Schlagstein mit Griffmulden

Begonnen von steinwanderer, 08. Dezember 2015, 20:01:04

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steinwanderer

Moin moin,
diesen Schlagstein fand ich beim Einmessen der Funde als wir quer zur Ackerfurche in Richtung untergehende liefen. Die Sonne stand schon so tief, das sie einen Schatten in einer der Mulden warf. Diese Auffälligkeit veranlasste mich sofort den Stein zu begutachten.
Da auf dem Brommeplatz A auch Mesolithikum und die Ahrensburger-Kultur vertreten ist bin ich mir mit dem Zuordnen des Schlagsteines in die Brommekultur nicht ganz sicher, aber ich denke es könnte ganz gut passen.
Der 904g schwere Schlagstein besitzt mittig auf beiden Seiten schwach eingetiefte gepickte Mulden die wohl der Handhabung dienten.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

Nanoflitter

Das ist ja mal ein hochprofessionelles Teil. Könnten die Mulden nicht auch vom Antrieb eines Bohrers, Feuerstabes stammen? So Stein auf einen Holzstab oben drauf drücken und mit Bogen ziehen-schieben den Stab antreiben, weist schon... :zwinker:

Gruss...

RockandRole

Hallo Klaus,

einen schönen Fund hast du da gemacht! Kannst du eine Funktion als Unterlage oder Retuscheur ausschließen?

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

StoneMan

Moin,

sehr interessanter Fund Klaus.  :super:

Ob der Manfred da etwas angefangen hatte...? Klick-Pick - Klick-Pick  :dumdidum:

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

steinwanderer

Zitat von: RockandRole in 08. Dezember 2015, 21:47:51
Hallo Klaus,

einen schönen Fund hast du da gemacht! Kannst du eine Funktion als Unterlage oder Retuscheur ausschließen?

Liebe Grüße Daniel

Moin Daniel,
ich weiß es nicht. Mir wurde nur von archäologischer Seite gesagt, das der Stein durch die Mulden schön in der Hand liegt.
Gruß Klaus
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

RockandRole

Hey Klaus,

der liegt dadurch sicher besser in der Hand, kann ich mir gut vorstellen. Vielleicht Griffmulden als willkommener Nebeneffekt!? Feststellen lassen wird sich das aber wohl nicht. Von 'Handhaben' an Klopfgeräten bin ich aber überzeugt. Hätte ja mal diese Handhabe mit den Sägespuren an dem Amphibolith Klopfer.

Liebe Grüße Daniel

gefährliches Drittelwissen

StoneMan

Zitat von: steinwanderer in 09. Dezember 2015, 18:54:08
...
ich weiß es nicht. Mir wurde nur von archäologischer Seite gesagt, das der Stein durch die Mulden schön in der Hand liegt.
...
Moin,

das wundert mich nun ein wenig und freut mich zugleich, denn fast ist es ein No-Go von der Archäologie,
heute das Kriterium, "schön/gut in der Hand liegen", zu verwenden.

Ich bin da aber nicht vorbehaltlos bei den Archäologen, die dies nicht akzeptieren.
Für mich gibt es nämlich auch Fingerschutzretuschen.

@ Klaus, demgemäß hältst du nicht von einer angefangenen Scheibenkeule?
Doch eher ein Widerlager zum (nicht zündelndem) Bohren?

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Steinkopf

Ist das nicht alles ein bisschen spekulativ?

Vielleicht lagen auch Haselnüsse in den Mulden, die man so präziser knacken konnte?

LG

Jan

steinwanderer

@ Klaus, demgemäß hältst du nicht von einer angefangenen Scheibenkeule?
Doch eher ein Widerlager zum (nicht zündelndem) Bohren?

Moin Jürgen,
eigentlich gar nichts von Beiden.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

steinwanderer

Zitat von: Steinkopf in 09. Dezember 2015, 20:53:34
Ist das nicht alles ein bisschen spekulativ?

Vielleicht lagen auch Haselnüsse in den Mulden, die man so präziser knacken konnte?

LG

Jan

Erst kommt die Spekulation dann die Erkenntnis.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

Nanoflitter


RockandRole

Da haben wir wohl alle spekuliert  :-D
gefährliches Drittelwissen

thovalo

#12
Zitat von: steinwanderer in 09. Dezember 2015, 21:45:50
Erst kommt die Spekulation dann die Erkenntnis.
Gruß Klaus

Zu den an Schlagsteinen als Kombination mit auftretenden Mulden gibt es nähere Untersuchungen in Inventaren in den linksrheinischen Niederrheinischen Lößgebiet. Diese Mulden, die an den untersuchten Stücken oft einmal deutlicher und tiefer gegenüber einer flaueren Ausprägung liegen, werden als Spuren einer nicht bekannten zusätzlich Nutzungsweise der Stücke in verschiedenen Arbeitsgängen der Bearbeitung bestimmter Materialien erklärt. Als Literatur findet sich das meiner Erinnerung nach, im "Floss"!

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,67514.0.html


Im Umriss umlaufend rundliche Schlagsteine fanden sich unter den sehr vielen Belegen von Schlagsteinen in meinem Suchbereich bislang ur zwei. Das ist einer davon: 

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,67877.0.html


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Pipin

Moin moin  :winke:,

der Verdacht von Nano ist gut, dennoch glaube ich nicht daran. Warum sollte dann auf beiden Seiten eine solche "Mulde" existieren? Insitnktiv wurde in der Zeichnung, die ich sehr gut finde,  der Stein mit einer für die Handhabung nach oben gewölbten Form und unten einer flachen Seite gezeichnet.  Also zwei dem Gebrauch angepasste ganz verschiedene Seiten.

Sollte es eine Vorarbeit zu einer Axt sein, wäre Klaus aber sicher traurig ... Klaus,  Jürgen wollte dich sicher nur ärgern!

Für mich sieht das eindeutig nach einem Schlagstein der Trichterbecherkultur aus  :frech:

Gruß Christian


StoneMan

Zitat von: Pipin in 10. Dezember 2015, 21:00:00
... Klaus,  Jürgen wollte dich sicher nur ärgern!

....

Na hör mal... so etwas würde ich niiiie tun ;-) ;-) ;-)
jedenfalls nicht hier in diesem Falle.

Moin,

am besten gefällt mir Jans Nußknacker-Erzählung  :zwinker:

Dann fehlt nur ein Teil, denn man braucht ja eine Unterlage und einen Klopper.
Man hatte also zwei solcher Steine, mal wurde der eine als Klopper verwendet, mal der andere.
Die Kerben am Rand machen dann Sinn.

Spekulation...

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

thovalo

Zitat von: StoneMan in 10. Dezember 2015, 22:28:58

Na hör mal... so etwas würde ich niiiie tun ;-) ;-) ;-)
jedenfalls nicht hier in diesem Falle.

Moin,

am besten gefällt mir Jans Nußknacker-Erzählung  :zwinker:

Dann fehlt nur ein Teil, denn man braucht ja eine Unterlage und einen Klopper.
Man hatte also zwei solcher Steine, mal wurde der eine als Klopper verwendet, mal der andere.
Die Kerben am Rand machen dann Sinn.

Spekulation...

Gruß

Jürgen


Die "Nußknackerthese" wird, ich denke ebenfalls im Beitrag von Gehlen im Floss, auch verworfen!
Das war eine der vielen nie belegten Spekulationen aus der Urzeit der Urgeschichtsforschung.

lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Steinkopf

#16
Spekulationen sind zeitlos -

irgendwie müssen die Schalen doch geknackt worden sein!

Leider haben auch Bokelmanns Duvensee Ausgrabungen dieses Rätsel nicht gelöst.
Aber die Schalenfragmente belegen, dass die Nüsse nicht ganz geschluckt wurden.

Spass beiseite. Manches bleibt Spekulation.

LG

Jan

StoneMan

Zitat von: thovalo in 11. Dezember 2015, 07:29:41

Die "Nußknackerthese" wird, ich denke ebenfalls im Beitrag von Gehlen im Floss, auch verworfen!
Das war eine der vielen nie belegten Spekulationen aus der Urzeit der Urgeschichtsforschung.

lG Thomas  :winke:

Moin,

allein, dass etwas bisher nicht belegt werden konnte, schließt doch etwas nicht per se aus.
Jan bringt es auf den Punkt, "...irgendwie müssen die Schalen doch geknackt worden sein!".

Birgit Gehlen - zwar zu einem anderen Thema, aber zur gleichen Problematik.
Steinartefakte vom Altpaläolithikum bis in die Neuzeit, Harald Floss 2012.
Kapitel 57, Grundformproduktion und -verwendung im späten Mesolithikum, Seite 560

Zitat Birgit Gehlen:
[...]

Abschläge

Neben den Geräten aus sog. regelmäßigen Klingen kommen in spätmesolithischen Inventaren auch Abschlaggeräte vor.
Diesen wird – da optisch verhältnismäßig wenig attraktiv – bei den Bearbeitungen relativ wenig Aufmerksamkeit gewidmet.
Eine Diskussion der Grundformen für die Abschlaggeräte fehlt in der Regel und abgebildet werden nur wenige Stücke,
deren Auswahlkriterien nicht transparent gemacht werden.

Zitat Ende


Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Furchenhäschen

#18
Hallo,

bei diesem Fundstück von Klaus bin ich mittlerweile eher der Meinung, daß es sich möglicherweise um die aus unerfindlichen Gründen abgebrochene Vorarbeit einer Geröllkeule handeln könnte. Die Größe könnte passen. Ein Foto mit Fundsituation an den Fachmann Biermann und man bekommt sicherlich eine kurze Rückantwort.

Grüße Peter

RockandRole

Zitat von: Furchenhäschen in 03. Dezember 2024, 18:00:11und man bekommt sicherlich eine kurze Rückantwort.

Grüße Peter

Ne, sorry. Das war wohl mal so. Aber viel Glück
gefährliches Drittelwissen

Furchenhäschen

Zitat von: RockandRole in 03. Dezember 2024, 18:07:32Ne, sorry. Das war wohl mal so. Aber viel Glück

Ich erhielt die Antwort nach wenigen Wochen, also relativ zeitnah.
Grüße Peter

Wiedehopf

ZitatHallo,

bei diesem Fundstück von Klaus bin ich mittlerweile eher der Meinung, daß es sich möglicherweise um die aus unerfindlichen Gründen abgebrochene Vorarbeit einer Geröllkeule handeln könnte. Die Größe könnte passen.

Hallo Peter,

nein, das glaube ich nicht, das ist sicherlich ein eigenständiger Gerätetyp (was auch immer). Es gibt viel zu viele davon im Norden als dass das alles unvollendete Vorarbeiten für Keulen wären.

Hier ein Ausschnitt aus einer Dokumentation über allein in einem einzigen Fundzusammenhang auf Rügen aufgelesene 37 Stücke.     

Viele Grüße
Michael 

Furchenhäschen

#22
Hallo Michael,
Du hast Recht, um eine qualifizierte Aussage zu einer Keulenkopfvorarbeit machen zu können müsste man die für diesen Werkzeugtyp filtrierten,  ausgearbeiteten bzw. in der Arbeit von Biermann festgestellten Standards anwenden, ja, die gab es damals schon. Das waren wohl Erfahrungswerte des steinzeitlichen Menschen. Zu den zu überprüfenden Punkten zählt das Material, der Durchmesser, die Dicke und noch einiges mehr.,Dazu hat Biermann eine Art Klassifizierunsübersicht aufgestellt anhand derer man die Keulenköpfe oder Vorarbeiten zeitl. zuordnen konnte.
Wenn ich mich recht erinnere kann man die Biermannsche Arbeit auf Academia Edu komplett einsehen.
Ohne dahingehend eine Überprüfung des Stückes aufzustellen sind Aussagen in beide Richtungen natürlich lediglich Annahmen .

Grüße Peter

Furchenhäschen

#23
Hallo Michael
ergänzend:
Deine gezeigten Schälchensteine muss man differenzierter betrachten. Wie ich das sehe ist bei den gezeigten 37 Stück lediglich eine einseitige Pickung erfolgt. Das ist selbstverständlich ein Ausschlusskriterium für Keulenköpfe bzw. Vorarbeiten.. Sämtl. mir bekannten Keulenköpfe wurden von 2  Seiten beginnend gleichmäßig gepickt.. Formell käme in Bildtabelle lediglich das zuletzt gezeigte hellbeige Stück rechts unten in Frage, wenn es denn beidseitig gipickt wäre.
Grüße Peter

Wiedehopf

Hallo Peter,

auf der von mir willkürlich herausgegriffenen Seite sind nur die einseitig gemuldeten Stücke abgebildet, die weiteren Seiten zeigen die beidseitig gemuldeten sowie sonstige Stücke. Die Autorin spekuliert über eine kultische Nutzung.

Vielen Dank für den Hinweis auf die Untersuchung von Biermann  :super:

Viele Grüße
Michael   

Persephone

Hallo Michael und Peter,
ist nicht ein entscheidendes Unterscheidungsmerkmal, dass bei Klaus, wie auch bei Holgers Stück gepickt, die Schälchensteine aber gebohrt wurden?
Außerdem gibt es "mobile Schälchensteine" (die Bezeichnung derselben als Schälchensteine ist meines Wissens überholt, grade in Unterscheidung zu den Findlingen mit Näppfchen/Schälchen) mit min. bis zu 4 Schälchen, die nicht als Handhabe taugen.

 :winke: Persephone

Wiedehopf

Zitatist nicht ein entscheidendes Unterscheidungsmerkmal, dass bei Klaus, wie auch bei Holgers Stück gepickt, die Schälchensteine aber gebohrt wurden?

Hallo Persephone,

diese Artefakte (handliche Gerölle mit eingetieften Mulden) sind ein sehr komplexes Phänomen welches die wissenschaftliche Archäologie schon seit über 150 Jahren beschäftigt (Bild 1).

Mal werden praktische Funktionen genannt, mal kultische Zwecke angeführt. Ich schließe mittlerweile gar nichts mehr aus, zu mal es auch regionale Unterschiede zu geben scheint. Also griffiger Schlagstein, Nussknacker, Küchengerät, Bohrlager aber auch Kultgegenstand möchte ich weder ausschließen noch bestätigen.

Zur vermutlichen Herstellung:
Die Autorin des oben genannten Berichtes hält grundsätzlich bohren, picken, schaben, kratzen und schleifen für möglich. Meistens wird von einem Bohrvorgang ausgegangen. Auch Kombinationen dieser Methoden sind wahrscheinlich.

Sie stellt dann eine Herstellungsmethode vor, mit der es ihr auf recht einfache Weise gelungen ist experimentell Schälchen zu erzeugen: mit runden oder länglichen Schlagwerkzeugen aus Feuerstein konnte sie durch Rotation mit der Hand die Mulden eintiefen (Bild 2).

Kleine Exkursion: auch in den USA wurden solche gemuldeten handlichen Steine mit Narbenfeldern gefunden, wobei man dort von Griffmulden für einen besseren Halt ausgeht (Angepasste Hammersteine / Fitted Hammer Stones).  Bild 3

Viele Grüße
Michael   
 

Persephone

Hallo Michael,

danke für die umfassende Erläuterung!
Irgendwie ist das Geheimnis um die "Elfensteine" ja auch das Schöne daran :dumdidum:

 :winke: Persephone

Furchenhäschen

Hallo,
und hier noch der Link zu Academia, mit der Downloadmöglichkeit des Biermannschen Artikels zum Thema gepickte Keulenköpfe

https://www.academia.edu/9112710/Steinerne_Keulenk%C3%B6pfe_Die_Mesolithische_Revolution_und_die_Bandkeramik

Grüße Peter

Furchenhäschen

Hallo,
zur Diskussion hänge ich ein Foto des von mir aufgelesenen mesolithischen Keulenkopfes an.
Das 1.Foto zeigt die Keulenkopfhälfte in der Draufsicht, man sieht nach weiter fortgeschrittener Pickung die Rundung der schräg nach innen verlaufenden Vertiefung. Dieser Arbeitsprozess  erfolgte abwechselnd von beiden Seiten.

Das 2. Foto zeigt die sanduhrförmige Pickung, leider brach der Keulenkopf kurz vor der Fertigstellung,
dieser Umstand hat aber den Vorteil, dass man die ausschließlich durch Picken hergestellte Vertiefung gut nachvollziehen kann.
Grüße Peter