Eine gestielte Pfeilspitze aus Hambach

Begonnen von steinsucher, 22. September 2009, 22:26:38

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steinsucher

Hallo Forum,

Hambach 1 ist ja für jeden, der sich für die Mittelsteinzeit interessiert, ein Begriff. Aber der Platz gibt noch ganz andere Dinge frei. Manche sind wohl älter. Andere jünger. Hier ist so ein jüngeres Teil. Es liegt mir nicht im Original vor. Der Grund dafür ist, dass ich 1986 einen Chef hatte, der es ok fand, wenn ich auch mal während der Arbeitszeit so eine oder zwei Stunden nach der Mittagspause auf dem Acker war. Dafür musste ich ihn dann aber auch mal mitnehmen. Die beste Stelle dafür war eben Hambach 1, da sammelten sowieso schon genug andere. Dazu kam bei diesem Besuch noch, das gerade das Getreide vom Feld war, die Stoppeln standen noch, und es war richtig trocken. Da findet man sowieso nichts.

Augen auf Mesolithikum eingestellt, es ging los. Auf dem höchsten Punkt der Langeweile kam dann von hinten der Ruf: "Ich hab 'ne Pfeilspitze". Die Reaktion war begeistert: "jo, jo". Ein wenig Drängeln. Und dann war es wirklich eine.

Natürlich nicht mesolithisch, sondern wohl eher in die jüngere Phase der Jungsteinzeit einzuordnen, vielleicht sogar noch jünger. Aber ein simples, schönes Teil. Natürlich war er nicht bereit es abzugeben, aber fotografieren durfte ich es. Damals war Dia angesagt. Die Scanns vom Dia sind nicht so gut, aber sie sollten ihren Zweck erfüllen.

Für RP: Die Stelle liegt etwa 100m nördlich des komischen Knicks vom Mühlenbach nahe am Bach auf der westlichen Seite.

Fritz.

osman.herberger

Servus Fritz,

wunderschönes Teil ! Ja das waren noch Zeiten, als wir abends Dia´s gerahmt haben...
Aber wegen mir hättest Du auch einen Pflasterstein zeigen können, Hauptsache Du bist hier wieder aktiv dabei. Das freut mich nämlich riesig !

Ganz liebe Grüße aus Bayern

Stefan
"Was man liebt, das asphaltiert man doch nicht ständig !" (Gerhard Polt)

rentner

Hallo Steinsucher !!!!
Wunderschönes Stückchen......
Finde ich spannend, weil  unsere Bayerischen Pfeilspitzen aus der Übergangsphase Neol/BZ tendenziell eher flächenretuschiert sind...... was bei den wenigen Kümmerlingen die ich in den Händen hatte, natürlich keine algemeingültige Schlussfolgerung zulässt.......................
Danke fürs zeigen!
Michi

steinsucher

Zitat von: rentner in 22. September 2009, 23:45:15
Finde ich spannend, weil  unsere Bayerischen Pfeilspitzen aus der Übergangsphase Neol/BZ tendenziell eher flächenretuschiert sind...... was bei den wenigen Kümmerlingen die ich in den Händen hatte, natürlich keine algemeingültige Schlussfolgerung zulässt.......................
Michi

Hallo Michi,

Ja, diese Spitze kann ich auch schlecht einordnen. Sehr einfach, aber doch ein Stiel. Passt eigentlich gar nicht zum auslaufenden Neolithikum hier im RL. Aber ich kenne ja auch nicht alles. Flächenretusche gab's hier auch.

:prost: Wenn Du zum Erkennen von Pfeilspitzen mehr Kümmerlinge brauchst, kein Problem, schicke ich Dir zu. Eine Hälfte vom Karton behalte ich aber hier. Nur die Adresse brauch ich.  :prost:

Gruß aus Heinsberg/Rheinl.

Fritz.

queque

Hallo Fritz,
ich auch: wunderschöner Fund.
Ich würde so einen Typen wahrscheinlich endneolithisch bzw. frühbronzezeitlich einordnen. Mache mich heute Abend mal auf die Suche nach vergleichbaren Stücken in der Literatur aus dem RL.
Viele Grüße
Bastl

rolfpeter

Ich bin natürlich auch auf der Suche nach Vergleichsstücken!

Und dabei bin ich auf einen interessanten Artikel gestoßen.
In "Archeologie in Limburg", Jahrgang unbekannt aber neueren Datums, hat der Archäologe Xavier van Dijk die Sammlung eines gewissen Herrn Keus, der in den 30er und 40er Jahren als Amateurarchäologe in Venlo tätig war, auf Fälschungen untersucht.
Hierbei sind seine Verdachts-Kriterien bei gefälschten Pfeilspitzen folgende:
1. typologische Unbekanntheit
2. Retuschierungen an typologisch unbekannten Stellen.
3. relativ viel Cortex an Spitzen
4. das Vorkommen von "frischer" Retusche auf prähistorischen Stücken.
5. Gebrauch von Materialtypen, die in der Urgeschichte unbekannt sind.

In dem Artikel ist ein Foto mit "Fälschungen", leider nicht in der besten Qualität, angehängt:



So:
Die Spitze oben rechts erinnert mich stark an den hier vorgestellten Fund.
Die Spitze oben links erinnert mich an einen Fund von mir:
http://www.sucherforum.de/index.php/topic,38378.0.html
Und die Spitze unten links erinnert an eine wartbergzeitliche Spitze, die vor einigen Jahren bei Sindorf gefunden wurde und auch in AiR veröffentlicht ist.

Ja und nun? Können auch Experten irren? Wahrscheinlich ja!

Wer den Artikel im original lesen möchte, hier ist der Link:
www.limburgsmuseum.nl/media/pdf/uitp4.pdf

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

steinsucher

Hallo Forum, hallo RP,

jetzt bringst Du mich aber ins Grübeln. Ich habe mir den Artikel angesehen, muss ihn aber nochmal genauer studieren, mein Niederländisch hinkt ein wenig.

Wenn Fälschung, was ja nicht ganz unmöglich ist, dann aber nicht von dem Begleiter damals. Der wusste morgens gar nicht wo wir hinfuhren. Schon gar nichts über die Patina der Feuersteine dort. Die Spitze hat genau die gleiche Feuchtboden-Patina wie die meso- und neolithischen Teile. Es müsste sie dann dort ein Scherzbold hingeworfen haben.

Aber - hm....

Der Herr Dittmann aus Aldenhoven hat uns mal die spannende Geschichte über eine Bande erzählt, die Pfeilspitzen fälschte. Sie sollen ihn auch einmal angesprochen haben um den, nennen wir es mal "Pröll", also die vielen Abschläge die man beim Sammeln so mit nimmt, von ihm zu bekommen. Hat er natürlich verweigert. Diese Leute sollen daraus dann auf die Schnelle "Pfeilspitzen" gemacht haben, sie für eine gewisse Zeit in einem Säckchen voll Sand unter das Auto gehängt haben (zwecks Politur der Grate) und sie dann an gläubige Menschen, die unbedingt alles haben wollen, verkauft haben. Wir waren jung und lauschten seinen Geschichten gerne.

Aber, Du hast recht, auch so etwas sollte man nicht ganz außer Acht lassen.

Grüße aus Heinsberg,

Fritz.

rolfpeter

Da habe ich mich aber verschwommen ausgedrückt und Du hast mich deshalb gründlich mißverstanden!

Ich hatte nicht die Authentizität Deines Fundes bezweifelt, sondern die Systematik mit der Herr van Dijk an die Sache herangeht.

Warum soll es keine spätneolithischen oder becherzeitlichen Pfeilspitzen mit Rindenrest und randlicher Retusche geben?

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

steinsucher

Hallo RP,

das hatte ich schon heraus gelesen. Trotzdem ging mir die Frage, die ich mir ja so noch nicht gestellt hatte, durch den Kopf. Nichts ist unmöglich...

So, jetzt erst mal DFB-Pokal.

Bis dann, Fritz.

queque

Hallo Fritz, hallo RP,

letztes Jahr stellte Jürgen Weiner auf einem Seminar Bilder von Pfeilspitzen vor, die von der Typologie her unseren spätneolithischen bzw. becherzeitlichen gestielten und flächenretuschierten Funden entsprachen. Die Experten datieren die Funde aufgrund der Stratigraphie auf irgendetwas zwischen 18000 und 14000 vor heute, wenn ich mich recht erinnere. Aber das ist euch sicher bekannt.
Tatsächlich hat mich ein Kumpel bei einer großen michelsberger Pfeilspitze neulich gefragt, ob ich sicher sein, dass sie keine Fälschung ist, die Retuschen und "Steckenbleiber" sähen so "frisch" aus. Ich habe mich einen Moment lang verunsichern lassen. Dass irgendwelche Menschen solche Teile selbst schlagen bzw. drücken, um sie dann als Originale zu verscherbeln, kann ich ja verstehen. Aber wer bitteschön kippt das gefakete Zeug dann auf die Äcker, um unschuldige Sucher und Sammler zu foppen?
Die Welt ist bestimmt schlecht.
Nachdenklich und verunsichert
Bastl