Rheinische Rainessancekeramik im Hetjensmuseum in Düsseldorf

Begonnen von thovalo, 15. Mai 2011, 12:32:04

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thovalo

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Das Düsseldorfer Hetjensmuseum gehört zu den großen Keramikmuseen von internationaler Bedeutung und zeigt unter anderem auch einen Auswahl hervorragender Beispiele Rheinischer Steinzeugkeramik. Der alles überragende Produktionsort in der Zeit des 16. Jhs. war Siegburg mit einem absoluten Höhepunkt in der zweite Hälfte des 16. Jhs.

Das eigentliche wirtschaftliche Standbein der Siegburger Töpferei bildete jedoch auch im 16.Jh. die unverzierte Gebrauchskeramik der Trink- und Haushaltgeschirre sowie die technologische Keramik wie z.B. Wasserrohre und Ziegel.

Die Kunsttöpferei in Siegburg bildete eine eigene Sparte. Deren Produktionszahlen kamen nicht einmal im Ansatz an die ungeheuren Mengen heran in denen die schlichten Steinzeugwaren hergestellt und verbreitet worden sind. Insbesondere die verzierten Stücke stehen Heute im Fokus des Interesses und nehmen in Ausstellungen eine prominente Stellung ein.

Die Rheinischen Produktionszentren beeinflussten sich gegenseitig, wobei die ersten Impulse von Köln ausgehend zunächst wohl in Siegburg eine geradezu explosionsartige Experimentierfreude und Kunstfertigkeit auslösten. Zwar beeinflussten die Kölner Töpfer auch die Produktion in Frechen, die jedoch lange nicht die hohe und höchste Kunstfertigkeit der Siegburger Töpfermeister erreichte.

Der Vertreib der Kunsttöpferei in Siegburg wurde durch Kölner Händlern dominiert. Jeder Versuch diese Vorrangstellung zu unterlaufen wurde strikt unterbunden.

Von Siegburg aus erreichten dann unter anderem durch Abwanderung von Töpfern klare Impulse zur künstlerisch ambitionierten Töpferei Raeren und insbesondere auch den Westerwald z.B. in Höhr-Grenzhausen.

Ich hoffe die Bilder ermöglichen eine Eindruck und liefern vielleicht auch Vergleichsmöglichkeiten für Fragmente die immer wieder einmal auf Äckern oder in Befunden auftreten können.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#1
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Kurios erscheinen die "Handwärmer" in Buchform in die Glut eingefüllt worden ist.
Diese Stücke wurden in Kleidungstaschen getragen und wärmten in kalten Tagen.

Die Eulengefäße gelten u.a. als Zunftgefäße der Töpfer (Topf: lat.: olla; mhd.: "ule" - der Töpfer = "Ulener")

Die Drillingsgefäße waren für die Montierung in vergoldeten Silberfassungen konzipiert oder zur Fassung als Trinkpokale an Fassungen aus Steinzeug. In diesem Fall ist das Drillingsgefäß von überraschend schlechter Qualität. Es trägt ein teils abgeplatztes Hauszeichen und weist
einen recht stark ausgeprägten Verschlusungsüberzug auf. Das Wappen zeigt eine Hausmarke sodass eine der mächtigen Patrizierfamilie Besteller und Besitzer dieses Prunkpokals gewesen sein kann.

Der große Krug mit Kerbschnittdekor wurde auf Bestellung eines Abtes angefertigt.

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#2
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Selten finden sich insbesondere die Formen in denen die Auflagedekore ausgearbeitet worden sind (Matrizen und Patrizen).

Eine andersartige Zierweise repräsentieren die Maßwerkkrüge. Ein spitzovaler Gefäßkörper wurde an diesen Gefäßen mit
Masswerkdekor umfangen.

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#3
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Geradezu exzentrische Sonderformen sind de nur als Einzelbestellung ausgeführten "Gurden" mit komplexen und kompliziert ausgeführten Dekoren.
Allerdings wirken die Auflagen wie hier die Bartmaske gelegentlich recht verloren auf dem Gefäßkörper platziert.

Dieses Exemplar trägt an zentraler Stelle das Wappen der Herzöge von Jülich/Cleve/Berg und weist mit den Wappen mit der eingeschriebenen Jahreszahl 1573 auf eine adlige Familie als Besteller hin. Ein reines Repräsentations- und Ausstattungsstück das keinen Gebrauchswert für den alltäglichen Umgang hatte.

In fast allen Aspekten nimmt die Siegburger Kunsttöpferei das Phänomen des späteren Kultes um das Porzellan ein. Und selbst die kleinen verzierten Trichterhalsbecher waren bereits kein Alltagsgut. Das alltägliche Geschirr blieb unverziert.


Was uns Heute eher als klotzig und unpraktisch vorkommt war in der Zeit ein höchst bezahltes Luxusgut!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#4
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Sehr selten und wunderschön sind die Siegburger Sturzbecher, meisterlich gearbeitete die "Stegkannen" und die skurrilen "Sonderformen".
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#5
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Sehr reich sind auch die vielseitigen Arbeiten aus Köln, Frechen und Raeren die hier den Abschluss bilden.

Eindrucksvoll ist der Farbwandel zu den schönen blau und hellgrau glasierten Großgefäßen geführt hat, die der Raerener Produktion entstammen und später im Westerwald das Alltagsgeschirr grundlegend geprägt hat.


Natürlich gibt es im Hetjensmuseum noch vielfältige andere meist jünger datierende Steinzeugwaren, darunter Waldenburg, Creussen usw. aber hier ging es um das Rheinisches Steinzeug des 16. Jhs. und seine Beziehungen.

Vielleicht macht das Betrachten an einem recht regnerischen Sonntag Freude!


glG  thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

insurgent

Meine Bodenfunde werden gemeldet

Gratian

Wow...interessante Stücke....das Museum kommt auf die Liste...wenn ich mal in D'dorf bin.  :winke:
Gut Fund!   :engel:
Gratian

ANTE ROMAM TREVERIS STETIT ANNIS MILLE TRECENTIS
PERSTET ET AETERNA PACE FRUATUR. AMEN.

thovalo

Zitat von: Gratian in 15. Mai 2011, 16:21:22
Wow...interessante Stücke....das Museum kommt auf die Liste...wenn ich mal in D'dorf bin.  :winke:

Lohnt sich allemal, weil es auch sehr schön liegt und massig was zu zeigen hat!   :super:

lG und einen guten Wochenstart   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

haasa2003

Hi thovalo,

nach längerer erzwungener Forumsabstinenz erst einmal ein herzliches Dankeschön für die
herrlichen Bilder aus dem Hetjens-Museum.

Ohne  :belehr: zu wollen, kann ich mir vorstellen, dass der "Handwärmer" besser als "Körperwärmer" mit
flüssigem Inhalt fungiert hat.

Steinzeug ist gegen Hitze sehr empindlich und neigt zum Zerspringen. Und dann die Glut in der Manteltasche?
Sehr schnell sehr heiß!

Heutzutage gibt es immer noch solche Flaschen mit dem schönen Namen "Schnapsbibeln"
Ob sie in der Renaissance ihre Vorfahren haben? Offensichtlich.

Liebe Grüße Winfried
Je länger man lebt,
desto deutlicher sieht man,
daß die einfachen Dinge
die wahrhaft größten sind.

Romano Guardini, 1885 - 1968

thovalo

Zitat von: haasa2003 in 17. Mai 2011, 11:56:07


Ohne  :belehr: zu wollen, kann ich mir vorstellen, dass der "Handwärmer" besser als "Körperwärmer" mit
flüssigem Inhalt fungiert hat.

Steinzeug ist gegen Hitze sehr empindlich und neigt zum Zerspringen. Und dann die Glut in der Manteltasche?
Sehr schnell sehr heiß!

Heutzutage gibt es immer noch solche Flaschen mit dem schönen Namen "Schnapsbibeln"
Ob sie in der Renaissance ihre Vorfahren haben? Offensichtlich.

Liebe Grüße Winfried


Stimmt!

Allerdings steht es so im Katalog doch der log .....
............ denn und was Du schreibst ist absolut folgerichtig und stimmig  :super:

Das schönste an diesem Museum ist ... in der Woche gibt es nur Dich, die Keramik und am Eingang die Kassiererin!  :-D
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#11
 :kopfkratz:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.