk und damit ihre Umgebung ernähren konnte.

1369 lernte Caterina das Lesen, um die Bibel studieren zu können. Ab 1370 schrieb sie Briefe an hochgestellte Persönlichkeiten, die sie mitunter drei verschiedenen Sekretären gleichzeitig diktierte. 1374 musste sie ihre Visionen und ihr ungewöhnliches Verhalten vor dem Ordenskapitel der Dominikaner in Florenz rechtfertigen, konnte jedoch alle Bedenken ausräumen und durfte fortan in offiziellem Auftrag der Kirche reisen und predigen. Als geistlicher Führer wies ihr das Generalkapitel des Ordens Raimund von Capua zu, der später auch ihre Biographie verfasste.

Caterina arbeitete weiter hingebungsvoll für Arme und Kranke in Siena. Bei der Pflege von Pestkranken steckte sie sich 1374 an, ließ sich aber nicht von ihrem Tun abhalten. Einem frierenden Bettler gab sie eines Tages ihren Mantel; kritisiert, dass es unschicklich sei, ohne Mantel auf die Straße zu gehen, antwortete sie: "Ich will mich lieber ohne Mantel als ohne Liebe finden lassen." Den Verfall der Integrität des Klerus kritisierte Caterina nachhaltig: "Was Christus am Kreuz erwarb, wird mit Huren vergeudet!" Sie scheute sich nicht, den "Herren der Kirche im Namen Gottes den Tod zu wünschen".

Bewunderung weckten Caterinas Briefe zu spirituellen Fragen. Immer mehr Mystiker, Fromme, Geistliche und Laien, Männer und Frauen, scharten sich um sie, sie fühlten sich als "famiglia", "Familie", Caterina wurde von ihnen "mamma", "Mutter" genannt. Am 1. April 1375 erfolgte vor einem Kreuz in Pisa ihre Stigmatisierung: auf wunderbare Weise erscheinen an ihrem Körper die Wundmale Jesu; bis zu ihrem Tod waren sie allerdings nur für Caterina selbst zu erkennen.

1376 reiste Caterina zusmmen mit Raimund von Capua nach Avignon, um dort bei Papst Gregor XI. Fürsprache für die im Krieg mit dem Papsttum befindlichen Florentiner einzulegen. Zwar scheiterte ihre Mission, doch konnte sie den Papst dazu bewegen, nach Rom zurückzukehren. In ihren insgesamt 14 Briefen an den Papst ermunterte sie außerdem zum Aufruf zu einem Kreuzzug und zur Kirchenreform unter dem Gesichtspunkt der Rückkehr zur Reinheit und Armut der Ursprünge; der Korruption eines Großteils der Hierarchie müsse ein Ende gemacht werden, Kardinäle und Klerus sollten sich mehr um die Seelsorge kümmern.

Caterina begab sich wieder nach Siena, begann wieder zu meditieren und sich um die Hilfsbedürftigen zu kümmern. 1378 gründete sie in der Festung Belcano bei Siena, die ihr von einem Mitglied der "Famiglia" geschenkt worden war, ein Reformkloster für Frauen. Im selben Jahr brach das Abendländische Schisma aus. Caterina unterstützte den neuen Papst Urban VI. und seine Reformideen. Auf seinen Wunsch hin ging sie nach Rom, um mit ihm für die Einheit der Kirche zu arbeiten.

Die letzten Jahre ihres Lebens ernährte Caterina sich nur noch von der Eucharistie; durch das jahrelange Fasten konnte ihr Magen keine Nahrung mehr aufneh,en. Ihr körperlicher Zustand verschlechterte sich, unter Schmerzen siechte sie monatelang dahin. Sie starb - der Überlieferung nach in der Peterskirche in Rom, wohin sie sich noch täglich geschleppt hatte. Ihre letzten Worte waren "Sangue, Sangue", "Blut, Blut".

Caterinas Leichnam ist in der Kirche der Dominikaner, Santa Maria sopra Minerva, in Rom in einem Glasschrein aufbewahrt. Ihr Körper war, als er 1430 exhumiert wurde, noch immer unversehrt. Mit päpstlicher Erlaubnis wurde der Leichnam zerteilt, um Reliquien zu erhalten; dies wurde zum letzten Mal 1855 wiederholt, als ihre Überreste noch immer erstaunlich gut erhalten waren. In der Basilika San Domenico in Siena werden in einem Marmor-Ziborium ein in Silber gefasster Finger und der Kopf der Heiligen aufbewahrt.

Caterina gilt in Italien als "die größte Frau der Kirchengeschichte". Erhalten sind 381 ihrer Briefe als Zeugnisse mystischer Theologie. Als ihr literarisches Hauptwerk gilt das 1378 vollendete, zwischen 1472 und 1475 gedruckte Traktat "Libro della divina providenza", "Buch über die göttliche Vorsehung", auch "Il dialogo", "Dialog", genannt. In dieser Schrift richtet Caterina Seele vier Bitten an den Herrn: um die Gnade der Buße für sich selbst, um die Reform der Kirche, um den Frieden in der ganzen Welt und v. a. zwischen den Christen; dass die göttliche Vorsehung sich aller Menschen annehme.

In der Geschichte der Kirche nimmt Caterina eine besondere Rolle ein, da sie als Frau zur Ratgeberin von Päpsten wurde. Ihr Wirken für die Rückkehr des Papstes nach Rom ist nur mit demjenigen von Birgitta von Schweden vergleichbar. Die wichtigsten Zeugnisse über ihr Leben sind - abgesehen von ihren eigenen Werken - die von Raimund von Capua 1385 bis 1389 verfasste "Legenda maior", "große Legende" und die von Tomaso Caffarelli Anfang des 15. Jahrhunderts geschriebene "Legenda minor", "kleine Legende".

Kanonisation: Katharinas Heiligsprechung erfolgte 1461 durch Papst Pius II., die Ernennung zur Schutzpatronin Italiens 1939 durch Papst Pius XII. und zur Kirchenlehrerin 1970 durch Papst Paul VI.

Attribute: Dominikanerhabit, Herz, Stigmata

Patronin von Europa, Italien, Rom und Siena; der Wäscherinnen und Pfarramtssekretärinnen; der Sterbenden; für Vorsorge gegen Feuer; gegen Kopfschmerzen und Pest


Eines meiner Lieblingszitate wir ihr auch zugeschrieben:

,,Nicht der Beginn wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten."

Mach doch bitte zur Sicherheit einen zweiten Abdruck und lass uns die markierten Stellen, aber auch die Füße nochmals genau anschauen. Auf den Füßen müssten ja auch Stigmata erkennbar sein...


Gut Fund!   :engel:
Gratian

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insurgent

Mensch Gratian, vielen Dank für die ausführliche Erläuterung.

Ich muß aber gestehen, das sich das Stigmata unter dem Mikroskop als Anhaftung erwisen hat  :engel: :staun: Es ist doch wohl immer besser vorher noch mal zu schauen, denn die Abdrücke hatten alle ein"Stigmata"  :platt:

Bei der Suche im WWW bin ich noch über ein Bild von der Klara von Assisi gestolpert, die hält zumindest das Buch so (womit agersoe doch recht hätte)
Bin ja mal gespannt, ob wir das Rätsel lösen können  :smoke:

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Der Wikinger

Zitat von: insurgent in 17. April 2007, 23:02:19
Mensch Gratian, vielen Dank für die ausführliche Erläuterung.

Ich muß aber gestehen, das sich das Stigmata unter dem Mikroskop als Anhaftung erwisen hat  :engel: :staun: Es ist doch wohl immer besser vorher noch mal zu schauen, denn die Abdrücke hatten alle ein"Stigmata"  :platt:

Bei der Suche im WWW bin ich noch über ein Bild von der Klara von Assisi gestolpert, die hält zumindest das Buch so (womit agersoe doch recht hätte)
Bin ja mal gespannt, ob wir das Rätsel lösen können  :smoke:

Schöne Grüße vom Insurgenten

Ich danke dem Insurgenten !!!   :zwinker: