Grapen

Begonnen von Signalturm, 17. September 2023, 15:23:00

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Signalturm

Wir sind gerade mit einigen Freunden in unserer Verbandsgemeinde auf einer Hofladentour. Die Landwirte vor Ort öffnen ihre Höfe und zeigen ihre Produkte. Alles schön dekoriert mit alten Gegenständen aus der Landwirtschaft und dem Landleben.
In einem Schrank habe ich soeben einen kompletten Grapen entdeckt.
Die Innenseute hat eine leicht gelblich-transparente Glasur.
Außen mit einem aufgemalten Band verziert.
Lösst sich das Alter dieses Grapen eingrenzen? Er ist wohl schon seit vielen Generationen im Familienbesitz
Finderglück ist Finderlohn genug.

Wiedehopf

Sehr schön sowas mal komplett zu sehen.

Bei mir in der Gegend war ein lokaler Töpfereiort (Dortmund Groppenbruch) der die Anwohner der Gegend mit feuerfestem aber nicht wasserdichtem Kochgeschirr versorgt hat (die wasserdichten Steinzeuggefässe wurden dagegen aus dem Rheinland importiert).
 
Spätestens mit der Industrialisierung und der damit verbundenen Steingutproduktion, dem Emaillegeschirr und den Einmachgläsern war dann Schluss mit der Produktion solcher Grapen (Pötte).   

Viele Grüße
Michael

hier noch ein link zu einem Heft meiner Denkmalbehörde in dem die Produktion und Verwendung solcher Grapen beschrieben wird.

https://www.dortmund.de/media/p/denkmalbehoerde/denkmal_downloads/heftreihe/61-08-20_Bausteine_Fundstuecke_Heft11_WEB.pdf     

thovalo


Moin!

Groppenbroich hat ja die klassische mittelalerliche Grauware hergestellt, endete wohl im 15. Jh. und war nicht bemalt. Diese Grapen waren Standardgefäße der Kochkeramik. Otf ist noch gut zu erkennen, dass sie nicht immer direkt in das Feuer, sondern auf ihren Beinchen seitlich an das Feuer gestellt wurden. Brannte einmal etwas in einem solchen Gefäß an, konnte man es nicht weiter gebrauchten. Das Angebrannte setzte sich in den porösen Scherben ab und verdarb den Geschmack weiterer Kochvorgänge. Insofern wurden sie auch sehr häufig hergestellt und wurden solche Gefäße aus Metall bevorzugt, soweit man das Vermögen dazu hatte.

Das oben gezeigte Stück ist oxydierend gebrannt und dekorativ bemalt und die Füßchen sind an ihren Enden umgeschlagen. Es kommt dann darauf an wo im Umfeld des Bauernhofes solche Gebrauchskeramik hergestellt wurde. Auch durch die Bemalung nehme ich eine Datierung ab dem 18. Jh. an. Insofern ist es auch ein Dokument der Alltagskultur und für ein Volkskundemuseum museal interessant.

Allerdings müsste zunächst mal regional der Herstellungsort zugeschrieben werden. Über die Region wo der Bauernhaf liegt,  gab es leider keine Information.

lG Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Signalturm

Hallo thovalo
Mit deiner Kritik bezüglich der fehlenden Information zum Auffindeort des Grapen hast du natürlich recht. Er stammt aus meinem Wohnort Neuried-Altenheim in BW. Wir befinden uns gegenüber vom französischen Straßburg, ca. 10 km weiter südlich auf der deutschen Rheinseite. Im kompletten Mittelalter war Straßburg für unseren Ort die bestimmende Stadt, von dort aus wurden wir größtenteils auch verwaltet und unsere Landwirte lieferten ihre Produkte auf die Straßburger Märkte.
Nördlich von Straßburg gibt es die große Töpferregion rund um Sufflenheim.
Ich denke das dieser Grapen aufgrund seiner hellgrauen Farbe und der Art der Bemalung aus dem nahen Elsass stammt.
Gestern Abend gab mir ein befreundeter Archäologe einen ersten Hinweis auf die mögliche Datierung.
Für ihn war der Daumeneindruck unter dem Henkel auf dem beigefügten Bild ein Hinweis darauf das der Grapen nicht älter als 1700 ist. Vorher kennt er diese Eindrücke, unter den Henkelansätzen, bei Keramikfunden aus unserer Region noch nicht.
Heute morgen hatte ich noch die Möglichkeit meine vier Bilder von dem Fund an Uwe Gross zu schicken.
Sein Forschungsgebiet war meist die mittelalterliche Keramik im deutschen Süd-Westen.
Von ihm bekam ich prompt eine schnelle Rückantwort zu meiner Anfrage
Unter anderem schrieb er:
" ...das ist ein schönes und vor allem intaktes Exemplar, das Sie da entdeckt haben !
Sie haben mit hoher Wahrscheinlichkeit recht, wenn Sie elsässische Provenienz vermuten.
Auf der badischen Rheinseite ist so "aufwändige" Bemalung in der Neuzeit kaum bekannt,
schon gar nicht südlich von Rastatt. Aber auch im nördlichen Baden beschränkt sich
der Maldekor auf der Gebrauchskeramik meist auf die waagrechten Linien im Hals-
Schulterbereich. Datieren möchte ich das Gefäß ins 18.-frühe 19.Jh. Da passen die gedrungen-breitgelagerte Gesamtform und die Randausbildung am besten hin...."
Auch wenn der Grapen etwas jünger ist als geschätz, so hat mich die kompetente Antwort von Hr. Gross doch sehr gefreut.
Die Altbäerin von dem Hof hat mir erzählt das dieses Stück schon seit vielen Generationen in der Familie weiter gegeben wird.
Dieser Brauch ist bei Landwirtsfamilien in unserer Gegend noch bekannt, allerding kenne ich ihn bisher nur von alten traditionellen Stoffen, dem sogenannten Kelsch
Finderglück ist Finderlohn genug.

Signalturm

Hier noch mal das Bild mit dem Daumeneindruck
Finderglück ist Finderlohn genug.