römischer Luxusbrocken (Marmor!)

Begonnen von wühlmaus, 07. Juni 2007, 12:59:48

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wühlmaus

Hi  :winke:

hier mal ein Lesefund von einer römischen Villa, den ich Euch nicht vorenthalten wollte ...

Ein ordentlich profiliertes Fragment der Marmorvertäfelung.  :jump: :jump: :jump:

Ich habs im ersten Augenblick für neuzeitlichen Bauschutt gehalten ...  Auf so ein Luxusstück war ich gar nicht gefasst  :engel:
Wird wahrscheinlich eine "Bonzenvilla" gewesen sein, mit repräsentativer Protzfassade zum großen vaterländischem Fluß hin ...

Interessant ist, dass sich auf der Rückseite im Schräglicht leicht eingekratzte, senkrechte und waagerechte Linien zeigen ... kann dass irgendeinen (bau-)technischen Grund haben? Für eine bessere Haftung im Mörtel sind sie eigentlich zu klein ...
Spielbrett?

wühlmaus

... wie gesagt, für mich war es ein Ausnahmefund und ich war mir nicht ganz sicher, ob er wirklich Antik ist ...

Richtige Gewissheit hatte ich erst, als wir im letzten Jahr die Ruinen der antiken Stadt Side in der Türkei besuchten ... dort lagen die Vertäfelungsfragmente gleich dutzendweise auf den Wegen ...  :staun:

Dieses herrenlose, kreuzverzierte Stück aus dem Bereich des byzantinischen Bischofspalastes hätte eigentlich ganz gut in meinen Rucksack gepasst ...  :heul:
:nono: Natürlich hab ichs liegengelassen ...  :nono:

Hier bei uns sind diese Stücke wohl fast zur Gänze dem Steinraub und den Kalkbrennereien zum Opfer gefallen ...

:winke:
Gerd

Gratian

ZitatHier bei uns sind diese Stücke wohl fast zur Gänze dem Steinraub und den Kalkbrennereien zum Opfer gefallen ...

Kann ich bestätigen, ich habe ja jahrelang im Schutt der ältesten Stadt Deutschlands gewühlt und eigentlich nur zweimal sind mir Marmorfragmante einer Vertäfelung untergekommen. Auch so relativ kleine Bruchstücke...Steinraub war ja über alle Jahrhunderte die einfachste Art an gutes Baumaterial zu kommen.
Gut Fund!   :engel:
Gratian

ANTE ROMAM TREVERIS STETIT ANNIS MILLE TRECENTIS
PERSTET ET AETERNA PACE FRUATUR. AMEN.

Carolus Rex

Hi

Das ist meiner

@Gratian
Aus deiner Stadt :frech: :frech: :frech: :frech:

Gruß CR
------------Melden macht frei--------------

wühlmaus

Hi ihr zwei Beiden!  :winke:

Von der alten Reichshauptstadt des Westens hätte ich eigentlich mehr erwartet ...  :narr:

Das ganze Thema Steinraub auf antiken Stätten spukt schon ein bißchen länger in meinem Schädel rum ... Ich meine, wenn man auf römischen Trümmerstellen unterwegs ist, dann muß man immer bedenken, dass man eigentlich nur das findet, was andere, viel frühere Epochen übrig gelassen haben. Und weitergehend: Man kann sich auf die Hinterlassenschaften der "Steinräuber" einstellen ...
Das "Plündern" begann in der Spätantike. Die großen Gußbetonbefestigungen des 4.Jh. wurden zum überwiegenden Teil aus abgebrochenen Gebäuden und Grabmalen vor Ort oder aus der nächsten Nähe aus dem Erdboden gestampft. Wenn man sich die massiven Mauern aus dieser Zeit genauer anschaut, findet man in ihnen wahre Schätze der antiken Bauskulptur (zB Neumagen) ...
Im frühen Mittelalter hatte man vielleicht kein Interesse an den ollen Steinen, aber man graste die Stätten trotzdem ab auf der Suche nach verwertbaren Metallen ... Daran sollte man denken, wenn man zB auf dem Platz einer Villa Rustica plötzlich auf Reste von Bronzeverarbeitung stößt ...
Ganz zu Schweigen vom Grabraub ... Was ich zum Beispiel bis vor kurzem nicht wußte: Oftmals hat man die Bestattungsplätze damals schlichtweg einfach nur nach wiederverwendbaren kompletten Tongefäßen abgesucht ...
Mit Karl dem Großen kam die repräsentative Monumentalarchitektur zurück nach Deutschland ... Seine Aachener Pfalzkapelle strotzt förmlich vor geraubtem, antikem Steinmaterial ...
Die nun aufkommenden kirchlichen Großprojekte des Mittelalters fallen unter anderem mit direkten Stadterweiterungen zusammen ... Man schleifte die massiven, spätrömischen Befestigungen, die vielerorts einfach weitergenutzt worden waren und ihre Steine kamen in die Kirche und die neue Mauer ... wenn man damit fertig war, ging man in der weiteren Umgebung auf die Suche ...
Hier ein sehr praktisches Beispiel von Re-Recycling aus Neuss:
http://www.novaesium.de/graphiken/burgus.htm
Bei der archäologischen Begleitung an Baumaßnahmen innerhalb eines alten Klosterbereiches stieß man unverhofft auf die Reste eines römischen Burgus ...
Der Burgus selbst bestand schon aus wiederverwertetem Material. Die Mönche bekamen das Grundstück der Ruine, legten sie nieder und bauten aus ihrem Material ihr Kloster and der gleichen Stelle ...  :staun:
Das muß damals ein reges Treiben gewesen sein in diesen Ruinen-Steinbrüchen ... Das sollte man zB im Auge behalten wenn es wieder mal darum geht, wenn man mittelalterliches Zaumzeug, Beschläge, Schnallen etc. auf ausgesprochen römischen Stellen findet ...
Interessanterweise hörte der Steinraub auch nicht nach dem Mittelalter auf ...
Das tat er eigentlich erst im 19.Jh ...

Da sind wir mit unseren Mini-Funden wohl die letzten in einer sehr langen Kette ...

:winke:
Gerd

Buddelbär

Liebe Wühlmaus,

das schaut ja aus wie Carrara Marmor, ich habe solche Bruchstücke in glatter Ausführung auch erst bei einer Römervilla am Worringer Bruch gefunden, aber da wir dort auch gleich den aus- und angepflügten Mosaikboden gefunden hatten, war die entsprechende Diagnose "Bonzenvilla" auch gegeben.  In Ostia etc. ist die Wandverkleidung "fast Standard".

Grüße, Buddelbär