Bücher binden mit Hausmitteln

Begonnen von rolfpeter, 18. März 2008, 19:09:05

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rolfpeter

Servus Freunde,

wer kennt nicht das Problem - man hat Fachliteratur in Blattform, sei es als ausgedrucktes pdf -File aus dem Netz oder als Fotokopie und möchte es optisch ansprechend abheften. Der gute alte Ordner ist zwar prinzipiell geeignet aber in der Handhabung unbefriedigend. Mit der Zeit reißen die Heftungslöcher aus, häßlich sind die Dinger zudem und im Bett kann man die überhaupt nicht lesen.
Also wird ein Buch gebunden, ein Paperback. Wir bedienen uns einer Klebebindung, die nach ihrem Erfinder Emil Lumbeck auch "Lumbecken" genannt wird. Damit die Arbeit vernünftig und zeitsparend von der Hand geht, geben wir uns erst gar nicht mit irgendwelchen Provisorien ab, sondern bauen eine einfache Vorrichtung.

Als Hilfsmittel benötigen wir:
2 Bretter von 350x100x18 mm
2 Bretter von 350x200x18 mm, kann man aus einer einzigen Platte Buchenholz vom Baumarkt zurechtschneiden.
4 Schrauben oder Gewindestifte M8x60 mm, kann man von einer Gewindestange absägen.
4 Muttern oder Flügelmuttern M8
1 Metallsägeblatt
Holzleim (Ponal oder Uhu)
1 Leimpinsel

Wir legen jeweils 2 gleiche Bretter übereinander, fixieren sie gegeneinander und bohren im Abstand von 320mm Löcher von 6,5 oder 7 mm Durchmesser. In jeweils eines dieser Bretter wird M8 Gewinde geschnitten, die Löcher in den anderen beiden Brettern werden auf 8,5 mm aufgebohrt. In die Gewindelöcher werden die Gewindestifte eingedreht. Somit sind die Pressen fertig und es kann losgehen.
Wir legen uns die beiden Bretter mit den Stehbolzen auf die Arbeitsplatte wie im ersten Bild gezeigt..



Die Seiten für das Buch liegen in Blattform vor und als Buchdeckel nehmen wir für vorn und hinten jeweils einen Karton A4 von 200g/m². Die Deckel können nach Gusto bedruckt werden. Der Buchblock wird aufgestoßen und auf die Bretter gelegt. Liegt alles schön senkrecht übereinander, steht nichts über? Prima!



Jetzt wird das hintere, breitere Deckbrett aufgelegt und festgezogen. Nochmal nachsehen, ob nichts übersteht, ggf korrigieren. Der Buchblock ist fixiert und nicht läßt sich mehr verschieben.
Als nächstes wird das vordere, schmalere Brett so ausgerichtet, daß der Buchblock ca. 5 mm übersteht. Deckelbrett drauf, festziehen! Was wir nun vor uns haben, ist der zukünftige Buchrücken.



In diesen Buchrücken werden schräg einige 2 mm tiefe Sägeschnitte eingebracht. Der Leim hat mehr Angriffsfläche, das verleiht dem Buch nachher zusätzliche Stabilität.



Nun können wir die schmalen Bretter entfernen. Durch die hinteren Bretter ist ja noch alles verbunden....deshalb die beiden Brettpaare! Jetzt wird geklebt, also ist zügiges Arbeiten angesagt! Wir fächern das Papier schön auf und pinseln die aufgefächerte Rückenseite mit Leim ein. In die Gegenseite auffächern und dann noch mal mit Leim bestreichen. Ich gebe immer ein wenig Leim auf ein Tellerchen und befeuchte den Pinsel vor der Kleberei, das gibt dem Stöffchen eine geeignete Konsistenz.




Auf das schmale Brett mit den Stehbolzen legen wir als Schutz ein Blatt Papier, damit das gebundene Buch nicht an der Zwinge festklebt. Dann wird der Buchblock auf das Brett gelegt und das Schutzblatt umgeschlagen. Deckbrett drauf und die Schrauben gut festziehen. 5 Minuten warten, damit der Leim ein wenig anzieht. Nun reißen oder schneiden wir das Schutzpapier auf und ziehen mit dem Pinsel den Leim gerade, das ergibt einen schönen ebenen Buchrücken. Der eingespannte Buchblock soll jetzt trocknen, vielleicht über Nacht.




Wir reißen das Schutzpapier ab, somit ist das Buch ist im Rohbau fertig. Ein Paperback benötigt aber noch einen bedruckten Buchrücken. Dazu nehmen wir auch 200g/m² Pappe, bedrucken die mit dem Buchtitel und kleben den Streifen auf den Rücken den Buches.
Ohne die Trocknungszeiten liegt der Zeitaufwand für ein Buch unter einer halben Stunde.




Der Rücken ist noch ein wenig wellig, das Papier ist noch feucht. Nach dem Trocknen zieht sich der Rücken aber gerade und glatt.
Wenn man Bücher selbst drucken möchte, dann ist ein Tintenstrahldrucker aus Kostengründen natürlich wenig geeignet. Bestens eignen sich alte, qualitativ hochwertige Büro-Laserdrucker! Ich habe mir vor Jahren einen ausgedienten HP Laserjet 4+ zugelegt. Der hat zwar schon mehr als 200 000 Drucke auf dem Buckel, aber läuft noch tadellos. Eine Tonerkassette hält ca. 3500 Blatt! Alles ist für kleine Euros beim großen Internetauktionshaus zu ersteigern. Billiger geht's nicht!
Oder man druckt auf der Firma. Ist noch billiger!  :-D

Ich hoffe, euch eine Anregung gegeben zu haben, es ist wirklich keine große Kunst, probiert es einfach!

Herzliche Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Tomcat

Mann ist das Klasse!

:super:
Danke!!

mfg
Tct
Life burns!

klondyke

Gruß und Gut Fund
klondyke

Lojoer

RP
das ist  :super:
eine wirklich gute Beschreibung,
z.B auch gut geegnet für das Binden der Fundmeldungen.
Ich weis schon was ich morgen mache.
Gruß Jörg

Silex

Du bist ein "Hund" Rolf-Peter! Ein Tausendsassa.....
Ich schick Dir mal ein paar meiner Lieblingsprobleme....

Danke! aus der schneebedeckten Oberpfalz
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

signz

Genau danach hab ich vor ein paar Stunden erst gegoogelt.

Vielen Dank für die super Beschreibung!
:winke:

rolfpeter

Nehmt besser 100 mm Gewindebolzen, dann klappt es auch für dickere Bücher!

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Gratian

Hallo rolfpeter,

Klasse Beschreibung...

hast Du schon mal Erfahrungen mit Planatol BB-Buchbinderlein gesammelt?
Gut Fund!   :engel:
Gratian

ANTE ROMAM TREVERIS STETIT ANNIS MILLE TRECENTIS
PERSTET ET AETERNA PACE FRUATUR. AMEN.

rolfpeter

Servus Gratian,

nein, habe ich nicht. Ich nehme immer das, was gerade da ist, zur Zeit Uhu Coll. Es funktioniert tadellos. Man muß den aufgefächerten Bundsteg sorgfältig und vollständig mit dem Leim einpinseln. Der Pinsel darf nicht zu weiche Borsten haben.



HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

steinsucher

Hallo RP, klasse Beitrag.

ich sagt Dir bescheid wie es bei meinen handwerklichen Fähigkeiten gelaufen ist.

Vielen Dank,

Fritz.

Tomcat

@ Gratian: Ich hab in einigen Kursen mit BB gearbeitet, gibt's aber leider nur in großen, rel. Gebinden, hält dann aber auch extrem lange.
In der Verarbeitung fühlt sich das ganze etwa wie Ponal an, ist gut mit Wasser "einstellbar" und lässt sich in der richtigen Viskosität sehr schön verteilen.
Besonders beim Aufziehen von Papier (Also z.B. dem Bekleben von Pappe mit Papier) funktionier das super, vorausgesetzt natürlich, man beachtet die Laufrichtung des Papiers.

mfg
Tct
Life burns!

)))DRAGO(((

tolle sache das mit dem selber machen von Büchern, klasse Arbeit Rolf Peter :super:
Markus Brüche Der Kölsche Schatzsucher DAS ORIGINAL.: https://www.youtube.com/channel/UCMsNb3bLavUlEMWhqsC7udA

Gratian

Aus dem Netz: http://www.buch-kunst-papier.de/p119.html


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1,05 kg Dose

Praxisbewährter Dispersionskleber für die manuelle Klebebindung von Werkdruck-, Offset- oder Illustrationspapier zu Broschüren, Büchern, Katalogen, Kalendern, Zeitschriften usw.

BB kann mit bis zu 10 % Wasser verdünt auch für die Blockleimung verwendet werden.

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Gut Fund!   :engel:
Gratian

ANTE ROMAM TREVERIS STETIT ANNIS MILLE TRECENTIS
PERSTET ET AETERNA PACE FRUATUR. AMEN.

Tomcat

...Genau das ist der- weiße Plastikdose, blauer Deckel, darunter sitzt noch ein Blechverschluss.
Sollte man, wenn einmal angebrochen, noch zusätzlich mit etwas Klebeband Luftdicht machen, dann hat man länger Freude daran.
Das mit dem kaschieren sollte man EIGENTLICH entweder mit dem genannten Elasta machen, oder mit BB + Stärkekleister.
Meine Erfahrungen aus -ungelogen- mehreren Quadratmetern bespannen bestätigen aber, dass es auch mit stark verdünntem BB geht ;-)

mfg
Tct
Life burns!

Carolus Rex

------------Melden macht frei--------------