Reibstein, Unterlieger?

Begonnen von Nanoflitter, 07. Mai 2015, 20:56:54

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Nanoflitter

Dieses Fragment eines mit Hämatit durchsetzten Sandsteins kam heute. Die Seite auf Bild 1 ist konkav und sieht ausgeschliffen aus, aber rauh, die andere ist speckig glatt aber wellig und zeigt einige Schleifrillen, ist aber recht wellig und konvex. Kann auch ein Stück Treppenstufe oder Bodenpflaster sein, ehrlich gesagt. Was meint ihr?
Gruss...

Steinsucher

Hallo Nanoflitter,

ausgeschliffen und rauh, glatt aber wellig und konvex usw.

Ja, kann auch ein Stück von allem sein. Sicher aber nichts, was weiter hilft.

Wie wäre es mit Fundumständen, Fundplatzbeschreibung, Beifunden. Es verlangt doch keiner Koordinaten um dich auszurauben. Aber man könnte sich dann ein Bild machen und vielleicht auf Deine Fragen eigehen.

Für mich zunächst mal Bauschutt, egal ob der unten oder oben lag.

Ein trauriger Steinsucher.

Nanoflitter

Hast du Recht! Fundplatz ist ca. 1/2 Hektar mit sehr vielen bandkeramischen Funden im Rhein Main Gebiet. Natürlich gibt es Funde bis zur Neuzeit.
Deshalb kann ich auch Bauschutt nicht ausschließen. Grabungen machen ja hier die wenigsten....
Gruss und Danke für deine Meinung...

Steinsucher

#3
Hallo Nanoflitter,

bandkeramisch war ja schon mit festen Wohnsitzen gleichbedeutend. Die gibt es allerdings bis heute. Wenn das Teil einfach betreten worden ist, also so was wie ein Pflasterstein im weitesten Sinn, passt es auch in fast alle Phasen, würde dann den Glanz erklären.

Ich erinnere mich aber an einen Malstein, in dem Fall an einen Unterlieger, der von einem Landwirt als Auffüllung in ein Schlagloch im Feldweg deponiert wurde. Material war Eschweiler Kohlesandstein. Der wurde total zerdrückt und erst nachdem mehrere Teile gefunden und wieder zusammengesetzt wurden, war klar, was es war. Die zeitliche Einordnung ist aber nicht eindeutig. Also schließe ich auch hier nichts komplett aus.

Schwierig, aber es zeigt, wie vielfältige Fragen manche Teile stellen, wenn man nur mal genau hinschaut!

Danke für den Mut es einzustellen und Grüße aus Heinsberg,

Fritz

Nanoflitter

Hallo, habe mittlerweile zwei weitere solche Fragmente gefunden. Auf weiteren Äckern. Gleiches Material, vergleichbare Schleifspuren.
Gehe nun davon aus, das es sich doch um Mahlsteinfragmente handelt. Die ersten sechs Bilder und die letzten drei gehören zusammen.
Beim letzten gibt es schöne Hohlfacetten, die aber wohl natürlichen Ursprungs sind. Hier wurde die andere Seite benutzt.
Nun hab ich den zuerst besprochenen aus dem Garten wieder reingeholt... :-)
Gruss...


thovalo



Trefflich, sieht ja auch nach einem passenden Sandstein aus.  :glotz:


Hier am Niederrhein handelt es sich oft um die Nutzung von KOHLENSANDSTEIN in der Verwendung für Mahlsteinsets (Läufer und Unterlieger).


Tatsächlich sind insbesondere Mahlsteinbruchstücke rein über Fotos nicht leicht zu identifizieren oder sicher anzusprechen!
Da unterstützt Dich jetzt ja auch Deine gewachsene eigene Erfahrung!

Danke fürs Zeigen!


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Nanoflitter

Zitat von: thovalo in 13. Februar 2016, 19:11:25
Tatsächlich sind insbesondere Mahlsteinbruchstücke rein über Fotos nicht leicht zu identifizieren oder sicher anzusprechen!

Da hast du Recht, der hohle Schliff ist einfach nicht darstellbar, so wie man es mit dem Auge sieht.
Dank dir! Gruss...

sven

Bei einem Unterlieger einer Getreidemühle sollten neben dem erkennbaren Schliff auch Spuren der Aufrauhung zu sehen sein. Es könnten aber auch Fragmente eines Läufersteins oder auch einer Schleifwanne sein. Auf einer bandkeramischen Fundstelle sollte man erstmal diese Zeitstellung annehmen.
:winke: Sven

thovalo

#8

Zitat von: sven in 14. Februar 2016, 10:32:55
Bei einem Unterlieger einer Getreidemühle sollten neben dem erkennbaren Schliff auch Spuren der Aufrauung zu sehen sein. Es könnten aber auch Fragmente eines Läufersteins oder auch einer Schleifwanne sein. Auf einer bandkeramischen Fundstelle sollte man erstmal diese Zeitstellung annehmen.
:winke: Sven


Ein wichtiger und grundlegender Hinweis auf die Ansprache von Fragmenten!   :super:


Meist kann die Ansprache auf neolithischen Plätzen durch die Identifikation des Gesteins unterstützt werden.

In meinem Projekt, einem Fundareal, das eine Zeitspanne ab dem Mittelneolithikum bis zum Endneolithikum umfasst, bestehen Mahlsteine (zumindest bislang) immer aus ortsfremden "Kohlensandstein". Insbesondere bei kleineren Trümmern ist keine Ansprache als Teil eines Läufers oder Unterliegers möglich. In der Literatur (ich meine bei B. Gehlen) ist auch festgehalten, dass zu einer Ansprache als Fragment eines Mahlsteins (Läufer oder Unterlieger) an den Bruchstücken entsprechende Oberflächenmerkmale der Nutzung vorhanden sein müssen.

Trümmer von Kohlensandstein, die mutmaßlich von zerbrochenen Mahlsteinen stammen, sind gelegentlich auch noch als Schlagsteine weiter verwendet worden.

Die Trümmer der Schleifwannen bestehen, zumindest hier, wiederum ausschließlich aus Quarzit. Auch da muss selbst bei Trümmern eine klar ansprechbare entsprechende Veränderung der Oberfläche durch den Nutzungsvorgang vorhanden sein.


Meine Erfahrung ist, dass es trotzdem sehr viel Sinn macht auch Trümmer ohne Arbeitsspuren aus den beiden oben genannten Gesteinen mit aufzulesen und aufzubewahren. Dann gelingen auch entsprechende komplexere Anpassungen der oft wuchtigen Großsteinobjekte.

Häufiger sind die Oberflächen der Mahlsteine und Schleifwannen die nicht zum Mahlen und Schleifen genutzt worden waren natürlich überprägt, insbesondere dann, wenn großformatige Gerölle in der Verwendung als Mahlstein oder Schleifwanne verwendet worden sind.


Also, neben der allgemeinen Silexlese, ist die Auseinandersetzung mit dem Auflesen von Felsgesteintrümmern, wozu nicht zuletzt auch gebrochene Schlagsteine zählen, eine weitere komplexe Aufgabe für den "Prospektor"!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Nanoflitter

Dank euch! Ich hab mittlerweile aus der Gegend vier Materialien, die zum schleifen, mahlen oder reiben benutzt wurden. Einmal sehr grober, mit Quarzkörnern durchsetzter Sandstein, den dunklen, feineren wohl mit Hämatit durchsetzten, dann Quarzit und noch Basaltlava. Bleibt also spannend!
Gruss...