Für mesolithische Petrijünger

Begonnen von Marienbad, 28. Dezember 2009, 22:02:04

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Marienbad

Hallo Leute,

das die mesolithischen Angelhaken keinen Wiederhaken hatten ist sicher bekannt.
Für mich war neu, daß es sehr kleine von den knöchernen Angelhaken gibt. Sie sind
in Dänemark und Polen ergraben worden.Die grösseren auf den Fotos sind aus
Rinderröhrenknochenfragmente geschnitten. Die Winzlinge habe ich aus Rothirsch-
röhrenknochenfragmente gefertigt. Für die kleinen Haken mußte ich mit mikro
Flintwerkzeugen arbeiten. Für die Großen habe ich 6 Std.und für die Kleinen 5 Std.
gebraucht. Schwierig war das Festhalten der kleinen Dinger beim bearbeiten.

Manfred  :winke:













Silex

Dabei hätte ich Dir gern über die Schulter gelugt, Manfred!
Da ich diese widerwärtigen, gleichwohl kulturtragenden "Lebensspender"  öfter im Einsatz sah (nur als Luger) frage ich mich ob diese Typen nicht eine weiter nach außen gelegte Spitzenposition aufwiesen. Immer wieder  anschaulich und "grausam"  vor geistigem Auge wenn diese Hilfsmittel aus den Einraststellen entfernt werden mussten.
Ich vermute  übrigens dass der  steinzeitlichen Jagd auf Fische viel zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird  (wurde) und etliche Geräte die bisher noch kaum gewürdigt wurden in diesen Zusammenhang gehörten.
Eine Tierherde wird relativ dauerhaft den jägerischen Einsätzen ausweichen....wohingegen ein Fischschwarm schon nach kurzer Zeit , unbedarft die Verluststelle wieder besuchen wird.
Was wird man da nicht alles veranstaltet haben: Steine/Harpunen/Fischpfeile  in Flachgewässern, Reusen, Netze, Gifte....
(Meine Versuche mit der kleinen Tochter (ohne Hilfsmittel)  führten an seichtem Flussufer nur zu einer schlüssigen Eiweißquellzufuhr:
Kleine Fische kann man im flachen Randbereich mit schnellgestreuten Steinbarrikaden sehr effektiv  einheimsen....auch wenn etliche  über die Barrikaden entspringen. Man könnte dieses Experiment ausweiten und wie , schon irgendwie ,für diesen Zeithorizont, gelesen , in frühe Teichwirtschaft übersetzen).

Aber das Angeln ist die spannendste Möglichkeite das Mysterium der Beziehung zwischen Mensch und Gewässer zu erleben. Wenn das Geflirre der Lichtreflexe eins wird mit dem Ziehen des Stromes.... dem Herzschlag und dem Atem....wenn die  Bisamratte sich knisternd, hervorwagt und die Mücken schlaglosstraffrei , blutgefüllt davontorkeln dürfen....weil der seelenvolle ALTE Proteinversorger vielllllleicht da unten .....
Das wäre interessant: Wann der erste Fischköder auf eine Vorrichtung drapiert wurde die dem Entrinnen Einhalt gebot. Ziemlich früh..... nehme ich an

Danke, Manfred für Deine anregende Arbeit!
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger


Marienbad

#3
Moin Silex,

es gibt schon einiges was das Wissen über die steinzeitliche Fischerei angeht, Fischspeere und Knebelangelhaken wurden im Norden schon in der Nacheiszeit von den Jägern und Sammlern benutzt. Die aktive Fischerei mit der Angel oder Fischspeer wird sicher nur geringe Mengen an Beute erbracht haben, die passive Fischerei dagegen mit den Fischzäunen und Reusen erbrachte ganzjährig Massen von Fischen.
Regional und jahreszeitlich wurden die Fangplätze immer wieder aufgesucht und das nicht nur an den Küsten sondern auch im Binnenland.
Der Fischfang war eine erhebliche Ergänzung bei der Nahrungsbeschaffung. Auswertungen von Fischgräten an den Fundplätzen haben tolle Ergebnisse erbracht, so wurden z B nur die Kopfknochen von Fischen an einigen Fang und Lagerplätzen gefunden. Die fleischbehafteten Teile und deren Gräten dagegen waren nicht im Fundgut. Die leckeren und begehrten Stücke wurden sicher ins fischärmere Hinterland verhandelt.
Nach vollzogener neolithisierung im Norden wurde weniger gefischt, die Feldarbeit und die Viehhaltung erbrachte nun ja andere Nahrungsmittel. Der Fischfang wurde aber nicht aufgegeben.

Deine angesprochene Fangtechnik mit Deiner Tochter mit dem Steinwall hat sicher auch eine nicht unerhebliche Rolle gespielt, denn diese Art von Fischfang ist die einfachste und wird noch heute von etlichen Naturvölkern ausgeübt.
Ich hatte bei einer Grabung ertebölle Spitzbodenkeramik in den Händen, da waren noch die Speisereste an der eingebrannten Kruste. Die Untersuchung von dieser Kruste erbrachte eine kleine Sensation, es wurde in dem Topf Kochdorsch mit gehackten Haselnüssen und Kräutern geköchelt.

Die abgebildeten Angelhaken entsprechen der Form und Größe von den ergrabenen Stücken. Bei den Winzlingen scheint es sich um Schluckhaken zu handeln, denn für den Lippenbiß sind diese ungeeignet.

HG  Manfred  :winke: