Steinbeile und Dechsel aus S-H

Begonnen von Gorgonenhaupt, 26. März 2009, 16:19:59

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Gorgonenhaupt

Hallo,

nachdem ich hier gestern so nett aufgenommen worden bin und mein neuester Fund auch gleich bestimmt werden konnte, gibt es hier noch einen Nachschlag :-).
Alles aus nordischer Fertigung sozusagen   :-D ...

Grüsse vom NOK
Heike

neolithi

Tolle Funde! Neid! - Sind Kernbeil und geschliffenes Beil etwa von der gleichen Fundstelle?
Schöne Grüße
Neolithi

Gorgonenhaupt

Moin,

nein, die Funde stammen von den verschiedensten Feldern von Gettorf bis zur Steilküste - ich habe das grosse Glück, dass ich quasi in der Landwirtschaft arbeite und dadurch sehr viel draussen stöbern kann. Wobei - ein Beil hab ich noch, mein erster Fund überhaupt in diesem Bereich, ich bin mindestens 10 mal daran vorbeigelaufen und hab mich immer über diesen Stein gewundert, weil er so regelmässig ausschaute ..  :engel:

Grüsse vom NOK
Heike

queque

Schöne Sachen :super:
Glückwunsch!
Bastl

Marienbad

moin, moin  :winke:

ja das sind norddeutsche Fundstücke, klasse.  :super:

HG   Manfred

queque

Sorry, Gorgonenhaupt, ich will nicht klugscheißen: Aber meines Wissens besitzen Dechsel eine D-förmige Schneide und wurden quergeschäftet. Dein Fund (1. Bild) sieht für mich aus wie ein Beil.
Grüße
Bastl

Larry Flint

#6
... na, darauf press' ich mir doch auch ein Häuflein raus - und das mit ganzem Willen:

Die Schneide des "Dechsels" scheint ja einen konkaven Schliff aufzuweisen - wenn das mal nicht die Unterseite ist...

Wie jetzt eine D-förmige Schneide aussehen soll, ist mir nicht ganz klar. Womöglich meinst du aber einen D-förmigen Querschnitt, den z.B. die sog. "Schuhleistenkeile" besitzen - dat muss ja aba nich' sein, denn dat tut ja nich' Not.

Wie auch immer: Ein Foto aus einer anderen Perspektive dürfte die Angelegenheit zweifelsfrei klären.

:winke: & gut Schiss!

Larry

neolithi

Ich denke, das ist ein Hohlbeil, wegen der konkaven Wölbung.
Viel mehr weiß ich auch noch nicht, aber wurden die Hohlbeile nicht quergeschäftet und z.B. zum Rindenabschlagen benutzt? Dafür bräuchte man doch die Mulde.
Grüße
neolithi

Larry Flint

... und dann womöglich noch ein Dicknacken-Hohlbeil...

... wobei mir da der Unterschied zum Gerätetyp "Dechsel" momentan recht nebulös ist - bislang lebte ich gut und zufrieden mit der Vorstellung, dass Beile parallel und Dechsel eben quer zum Schaft geschäftet sind.

Wenn das jetzt auf einmal anders sein sollte, bitte ich hiermit höflichst darum, mich - zur Not auch unsanft - aus meinem gerätetypologischen Dornröschenschlaf zu reißen...

:winke:

Larry

Der Wikinger

#9
Sehr schöne Funde, Heike !  :super:

Das Gerät auf Bild 1 wird bei uns in Dänemark "huløkse" (Hohlaxt) genannt. Dabei nennen wir aber alle Beile, Äxte, Dechsel etwas mit -økse (-axt).

Bei Euch ist das komplizierter. Ich denke der Ausdruck Hohlbeil ist vielleicht von der nordischen (Dänischen) Typologie beeinflusst.
Das Beil / der Dechsel ist mit sicherheit quer geschäftet gewesen !  :belehr:

Es unterscheidet sich aber von den klassischen Dechseln die man weiter südlich findet dadurch, dass es technisch wie ein vierseitiges Beil hergestellt, aber mit einem Hohlschliff versehen ist.

Die weiteren theoretischen Betrachtungen zu den Unterschieden der Bezeichnungen auf Deutsch, werde ich Leuten wie Rolfpeter, Silex und hoffentlich auch Khamsin überlassen.  :winke:



PS: sind deine Funde noch zeitlich bestimmt worden, oder sollen wir da noch ein bisschen dran arbeiten ??  :zwinker:

neolithi



zu Larry Flint:
".. wobei mir da der Unterschied zum Gerätetyp "Dechsel" momentan recht nebulös ist - bislang lebte ich gut und zufrieden mit der Vorstellung, dass Beile parallel und Dechsel eben quer zum Schaft geschäftet sind.

Wenn das jetzt auf einmal anders sein sollte, bitte ich hiermit höflichst darum, mich - zur Not auch unsanft - aus meinem gerätetypologischen Dornröschenschlaf zu reißen..."

Sorry, als ich meinen Beitrag schrieb, war deiner noch nicht zu sehen. Außerdem hast du wohl Recht mit quer- und längsgeschäftet als Merkmal. Ich war von der Dicke des Beils irritiert. Die wenigen Dechselklingen, die ich schon mal gesehen habe, war alle dünner.

Schöne GRüße
neolithi

queque

Tut mir Leid, habe den konkaven Schneidenschliff erst bemerkt, nachdem Larry mich darauf aufmerksam gemacht hatte  :friede:.
Und: Ja, Larry, ich meinte natürlich einen D-förmigen QUERschnitt der Schneide. Bist halt' doch ein guter Lehrer mit Sinn für Exaktheit. Danke!!!
Grüße
Bastl

Khamsin

Moin!

Bei allem, was hier im Forum, und der überwältigenden Mehrheit dessen, was in archäologischen Veröffentlichungen und bei Vorträgen als "Beil" bezeichnet wird, handelt es sich terminologisch ohnehin um "Beilklingen". Warum?

Beile sind Kompositgeräte (zusammengesetzte Geräte), die immer aus einem Schaft und einer Klinge (und genau genommen noch dem eigentlichen Schäftungsmaterial, z.B. Schnüren etc.) bestehen. Was hier gezeigt wird und von den Archäologen gefunden wird, besitzt (von ganz bestimmten Ausnahmen abgesehen)  niemals einen Schaft, verständlicherweise.

Alle entsprechend gelochten Teile aus Stein, Geweih und Knochen werden bei den Archäologen als Axtklinge(N) bezeichnet, alle ungelochten, als Beilklinge(n).

Bei den Archäologen spielt bei der Unterscheidung zwischen Beil und Axt die Handhabung - im Gegensatz zu heute (Beil: einhändig, Axt: zweihändig) - KEINE Rolle!

Beile (als Kompositgeräte) treten in zwei Hauptformen auf:

1. Als Parallelbeile, bei denen die Klingen mit den Schneiden parallel zur Schlagrichtung und zum geraden Schaft (Griff, Holm, Stiel) befestigt sind (auch als Parallelbeile bezeichnet),

2. Als Querbeile (sog. Dechseln), bei denen die Klingen mit den Schneiden quer zur Schlagrichtung und zum immer gewinkelten Schaft (sog. Knieholm) befestigt sind.

Dechselklingen sind somit nichts anderes als eine spezielle Spielart von Beilklingen, ok?

Im übrigen ist das Wort Dechsel weiblichen Geschlechtes, also DIE Dechsel, plur. Dechseln.

Die "hulökse" sind Beilklingen mit Hohlschliff, d.h. sie waren quer geschäftet, und damit sind es nach deutscher Terminologie Dechselklingen.

Hier sieht man, dass weder die formale Gestaltung der Beilklingen noch ihre kulturelle Herkunft/Zuweisung/Datierung und ihr Material (Stein, Geweih, Knochen) die Hauptrolle bei der typologisch-funktionalen Ansprache spielen, sondern ausschliesslich die Stellung der Schneide zur Schlagrichtung und zum Schaft!

Und wo wir gerade dabei sind: alles, was hier im Forum und viel zu oft auch bei den Archäologen unter "Hirschhorn" läuft, ist in Wirklichkeit selbstverständlich Geweih! Denn, und das sollte sich die Hirschhorn-Fraktion zu Herzen nehmen:

Wenn Hirsche tatsächlich Hörner tragen und abwerfen würden, wo sind dann die 24-Ender-Kühe?

Übrigens interessiert mich hier keinen Deut, dass "Hirschhorn" volkstümlich und je nach Region - hier vor allem in den südlichen Gefilden nicht nur Deutschlands - verwendet wird, denn unkorrekt ist unkorrekt!

Merke: Wer Hirschhornknöpfe kauft, der ist auch ein Liebhaber von Walfischsuppe!

Und schliesslich: "Schuhleistenkeil" ist ein von archäologischen Laien, aber auch von schlecht belesenen Archäologen (gibts jede Menge von) nach wie vor benutzter, völlig veralteter Begriff für Dechselklingen mit schmalhohem Querschnitt, ebenso wie "Flachhacke" für dto. mit breitflachem Querschnitt!

Klar kann jeder so reden, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Freilich bewegt man sich in diesem Zusammenhang dann auf dem Niveau vernachlässigter Heimatmuseen und deren ehrenamtlichen Leitern, die alle gegen die 80 streben und irgendwann in den 1950ern aufgehört haben zu lernen.
Beide Begriffe werden von kenntnisreichen Archäologen heute schlicht nicht mehr verwendet und, wenn doch, dann nur in forschungsgeschichtlichem Zusammenhang!

Ein angenehmes Wochenende und herzliche Grüsse KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Larry Flint

... also dass die Dechsel allesamt Weibchen sind, war mir bislang noch gar nicht recht bewusst...

... sagt der Herr Duden aber auch...

Hammwawiedawattjelernt!

:winke: & danke für den Hinweis

Larry

Der Wikinger


@Heike

Könntest du bitte das schöne Kernbeil in einem selbständigen Thread mit Bildern von allen Seiten einstellen ??  :hacker:

Das verdient es !!  :super:

Khamsin

Da sagst Du was, mein Wikinger!

Ein Paradestück, das es verdient, herausgestellt zu werden!

Herzliche Grüsse KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

LeFrog

Tach Heike.

Da weiß ich ja nun endlich, wo ich neolithisch betrachtet Nachhilfeunterricht nehmen kann!

:-D :-D :-D

Gruß vom NOK
Marco