Übersicht der aus einer Planierschicht geborgenen Trichterhalskrüge des 16. Jhs.

Begonnen von thovalo, 05. Mai 2011, 20:24:35

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thovalo

Zur besseren Übersicht habe ich mal alle besser erhaltenen Trichterhalskrüge aus Siegburger Steinzeug des Fundplatzes zusammen gefasst.
Sie stammen aus einer einzigen Planierschicht und datieren in die zweite Hälfte des 16. Jhs.

Um das proportionale Ausnahmeverhältnis des Neufundes eines Siegburger Trichterhalskruges zeigen zu können, stelle ich ihn einem Krug aus Raerener Produktion gegenüber der aus derselben Massnahme stammt. Das Raerener Gefäß ist prachtvoll mit dem Königswappen Dänemarks und der Datierung 1579 versehen. In der Wappenauflage findet sich auch die Signatur E K verborgen.
Das Stück stammt aus der Hand des Raerener Töpfermeisters ENGEL KRAN.

Die seitlich angebrachten großen Medaillons zeigen Merkur mit der Umschrift MERCVRIVS MERCATORVM FAVTOR.
Merkur als Beschützer, Gönner und Förderer des Handels und der Händler.

Der großformatige Siegburger Krug kann nach der beeindruckenden Qualität des Gefäßes und der verwendeten Auflage aus einer Meisterwerkstatt der Familie Knüttgen stammen. Weitere Informationen wird das Literaturstudium erbringen.


lG thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Storkianer


thovalo

Hab noch diesen kurz zusammenfassenden Artikel über die Siegburger Töpferei gefunden

lG  :winke:


Aus dem "Bonner Generalanzeiger":

"Die Schnelle ist weltbekannt
Die Töpfertradition reicht bis ins Mittelalter zurück

Siegburg. Über Siegburgs Geschichte lässt sich nicht berichten, wenn die große Vergangenheit als Töpferstadt verschwiegen wird. Steingut aus der alten Stadt genoss Weltruf. Archäologen schätzen, dass am Fuße des Michaelsberges schon vor 700 Jahren die ersten Töpfer wirkten. Tönerne Ware aus Siegburg findet sich in so manchem Museum und so mancher Vitrine rund um den Globus.


Tönernes in allen denkbaren Formen hat einst die Brennöfen der Siegburger Töpfer verlassen.

Das Töpfern haben die Siegburger nun wahrhaftig nicht erfunden. Dank der Vorkommen ausgesprochen geeigneten Rohstoffs aber und des Einfallsreichtums der Handwerker gelangen ihnen Becher und Krüge, Teller und Kannen allerfeinster Qualität und großer Schönheit. Eine Spezialität ist die berühmte Siegburger Schnelle, ein hohes schlankes Trinkgefäß, oft reich verziert und mit Henkel.

Wo die meisten Töpfer lebten und arbeiteten und wo sich in der Nähe der Ton fand, das lässt sich heute noch im Stadtplan ablesen. Die Aulgasse hat ihren Namen von den Ulnern, wie die Handwerker im Mittelalter hießen. Das Wort leitete sich vom lateinischen olla ab. Es bedeutet Topf.

Im Haus Nummer 8 wohnte der wohl berühmteste Töpfer der Stadt, Anno Knüttgen. Im 16. Jahrhundert schuf das Zunft-As mit enormer Kunstfertigkeit ganze Geschichten aus Ton mit biblischen Themen.

Die Qualität der Siegburger Ware sprach sich herum, und Kölner Kaufleute - Siegburg lag an der schon damals bedeutenden Handelsstraße zwischen der Domstadt und Frankfurt - trugen sie in alle Welt.

Wer sich auskennt, vermag etwa auf alten Gemälden Siegburger Steinzeug zu entdecken. So hat Pieter Brueghel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Zechern auf seinem Bild Bauernhochzeit Krüge nach Siegburger Vorbild in die Hände gedrückt. Weitere Beispiele finden sich auf Bildern Stephan Lochners.

Als schwedische Truppen im 30-jährigen Krieg die Töpfervorstadt zerstörten, war das der Anfang vom Ende der Siegburger Töpferei. Archäologen haben immer wieder Reste und gut Erhaltenes gefunden.

Sensationell war Anfang der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts die Ausgrabung des Scherbenbergs an der Seehofstraße. Mehr als 8 000 Gefäße sowie hunderte Kisten voller Scherben kamen zutage. Es handelte sich um eine Halde, auf der die Handwerker die weniger gelungenen Stücke deponierten.

Heute findet sich Siegburger Keramik in allen wichtigen kunstgewerblichen Sammlungen der Welt. Viel Raum bietet natürlich das Stadtmuseum der Keramik-Tradition Siegburgs. So ist die Entstehung einer klassischen Schnelle anschaulich dokumentiert.
"


und zur weiteren Verbreitung informiert dieser Link mit Beispielen aus Lüneburg

http://www.stadtarchaeologie-lueneburg.de/mag/stz-siegb.htm
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Goatman

Hi,
einfach traumhaft. Danke fürs zeigen.
:-D

Levante


Ne mal im Ernst, wirklich ein Schöner Fundbeleg, aber schade das er irgendwann dem LVR Übereignet wird, die wissen schon jetzt nicht mehr wohin mit dem ganzen Zeug.

@Goatman
Mein Interessengebiet wird hier leider nicht mehr so ganz angeschnitten, mir hat es mittlerweile eher das frühere Keramikmaterial angetan, so 11. - 14. Jahrhundert.
Und da bin ich schon mit einer schönen Scherbe zufrieden.  :zwinker:

Man kann, die Fundgebiete, die wir so vor der Haustür haben, einfach nicht mit Rheinland vergleichen, was da so bei Notgrabungen oder Begehungen aufgesammelt wird ist einfach nur der Wahnsinn, hat aber mit anderen Fundgebieten kaum etwas gemeinsam. Und gerade die Keramik die in Köln und Umgebung ausgegraben wurde und wird, versetzt mich immer wieder in erstaunen.

Nicht von ungefähr, gibt es im Rheinland wohl die größte Dichte an Privatsammlungen. Die ja schon in der Vergangenheit und auch in der Zukunft, immer mehr den Weg in die Museumssammlungen , gefunden haben und finden werden.

Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

thovalo

Hab mir Heute am Fundort nochmal richtig Mühe gegen aber irgendwann hat Jemand die Fundschicht mit "Schmackes" "planiert".
Da blieb weit überwiegend nur Scherbensalat übrig!
Sieht aus wie nach nem Renaissancepolterabend .....  :glotz:
Aber zu finden war immer noch was!

lG  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Gratian

Bist du auch mal mit 'nem Metalldetektor über die Fläche gegangen...Planieren ist dafür ja eher vorteilhaft.... :winke:
Gut Fund!   :engel:
Gratian

ANTE ROMAM TREVERIS STETIT ANNIS MILLE TRECENTIS
PERSTET ET AETERNA PACE FRUATUR. AMEN.

thovalo

Nein!

Da liegt viel Eisenschrott mit drin und manchmal Bleistücke von zerschlagenen Verglasungen.
Aber das alles kommt ohnehin vor die Kelle!

lG  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.