Schnalle mit auffälligem Dekor unter der Verkrustung, Silber vergoldet

Begonnen von St. Subrie, 19. November 2017, 20:49:04

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St. Subrie

Guten Abend,

in den letzten Wochen hier im Südwesten Europas hat sich wieder einiges an Funden angesammelt. Hier eine vermutlich wunderschöne Schnalle, soweit sie unter der starken Verkrustung zu sehen oder auch zu erahnen ist. Ich lasse besser die Finger von dem Stück, hier wäre Beistand von fachkundigerer Seite hochwillkommen  :smoke:
Der Fundort hat bislang fast ausschließlich Römisches geliefert, allein in den letzten Wochen sieben römische Münzen.
An verschiedenen Stellen sind unter der Verkrustung Hinweise auf eine Vergoldung zu erkennen.
Läßt sich evtl. schon anhand der Form  etwas zu dem Stück sagen ?

Gruß

St. Subrie

insurgent

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St. Subrie

Das könnte möglich sein, wir werden es bald wissen. Das gute Stück ist seit heute unterwegs zu Stratocaster und wird in dessen Händen zu neuem Glanz erwachen, so wie schon andere Stücke zuvor. Ich bin gespannt !

Sigillata


St. Subrie

Das wäre ein Zeitabschnitt, aus dem wir hier im Tal nur wenige Funde haben. Bin gespannt !

Sigillata

Vielleicht aber auch noch etwas jünger, bis 10./11. Jh., jünger aber ganz sicher nicht.

stratocaster

Mal etwas vorweg:
Ich hatte in den letzten Jahren einige vergoldete Fundstücke aus karolingischer Zeit reinigen können
und war dadurch schon fast etwas verwöhnt.
Aber dieses Fundstück von St. Subrie ist der echte Hammer,
und ich bin – das klingt jetzt etwas sentimental – wirklich dankbar,
dass ich diese herrliche Schnalle in den Händen halten und reinigen konnte.

Ich fange immer mit einem Skalpell an der Rückseite an und hatte nach einiger Zeit das Gefühl,
dass die Schnalle nicht aus Bronze sondern aus Silber besteht.
Mit dem Zahnstocher etwas Vitamin-C-Lösung auf eine kleine Stelle geträufelt,
etwas gewartet und mit Kaisernatron abgerieben. Klare Sache: Silber !!!
Dann mit dem Skalpell die Verkrustungen der Vorderseite entfernt, vor allem aus dem Kerbschnitt.
Das ging gut, und immer mehr Gold kam zum Vorschein.
In den Kerben war auf der Vergoldung der typische hartnäckige Zementschleier,
der sich immer nur mit viel Mühe und Zeitaufwand  entfernen lässt.

Mir war nun klar, dass der Schnallenrahmen nur aus zwei Metallen besteht: Silber und Gold.
Daher nach längerem Überlegen mein Entschluss, die komplette Schnalle für ca. 10 min. in ein Vitamin-C-Bad zu legen.
Abgespült, die Rückseite mit dem Daumen und Kaisernatron abgerieben
und die Vorderseite mit etwas Kaisernatron und Zahnbürste ohne Druck gesäubert.
Das Ganze einige Male wiederholt, wobei  sich durch das Vitamin-C-Bad der Zementschleier
sehr gut aufgelöst hatte. Das hat mir stundenlanges Abkratzen (nass und trocken) unter der Lupe erspart.

Weitere Entscheidung war, das Silber nicht komplett glänzend freizulegen, sondern oxidierte Bereiche
(auch Hornsilber ?) zu belassen; d.h. keine Über-Restaurierung,
was diesem herrlichen mittelalterlichen Fundstück bestimmt auch besser zu Gesicht steht.

Die beiden äußeren der 4 Silberknubbel zeigen eine scharnierartige Struktur (letztes Bild), die ich nicht zu deuten weiß.
Viel Spass beim Betrachten.
(Die sichtbaren dunklen Stellen in den Kerben sind nicht etwa übriggebliebener Dreck sondern nur Schatten vom Lichtwurf.
Gold ist wirklich schwer zu fotografieren, weil es so sehr glänzt.)

Gruß  :winke:
Das Sucherforum dankt all denen,
die zum Thema nichts beitragen konnten
und dennoch geschwiegen haben !

Signalturm

 :staun:
Na dann kann man nur den Hut ziehen. Klasse Fundstück und von Dir eine saubere Arbeit. Danke fürs zeigen.
Finderglück ist Finderlohn genug.

St. Subrie

#8
Das ist eines Deiner Meisterstücke, lieber Strato ! Und meines als Sucher vielleicht auch. Der Luzerneacker hat bis jetzt viele schöne Funde aus römischer Zeit geliefert, aber diese wunderbare Schnalle, wohl aus karolingischer Zeit, übertrifft alles.
Wir alle vom  Kulturverein unseres Dorfes können Dir kaum genug danken. Ein Ehrenplatz in der Vitrine in der Bürgermeisterei ist diesem herrlichen Stück aus der Geschichte unseres Tales sicher.
Begeisterte Grüße
St. Subrie

RockandRole

gefährliches Drittelwissen

Nanoflitter

So viel hätte ich jetzt unter der Kruste wirklich nicht erwartet!  :staun:  :super: Gruss...

thovalo

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Keltenrausch

Tolles Highlight so kurz vor Weihnachten und Gratulation auch von mir an alle Beteiligten.

Ralph

Tuco


Levante

Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

insurgent

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ischbierra


sauhund

Wow!
Vielen Dank auch für die schrittweise Erläuterung. Super Arbeit!

stratocaster

Nur zur Ergänzung:

Das obere Bild ist aus dem Domschatz unter dem Kölner Dom.
Eine teilweise vergoldete Schnalle aus Silber ist es Wert, ausgestellt zu werden.

Das untere Bild habe ich vor über 10 Jahren im RGZM in Mainz fotografiert.
Wenige Jahre später gab es diese Vitrine nicht mehr (aus Kostengründen  :heul:)
Die Schnallen sind zwar byzantinisch, ich würde sie mir jedoch nun sehr genau ansehen wollen :glotz:

Gruß  :winke:
Das Sucherforum dankt all denen,
die zum Thema nichts beitragen konnten
und dennoch geschwiegen haben !

Sigillata

Das Stück, das St., Subrie gefunden hat ist mit Sicherheit karolingisch und hat mit byzantinischen Schnallen nichts zu tun.
:winke:

stratocaster

Zitat von: Sigillata in 04. Dezember 2017, 12:57:22
Das Stück, das St., Subrie gefunden hat ist mit Sicherheit karolingisch und hat mit byzantinischen Schnallen nichts zu tun.
:winke:

Ist schon klar.  :friede:
Trotzdem würde ich mir gerne - was leider nicht mehr möglich ist - diese Vitrine noch einmal sehr genau ansehen wollen.

Gruß  :winke:
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cyper


Sigillata

Zitat von: stratocaster in 04. Dezember 2017, 13:05:55
Ist schon klar.  :friede:
Trotzdem würde ich mir gerne - was leider nicht mehr möglich ist - diese Vitrine noch einmal sehr genau ansehen wollen.

Gruß  :winke:

Zu den byzantinischen Schnallen im RGZM gibt's derzeit nur einen zweibändigen Sammlungskatalog von Schulze-Dörlamm  :winke: Schöne Grüße :-)

Levante

Zitat von: Sigillata in 04. Dezember 2017, 16:11:03
Zu den byzantinischen Schnallen im RGZM gibt's derzeit nur einen zweibändigen Sammlungskatalog von Schulze-Dörlamm  :winke: Schöne Grüße :-)


Wenn man lieb fragt darf man auch mal ins Depot.  :dumdidum:
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

Sigillata

Zitat von: Levante in 04. Dezember 2017, 20:35:28
Wenn man lieb fragt darf man auch mal ins Depot.  :dumdidum:
Hier gings um die Schnallen, nicht grundsätzlich ums Depot.

St. Subrie

Guten Tag,

heute habe ich eine Einschätzung von einem hierzulande bekannten Archäologen erhalten, Übersetzung aus der Landessprache :

" Es handelt sich um einen wichtigen Fund sowohl in Bezug auf die Chronologie als auch den sozio-kulturellen Charakter der Fundstelle.
Die Form der Schnalle erscheint nicht vor Anfang des sechsten Jahrhundert. Aber das  Vorhandensein der "Noppen" erlaubt es nicht, dieses Objekt so früh anzusetzen. Darüber hinaus ist der stark ausgeprägte, vergoldete Kerbschnitt nicht mehr im Stil der Gürtel des vierten und fünften Jahrhunderts, sondern in dem der frühen karolingischen Fibeln, die man um das achte Jahrhundert herum ansetzt (symmetrische Henkel (?)- Fibeln). Ich würde daher geneigt sein, dieses Objekt wie Sie in die karolingischen Zeit zu klassifizieren. Danke für die Info."

Viele Grüße

St. Subrie

stratocaster

Da hätte ich auch mal früher hineinsehen können:  :glotz:

Im Bildband/Katalog " Die Macht des Silbers - Karolingische Schätze im Norden" ISBN 3-7954-1725-2 von 2005
habe ich diese vergoldete Silberschnalle entdeckt.
Die Gravur ist gar nicht mal sooooo unterschiedlich.
Allein der Umstand, dass diese Schnalle aus einem Fürstengrab stammt, hebt die Bedeutung
der Schnalle von St.Subrie sicherlich noch ein Stück an.

Gruß  :winke:
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Homerjey

Da hast du dich aber selbst übertroffen.

Mich würde interessieren, wie du die Patina über der Vergoldung entfernt hast. Auf dem unbearbeiteten Stück siehr es eigentlich nach Bronze aus, aber scheinbar war doch eine Vergoldung darunter.

Gruß
Thomas

stratocaster

Zitat von: Homerjey in 14. Januar 2018, 20:13:18

Mich würde interessieren, wie du die Patina über der Vergoldung entfernt hast. Auf dem unbearbeiteten Stück siehr es eigentlich nach Bronze aus, aber scheinbar war doch eine Vergoldung darunter.


Lies mal meinen Beitrag vom 30. November.
War ja keine Patina sondern nur Dreck.
Ich gehe immer erst mal mechanisch ran.
Als mir klar war, dass nur Au und Ag im Spiel sind und kein Cu,
da habe ich die Schnalle einfach ins Vitamin C Bad gelegt und schon war der Zementschleier weg  :dumdidum:
Das hat die Sache ungemein vereinfacht.

Danke für die Blumen  :winke:
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St. Subrie

#29
Guten Tag,

heute mal wieder in dem wunderbaren, dreibändigen Ausstellungskatalog "Europas Mitte um 1000"  (gibt es ab unglaublichen 9,27 Eur bei Amazon !) gestöbert und auch hier des Stratocasters Silberschnalle aus dem Fürstengrab von Kolin gefunden. Die Schnalle mit "gebündelten Palmetten" wird auch hier als Schwertgurtschnalle angesprochen. Sie soll aus einer karolingischen Werkstatt in Lothringen stammen, einem der Kernländer des karolingischen Reichs. Ein interessanter Hinweis,  Lothringen liegt etwa in der Mitte zwischen Kolin (Tschechien) und unserer Gegend im Südwesten Europas, die schon in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts zum fränkischen Reich kam.

Gruß allerseits

St. Subrie