Römische Baustelle

Begonnen von Buddelfisch, 02. März 2010, 23:16:02

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Buddelfisch

Hallo Beisammen,

wie im Thread Urnenfeld angekündigt, möchte ich hier etwas über eine Baustelle schreiben, die ich nach meinen Möglichkeiten beobachten werde.  

Zuerst die Fundstelle: Oberrhein, Vorbergzone, Abschubfläche für Fachmarktzentrum(1,1ha), Straßentrassen und Baugrundstücke. In wenigen hundert Metern Entfernung liegt ein Vicus mit unbekannten Ausmaßen, ein für den Oberrhein bedeutsamer Grabfund mit über hundert Gefäßbeigaben. Im weiteren Umkreis finden sich auch metallzeitliche Fundstellen.Eine gewisse Besonderheit in diesem Gebiet ist die Fundtiefe von bis zu 1,5m durch Aufsedimentierung.

Vorgeschichte: Im Jahr 2001 wurde im Bereich der zukünftigen Baustelle bei Kanalbauarbeiten(Profil1+2) römisches Mauerwerk, Ziegel und Keramik gefunden. Da dieser Teil des Geländes damals schon mit einem Lagergebäude bebaut war, wurde die Fundmeldung nur als Aktennotiz angelegt, die umfangreichen Fundstücke verblieben beim Finder. Im Zuge der neuen Bauwut wird nun das Gebäude abgerissen und mit dem umliegenden Gelände in ein Fachmarktzentrum umgestaltet. Seit fast einem Jahr begehe ich immer wieder die umliegenden Äcker und habe dabei u.A. eine römische Siedlungsstelle unbekannter Größe sowie einen möglichen Ofenstandort gefunden. Aufgrund der massiven Sedimentierung in diesem Gebiet hat man fast nur bei tieferen Bodenaufschlüssen eine Chance, etwas zu finden. Eine solche Gelegenheit bot sich vor zwei Wochen, als beim Abräumen einer Baumschule mit einem "Wurzelballenbagger"eine Siedlungsschicht angeschnitten wurde. Obwohl auf den ersten Blick nur wenig Keramik in einem solchen Loch von 0,6m Tiefe erkennbar war, schien es sich um einen Volltreffer zu handeln.
Für mich waren die Reste von min. drei Gefäßen erkennbar, die ich ungereinigt und ohne genauer hinzuschauen eher als vorrömisch einstufen würde. Diese Fundstücke und nach fast 9 Jahren auch die Funde von 2001 (nebst Bericht) sind nun in den Händen des Amtes. Vielleicht hilft es mit, daß bei entsprechenden Befunden auf der Baustelle die passenden Entscheidungen getroffen werden.

Und damit möchte ich das eigentliche "Baustellentagebuch" beginnen, denn Morgen oder Übermorgen soll der erste Abschub(rote Fläche, 1.1 ha ) beginnen.....

Gruß

Gratian

Tolle Einleitung...dann bin ich jetzt auf die Fortsetzung mit schönen Bildern und hoffentlich schönen und interessanten Entdeckungen gespannt!

Klasse Idee das Baustellentagebuch!  :winke: :winke: :winke:
Gut Fund!   :engel:
Gratian

ANTE ROMAM TREVERIS STETIT ANNIS MILLE TRECENTIS
PERSTET ET AETERNA PACE FRUATUR. AMEN.

Buddelfisch

Nachdem die Planierraupe zuerst auf der falschen Baustelle gelandet ist, findet der Abschub jetzt definitiv Morgen, Freitag den 5.März statt. Zeitgleich zur Notbergung auf dem Urnenfeld. Das wird ein heißes Wochenende geben, zumal für Samstag hier noch Schnee angesagt ist :irre:

Gruß
Ralph

Buddelfisch

Der Abschub ist auf den kommenden Dienstag verschoben, da ca. 200 Baumwurzeln aus dem Boden gebaggert werden müssen. Das Planunm wird wohl ziemlich perforiert werden...

Gruß Ralph

Buddelfisch

Der Abschub hat zwar gestern begonnen, läuft aber nicht ganz so wie geplant in einer Tagesaktion. Der Abtransport des Humus, die Verteilung von Aufschüttung und der Abriß der alten Gebäude laufen nebeneinander, so daß es passieren kann, daß die Fläche auf einer Seite geöffnet und der anderen bereits wieder geschlossen wird. Außerdem scheint mir die Planierraupe etwas unterdimensioniert, woraus ein schweres Gekurve entsteht, was die Sichtung von Funden und Befunden erschwert. An zwei Stellen konnte ich bis jetzt befundlose Keramik bergen, wobei der richtig interessante Teil des Geländes erst noch kommen wird.
Angesichts der in der Presse angekündigten Eröffnung des Fachmarktzentrums im Oktober graut es mir fast vor Befunden wie römischen Fundamenten oder metallzeitlichen Siedlungsresten.
Fortsetzung folgt....

Buddelfisch

Guten Abend,

leider konnte ich bis jetzt keine weiteren Funde oder Befunde ausmachen. In den Flächen wurde der frühere Siedlungshorizont meiner Meinung nach nicht erreicht, bei den tieferen Fundamentgräben war niemand dabei. Es gibt allerdings auch noch unberührte Bereiche, die im Zuge der Kanalbauarbeiten geöffnet werden. Mittlerweile habe ich erfahren, daß der gesammte Abschub aus diesem Gebiet auf eine große Ackerfläche verbracht wird. Vielleicht findet man später dort die entsprechenden Lesefunde - in direkter Nachbarschaft zu einer in den 70'ern überbauten Villa rustica.... :irre:
:gn
Ralph

Buddelfisch

Guten Abend,

seit einem Monat besuche ich diese Baustelle nun regelmäßig und denke nicht, daß ich hier direkt noch weitere Beobachtungen und Funde machen kann. Nächste Woche soll allerdings die angrenzende Straßentrasse(Spuren) abgeschoben werden. Dabei wird auch ein mehrere hundert Meter langer Abwasserkanal über das Baugebiet hinausgehend in den Boden verlegt.
Bei einer kurzen Begehung im Trassenbereich habe ich ein paar römisch/metallzeitliche Keramikfragmente, Eisenerz und Schlacken aufgelesen. Dieses Fragment eines Gefäßgriffes kann ich nicht einordnen, könnte vielleicht auch MA sein. Das Bild wurde wie dieses Beispiel von einer an einem Drachen hängenden Kamera gemacht.

Gruß
Ralph