Seminar zum Forschungsstand des Spätpaläolithikums und Mesolithikum im Rheinland

Begonnen von thovalo, 24. März 2024, 12:06:49

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thovalo

Moin!

Gestern fand im urgeschichtlichen Institut der Universität Köln ein Seminar zum Forschungsstand des späten Paläolithikums und des Mesolithikums im RHEINLAND statt. Dozentin war B. Gehlen. Es war ein ausgesprochen "lehrreicher" Tag mit einem weit umfassenden und intensiven fachlichen Austausch.

Es wurde dabei deutlich, das selbst von Facharchäologen ergrabene ältere Fundstellen meist nur unzureichend dokumentiert worden sind und deshalb nur bedingt Aussagen zu einzelnen Themenbereichen möglich machen.

Aufgrund geologischer Dynamik und Besonderheiten sind unter einigen der älteren ergrabenen Fundplätzen die Funde nicht sicher von  jüngeren Anteilen im Fundgut zu trennen, wie z.B. bei Überschneidungen von Federmesser- und Stielspitzengruppen oder einem spätpaläolithischen Inventar mit einem mesolithischen Fundaufkommen, denn bereits im Enpaläolithikum gibt es mikrolithische Formen.

Im Vergleich des Materialbezugs zeigt sich, dass der Bezug von Rohmaterialien im Spätpaläolithikum deutlich weiter reichte, als es dann im Mesolithikum der Fall gewesen ist.

Für das Mesolithikum wird eine Entfernung von etwa 50 km anzunehmen sein, aus der die Menschen selber ihren Rohmaterialbezug decken konnten. Material aus weiter entfernt gelegenen Rohmaterialvorkommen wurden eher durch den Kontakt und einen Austausch von Rohmaterialein durch benachbarte Gruppen vermittelt.

Auch über die Vermittlung kutureller Traditionen über die zumindest im Spätpaläolithikum wohl noch zeitweise in einigen Bereichen trocken zu Fuß zu überquerende Landverbindung zwischen den britischen Inseln über die heutige Nordsee wurde anhand einiger Beispiele nachgedacht.

Dazu gab es noch viele weitere ausgetauschte Aspekte, Themen und Forschungsergebnisse.

Für mich persönlich war dieser Tag schlicht "erschlagend".


lG Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Persephone

Hallo Thomas,

danke für die interessante Schilderung.
Läßt sich der Aspekt:

"Im Vergleich des Materialbezugs zeigt sich, dass der Bezug von Rohmaterialien im Spätpaläolithikum deutlich weiter reichte, als es dann im Mesolithikum der Fall gewesen ist."

dahingehend spezifizierem, warum der Radius der Materialbeschaffung soweit geschrumpft ist?
Sind die Gründe in der Veränderung der Landschaft oder eben eher dem Jagdverhalten der Vorfahren zu finden?

 :winke: Persephone


thovalo

Zitat von: Persephone in 24. März 2024, 15:15:43Hallo Thomas,

danke für die interessante Schilderung.
Läßt sich der Aspekt:

"Im Vergleich des Materialbezugs zeigt sich, dass der Bezug von Rohmaterialien im Spätpaläolithikum deutlich weiter reichte, als es dann im Mesolithikum der Fall gewesen ist."

dahingehend spezifizierem, warum der Radius der Materialbeschaffung soweit geschrumpft ist?
Sind die Gründe in der Veränderung der Landschaft oder eben eher dem Jagdverhalten der Vorfahren zu finden?

 :winke: Persephone




Diese Frage wird weiter Teil der Forschungen sein. Die Tendenz weist in die Richtung, das sich die Lebensweise der Mesolithiker,  insbesondere klimabedingt, immer mehr auf die sich verändernden Gegebenheiten ausgerichtet hatte. Die Mesolithiker konzentrierten sich deutlich intensiver auf die Ausbeutung ihres näheren regionalen Umfeldes.

Durch die zunehmend verdichtete Bewaldung in weiten Teilen Europas, so auch im Rheinland, konzentrierte sich die Nutzung insbesondere auf die  wasserreichen Zonen und deren Randgebiete, in denen so ziemlich Alles verfügbar war, was das alltäglich Leben der Jäger und Sammler des Mesolithikums sichern und bereichern konnte.

Es wird aktuell an einem Platz an einem Altarm des Rheins am rechten Niederrhein geforscht, der einiges Potential hat auch die pflanzliche Umwelt des Lagerplatzes klären zu können. Daraus könnten dann Rückschlüsse auf das Wild, die Fischarten und die Vogelarten am Ort gezogen werden.

Was eine Herausforderung und zugleich sehr schön ist, ist der Umstand, das die Forschung aktuell noch an Fahrt aufnimmt und Vieles, das noch vollkommen unbekannt ist, neu erschließen kann.


lG Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Persephone

Danke Thomas!
In diese Richtung gingen meine Gedanken tatsächlich auch :daumen:

 :winke: Persephone

Danske

Danke für die interessanten Informationen zu der Thematik, Thomas. Das war mit Sicherheit eine lehrreiche Veranstaltung. Und Birgit Gehlen als Dozentin ist natürlich super.

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

thovalo

Zitat von: Danske in 24. März 2024, 19:11:30Danke für die interessanten Informationen zu der Thematik, Thomas. Das war mit Sicherheit eine lehrreiche Veranstaltung. Und Birgit Gehlen als Dozentin ist natürlich super.

LG
Holger

Sie ist wirklich eine sehr gelassene und sehr gute Vermittlerin ihres Fachs und Fachwissens.

Am 22.04 stellt sie das Projekt zu beiden Perioden im Rheinland in Bonner Landesmuseum vor.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

hargo

Zitat von: thovalo in 24. März 2024, 23:54:30Am 22.04 stellt sie das Projekt zu beiden Perioden im Rheinland in Bonner Landesmuseum vor.


Kann man als interessierter Laie dabei sein?

thovalo

Ich bin erst jetzt wieder meinem PC nahe!

Ja, klar. Ich habe mich zwar für den Tag angemeldet, aber ich denke dass man auch gut so dazu kommen kann!


Das ist die Anschrift zur Anmeldung 

Sabine.Hermesdorff@lvr.de

Es sind zwei Tage, nömlich der 22.04 und der 23.04.

Es beginnt mit dem Paläolithium und endet im zweiten Tag in der Neuzeit. Das Anmeldeformular und Programm habe ich nicht mehr. Aber das müsste auch noch unter dem Internetauftritt oder der mit gegebenen Anschrift zu bekommen sein.




lG
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.