Zeichnen von Steinartefakten

Begonnen von steinsucher, 16. Juli 2009, 23:55:17

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a.k.a. rentner

Der Nachteil von Transparentpapier besteht darin, dass es Tusche/Farbe nicht gut saugen kann, d.h. wenn man nach Durchführung der Linienzeichnung mit Tusche/Farbe die Vorzeichnung wegradiert, nimmt man Tusche/Farbe weg.....auf den ersten Blick fällt das nicht auf.....beim Scannen schon.

Was zum Nächsten Punkt führt:der Digitalisierung der Zeichnung.
Eine optimale Lösung habe ich nicht gefunden........mag zum Teil am Scanner liegen.
Auf jeden Fall empfiehlt es sich in Graustuen zu scannen.
Evtl. bietet sich .bmp als reine Schwarz/w. Geschichte an........
Da eignet sich dann ein Stift mit gleichmässigem Schwarz gut........gerade die dynamisch auslaufenden Wallnerlinien gehen in meiner Digitalisierung schnell verloren, die Balance der "Grauwerte" stimmt dann oft nicht mehr.

Dennoch ist nat. Transparentpapier zu empfehlen, gerade um die Rückseitenumrisse des Artefakts mal einfach zu übertragen.
Am schwierigsten finde ich die Wallnerlinien hinzukriegen.....die Abstände zwischen ihnen, die Regelmässigkeit (irgendwie sind sie pinzipiell parallel, aber dann verschieben sie sich doch........).

Und Seitenansichen/bzw. Querschnitte ohne das unbezahlbare Hilfsmittel des Kamms.

tja, die techn. Probleme eines Amateurs.
m.

Mark77

Hallo Michi,

da hast du Recht mit dem Transparentpapier. Darum macht man darauf auch nur die Bleistiftvorzeichnung , paust diese auf Papier durch und arbeitet dann mit Tusche nach.
Das mit dem Einscannen hat bei mir immer gut geklappt. Aber ich habe auch die fertige Zeichnung auf Papier (sollte etwas härteres Papier sein) eingescannt. Scannst du die auf Transparentpapier ein? :kopfkratz:

Schöne Grüße und viel Erfolg,
Markus

Silex

Das ist wirklich eine interessante Diskussion!
Michis Zeichnungen sind sehr anschaulich...das erste Ding und das rechts in der Mitte  stechen positiv hervor weil sie mit annähernd gleicher Strichdicke agieren und nur im letzten Abstrich verebben. Dort wo  die Lineaturen  sehr in der Dicke variieren wird es unübersichtlich und man will nicht mehr analytisch suchen  woher die Schläge rührten und in welcher Reihenfolge. Und das ist m. E. die wichtigste Aufgabe einer Artefaktzeichnung. Da sollte  selbst die allgemeine Erkennbarkeit des Artefakts dahinter zurücktreten.
Die Linie trägt  und erregt den Gedanken... die Fläche eben eher das Gemüt.
Vielleicht findet sich hier noch ein erfahrener Zeichner der diese  Diskussion noch vertiefen könnte.
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

StoneMan

Ich habe mal eine Zwischenfrage zu der Reihenfolge der Ansichten, z. B. Vorderansicht und Seitenansicht.

Wie werden die laut Vorgaben/Hinweise von Autor XY gedreht/abgerollt, bzw. wie macht ihr das mit dem Abgerollen/Drehen?

Klare Frage? Nein?

Wenn ihr eure beiden Hände vor euch haltet und in in die Handinnenfläche schaut sind beide Daumen außen
(Eine Hand ist nun euer Artefakt - die Vorderseite).

Welche Hand dreht ihr um auf die Seitenansicht zu kommen? In jedem Falle schaut ihr dann auf euren Daumen.
Einmal schaut ihr auf die linke Kante des Artefaktes (Daumen linke Hand), einmal auf die rechte Kante (Daumen rechte Hand).

Wie macht ihr es, macht ihr es immer gleich?

Die gleiche Frage gibbet dann bei der Draufsicht/Untersicht...  :dumdidum:

Groot

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Mark77

Hallo Jürgen,

zuerst kommt die Dorsalansicht, also der Rücken mit den Graten und so weiter.
Dann zeichnest du die nächste Kante, also die rechte Kante von der Dorsalseite aus.
Das ist wie bei einem Würfel, einfach eine Seite weiterdrehen.
Dann abschließend kommt die Ventralseite dran.
...

Was genau du bei deiner Zeichnung zeigen willst, hängt vom Artefakt und dem was es zu bieten hat ab. :glotz:
Wenn z.B. der Querschnitt und die Veränderung des Querschnitts interessant ist, dann zeichnest du den ein, usw.

Schöne Grüße,
Markus

StoneMan

Zitat von: Mark77 in 29. Juli 2010, 01:07:59
Hallo Jürgen,

zuerst kommt die Dorsalansicht, also der Rücken mit den Graten und so weiter.  Ja OK, das ist die "Vorderansicht"
Dann zeichnest du die nächste Kante, also die rechte Kante von der Dorsalseite aus.  Ja OK, das ist die "Seitenansicht"

Das ist wie bei einem Würfel, einfach eine Seite weiterdrehen. NE ne ne ne ne  :cop: das ist dann nicht "einfach weiterdrehen"
- weiterdrehen, wäre doch nach "rechts klappen", aber dann (!) sieht man die linke Kante.


Dann abschließend kommt die Ventralseite dran... Ja OK, hier ergibt sich kein Problem

Die Seitenansicht ist das Problem.

Ich sehe keine Einheitlichkeit in diversen Publkationen.
Mal wird in der Seitenansicht die rechte Kante gezeigt, mal die linke Kante - in beiden Fällen jedoch rechts neben der ersten Vorderansicht (Dorsalseite).

Sollte das noch niemandem aufgefallen sein? Deshalb schrieb ich ja das hier:
Zitat von: StoneMan in 23. Juli 2010, 23:31:20
...habe ich auch mal Technische Kommunikation gehabt, also Zeichnen nach DIN erlernt.
Das geht natürlich nicht raus aussem Kopp...

Also habe ich meine Artefakte schön brav nach DIN "abgerollt", also die Reihenfolge der Vorder-Seiten-und Draufsicht
entsprechend dargestellt.

Dr. S. Veil macht das aber gaaaanz anders  :staun: (aber nicht alle fachlichen Publikationen machen es wie Veil)

Ich weiß auch bis heute noch nicht warum Veil das so macht und ob das überhaupt allgemein wahrgenommen wird?
Nur, wenn man Zeichnungen lesen kann, dann verwirrt das mitunter... :belehr:

Wenn gewünscht, zeige ich auch im Detail den Unterschied dieser verschiedenen Reihenfolge der Ansichten.

Ist etwas schwierig, dies alles schriftlich zu formulieren, wir werden sehen, ob wir das klären können.

Bis dahin.

Jürgen
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Antoine de Saint-Exupéry

Mark77

Sorry Jürgen,

was ich vergessen hatte zu erwähnen war, wie ein Würfel den man nach links dreht! Sorry :schaem:

Normalerweise zeigt man die recht Kante! Aber das mit der einheitlichen Nomenklatur kennt man ja von überall her. *seufz*

Wenn man die linke Seite anschauen will, sollte man diese ganz links anbringen. Ob das auch wirklich so zu amchen ist, k.A.
Soweit kenn ich mich da nicht aus. :smoke:

Hab ich eine Frage übersehen? Wenn ja, gib mir Bescheid! :zwinker:

Schöne Grüße,
Markus

StoneMan

Ich denke, soweit sind erstmal alle Klarheiten beseitigt - wenigstens zwischen uns  :super:

Wenigstens für Vorder- und Seitenansicht.

Das heißt aber auch für mich, dass ich mich demnächst verbiegen muss bei den Ansichten?

Eine Draufsicht ist schließlich eine Draufsicht, ist eine Draufsicht, ist eine Draufsicht, ist eine Draufsicht...

Und was ist mit den anderen Zeichnern  :schlaeger:  :belehr:


Groot

Jürgen

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Antoine de Saint-Exupéry

a.k.a. rentner

So.........
danke Edi, für das Kompliment.
Im folgenden beschreibe ich mal einfach mein Procedere, ich habe v.a. versucht effektiv zu werden (ich folge in den meisten Punkten wohl Hahn).

Beginnen sollte man mit der Aufsicht (abgesehen von bifacialen Artefakten ist relativ klar welche Seite, bei Mikrolithen wohl die Rückenseite der ursprünglichen Klinge, bzw des Abschlags)

1. Umriss mit Druckbleistift nachziehen.........das erforderert Fingerspitzengefühl:die weit ausgefahrene Mine bricht gerne....d.h. besser eine dicke und weiche wählen.
2. Korrektur des Umrisses. Gerade an Retuschen und markanten Ecken lohnt sich eine Überprüfung durch hinkucken. Gerade an Spitzen -entscheidenden- Kanten empfiehlt sich die visuelle Überprüfung des haptischen 1. Schritts.
Eine angemessene Übertreibung an wichtigen Stellen (z.b. einer Spitze, einer Kerbung, eines Schlagpunktes an einer Stichelbahn) ist oft absolut gerechtfertigt.
3. Kanten/ Binnenumrisse von Abschlagsnegativen/Rücken etc......
Hier ist Transparentpapier mit unterliegendem Raster natürlich unschlagbar.
3.a Man markiere die Schnittpunkte der Abschlagsflächen per x und y Achse.  (Sprich: das Artefakt liegt wieder auf der Umrisszeichnung, man setzt mit Bleistift rechts/links und ober/unterhalb je eine auf der Rasterlinie liegende Markierung. Der Schnittpunkt derselben wird dann auf der Binnenfläche markiert.
3.b nun werden die Linien gezogen. Dieser Schritt ist der erste schwierige, denn leichte Nuancen in der Krümmung müssen adäquat getroffen werden, um die Plastizität darzustellen. Kurvenzeichner helfen kaum, da die Linie gerne hin und her schwankt.
Aber nach zwei,drei Bleistiftlinien kriegt man ein gutes Gefühl dafür.
4. Wallnerlinien
Die sind natürlich superwichtig: über sie definiert man die Schlagrichtung, manchmal lassen sie sogar eine Vermutung des Schlagpunktes zu.
Natürlich ist es hier manchmal wichtig das "Auslaufen", d.h. den wachsenden Abstand und "Wellen" festzuhalten.

Andererseits hat man über die Darstellung derselben die Möglichkeit unter Berücksichtung der Lichtquelle Plastizität zu reinzupacken.
Z.B. am Bsp. einer Klinge: der Abstand der Linien und ist links am grössten, rechts in der Schattenseite am dichtesten.
Links gehen sie kaum bis zur Begrenzung, rechts fast, bzw ganz.
Generell: Abstand/Länge etc MÜSSEN UNBEDINGT noch in der Bleistiftzeichung festgelegt werden. Das Temperament geht sonst zu schnell mit einem durch und man versucht die Mängel mit immer mehr Linien zu beheben, was zu einem grauen Brei führt.
Beim Nachziehen der Wallnerlinien misslingen mir die meisten Zeichnungen.
4.b. Es gibt bestimmte regeln wie kortex, bzw nicht bearbeitete flächen darzustellen sind. Auf jeden fall müssen die deutlich anders, als bearbeitete dargestellt werden.

5. Strichdicke/nachziehen.Umriss und Kanten mit einem dickeren Strich ziehen. Wallnerlinien mit einem Dünnen.
Wie Edi anmerkte. auf eine Homogenität der Dicke achten!!!!!!!!!!!

6. Seitenansichten etc.: Evtl. macht es Sinn zumindest die Vorzeichung dieser, noch vor der Durchführung von Schritt 5 durchzuführen, da manchmal bis zu diesem Schritt wichtige Aspekte, die sich erst aus veränderter Perspektive ergeben miteinfliessen.
Man sollte sich bei jedem Artefakt überlegen, wieviele Ansichten genügen.
Mikrolithen benötigen nicht zwangsläufig eine Seitenansicht (aber meist vorder und rück), bei einem Rückenmesserchen ist diese wiederum unverzichtbar, wohingegen auf  "Rückseite" verzichtet werden kann.

Und dann noch drei Anmerkungen:
1. bei grösseren artefakten (a la kernbeil) empfehle ich. Fotografieren, nachbearbeiten, ausdrucken, unter transparentpapier legen. Schritt 1-3 lassen sich so super zeitsparend erledigen, natürlich sollte man best. momente überprüfen.
2. artefakte aus Felsgestein/Beile/dechselklingen:
Macht euch nicht die mühe zu "pünkteln", geht schematisch/reduziert vor.
3. Man nehme sich gute Vorbilder, am besten von ähnlichen Artefakten, und am besten aus der heimischen Region, merkwürdigerweise scheint es in best. Punkten Unterschiede zu geben.

Bis dann
michi
 

StoneMan

 :super: :super: :super:
Danke für die sehr schöne, ausführliche Arbeitsbeschreibung.

Die Schraffur mal außen vor lasseen, da ich die ja bis dato nicht gemacht habe, gehe ich im Wesentlichen auch so vor.


Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
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Antoine de Saint-Exupéry