Spätneolithisch-/bronzezeitliche Dolch-Spitze

Begonnen von Neos, 02. Juli 2022, 19:41:41

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Neos

Moin, zusammen,

ihr kennt das: Man findet das Fragment eines mutmaßlich wundervollen Artefakts und denkt sich "Wenn das jetzt vollständig wäre!". Diesen Gedanken hatte ich definitiv bei dem Stück, das ich euch heute vorstellen möchte: Die Spitze eines Dolches, die beidseitig Politur aufweist und die in Gänze sicherlich sehr ansprechend ausgesehen hat. Sie stammt vom selben Fundplatz wie der mit Kristallen besetzte Löffelschaber und der Löffelschaber, den ich zuvor fand. Drückt die Daumen, dass ich den Rest auch noch finde!  :glotz:

Hier die Daten der Dolch-Spitze:


  • Fundgebiet: Nördliches Schleswig-Holstein
  • Länge: 62 mm
  • Breite: 5 - 41 mm
  • Dicke: 2 - 5 mm
  • Gewicht: 18 g

Viel Spaß beim Anschauen und viele Grüße

Frank

Nanoflitter


Wiesenläufer

Moin Frank,

oh ja, wie oft hatte ich diesen Gedanken auch schon.  :-)

Schönes Stück von einer guten Länge.  :super:

Lieben Gruß

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

Neos

Hallo, Nanoflitter,

Zitat von: Nanoflitter in 02. Juli 2022, 20:11:05
Extrem dünn, das ist hohe Kunst :super: Gruss..

ja, das ist es in der Tat – hohe Kunst.  :kunst:

Als Harm Paulsen dieses Stück in Händen hielt meinte er "Die Stärke bzw. eher 'Dünne' dieses Artefakts ist beeindruckend. Dieser Dolch wurde von einem absoluten Profi hergestellt, der genau wusste, was er macht.". Ich wollte und konnte ihm nicht widersprechen.

Gruß

Frank

Neos

Moin, Gabi,

Zitat von: Wiesenläufer in 03. Juli 2022, 05:59:49
oh ja, wie oft hatte ich diesen Gedanken auch schon.  :-)

das denke ich mir. Und, ja, schön wär's gewesen...  :schaem:

Lieben Gruß zurück

Frank

Danske

Moin Frank,

eine feine Arbeit, ganz toll :super: Danke für's Zeigen :Danke2:

Bei der Stärke der Spitze stellt sich mir die Frage, wie und ob diese Dolche überhaupt genutzt wurden. Ich könnte mir gut vorstellen, dass solche Stücke nur Prestigeobjekte oder Grabbeigaben waren.

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Wiesenläufer

Zitat von: Danske in 03. Juli 2022, 22:05:57
Ich könnte mir gut vorstellen, dass solche Stücke nur Prestigeobjekte oder Grabbeigaben waren.

Moin Holger,

vermute ich auch, zumal wenn sie "komplett" gefunden werden.
Die sollen hier in MV fast alle aus einstigen Gräbern stammen.

Einer meiner Fundplätze hat einige Bruchstücke von Spitzen, Mittelteil und Griff aufzuweisen.
Lage und Gelände lassen mich auch eher an zerstörte Gräber als an Siedlung denken.

Lieben Gruß

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

StoneMan

Moin Frank, moin @ll,

so groß die Freude über so einen außergewöhnlichen Fund ist, so groß ist auch das Bedauern bei derartigen Fragmenten.

Dennoch Glückwunsch  :Danke2:

Solche Belege zeigen uns einmal mehr, dass nicht nur Opportunismus und Pragmatismus den Alltag begleitete.
Wobei ich glaube, dass so ein fein gearbeitetes Stück nicht für alltägliche Arbeiten gefertigt wurde.

Bei Hans Joachim Kühn "Das Spätneolithikum in Schleswig-Holstein" sind auf den Tafeln 4 und 5 einige
Dolche mit sehr dünnen Blättern (Typ Ia/Ib) abgebildet.
Ähnliche Dolche sind im Schloss Gottorf ausgestellt, einer davon wird als "Speisemesser" deklariert, warum
also nicht auch einmal ein "Statussymbol"...

@ Frank,

Du hast Harms Worte gut zusammengefasst "ja, das ist es in der Tat – hohe Kunst."

Freu Dich.  :super:

Gruß

Jürgen

Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Fischkopp

Hallo,

auch von mir einen herzlichen Glückwunsch.
In Schloss Gottorf ist die neolithische Abteilung wohl auf Jahre geschlossen... Wegen Umbauarbeiten.

LG
Fischkopp

Neos

Moin, Holger,

Zitat von: Danske in 03. Juli 2022, 22:05:57
eine feine Arbeit, ganz toll :super: Danke für's Zeigen :Danke2:

sehr, sehr gerne!

Zitat
Bei der Stärke der Spitze stellt sich mir die Frage, wie und ob diese Dolche überhaupt genutzt wurden. Ich könnte mir gut vorstellen, dass solche Stücke nur Prestigeobjekte oder Grabbeigaben waren.

Diese Frage habe ich mir auch gestellt und hätte normalerweise dasselbe angenommen wie du. In speziell diesem Fall möchte ich das jedoch nahezu ausschließen, denn die beidseitige Politur ist recht stark ausgeprägt und stammt definitiv nicht von Windschliff. Sie kann m. E. nur durch Gebrauch entstanden sein.

Viele Grüße

Frank

Neos

Moin, Gabi,

Zitat von: Wiesenläufer in 04. Juli 2022, 05:09:45
Lage und Gelände lassen mich auch eher an zerstörte Gräber als an Siedlung denken.

der Fundort dieses Fragments stammt vom unmittelbaren Rand einer recht großen Siedlung. An der Stelle deutet auch geländetechnisch nichts auf eine Grabstätte hin. Aber 100-prozentig ausschließen kann man natürlich nichts.

Viele Grüße

Frank

Neos

Hallo, Fischkopp,

Zitat von: Fischkopp in 04. Juli 2022, 17:39:04
auch von mir einen herzlichen Glückwunsch.
In Schloss Gottorf ist die neolithische Abteilung wohl auf Jahre geschlossen... Wegen Umbauarbeiten.

dank dir! Dass die Jungsteinzeit-Abteilung im Schloss Gottorf zurzeit geschlossen ist, wusste ich noch gar nicht. Das ist echt  :heul: ...
Zum Glück gibt's dort ja aber noch die Bereiche Alt- und Mittelsteinzeit. Und die lohnen einen Besuch mindestens genauso.

Viele Grüße

Frank

Wiedehopf

Hallo Frank,

Zitatdenn die beidseitige Politur ist recht stark ausgeprägt

Kann das eventuell auch vom Herstellungsprozess stammen ? Es wird des öfteren beschrieben, dass bei der Herstellung flächenretuschierter Dolche immer wieder auch überschliffen wurde um Grate und andere  Unregelmäßigkeiten zu beseitigen um bei den noch folgenden Retuschen nicht einen Bruch zu riskieren. Auf deinen Bildern kann ich sowas aber nicht erkennen. 

Viele Grüße
Michael

Neos

Moin, Jürgen,

Zitat von: StoneMan in 04. Juli 2022, 13:36:04
Solche Belege zeigen uns einmal mehr, dass nicht nur Opportunismus und Pragmatismus den Alltag begleitete.
Wobei ich glaube, dass so ein fein gearbeitetes Stück nicht für alltägliche Arbeiten gefertigt wurde.

Bei Hans Joachim Kühn "Das Spätneolithikum in Schleswig-Holstein" sind auf den Tafeln 4 und 5 einige
Dolche mit sehr dünnen Blättern (Typ Ia/Ib) abgebildet.
Ähnliche Dolche sind im Schloss Gottorf ausgestellt, einer davon wird als "Speisemesser" deklariert, warum
also nicht auch einmal ein "Statussymbol"...

@ Frank,

Du hast Harms Worte gut zusammengefasst "ja, das ist es in der Tat – hohe Kunst."

Freu Dich.  :super:

ich freue mich sogar außerordentlich über diesen Fund! Das ist das bis dato mit Abstand "feinste" Stück meiner Sammlung, auch wenn es "nur" ein Fragment ist.

Viele Grüße von de Waterkant

Frank

Neos

Hallo, Michael,

Zitat von: Wiedehopf in 04. Juli 2022, 22:28:01
Kann das eventuell auch vom Herstellungsprozess stammen ? Es wird des öfteren beschrieben, dass bei der Herstellung flächenretuschierter Dolche immer wieder auch überschliffen wurde um Grate und andere  Unregelmäßigkeiten zu beseitigen um bei den noch folgenden Retuschen nicht einen Bruch zu riskieren. Auf deinen Bildern kann ich sowas aber nicht erkennen. 

ein spannender Aspekt (dank dir dafür!), der bei diesem Stück jedoch nicht zutrifft. Die Politur geht über die gesamten Flächen- und Kantenretuschen – also über alle "Höhen" und "Tiefen" der Oberfläche.

Viele Grüße

Frank

Fabulas

Ein wunderschöner Fund - dazu möchte ich Dir auch gratulieren!

Viele Grüße
Anita

Wiedehopf

Hallo Frank,

das Thema 'Schliffspuren auf Dolchen' interessiert mich sehr. Deshalb habe ich noch mal nachgelesen und bin auf einen Hinweis (Ebbe Lomborg - Die Flintdolche Dänemarks) gestoßen:

Lomborg unterscheidet drei technisch bedingte Formen der Überschleifung bzw. Politur mit denen verhindert werden sollte, dass Unebenheiten oder Grate die nachfolgende Retuschierung gefährden. Darüber hinaus führt er eine vierte Variante an, die nicht während des Herstellungsprozesses erfolgte sondern am fertig retuschierten Dolch. Auch hier gibt es wieder verschiedene Stufen, von der Einebnung einzelner Grate bis zum vollständigen Glattschliff. Die Erklärung für das nachträgliche Schleifen, so schreibt er, ist in Verbindung mit den Vorbildern der Dolche zu suchen. 

Ich interpretiere das mal so: Man wollte durch die Einebnung der Herstellungsspuren den metallenen Vorbildern der Dolche so nahe wie möglich kommen.

Viele Grüße
Michael 

   

Neos

Hallo, Anita,

Zitat von: Fabulas in 05. Juli 2022, 16:10:34
Ein wunderschöner Fund - dazu möchte ich Dir auch gratulieren!

dank dir vielmals!  :-)

Viele Grüße

Frank

Neos

Hallo, Michael,

Zitat von: Wiedehopf in 05. Juli 2022, 17:44:48
Lomborg unterscheidet drei technisch bedingte Formen der Überschleifung bzw. Politur mit denen verhindert werden sollte, dass Unebenheiten oder Grate die nachfolgende Retuschierung gefährden. Darüber hinaus führt er eine vierte Variante an, die nicht während des Herstellungsprozesses erfolgte sondern am fertig retuschierten Dolch. Auch hier gibt es wieder verschiedene Stufen, von der Einebnung einzelner Grate bis zum vollständigen Glattschliff. Die Erklärung für das nachträgliche Schleifen, so schreibt er, ist in Verbindung mit den Vorbildern der Dolche zu suchen. 

Ich interpretiere das mal so: Man wollte durch die Einebnung der Herstellungsspuren den metallenen Vorbildern der Dolche so nahe wie möglich kommen.

das sind sehr interessante Infos, die du hier mit uns teilst. Sehr cool und danke dafür! Deiner Interpretation kann ich absolut folgen und mir ebenfalls gut vorstellen, dass diese Intention dahintersteckte. Das beste Beispiel in diesem Zusammenhang sind hier vermutlich die berühmten Fischschwanzdolche, die Bronzedolchen in vielen Details nachgeahmt sind.

Spannend! :super:

Viele Grüße

Frank