Eine Beilklinge aus Siltstein von einem Siedlungshügel am Rhein

Begonnen von thovalo, 20. Februar 2024, 20:48:07

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thovalo



Moin!

Heute war ich mal frische Luft holen bei guten Wind auf einer Feldflur bei Duisburg am Rhein. Dort befindet sich ein heute ein nicht mehr leicht erkennbare Erhebung über die ich heute gegangen bin. Ich fand kaum etwa an Silices und Keramik als ich verblüfft eine Beilklinge bemerkt die vollkommen unbeschädigt offen auf der Fläche lag.

Zu ihrer Herstlung wurde ein bereits natürlich der Form einer Beilklinge nahestehendes Geröll aus Siltstein aus dem Flussschotter verwendet. Das Geröll wurde dann durch flächdekende Pickung vollkommen überprägt und anschließend im Bereich der Schneidenpartie beidseitg angeschliffen. Der durch die Pickung aufgeraute Korpus der Beilklinge sehr guten Halt in der Holzschäftung.

Die vollständige Erhaltung einer Beilklinge ist hier, in einer der am dichtestne besidelten Regionen Europas sehr selten. Umso mehr habe ich mich gefreut.

Die Beilklinge misst 11 cm Länge

lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

hargo

Moin,

ähnliches hatte ich auch schon mal.
Zeitstellung leider vergessen : (

mfg

Birk

Moin Thomas,
klasse Fund und super Bilder. :super: Da geht einem wohl das Herz auf, wenn man solch ein Stück vor sich liegen sieht. :irre:

Gruß
  Thomas

StoneMan

Moin,

@ Thomas, Glückwunsch  :Danke2:

Auch nach so vielen Jahren des Suchens immer wieder ein besonderer Moment.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

thovalo



Ja, solche Momente sind gar nicht zu beschreiben. Irgendas zwischen totaler Verblüfffung und ungläubigen Staunen. Zum Glück war ich schon so plattgelaufen, dass ich mir für die Bilder Zeit nehmen konnten.


lG Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Neos

Moin, Thomas,

was für ein tolles Beilchen! Einfach klasse! :Danke2:

Und dass die Oberfläche gepickt ist, finde ich absolut genial! 

Viele Grüße

Frank

neolithi

Dem kann ich nur zustimmen!
Und ich frage mich, warum das nicht immer so gemacht wurde, denn es leuchtet doch ein, dass die gepickte Oberfläche einen vielen besseren Halt in der Schäftung findet als eine geschliffene.

Echt, schickes Teil!
HG
Anke

thovalo

#7
Zitat von: neolithi in 22. Februar 2024, 09:57:50Dem kann ich nur zustimmen!
Und ich frage mich, warum das nicht immer so gemacht wurde, denn es leuchtet doch ein, dass die gepickte Oberfläche einen vielen besseren Halt in der Schäftung findet als eine geschliffene.

Echt, schickes Teil!
HG
Anke

Diese Art ein Beil durch Pickung herzustellen und dann, wie ein Radiergummi sich abnutzt, immer wieder an der Schneidenpatrtie nachzuschleifen, was bei dem Neufund im übrigen auch bereits geschehen war, scheint sich zumindest hier erst im späten Neolithikum grundsätzlich durchgesetzt zu haben.

Die raue Oberfläche verbeserte den Halt in der Schäftung deutlich und dennoch konnte man den Nacken einer gebrochenen Beilklinge gut wieder aus dem Schäftungsholm "kloppen". Der Holm, dessen Herstellung nicht weniger anspruchsvoll gewesen ist als die Herstellung der Beilklinge, blieb damit erhalten.

Ich habe hier über etwa 25 Jahre hinweg alle Feldflure von meinem Heimatort bis zum Rhein meist mehrfach bis jahrelang begangenen. Ein Ergebnis ist, dass dieses grau-grünliche Gestein für die Bearbeiter im späten Neolithikum anscheinend eine ideale Härte besessen hat um es zum Einen durch Pickung gut bearbeiten zu können und zum Anderen es dann als Arbeitsgerät in Form von Beilklingen handwerklich effektiv einsetzten zu können (möglich ist neben der Bearbeitung von Hölzern auch das Schlachten von Vieh und die Verwendung als Waffe in Konflikten). Überall auf den Feldern finden sich aus diesem Zeitabschnitt einzelne Belege solcher Beilklingen die stets aus demselben Gestein und in derselben Machart ausgeführt worden sind. Die Pickung scheint grundsätzliche handwerkliche Optimierung und ein Fortschritt in der Herstellung von Beilklingen gewesen zu sein.

Weil auf dem Hügel solche Beilarbeiten in verschiedenen Stadien der Ausführung, von angefangener Pickung bis zu einem vollständig gepickten Exemplat ohne Schneidenanschliff zu finden waren ist die Annahme eines Werkplatzes zumindest als Hypothese begründet. Weil sie im weiteren Umland dann nur einzeln auftreten begründet sich auch die Annahme einer zentralen Herstellung und der Verbreitung der Stücke an einzelne Hofstellen und Siedlungseinheiten.

Der Fundplatz ist Teil eines 30 Hektar Grundfläche einnehmenden extrem fundreichen neolithischen Siedlungszentrums. Es fanden sich mehrere tausend Abschläge und Werkzeuge mit Schlifferesten aus Feuerstein der aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden, aus nordischen Feuerstein, sehr zahlreiche halb gebrochene Feuersteinbeilklingen, als Kernsteine genutzte Feuersteinbeilbruchstücke und zahlreiche Trümmer, halb gebrochene und vollständig erhaltene Beilklingen aus Felsgesteinvarietäten. Dazu noch der Beleg (sekundär überarbeitete abgebrochene Schneidenpartie) einer Prunkbeilklinge aus Jadeit vom Monte Beigua bei Genua, der radiospektronomisch in Tervuren (Belgien) untersucht und in die Verbreitungskarte der Prunkbeilklingen in Europa aufgenommen worden ist.


Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo



Das ist die abgebrochene und sekundär überarbeitete Schneidenpartie der Prunkbeilklinge aus Jade(itit) die auch vom Platz des Neufundes stammt.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Furchenhäschen

Hallo Thomas,
Glück gehabt, in der Kreiseleggenära wohl ein echter Glücksfall eine nahezu unbeschädigte Beilklinge aufzulesen.
Dieses Stück dürfte dem späten Neolithikum zuzusprechen sein, in Bayern wäre dies die Altheimer- oder Pollingergruppe.
Welcher Gruppe könnte man es in Deiner Gegend zusprechen?
Früher sagte man wohl gepicktes Walzenbeil dazu.(der Begriff Walzenbeil ist übrigens jedenfalls in Bayern immer noch gebräuchlich) :zwinker:


Grüße Peter

thovalo



hier gibt e noch keine Bezeichnung für diesen Zeitabschnitt, auch weil man das Geräteinventar erst langsm identifizieren und somt eine Ansprache möglich machen kann.

Nach 25 Sucherjahren kann ich, auch wenn es vermessen klingt, sicher behaupten, WENN man irgendwo diese Zeit klar und umfassend für das Rheinland beschreiben kann, dann aus dem Fundmaterial des großen Gesmatfundareals hier m rechten Niederrhein.

Wenn ich weiß wie es mit mir weitergehenkann, nehme ich mir in den Fokus die Aufarbeitung des imensen Fundmaterials hier weiter voran zu treiben.

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo


leider sind zwei digitalte Bildarchive von mir abgestürzt, sodass ich nur noch einen Teil der Bilder von Funden aus den vergangenen Jahren zur Verfügung stehen habe.

Daraunter sind auch diese Bilder von Beilklingen die aus demselben Material in derselben Weise auf derselben Fundstelle angefertigt worden sind, nömlich auf dem sher überschaubaren Hügelam Flusslauf.

Die weiteren dort vollständig geborgenen Beilklignen zeigen nicht den aktuellen Neufund, auch wenn sie ihm sehr ähnlich sehen!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo



Auf dem letzten Bild eine Serie von Klopfsteinen die sich auf dem hüpgel gefunden haben, inzeischen wwerden es 100 vollständige und bebrochene Belege sein, wovon einer aus zwei Bruchstücken wieder zusammengesetzt werden konnte.

Augrund des hohen Fundaufkommens dieser beiden Gerätetypen halte ich eine Beziehung zwischen diesen Stücken für durchas bedenkenswert.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Robert

Zitat von: neolithi in 22. Februar 2024, 09:57:50Dem kann ich nur zustimmen!
Und ich frage mich, warum das nicht immer so gemacht wurde, denn es leuchtet doch ein, dass die gepickte Oberfläche einen vielen besseren Halt in der Schäftung findet als eine geschliffene.

Echt, schickes Teil!
HG
Anke

ich hab ein Walzenbeil mit gepickter Oberfläche.

Grüße Robert
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

Wiedehopf

Hallo Thomas,

Beile dieser Art habe ich auch schon einige aufgelesen (ca. 70 km östlich von dir, Westfalen zwischen Lünen und Dortmund). Allerdings sagt mir die Bezeichnung 'Siltstein' nichts, ich war immer von 'Ampibolith' ausgegangen.   

Viele Grüße
Michael
 

StoneMan

Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

neolithi

Da war ich wohl voreilig von meiner norddeutschen Felsgesteinbeilerfahrung (https://sucherforum.de/steinartefakte/felsgesteinbeil/msg358868/#msg358868:zwinker: ausgegangen.
Ich wusste nicht, dass ihr in euren Sammelgebieten so häufig diese schönen und teilgeschliffenen Felsgesteinbeile habt. Beneidenswert. Und vielen Dank für die schönen Bildbelege!

HG
Anke

thovalo

Zitat von: Wiedehopf in 22. Februar 2024, 20:58:49Hallo Thomas,

Beile dieser Art habe ich auch schon einige aufgelesen (ca. 70 km östlich von dir, Westfalen zwischen Lünen und Dortmund). Allerdings sagt mir die Bezeichnung 'Siltstein' nichts, ich war immer von 'Ampibolith' ausgegangen.   

Viele Grüße
Michael
 

Das ist exakt dasselbe Material und dieselbe Bearbeitngstechnik!


Tatsächlich kann man sich bei der Materialgleicheit fragen ob da nicht ein tatsächlicher Zusammenhang zwischen den Region besteht.

Der Fundplatz liegt an einer Rheinfurt.Die geologischen Umstände wurden in Zusammenhang mit archäologishen Arbeiten dort untersucht. Die Übergangssituation bestand bereits seit dem Neolithikum und hat ich seitdem unverändert erhalten, weil der hier gelegene RHeinbogen bis in unsere Zeit nicht begradigt worden ist und auch in der Urgeschichte schon so bestanden hatte.

Leider ist das linke Rheinufer archäologisch unbegleitet weitgehend überbaut und für Hafenanlagen auch ausgehoben worden, sodaßß da nicht viel über steinzeitliche Funde bekannt werden konnt.

Sicher ist aber, dass hier ein zentraler Platz gelegen hat der insbesondere aus der späten Jungsteinzeit eine enorme Menge von Artefakten überliefert.

Weil hier alle möglichen Feuersteinmaterialien in großer Vielfalt und Anzahl überliefert sind, gehe ich von einem Zentralort aus und auch beim LVR hat dieser Aspekt so gesehen.


Der Platz liegt an einer Landverbindung die direkt in die Massregion und direkt in die Hellwegzone führt. Wenn dann in Drotmusn und Umgebung dieselbe Art von GEstein und Beilkilngen auftritt ist das ein Hineweis der sehr wertvolle ist.

Gibt es in Deiner Sammlung diese eine Beilklinge die so klar direkt vergleichbar ist, oder gibt es dort auch immer wieder mal eine dieser Art?


Ich finde, es würde guten Sinnn machen mal Ort zusammenzustragen wo diese Übereinstimmung auch so klar erkennbar ist!


Dankeschön, dass Du diese Beiklinge gezeigt hast und für die informationen dazu!


lG Thomas :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

Zitat von: StoneMan in 22. Februar 2024, 23:18:36Moin Michael,

wie immer, die gute Tante fragen  :winke:

Gruß

Jürgen



Lieber Jügen, veilen Dank für den link.


Ich hatte vor mehr als 15 Jahren beim geologischen Landesamt einen Querschnitt der Felsgesteinartefakte vorgelegt, um zumindest ungeführ die Richtung bekommen zu können welche Felsgesteinvarietäten auf dem Platz verwendet worden sind. In einer dieser grau-grünlichen Beilklingen befand sich ein feingeoetrsich gekrümmter dunklerer Boigen. Der wurde dann als fossiler Einschluss identifiziert. Solch ein Einschluß ist nur in einem fossilien Sedimentgestein möglich. Ds Gestein wurde dort als "Siltstein" angesprochen.

Daher beziechneich die identisch aussehenden Stücke immer als "Silttein" weil die weiteren gefunden Beilklingen im Material, identischer Farbgebung und Bearbeitung v genauso aussehen.


Ich sollte daher besser "vermutlich Siltstein" schreiben. Der scheint in unterschiedlichen Ausprägungen vorzukommen, nämlich recht weich und brüchig mit einer stark geschieferten Ausprägung bis zu sehr harten und gut zu bearbeitende kompakten Varietät, wie sie die hier gefunden Beilingen aufweisen.

Vielleicht lassen sich durch die Übereinstimmungen mit den gleichartig bearbeiteten Stücken in 70 km Entfernung nach Osten, dem Weg entlang der Hellwegzone, kulturelle und Austauschbeziehungen erschließen.

Ein zumindest interessanter Aspekt der zu weiteren Recherchen einlädt.


lG THomas  :winke:

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Danske

Toll, Thomas, ein klasse Fund :super: Liegt da einfach eine komplette Beilklinge auf der Oberfläche, nicht zu fassen.
Glückwunsch!

Sowohl das Material als auch die Machart dieses schönen Stücks waren mir bis dato neu. Gepickt und geschliffen, sieht eigentümlich aus.

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Wiedehopf

Moin Thomas,

ZitatGibt es in Deiner Sammlung diese eine Beilklinge die so klar direkt vergleichbar ist, oder gibt es dort auch immer wieder mal eine dieser Art?


Ich finde, es würde guten Sinnn machen mal Ort zusammenzustragen wo diese Übereinstimmung auch so klar erkennbar ist!

Ich habe an einer Stelle drei vergleichbare Stücke aufgelesen (darunter ein 'Hammer' der aber wahrscheinlich ursprünglich auch ein Beil war. Alle mit sowohl Pickspuren als auch Schliffspuren. Dazu noch ein vollständig überschliffenes Beil (Nr. 4). Mir wurde gesagt: Ampibolith. Ich habe auch unbearbeitete Rohstücke von diesem Material hier gefunden, wohl aus dem nordischen Geschiebe, welches hier überall auf den Feldern zu finden ist.

Viele Grüße
Michael     

thovalo


Danke für's Zeigen!

Ja das Gestein sieht tatsächlich sehr identische aus!

Das letzte Stück ist eine sehr formschöne Dechselklinge aus Amphibolit (Aktinolit-Hornblendeschiefer) bei dem die ein den Negativen in der Oberfläche die Hornblendeanteile ausgewittert sind.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

hargo

#22
Zitat von: hargo in 21. Februar 2024, 00:49:49... ähnliches hatte ich auch schon mal.
...

Anhängend ein paar Fotos.
Gefunden ca. 40 km (Luftlinie) südlich deiner Fundstelle.
Ebenfalls rechtsrheinisch.
Maße: ca. 150 x 60 mm (L/B).

mfg