Ein Gerät? Die Spitze fehlt

Begonnen von Steinkopf, 05. Januar 2024, 19:11:35

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Steinkopf

Moin und allle Guten Wünsche für 2024!

An eine Suche auf den nassen Feldern ist im Augenblick nicht zu denken.
So hab ich mir Funde aus zurückliegender Zeit vorgenommen und bin auf dieses Teil gestossen.

Es ist ein kräftiger klingenartiger Abschlag, bis 11 mm stark.
Die Schlagfläche wurde fein präpariert und ist noch vorhanden.

Die ventrale Retusche am Proximalende mutet wie ein Griffende an.
Distal ist das Ende abgebrochen. Nach dem Kantenverlauf hätte es spitz zulaufen können.
Es stammt wohl von einerm versunkenen Platz der Erteböllekultur an der Ostsee.
Die helle Patinierung ist typisch für Flintartefakte, die längere Zeit im
Salzwasser dem Licht ausgesetzt waren.

Es passt wohl in keine der gängigen Kategorien. Könnte es eine kleine Stichwaffe sein?

LG
Jan


Furchenhäschen

Hallo Jan,

danke und Dir auch ein gesundes, glückliches und erfolgreiches Jahr 2024.

Ein interessantes Stück, das Proximalende ist ja dorsal und ventral bearbeitet, wobei die Retusche Dorsal unterhalb der Beschriftung recht interessant ist.
Der vermeintliche Bruch ist wohl schon sehr zeitig passiert und erscheint im Vergleich zum Rest schon ziemlich stark verrundet, oder täusche ich mich?
 
Deswegen wäre aus meiner Sicht die Nutzung als (abgebrochene) Stichwaffe noch ungewiss aber einen Gegenvorschlag zur Nutzung könnte ich jetzt auch nicht vorbringen.
Vielleicht bin ich einfach zu weit weg.........

Viele Grüße Peter :winke:

Wiedehopf

Hallo Jan,

dein interessantes Stück erinnert mich am ehesten an einen Klingenkratzer ('Fläkkeskraber, PVP No.46).

In einem anderen Bestimmungsbuch (Jeg ser pä Oldsager, No. 15) spezifiziert als 'Fläkkeskraber med indbuet äg', also -wenn ich mich nicht irre- Klingenkratzer mit eingebuchteter Schneide. Daher spitz zulaufend. Eine (ehemalige) Stichwaffe sehe ich hier eher nicht. Erteböllekultur bestätigen beide Bücher.     

Viele Grüße
Michael

Furchenhäschen

Zitat von: Wiedehopf in 05. Januar 2024, 21:13:54Hallo Jan,

dein interessantes Stück erinnert mich am ehesten an einen Klingenkratzer   

Viele Grüße
Michael

Hallo Michael,

Wo sind die Kratzermerkmale erkennbar?
Grüße Peter

Wiedehopf

Hallo Peter,

ich meinte oben eine Kratzerkappe zu erkennen. In den mir zur Verfügung stehenden dänischen Bestimmungsbüchern ist leider die Rückseite der 'Scraber' nicht mit abgebildet. 
   

Viele Grüße
Michael   

RockandRole

Servus,

das sieht mir eher aus wie eine sehr sorgfältige Schlagflächenpräparation  :winke:

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Persephone

Als Laie würde mir zum Proximalende ein nigelnagelneues und unbenutztes Feuerzeug einfallen.
Also ein unbenutzter Feuerzieher, bzw -schläger?
Wobei die dorsale Retusche dann obsolet wäre.

 :winke: Persephone



hargo

Hmm, scheint immer noch ungeklärt  :glotz:

mfg

Steinkopf

Hallo.

Nachdem hier keine weiteren sachdienlichen Hinweise mehr eingegegangen sind,
danke ich Peter, Michael und Daniel hargo und Persephone fürs Hinschauen und Kommentieren.

Dieses Fundstück passt, wie Michael schon bemerkt, in keine Typologie.
Da es sich um ein verdriftetes Fundstück vom Strand handelt, ist auch die zeitliche
Zuordnung zur Erteböllekultur nicht zwingend, wenngleich im Rahmen der Beifunde wahrscheinlich.
Persephones Vorschlag als 'Funkenlöser' muss offenbleiben weil es keine Gebrausspuren gibt.

So hat hargo es treffend zusammengefasst: "Hmm, scheint immer noch ungeklärt"

LG
Jan
 

Wiedehopf

Moin Jan,

ich denke, gerade in deinem Suchgebiet mit seinem ausserordentlichen Flintreichtum, hat man nicht immer nur 'nach Katalog' gearbeitet.

Es sind zudem auch Überschneidungen zwischen den Typen denkbar, besonders bei so relativ einfachen Geräten. Zu Spitzwaffe, Scheibenmeissel, Klingenkratzer sind zumindest Ähnlichkeiten vorhanden. Hier noch ein Beispiel ('Skivemejsel') im Vergleich mit deinem Fund.

Viele Grüße
Michael 

Fischkopp

Moin Jan,

auch Dir alles Gute und gut Fund für 2024,

Eine Stich"Waffe" sehe ich hier überhaupt nicht. Zum stechen gemacht würde die Klinge wenn sicher geschäftet ca. 4 cm hinter der Schäftung herausschauen (Behaupptung von mir). Nun ersteche damit mal jemand im Winter der eine Kleidung aus Fell und Leder trägt... Keule oder Pfeil und Bogen sind da wohl effektiver.
Holzbearbeitung ist mein verdacht. Das Teil ist nicht abgenudelt und wohl in seinem Abnutzungsprozess frühzeitig verloren gegangen...

LG Fischkopp


Steinkopf

Moin Fischkopp,

wer wird gleich an Mord und Totschlag denken - dafür ist das Artefakt zu klein.
Das sehe ich genauso. Aber es wurde an Küsten, Flüssen und auf Inseln gesiedelt.
So sind - bis heute erhalten - unter Wasser Zäune als Fischfallen, die einen Teil
der Mündung abriegelten und die Beute in Reusen lenkten gefunden und dokumentiert.

Das ganze Inventar mit Aalstecher, mit Ornament verzierte Paddel und weiteres Equipment
zumeist aus Hasel oder Weide geflochten sind geborgen worden.
Besonders bei Tybrind Vig auf Fünen hat die Marinearchäologie um die Jahrtausendwende herum
sensationelle Befunde und Funde gebracht.

Auch die gute Erhaltung der organischen Artefakte aus Holz, Geweih und
Knochen geben hier ein gutes Bild mesolithischer Wirtschaftsweise.

Nachzulesen in englischer Spache bei:
          Sören H. Andersen,  TYBRIND VIG - submerged Mesolithic settlements in Denmark
          Moesgaard Museum, 2013

In dem Kontext könnte ein kleinen 'Stecher' bei Holz- und Flechtarbeiten vielleicht Sinn machen.
Aber von dort ist auch kein Gegenstück veröffentlicht.

LG
Jan

Fischkopp

Hallo Jan,

das Wort Waffe hast du ja zuerst in den Raum geworfen. Da denke ich immer an Mensch gegen Mensch...
Das dieser Fundplatz etwas besonderes ist zeigt dieses Artefakt sehr gut. Eine klare Ansprache ist uns heute nicht möglich. (Das kommt noch). Ganz toll ist die "Verhaftung" des Stückes Urgeschichte und die Diskussion hier.
Bin gespannt was noch alles so kommt von diesem Platz. Wenn ich mich richtig erinnere hast du ja schon tolle Sachen von dort uns vorestellt.

LG Fischkopp

Steinkopf

Nur zur Klarstellung:
Die bebilderte Publikation (Tybrind Vig) zeigt exemplarisch die materielle Seite der
mesolithischen Kultur auf. Es ist nicht der Fundplatz des von mir gezeigten Artefakts.

LG
Jan