Rheinisches Hohlbeil

Begonnen von rolfpeter, 30. Januar 2007, 18:05:12

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rolfpeter

Servus Freunde,

hier meine heutige Ausbeute:
eine Dechselklinge aus linearbandkeramischer Zeit. Der Erhaltungszustand ist noch sehr schön. Man sieht auf der Geräteoberfläche noch deutlich die Schleifspuren der Herrichtung, auf dem vorderen Ventralstück zeigt sich schöner Glanz. Erwähnenswert aus meiner Laiensicht ist der Hohlschliff der Schneide. Die Dechselklingen, die ich sonst kenne, sind ventral plangeschliffen. Die Schneidenpartie ist schon arg verrundet, das Gerät wurde also wahrscheinlich im Puddingbergbau verwendet. Am Proximalende (sagt man das auch bei Geräten aus Felsgestein?) ist die Klinge schräg angeschliffen.
Besonderheit der Fundstelle, die auf der Löß-Hochebene liegt, ist, daß hier sowohl LBK, als auch Spätneolithikum zu finden ist.
Vielleicht können ja die Süperexperten etwas zur zeitlichen Einordnung sagen. Einige hundert Meter entfernt habe ich einen "Schiefflügler", der von den Archies als spätmesolithisch und im Rheinland äußerst rar eingeordnet wurde.
http://www.sucherforum.de/index.php/topic,19451.0.html
Das Ding wird von berufener Seite gerade veröffentlicht.

Na, was meint ihr?

Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

rolfpeter

#1
Und das 3. Bild
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Khamsin

Salaam!

Man kann ja über die michelsberger Tendenzen/Präferenzen von RP denken, was man will. Aber eines tut er in seiner begnadeten Fundlandschaft nicht: Die LBK ignorieren!

Junge, Junge, das Kerlchen hat was gesehen, bedenkt man die gekappten, schneidenwärtigen dorsalen Negative. Nach diesem Bruch wurde das Stück nochmal angeschliffen. Als es dann einfach zu kurz war, wurde es schliesslich eventuell als Klopfer zur "ravivage" von Mahlsteinoberflächen benutzt, eher aber noch als Stössel beim Zerkleinern z.B. von Hämatit. Bester "Amphibolit im weiteren Sinne". Superteil, Gratulation!

Beste Grüsse KIS 
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Silex

Möchte auch haben... die liegen so schön seidig in der Hand...
Gib sie uns RP
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

wühlmaus

Hi RP

Mann, ist das winzig.
Ich hab Angst, sowas beim finden aus lauter Schreck zu verschlucken...  :narr:

Langsam krieg ich wirklich Lust auf LBK. Leider wohn ich wohl einen Hauch zu weit nördlich - die mir bekannten Siedlungsplätze liegen im Süden unseres Landkreises, da kam ich nie mit dem Radel hin (keinen Führerschein zu haben ist manchmal wirklich blöd).
Einmal hatte ich das Glück, einen bandkeramischen Dechsel in der Hand halten zu dürfen. Das sind wirklich ganz eigenartige "Geschosse".

Immer wieder schön sowas zu sehen!

Ciao
Gerd

Sternensucher

Hi


könnte das nicht auch ein Dechsel sein ???


Gruß
Sternensucher

rolfpeter

Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

rolfpeter

Weil ihr die Dechselklinge so schön findet, hier noch ein hübsches Detail. Ich glaube nämlich, Schäftungsglanz zu erkennen; leider nur an der einen Stelle.
In der Detailfotografie sieht man auch schön, warum sich Schiefergestein so besonders zur Geräteherstellung eignet. Mit einem wenig an gutem Willen erkennt man die Schieferung des Steines. Die Mineralien haben sich durch tektonischen Druck genau in eine Richtung eingeregelt. Quer zu dieser Richtung ist die Bruchkraft am größten. Und das wußten auch schon die Bandkeramiker.
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Khamsin

Salaam!

Yep, RP, das sollte wirklich Schäftungsglanz sein. Liegt auch an einer dafür zu vermutenden passenden exponierten Stelle. Wie stark mit diesem Stück tatsächlich gearbeitet worden ist, verraten die nackenwärtigen Ausbrüche als Resultat reflektierender Energie, die durch das Widerlager der Schäftungsmulde (Holz) auf den Nacken übertragen wurde.

Ach ja, noch ein Wort zum Hohlschliff: In aller Regel sind die ventralen Schneidenfacetten an LBK/mittelneol. Dechselklingen plan geschliffen. Es tauchen aber gelegentlich unterschiedlich intensiv eingeschliffene konkave Facetten auf, und zwar nicht nur bei den schmal-hohen, sondern auch den breit-flachen Formen. Und doch kann man nicht sagen, dass hohlgeschliffene Dechselklingen einen festen Bestandteil innerhalb dieser Artefaktklasse bildeten. Offensichtlich gab es keinen Bedarf dafür. Die naheliegendste Begründung liegt m.E. darin, dass die Standarddechselformen a priori für die Ausarbeitung konkaver Flächen, also von Hohlformen, perfekt geeignet waren.

Deshalb ist bei den Fällen mit konkaven Schneidenfacetten zu fragen, ob die konkave Form wirklich intentionell ist oder ob sie nicht andere Gründe haben kann. Ein m.E. einleuchtender Grund wäre z.B. dadurch gegeben, dass eine Schneide unregelmässig auch ventral bei der Arbeit ausgebrochen war. In solchen Fällen wäre der Arbeitsaufwand schlicht zu gross gewesen, die Schneidenfacette über ihre gesamte Breite plan zurückzuschleifen. Konsequent führte das dazu, dass sie nur an der ausgebrochenen Stelle zurückgeschliffen wurde, was dann notgedrungen in einer mehr oder weniger konkaven Facette resultierte. Hier wäre also ein arbeitsökonomisches Verhalten greifbar, nicht aber eine bewusste Entscheidung für eine spezifische Schneidenform.
Wiedermal eine Hypothese, aber ist es nicht genau das, was die Archäologie lebendig hält?
 
Beste Grüsse KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Sternensucher

Zitat von: rolfpeter in 04. Februar 2007, 10:43:06
Hi

Witzbold


Gruß
RP

Hi

ups ja witzbold habs eben gesehen steht oben  :engel:, habe auch so ein stück daß mir mal als dechsel bestimmt wurde, hatte den text nicht gelesen.

bitte um vergebung  :winke:

Sternensucher

Hi

achja wofür wurden eigentlich diese Dechsel verwendet ???

Klopfwerkzeug ???

CptAhab

Noch einer, der Gooogle net kennt?
http://ausgraeberei.de/woerterbuch/index.html?Infodeu/Dechsel.htm
http://www.feuer-steinzeit.de/programm/faellen.php

usw.

Man kann aber auch Schuhe wieder in die ursprüngliche Gestalt bringen.  :irre:
The world is full of crashing bores. - Mozer

wühlmaus

Hi sternensucher

Zitathatte den text nicht gelesen
:nono:

Mußt Du aber meistens hier ... Die schönen Bildchen sind nicht immer das wichtigste ...  :narr:

Viele posten hier ihre Stücke nicht einfach nur zum Zeigen (Gosh, what a big fish!) - sondern um sie besser zu verstehen ...

Schnellschüsse, die die Worte der Anderen ignorieren, kommen da sehr schnell in den falschen Hals...

Aber wenn Du länger hier im Forum unterwegs bist, wirst Du sehen, dass das hier keine "Schlangengrube" ist. Ein ehrliches "sorry" wird hier immer gerne angenommen ... :-D


So, und jetzt zu den Dechseln:
Grob gesagt, Dechsel gehören zu den geschliffenen Beilen der Jungsteinzeit. Kennzeichnend ist für sie ist der "D"-förmige Querschnitt.  
Als Beiltyp nehmen sie in mehrerer Weise eine Sonderposition ein. Zum einen treten sie nur in den frühen Abschnitten dieser Epoche auf (Bandkeramik, Rössen). Zum anderen gehören sie zu den quergeschäfteten Geräten, dh. die Schneide war nicht, wie bei unseren Beilen parallel zum Stiel, sondern quer. In diesem Sinne gibt es Dechsel als Spezialwerkzeuge zur Holzbearbeitung heute noch ...
Ein anderer Name für diese Geräte, der vor allem in der älteren, wissenschaftlichen Literatur benutzt wird ist "Schuhleistenkeil".

In erster Linie sind Dechsel Geräte zur Holzbearbeitung. Wenn sie als Klinge durch Abnutzung oder Bruch unbrauchbar wurden, hat man sie oftmals (ökonomisch effektiv) sekundär zu anderen Zwecken weiterbenutzt. Zum Beispiel als "Klopfstein" zum aufrauhen von Mahlsteinoberflächen oder als Mörserstößel ...

:jump:

Kannst Du uns mal deinen Dechsel zeigen? Würde mich sehr freuen ...

ciao
das Wühlmäusle



wühlmaus

Hi Käpt'n

ZitatMan kann aber auch Schuhe wieder in die ursprüngliche Gestalt bringen.  :irre:

:super: :super: :super:  :prost:

Ich würde zu gerne Wissen, ob das einer der altvorderen Archäologen im Selbstversuch getestet hat ...  :narr:

ciao
das Wühlmäusle


CptAhab

...sie blieben bei ihren ureigenen Leisten.

The world is full of crashing bores. - Mozer

wühlmaus


Sternensucher

Hi

ok ok  ich gelobige besserung

Ok hier mal ein bild von meinem  :-D
weist vorne klopfspuren auf.

Sternensucher

und hier noch 2 bilder, bei allen 3 auf einmal hatte ich probleme  :besorgt:

brauche wohl noch etwas mehr übung

wühlmaus

Kannst Du noch ein Bild vom Querschnitt des Bruches auf der Rechten Seite machen?

Bis jetzt kann ich noch keine typischen Bearbeitungsspuren an dem Stück erkennen ...

CptAhab

Vom Gestein her und von der Form her würde ich ihn auch als Klopfstein nehmen, nur ob er genommen wurde...da zweifle ich...noch.
The world is full of crashing bores. - Mozer

rolfpeter

Servus Sternensucher,
tut mir leid, aber ich kann an dem Stein nichts erkennen, was auf ein Artefakt oder gar eine Dechselklinge hindeutet. Ich würde es als Bruchstück eines länglichen Gerölls bezeichnen.
Gruß
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Schang

Tach zusammen und mal wieder nix zum Thema !!!


Jungs ihr seid das gelegentliche Reinschauen und Lesen immmmer wert !!!!!!!!!!!!


Gruß !

Schang

Der Wikinger

#22
Zitat von: rolfpeter in 05. Februar 2007, 14:52:24

Ich würde es als Bruchstück eines länglichen Gerölls bezeichnen.




:prost: :prost: :platt:

So ähnlich wurde ich mal von der Frau "am morgen danach", nach einer sehr "nassen" Party, bezeichnet !!!!  :narr: :narr: :narr:

rolfpeter

Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert