zarter Kratzer ?

Begonnen von Robert, 22. Mai 2023, 07:43:17

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Robert

Servus,

ist das ein kleiner Nasenkratzer ? An der runden Kuppe und an den Seiten sind auf eine Länge von 12-15mm Retuschen.
Auf der Rückseite befindet sich eine kleine Stelle mit glänzenden Kristallen.

Länge 27mm

Danke für Antworten

Robert
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

Steinkopf

Moin Robert,

das ist ein hübscher fein gearbeiteter Kratzer mit einem Alleinstellungsmerkmal!

LG

Jan


Robert

ich danke dir für deine Meinung dazu ! Ich denke er wurde für einen bestimmten Zweck angefertigt,
weil alle Kratzer die ich kenne, wesentlich robuster sind,

Grüße
Robert
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

Fischkopp

Hallo Robert,
den kleinen Kratzer muss man erst mal finden...
Schönes Teil!
LG Fischkopp

thovalo

Zitat von: Robert in 22. Mai 2023, 12:58:26
ich danke dir für deine Meinung dazu ! Ich denke er wurde für einen bestimmten Zweck angefertigt,
weil alle Kratzer die ich kenne, wesentlich robuster sind,

Grüße
Robert



Es gibt große Kratzer, kleine Kratzer, dicke Kratzer, dünne Kratzer, schmale Kratzer, breite Kratzer, Doppelendkratzer, Klingenkratzer usw. ........ angepasst an die Form der dafür verwendeten Silexstücke und  deren Aufgabe war weit überwiegend die Oberflächenbearbeitung von flexiblen (Horn, Geweih, Holz) bis harten (Farbsteine abkratzen, Knochen bearbeiten usw.) Materialien.

Das "Kratzen" hebt im Bereich der Kontaktzone von Werkzeug und Werkstück Material ab, wie Baumrinde, Fett und Fleischreste an Häuten usw.


Es gibt eine unglaublich breite Vielfalt der Nutzung und Abnutzung und damit auch von Formen und Formaten. Somit ist wohl jeder Kratzer seiner Aufgabe angepasst worden oder einfach genutzt worden wie er war, weil er zur Verfügung stand.


Im Mesolithikum waren sie zumeist der Silexbararbeitung angepasst klein im Neolithikum aufgrund der Verfügbarkeit guter Silexqualitäten in großen Formatgen manchmal außerordentlich groß.



Das Denken nachdem Vorbild der Baumarktpalette mit Unmengen von Spezialanpassungen für besondere Aufgaben kann man beruhigt über Bord gehen lassen.



lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Neos

Moin, Thomas,

Zitat von: thovalo in 22. Mai 2023, 17:23:20
Das Denken nachdem Vorbild der Baumarktpalette mit Unmengen von Spezialanpassungen für besondere Aufgaben kann man beruhigt über Bord gehen lassen.

vielleicht missverstehe ich dich auch. Wenn nicht, gehen an dieser Stelle unsere Meinungen – und das passiert selten genug  :prost: – meilenweit auseinander. Wenn ich mir vorstelle, dass a) ich in der Lage bin ein Gerät so zu formen wie ich es gerade brauche, und b) ausreichend Rohmaterial vorhanden ist, dann fertige ich es genau so an. Soll heißen: Selbstverständlich habe ich nach einiger Zeit ein großes Sammelsurium an unterschiedlichen Varianten desselben Gerätetyps hinsichtlich Form und Größe. Und genau das finden wir doch auch.

Let's talk!  :winke:

Beste Grüße

Frank

Robert

#6
Äußerst Interessante Zuschriften und für die möchte ich mich bedanken.

So kenne ich die Kratzer in allen möglichen Varianten, aber das ist mein kleinster und zartester, der hat mich tatsächlich überrascht.

Wieder was da zugelernt !!!

Grüße
Robert
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

thovalo

Zitat von: Neos in 22. Mai 2023, 19:21:04
Moin, Thomas,

vielleicht missverstehe ich dich auch. Wenn nicht, gehen an dieser Stelle unsere Meinungen – und das passiert selten genug  :prost: – meilenweit auseinander. Wenn ich mir vorstelle, dass a) ich in der Lage bin ein Gerät so zu formen wie ich es gerade brauche, und b) ausreichend Rohmaterial vorhanden ist, dann fertige ich es genau so an. Soll heißen: Selbstverständlich habe ich nach einiger Zeit ein großes Sammelsurium an unterschiedlichen Varianten desselben Gerätetyps hinsichtlich Form und Größe. Und genau das finden wir doch auch.

Let's talk!  :winke:

Beste Grüße

Frank


Ich glaube man muss dabei noch die Zeiten und die Regionen auseinanderklamüsern. In meiner Ecke gibt es keine Rohlagertätten von Feuerstein. Alles Material musste mit eingetragen oder beschafft werden. Hier konnte man nicht überlegen ob man das Eine oder Andere Stück als Grundlage für einen Kratzer nimmt. Man nahm was zur Verfügung gesteanden hatte.

Im Norden ist das aufgrund der guten Verfügbarkeit von Feuerstein sicher anders und man hatte eine große Auswahl. Einen ganzen Werkzeug"kasten" konnte man sich auch nur im Neolithikum zusammenstellen weil man ja standortfest lebte.

Das hat immer etwas mit Material und Möglichkeiten zu tun. In Skandinavien ging die Verwendung von Feuertein ja noch bis in die Eisenzeit hinein und es waren schon mehr Künstler die in den Metallzeiten in Skandinavien gearbeitet hatten.

Ich denke je spezialisierter eine Kultur gewesen ist umso eher konnte sie mit MAterial und Möglichkeiten spielen.

lG Thomas 
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

hargo

#8
Servus,

das zweite Stück deiner Funde, in der unteren Reihe links, ist interessant.  :glotz:
Man könnte oben den Teil vermuten, der im Schaft steckte und die Kerben auf beiden Seiten als Schäftungshilfe (zur Befestigung mittels Bindung) verstehen.

Allgemein:
Kratzer wurden sicherlich nicht nur sanft und sachte eingesetzt. Vermutlich waren sie mitunter brachialen Kräften ausgesetzt.
Stellt euch vor, man hätte größere Exemplare mit einem langen Stiel versehen.

mfg

Robert

Servus hargo,

bei diesem Teil da sehe ich es genau so, die Kerbungen waren absichtlich zur sicheren Anbindung an einen Stock  gemacht.
Ich denke ausserdem, daß man zusätzlich wie bei Pfeilspitzen, auch noch Pech verwendet hat.

Danke und Grüße

Robert
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

Neos

Moin, Thomas,

Zitat von: thovalo in 22. Mai 2023, 22:59:29
Ich glaube man muss dabei noch die Zeiten und die Regionen auseinanderklamüsern.
...
Im Norden ist das aufgrund der guten Verfügbarkeit von Feuerstein sicher anders und man hatte eine große Auswahl. Einen ganzen Werkzeug"kasten" konnte man sich auch nur im Neolithikum zusammenstellen weil man ja standortfest lebte.
...
Das hat immer etwas mit Material und Möglichkeiten zu tun.

genau so schaut's aus, d'accord!  :super:

Beste Grüße

Frank

Neos

Hallo, Robert,

zu deinem ersten Stück kann ich meinen Vorrednern nur in jeder Hinsicht beipflichten. Ein schönes Stück!  :super:

Zitat von: hargo in 22. Mai 2023, 23:23:36
das zweite Stück deiner Funde, in der unteren Reihe links, ist interessant.  :glotz:
Man könnte oben den Teil vermuten, der im Schaft steckte und die Kerben auf beiden Seiten als Schäftungshilfe (zur Befestigung mittels Bindung) verstehen.

Ich finde dieses Stück genau wie hargo auch sehr interessant. Allerdings könnte ich mir auf Basis der bisherigen Fotos auch gut vorstellen, dass die Kerben rezent und nicht herausretuschiert sind (hellere Patina) – wenngleich ich dir ein anderes Ergebnis natürlich wünschen würde! Hier wären größere Detailaufnahmen der vermeintlichen Kerben von Vorteil. Könntest du eventuell noch welche hier einstellen? Das wäre total klasse!

Viele Grüße

Frank

Robert

#12
Servus Hargo, Frank,

vielleicht reicht das zur Beurteilung.

Grüße
Robert
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

Neos

Hallo, Robert,

klasse, dank dir für die zusätzlichen Fotos!  :super:

Tatsächlich ist die Schärfe der Fotos – insbesondere im Kantenbereich der Kerben bzw. eher: Buchten – semi-optimal, so dass mir eine wirklich gesicherte Beurteilung schwerfällt. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das mit einer Handykamera oft unmöglich, zumindest aber schwierig ist.

Aufgrund der neuen Fotos tendiere ich aber leicht zu "intentionell". Vielleicht hast du ja mal die Gelegenheit, dieses Fundstück einem Archäologen vorzustellen, der mit der Materie vertraut ist, und postest abschließend in diesem Thread, was dabei herausgekommen ist. Fänd' ich klasse!  :-D

In diesem Sinne: Weiterhin "Gut Fund!" und viele Grüße von der Ostseeküste

Frank

hargo

Ist das nicht "kernkantig"? Primär, oder sekundär, was auch immer  :nixweiss:
Beachte den Mittelgrat und die seitlichen Abschläge.
Was meint ihr?

mfg

StoneMan

Moin,

bin ich verblendet?  :kopfkratz:  :irre:

Die letzten Fotos haben doch nichts mit dem vorgestellten Fund zu tun.  :glotz:

Verwirrte Grüße

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Neos

Moin, Jürgen,

Zitat von: StoneMan in 25. Mai 2023, 23:59:26
Die letzten Fotos haben doch nichts mit dem vorgestellten Fund zu tun.  :glotz:

oh je, voll erwischt!  :schaem: Stimmt, offensichtlich im Zustand geistiger Umnachtung ist mir das überhaupt nicht aufgefallen! Ich glaube, ich gönne mir jetzt erst mal nen Schluck...  :zwinker:

Robert, was machst du mit uns?  :staun:

Viele Grüße

Frank

Robert

#17
die Fotos hab ich noch zusätzlich von dem von "Hargo unterstrichenen Teil" gemacht, sein Wunsch !!!  :zwinker:

Ich bin auch der Meinung, daß eine Kernkantenklinge verwendet wurde, warum auch nicht ?

  Achtung!  ich hab zwei von dieser Sorte mit sehr ähnlichem Aussehen, hab leider den falschen fotografiert, sorry.

Grüße Robert
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

Furchenhäschen

#18
Zitat von: Neos in 26. Mai 2023, 07:27:19
Moin, Jürgen,

oh je, voll erwischt!  :schaem: Stimmt, offensichtlich im Zustand geistiger Umnachtung ist mir das überhaupt nicht aufgefallen! Ich glaube, ich gönne mir jetzt erst mal nen Schluck...  :zwinker:

Robert, was machst du mit uns?  :staun:

Viele Grüße

Frank

Hallo,
genau so ist es!
Es handelt sich um ein anderes Artefakt!
Ich denke auch, dass es sich um eine Kernkantenklinge handelt und zugleich bin ich der Meinung,
dass dieses Stück möglicherweise einen anderen Werdegang hatte.
Entweder hätte es möglicherweise ursprünglich ein stark gezähnter Sicheleinsatz (siehe Link) werden sollen. Die starken einseitigen Kerbungen könnten jedenfalls darauf schließen lassen.
https://sucherforum.de/steinartefakte/extrem-stark-gezahnte-sicheleinsatze-sagezahnartige-ausfuhrung/msg303796/#msg303796

Oder aber es stellte sich im weiteren Bearbeitungsverlauf heraus das eine weitere Kerbung aus "materialtechnischen" Gründen nicht möglich war, so wurde die Kk-Klinge kurzerhand zu einem Kratzer umgearbeitet. Ich halte das Stück ohnehin für einen sehr späten Kratzer der deswegen wie ein gezähnter Sicheleinsatz auch in die frühe Bronzezeit hineinpassen könnte! All dies Indizien könnten in der Ansprache einen sehr späten Kratzer zulassen.
Eine relativ unorthodoxe Kernkantenklingenverwendung im bayerischen Neolithikum (in der Bronzezeit oder auslaufenden späten Jungsteinzeit schon) ist mir so noch nicht untergekommen. Es herrscht ja in Roberts Suchgebiet nicht gerade Materialknappheit an Jurahornsteinen.

Grüße
Peter

Robert

#19
hargo hatte auf dem Foto mit mehreren Kratzern einen markiert mit einer Linie und wollte davon mehrere Fotos zum Beurteilen.

Dieser Kratzer (Kernkantenabschlag) hat natürlich mit dem ursprünglichen, erstgenannten zarten Kratzer nichts gemein.

   Achtung !!! Ich hab zwei von dieser Sorte, fast identisch, hab den Falschen fotografiert.  "Sorry"
Grüße Robert
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

thovalo



Da bin ich ganz bei Peter!

Eine sekundäre Kernkntenklinge und die wurden tatsächlich oft weiter verwendet weil sie im Querschnitt recht druckresistent gewesen sind. Das gezeigte Stück von Robert ist dabei ein sehr gutes Beispiel (die KK gibt es auch als kräftige Bohrer und häufiger auch als Funkenlöser.


Ich hänge mal ein Bild von einem spätalsteinzeitlichen DOPPELendkratzers  mit an.
Erstaunlicherweise ist das für diese Zeitstellung ein ganz übliches Format.

Danach zwei Bilder des größten Kratzers des selben Fundinventars


Das bildet die Spanne ... von ... bis .... in der Zeit des späten Paläolithikums in einer an Rohmaterial sehr armen Region (rechter Niederrhein zwischen Rhein und Ruhr) ab.


lG Thomas



Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Neos

Hallo, Robert,

Zitat von: Furchenhäschen in 26. Mai 2023, 09:12:55
genau so ist es!
Es handelt sich um ein anderes Artefakt!

exactly!  :super:

Ich befürchte, Robert, du hast beim Fotografieren versehentlich die Artefakte vertauscht. Zur Verdeutlichung habe ich mal beide Fotos zusammenmontiert (s. u.).

Viele Grüße

Frank

Robert

#22
Servus Frank,

ich hab zwei sehr ähnliche Kernkantenkratzer und die hab ich leider verwechselt. Im sorry  :friede:
Diese Fotos sind von dem unterstrichenen Kratzer und du kannst ihn jetzt besser beurteilen.
Ich wollte jedenfalls keine Probleme provozieren, es war nur ein Missgeschick :dumdidum:

Länge 48mm; Breite 23mm

Grüße
Robert
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

StoneMan

Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Robert

wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

Neos

... und ich natürlich auch!  :super:

Hallo, Robert,

auf deinen neuesten Fotos kann man gut erkennen, dass die "Buchten" nicht herausretuschiert, sondern eher herausgebrochen, sprich: nicht intentionell, sind. Schade, Schokolade!  :besorgt:

Beste Grüße und weiterhin "Gut' Fund!"

Frank

Robert

jedenfalls danke für´s Anschauen. Ich frag mich nur woher das kommt, daß die Mulden, wie beabsichtig zur
besseren Befestigung ziemlich genau gegenüber liegen.  Zufall ???

Grüße
Robert
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

Neos

Hallo, Robert,

Zitat von: Robert in 29. Mai 2023, 07:39:36
Zufall ???

was mich angeht: Ja.

Ich habe auch schon häufiger Fundstücke (meist mesolithische Klingen) gefunden, die gegenüberliegende Buchten bzw. Kerben aufwiesen, und wo die anfängliche Freude darüber riesig war. Nach dem Säubern folgte allerdings meist die Ernüchterung.

Viele Grüße

Frank

Robert

danke nochmal.
Die Oberfläche des Kratzers hat einen seidenartigen Glanz welcher in vielen Jahren entstanden ist.
Dieser Glanz zeigt sich auch ganz deutlich in den Mulden. Ich denke, wenn diese von  einem Ackergerät
erzeugt wurden dann könnte sich in der kurzen Zeit dieser Glänz nicht bilden. Eine neue Bruchstelle wäre
sicher rauer.
Leider kann ich den Glanz fototechnisch nicht so gut vermitteln, da muß man das Teil in der Hand halten !

Grüße
Robert
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

hargo

#29

Ich vermute zumindest zwei rezente "Einschäge" (siehe Markierung)?

mfg