Ein unbekanntes Fundobjekt unbekannten Materials

Begonnen von Neos, 08. Juli 2024, 21:51:13

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Neos

Moin, zusammen,

inmitten einer neolithischen Siedlung unweit der Ostsee fand ich ein Fundstück, das aus einem Material hergestellt worden ist, das noch bei keinem der von mir gefundenen Artefakte Verwendung fand. Es handelt sich um das mediale Fragment eines vermutlich deutlich größeren Werkzeuges.

Ich habe zwar eine Vermutung, was es eventuell gewesen sein könnte, aber eine wirklich sichere Ansprache fällt mir hier schwer. Darum würden mich eure Einschätzungen zu diesem Stück sehr interessieren. Was meint ihr könnte es ursprünglich gewesen sein? Und kennt eventuell jemand diese Steinart?

Hier die Daten des UFOs:

  • Fundgebiet: Nördliches Schleswig-Holstein
  • Länge: 101 mm
  • Breite: 28 - 39 mm
  • Dicke: 27 - 31 mm
  • Gewicht: 142 g

Viel Spaß beim Anschauen und viele Grüße

Frank

hargo

#1
Moin,

sicherlich ein Kerngerät. Sieht aus wie eine Vorarbeit (Meißel)??? Oder, anders gefragt, ist die Planke für ein Beil nicht zu schmal?
Material erinnert mich, soweit es deine Fotos zulassen, an Valkenburg Feuerstein.
Der wurde weit gehandelt/ausgetauscht.

mfg

Siehe ggf. auch:
https://steine-scherben.de/pages/das-gestein/kieselgestein/feuerstein/maastricher-kreide/valkenburg-typ.php

Wiedehopf

Guten Abend

@ Frank:
Ich tippe wie hargo auf Fragment eines Kernmeißels. Der Griff von einem nicht fertig gestellten Flintdolch Typ 3 oder 4 wäre für mich auch denkbar.

@ hargo:

ZitatMaterial erinnert mich, soweit es deine Fotos zulassen, an Valkenburg Feuerstein.Der wurde weit gehandelt/ausgetauscht.

Die Ähnlichkeit ist wirklich da, aber wäre das bei dem Fundort nicht wie das sprichwörtliche 'Eulen nach Athen tragen' ? Ich denke deshalb eher an eine Art nordischen Danian Flint.

Viele Grüße
Michael     

Danske

Moin,

tippe auch auf das Fragment eines Meißels. Entweder eine Vorarbeit oder ein vierseitiger Meißel mit quadratischem Querschnitt? :glotz:

Beim Material muss ich passen, sehr opak. Der Valkenburg-Feuerstein käme infrage, aber auch ein grober Danienflint.

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

StoneMan

Moin,

da ich es nicht in der Hand vor Augen habe, eine steile These aufgrund eines eigenen Fundes,
der hier (glaube ich  :kopfkratz: ) noch nicht zu sehen war.

Das (mediale?) Fragment eines "Spidsvåben", siehe Peter Vang Petersen S.98, Abb.: 148,149.

@ Frank, sehr interessant  :super:  Du hattes vor einiger Zeit von meinem Fund Fotos bekommen.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Fischkopp

Hallo Frank,

denke das Material ist schon lokalen Ursprungs und stark patiniert. Ein Seeigelfund an der Ostseeküste von mir sieht vom Material her sehr gleich aus. Der von hargo vorgeschlagene Valkenburg Feuerstein passt auch sehr gut und währe wirklich toll.
Ein interessantes Teil!

LG Fischkopp

Neos

Moin, hargo,

Zitat von: hargo in 08. Juli 2024, 23:12:38sicherlich ein Kerngerät. Sieht aus wie eine Vorarbeit (Meißel)??? Oder, anders gefragt, ist die Planke für ein Beil nicht zu schmal?
Kerngerät: keine Frage, ja. Und an einen Meißel oder aber an eine Vorarbeit für selbigen habe ich auch gedacht, und zwar ganz konkret an einen Kernmeißel. Es gibt Vergleichsstücke im Schloss Gottorf, dem Landesmuseum von Schleswig-Holstein, die meinem Fundstück sehr ähneln (wie ich finde). Eine Beilplanke passt für mich aufgrund des Querschnitts ebenso wenig wie dir.

ZitatMaterial erinnert mich, soweit es deine Fotos zulassen, an Valkenburg Feuerstein.
Der wurde weit gehandelt/ausgetauscht.
Das wäre natürlich ein Sechser im Lotto und würde mich sehr freuen! Ich werde das Teil bei Gelegenheit mal einem Fachmann vorstellen und dann hier wieder berichten.

Dank dir auch für den Link, hargo!  :super:

Viele Grüße

Frank

Neos

Hallo, Michael,

Zitat von: Wiedehopf in 09. Juli 2024, 00:50:47@ Frank:
Ich tippe wie hargo auf Fragment eines Kernmeißels. Der Griff von einem nicht fertig gestellten Flintdolch Typ 3 oder 4 wäre für mich auch denkbar.
dank dir vielmals für deine Einschätzung! Ja, bei einem Kernmeißel gehe ich mit, wie ich oben schon geschrieben habe. Das war auch mein Gedanke bei diesem Fundstück. Für ein Flintdolch-Fragment passen für mich jedoch Formgebung und Querschnitt nicht.

ZitatDie Ähnlichkeit ist wirklich da, aber wäre das bei dem Fundort nicht wie das sprichwörtliche 'Eulen nach Athen tragen' ? Ich denke deshalb eher an eine Art nordischen Danian Flint.
Da ich kein ausgesprochender Kenner von Flint-Varietäten bin ...  :nixweiss:  Fakt ist, dass sich unter nahezu 11.000 Artefakten keines befindet, das aus diesem Material besteht. Ich werde berichten, wenn ich mehr weiß.

Viele Grüße

Frank

Neos

Moin, Holger,

Zitat von: Danske in 09. Juli 2024, 14:59:04tippe auch auf das Fragment eines Meißels. Entweder eine Vorarbeit oder ein vierseitiger Meißel mit quadratischem Querschnitt? :glotz:
dann waren es schon vier...  :zwinker:

ZitatBeim Material muss ich passen, sehr opak. Der Valkenburg-Feuerstein käme infrage, aber auch ein grober Danienflint.
Dank dir für deine Einschätzung, Holger!  :super:

Liebe Grüße zurück

Frank

Neos

Moin, Jürgen,

Zitat von: StoneMan in 09. Juli 2024, 17:27:20da ich es nicht in der Hand vor Augen habe, eine steile These aufgrund eines eigenen Fundes,
der hier (glaube ich  :kopfkratz: ) noch nicht zu sehen war.

Das (mediale?) Fragment eines "Spidsvåben", siehe Peter Vang Petersen S.98, Abb.: 148,149.
puh! Ja, vielleicht wäre auch das Fragment einer Waffe eine Option. Aber wie du schon selbst schreibst ... das wäre eine "steile These". Und bei einem Fragment ... schwierig.

Zitat@ Frank, sehr interessant  :super:  Du hattes vor einiger Zeit von meinem Fund Fotos bekommen.
Dank dir! Ich bin inmitten von Urlaubsvorbereitungen (ist grad ein wenig stressig deswegen bei mir) und forsche hier nach meinem Urlaub weiter.

Viele Grüße

Frank

Neos

Hallo, Fischkopp,

Zitat von: Fischkopp in 09. Juli 2024, 17:42:06denke das Material ist schon lokalen Ursprungs und stark patiniert. Ein Seeigelfund an der Ostseeküste von mir sieht vom Material her sehr gleich aus. Der von hargo vorgeschlagene Valkenburg Feuerstein passt auch sehr gut und währe wirklich toll.
Ein interessantes Teil!
dank dir! Ja, Valkenburg-Feuerstein wäre der Hammer. Schaun mer mal!

Ich hänge hier noch mal ein etwas größeres Foto an. Vielleicht ...  :zwinker:

Liebe Grüße zurück

Frank

Wiedehopf

Moin Frank, 

danke für das größere Foto. Ich könnte mir hier eine Variation von verkieseltem Kalk vorstellen. Das Valkenburg Flint aus den Niederlanden nach dort oben exportiert wurde möchte ich nicht generell ausschließen, käme mir aber gefühlt in etwa so vor als hätte man Sand in die Sahara exportiert. Bitte halte uns auf dem Laufenden. Solche untypischen Materialen für Artefakte finde ich sehr interessant.   

Viele Grüße
Michael 

Danske

Könnte auch Quarzit bzw. quarzitisch gebundener Sandstein sein :glotz:  :kopfkratz:

LG...
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

hargo

Zitat von: Neos in 09. Juli 2024, 21:48:50Hallo, Fischkopp,
dank dir! Ja, Valkenburg-Feuerstein wäre der Hammer. Schaun mer mal!

Ich hänge hier noch mal ein etwas größeres Foto an. Vielleicht ...  :zwinker:

Liebe Grüße zurück

Frank

Diese Ansicht scheint leider (bezüglich Valkenburg FS) nicht geeignet.
Versuche es bitte abschließend nochmals mit den Längsseiten.

mfg

Neos

Moin, zusammen,

hier einmal drei Seitenansichten des Fundstücks in einer etwas größeren Version.

Viele Grüße aus dem Hesseländle

Frank

Wiedehopf

Moin Frank,

das Material erinnert mich an den von P.V.Petersen auf Seite 25/26 beschriebenen Bryozoflint von Fünen (Fynsk Bryozoflint). Siehe auch hier:

https://sucherforum.de/steinartefakte/kernbeil-besonderer-flint/msg509129/#msg509129

Viele Grüße und schönen Urlaub
Michael 
 

Herlitz

Hallo,

ich kann hier mal ein Bild eines Rohlings für ein Flintbeil zeigen, das mal als Danienflint bestimmt wurde. Leider sind die Fundumstände, des in einer mitteldeutschen Heimatstube befindlichen Artefakts, unklar.
Das Material sieht mir ähnlich aus.
 :winke:  Sven

Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.

StoneMan

Moin Sven,

der Querschnitt beider Ende wäre interessant.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Herlitz

Hallo Jürgen,

der Querschnitt ist rechteckig.
 :winke:

Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.

Sprotte

Hallo,

das Material bekommt mir bekannt vor - ein von mir in Nordwestemechlenburg gefundendees neolithisches (aber ungeschliffenens) Flintbeil besteht aus dem selben Material. Das Material ist wohl lokalen Ursprungs (Geschiebe?), z.B. körnig anmutender Dan-Flint oder stark verkieselter Saltholmkalk.

Viele Grüße
Sprotte

Neos

#20
Moin, zusammen,

Dank euch allen für eure Beiträge und die vielen Beispiele! :super: Ich stelle für mich fest, dass eine eindeutige Ansprache bei diesem Fundstück hinsichtlich der Materialfrage offenbar nicht ganz trivial ist. Aufgrund der - ich nenne es mal - ,,Grobkörnigkeit" würde zumindest ich als Laie nicht an eine Flint-Varietät denken. 

Wäre vielleicht auch Felsgestein wie in diesem Beispiel hier für euch denkbar? Das sieht vom Foto her dem hier vorgestellten Stück schon sehr ähnlich, finde ich.

Wie ich schon schrieb halte ich euch (natürlich) auf dem Laufenden.

Nochmals vielen Dank und viele Grüße

Frank

thovalo

Zitat von: Neos in 09. Juli 2024, 21:48:50Hallo, Fischkopp,
dank dir! Ja, Valkenburg-Feuerstein wäre der Hammer. Schaun mer mal!

Ich hänge hier noch mal ein etwas größeres Foto an. Vielleicht ...  :zwinker:

Liebe Grüße zurück

Frank

Valkenburgfeuerestein darf man getrost ausschließen. Das war ein räumlich begrenzt verbreitetes Material, das zudem nur in Form von oft sehr großen und wucchtigen Parallelbeilklingen in den Austausch gegangen ist. Artefakte daraus finden sich ausschließlich in Belgien den Niederlanden und dem Rheinland.

Das gezeigte MAterial wird sic sicherlich im nordischen Raum findn lassen.

lG Thomas


Das ist sicher ein nordisches Material
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Neos

Moin, zusammen,

ich möchte gerne Licht ins Dunkel bringen:

Auf dem gestrigen Tag der Archäologie in Schleswig-Holstein hatte ich die Möglichkeit, das in diesem Beitrag vorgestellte Fundstück einem Archäologen aus Dänemark zu zeigen. Er hat das Rohmaterial eindeutig als grobkörnigen Danien-Flint identifiziert. Herzlichen Glückwunsch an all jene unter euch, die dies schon vorher vermutet hatten. :super:

Hinsichtlich der Funktion tendierte er übrigens auch stark zu einem Kernbohrer, erwähnte in dem Zusammenhang aber auch die von Jürgen bereits genannte "Spidsvåben" ("Spitzwaffe").

Viele Grüße von der Küste

Frank

Fischkopp

Hallo Frank,

Danke das du deine Erkenntnisse hier teilst.
Ich lerne immer gerne dazu.

LG
Fischkopp

StoneMan

Moin Frank,

leider konnte ich nicht zum TDA kommen.

Danke für Deine Nachfrage (bei K.H.?), somit ist meine ´Bestimmung / Vermutung´ bestätigt.

Für mich auch sehr wichtig, endlich mal ein gesichertes Stück "Mat danienflint" (PVP) in der Hand zu haben.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry