eine neue Mikrospitze

Begonnen von Furchenhäschen, 19. November 2023, 15:22:11

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Furchenhäschen

Servus,
nachdem es nun auch in Südbayern die letzten Tage etwas größere Niederschlagsmengen gab beging ich meine Frühmesolithischen Jagdstationen. Dabei fand ich doch einige typische Artefakte dieser Zeitstellung.
Im unteren Zentimeterbereich ist diese Mikrospitze aus Rotbraunem Radiolarit mit dorsaler und konvexer Basisretusche (Taute 1971,44F.) = Typ C27K nach Gehlen anzusehen.
So klein und zerbrechlich anzusehen gehe ich davon aus, dass diese Pfeilbewehrung der Vogeljagd vorbehalten blieb.
Ich wundere mich immer wieder wie diese filigranen Spitzen aus Stein in einer immer wieder kehrenden Perfektion ausgeführt wurden.
Man hat Mühe diese kleinen Dinger, und nur mit großer Konzentration überhaupt im groben Erdreich des Acker zu sehen.
Grüße
Peter

Steinkopf

Hallo Peter,

Respekt für Dein gutes Sehvermögen und
Glückwunsch zu diesem Fund - klein aber sehr fein!.

LG
Jan

Wiedehopf

Guten Abend,

ZitatSo klein und zerbrechlich anzusehen gehe ich davon aus, dass diese Pfeilbewehrung der Vogeljagd vorbehalten blieb.

Das habe ich schon öfter gelesen, z.B. werden die massenhaft in der Sahara gefundenen Klein- und Kleinstspitzen als oft 'Vogelspitzen' bezeichnet.

Aber um einen Vogel mit einem Pfeil zu erlegen bedarf es gar keiner Spitze. Die kinetische Energie eines abgeschossenen stumpfen Pfeiles reicht vollkommen aus um so ein armes Federvieh ins Jenseits zu befördern.

Viele Grüße
Michael   
 

Furchenhäschen

Hallo Michael,
da musst Du etwas verwechseln, denn diese Mikrospitzen, wie die Gezeigte sind in der Tat so nur in einem Hauptverbreitungsgebiet Bayern, Baden-Württemberg, im südl. Rheinland-Pfalz und im südlichen Teil Hessens anzutreffen. Das Verbreitungsgebiet von Mikrospitzen (Oberbegriff) ist ja wissenschaftlich klar belegt. Dazu gibt es Ausarbeitungen von den Mesolithikern Birgit Gehlen, Martin Heinen und Taute. Bejagt wurde z.B. in meinem Fundgebiet das wohl damals eine intakte Seen-Sumpf- und Moorlandschaft war ausschließlich Fisch, Wasservögel und kleines Niederwild. Um nochmal auf die Mikrospitzen zurückzukommen, der Aufbau eines mesolith. Pfeiles mit den Einsätzen der Mikrolithen ist ja bereits einschlägig bekannt.
In welche Kulturstufe fallen denn die von Dir aufgeführten, massenhaft in der Sahara aufgelesenen Pfeilspitzen?

Grüße Peter

Wiedehopf

Guten Abend Peter,

natürlich kann ich hierbei auch etwas verwechseln. Aus eigener Jugenderfahrung ist mir allerdings (leider) bekannt, dass es für die Vogeljagd mit dem Bogen überhaupt keiner Pfeilbewehrung bedarf.

Es wurden sogar von manchen Kulturen extra stumpfe, keulenförmige Pfeilaufsätze entwickelt, die die Bälge beim Durchdringen nicht beschädigten sondern den Vogel allein durch den Schock des Treffers töteten.         

ZitatIn welche Kulturstufe fallen denn die von Dir aufgeführten, massenhaft in der Sahara aufgelesenen Pfeilspitzen?

die Kulturstufe ist das ist dort in Nordafrika das 'Capsien'

https://de.wikipedia.org/wiki/Capsien

Viele Grüße
Michael


hargo

#5
Zitat von: Wiedehopf in 19. November 2023, 23:34:43...
Es wurden sogar von manchen Kulturen extra stumpfe, keulenförmige Pfeilaufsätze entwickelt, die die Bälge beim Durchdringen nicht beschädigten sondern den Vogel allein durch den Schock des Treffers töteten.       
...

Servus,

zwei Beispiele:
(...was die Jagd auf Niederwild mit Mikrospitzen nicht ausschließt)


Mittelsteinzeitlicher Kolbenpfeil Holmegard (8.000-6.000 v. Chr.)

http://www.pfeil-bogen.de/de_prehistoricarrows.htm


Kolbenpfeil mit Knochenspitze und Graugansbefiederung / Sehnenwicklung

http://www.rebensburg.com/exp_arch_bogenbau_galerie_B.htm
(und Fotoquelle)

mfg

thovalo



Moin!

Eine spannende Diskiussion. Es gibt ja große und kleine Vogelarten. Einen Auerhahn wird ein Kolbenpfeil wohl eher nicht so Bewegungsufähig machen, wie einen kleinen Vogel, der schon allein aus dem Schock heraus flugunfähig werden würde.

Vogelknochen haben nicht die Stärke der Knochen von Säugetieren. Sie zersplittern leicht und das wenige Fleisch dass sie überhauot bieten wäre mit Knochsplittern durchsetzt ungenießbar. Deshalb benutzte man die stumpfen Pfeilköpfe und in moderner Zeit die unendlich vielen kleinen Tonkugeln die man überall finden kann.

Für große Jagdvögel waren mit Spitzen bewehrte Pfeile dann wohl besser geeignet.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Tomcat

#7
Leider habe ich meine originale, vertrauenswürdiger erscheinende Quelle nicht mehr gefunden, aber offenbar wurden im Experiment auch große Tiere mit kleinsten Pfeilspitzen effektiv erlegt - im Zweifel muss ja ,,nur" die Haut durchstoßen werden, die Energie des Pfeils erledigt den Rest! Bei uns im wilden Süden ist zudem ,,waffenfähiges Kern- und Spaltmaterial ;-) " eher seltenes Importgut, da ist eine gewisse Sparsamkeit sicher angebracht gewesen :-)
Mfg
Tct
https://www.thoughtco.com/arrowheads-and-other-points-facts-167277
Life burns!

thovalo

Zitat von: Tomcat in 20. November 2023, 10:48:37Leider habe ich meine originale, vertrauenswürdiger erscheinende Quelle nicht mehr gefunden, aber offenbar wurden im Experiment auch große Tiere mit kleinsten Pfeilspitzen effektiv erlegt - im Zweifel muss ja ,,nur" die Haut durchstoßen werden, die Energie des Pfeils erledigt den Rest!
Mfg
Tct
https://www.thoughtco.com/arrowheads-and-other-points-facts-167277

Ja, so ist das. Pfeilbewehrungen aus Gesteinen haben in Bezug auf ihr Gewicht und Größe auch eine Limitierung.

Es ging auch kaum darum ein Tier mit einem Pfeilschuß sofort zu töten, das waren eher Zufallstreffer, sondern darum, ein Tier in seiner Mobilität so zu blockieren, dass es sich nicht schnell genug aus der Gefahrenzone entfernen konnte. Dann kamen andere Jagswaffen, Steine, Speere oder wieder der Bogen zum Einsatz mit denen man dann schnell und pärzise die Jagd beenden konnte.


lG Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Wiedehopf

Zitat
ZitatFür große Jagdvögel waren mit Spitzen bewehrte Pfeile dann wohl besser geeignet.

Das ist wohl war, siehe z.B. hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Pfeilstorch

Viele Grüße
Michael

Steinkopf

Hi,

Das ist ein klarer Fall von kultureller Aneignung - oder?

Jan

RockandRole

Servus,

hier ist ein Stück von einer Grabung, doch ich oft geholfen habe, welches zwar nicht steinzeitlich ist, aber den Gebrauch von solchen ,Kolben' noch bis ins Mittelalter belegt.

https://www.spessartprojekt.de/forschung/ausgrabungen/die-burg-auf-dem-kugelberg-bei-goldbach/die-burg-auf-dem-kugelberg-funde/die-burg-auf-dem-kugelberg-funde-armbrustbolzen/

Liebe Grüße Daniel

gefährliches Drittelwissen