Mittelpaläolithische Schönheit

Begonnen von Grenzton, 06. Juni 2010, 21:56:30

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Grenzton

Hallo Steinies.

Ja ich bin dann auch endlich mal wieder dabei...!
Ich konnts nicht lassen, ich musste zum Überkorn, und da kullerte mir auch gleich dieser kleine Schaber vor die Füsse.
Laut meiner Literatur werden solche Stücke als schiefe Spitzschaber bezeichnet, da die vertikal zur Schlagfläche verlaufende Symetrielinie, schräg zur optischen Formsymetrie verläuft.
Ich glaube auch einen Ansatz von Levallois zu erkennen, jedoch scheint eine Abschlagbahn (links unten) stecken geblieben zu sein.
Der Schlagflächenrest ist auch sehr unschön entfernt worden.
Alles in allem aber wieder ein schönes Stück, das den Weg aus der Dunkelheit seines Sandbettes in 15 Metern tiefe, ans Tageslicht geschafft hat.

Gruß, der Kalle
Ich möchte schlafend sterben wie mei Opa, und nicht schreiend wie sein Beifahrer!

Der Wikinger

Sehr schönes Stück, Kalle !!  :super:

Was ist denn das für ein Material ?  :kopfkratz:

Grenzton

Hallo Wikinger.

Das ist hier immer wieder nordischer Silex, er stammt aus einer Nassbaggerei.

Kalle
Ich möchte schlafend sterben wie mei Opa, und nicht schreiend wie sein Beifahrer!

Silex

Dir kullern die Dinger in den Schoß und wir buckeln uns lendenlahm....
Fast unglaublich dass Diesereiner so alt sein kann....zwar nicht die reine Schönheit in der Ausarbeitung aber ein Wunderding in Fundumstand, Material und Alter.
Danke für`s Zeigen, Kalle!
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

steinsucher

Hallo Forum, hallo Kalle,

das sieht ja sehr interessant aus. Ohne jetzt näher darauf einzugehen gibt es da für mich aber ein paar Ungereimtheiten, wenn ich die "Retuschen" näher ansehe.

Daher die Frage: Welchen Weg gehen die Teile von ihrer Bergung bis zur Halde? Wird dort gesaugt oder gebaggert? Geht es dann über Förderbänder? Wird dann noch geschüttelt und gesiebt?

Würde mir helfen, einiges zu erklären.

Fritz.

arriba

- na wenn das mal kein Orthoceras ist, der da "baendert"  :-) Hast du nicht Lust noch mehr Bilder zu machen? :engel:

Grenzton

Hallo Fritz.

Ja gesaugt wird hier, über ein Spülfeld gehts dann durch eine Sortieranlage bis auf einige Halden.

Sicher sind viele Stücke bestossen, ich suche hier schon einige Zeit, und finde immer wieder paläolithische Artefakte, manche sind so arg ramponiert das man sie kaum noch erkenne kann, andere liegen völlig unversehrt da und schreien mich an, Kalle heb mich auf...!
Will heißen das dieser hier, möglicherweise auch nicht ohne GSM-Retuschen ist, jedoch verrät das Mikroskop schnell was schon alt, oder was rezent ist.

Gruß, der Kalle
Ich möchte schlafend sterben wie mei Opa, und nicht schreiend wie sein Beifahrer!

Grenzton

Wie soll ich das denn verstehen Arriba?

Kalle
Ich möchte schlafend sterben wie mei Opa, und nicht schreiend wie sein Beifahrer!

Freya

was Arriba meint? .... ist das nicht an Bild
schiefer Spitzschaber (3).jpg zu sehen?!
erste Bänderung....

Grenzton

#9
1. @ arriba  Ich meine; wieso mehr Bilder?
2. @ Maria Was meinst Du mit erster Bänderung?

Es ist eine Bänderung im Flint, es ist nicht die Kammerung eines Orthoceraten, da dieses Feuersteinmaterial aus der Oberkreiderzeit stammt. Da gab es keine Orthoceraten mehr...

Gruß, der Kalle
Ich möchte schlafend sterben wie mei Opa, und nicht schreiend wie sein Beifahrer!

Freya

Zitat von: Grenzton in 06. Juni 2010, 22:43:19
@ Maria Was meinst Du mit erster Bänderung?
Es ist eine Bänderung im Flint, es ist nicht die Kammerung eines Orthoceraten, da dieses Feuersteinmaterial aus der Oberkreiderzeit stammt. Da gab es keine Orthoceraten mehr...
beantwortet ..danke

Gruß Maria

Der Wikinger

Zitat von: Grenzton in 06. Juni 2010, 22:43:19

Es ist eine Bänderung im Flint, es ist nicht die Kammerung eines Orthoceraten, da dieses Feuersteinmaterial aus der Oberkreiderzeit stammt. Da gab es keine Orthoceraten mehr...

Gruß, der Kalle

Wollte ich grade bemerken, du warst aber schneller !  :-D :winke:

steinsucher

Hallo Forum, hallo Kalle,

man sieht auch so, dass einige "grobe" Retuschen jünger sind als die feineren und die Oberfläche. Das ist eigentlich klar. Und das so ein Stück über die Jahre was mitbekommt auch. Die "groben" Retuschen auf der "Dorsalfläche" sind alle jünger. Sehen fast zetrümmert aus. Das war nie menschlich. Mich machen da aber einige andere Sachen nachdenklich.

Die Spitze ist gar nicht retuschiert. Die feinen Retuschen gehen nur von ventral nach dorsal, sind aber immer wieder ausgebrochen. Eine gleichmässige Retusche ist das mit Sicherheit nicht. Eine Gebrauchsretusche definitiv nicht. Einige feine Splitter gehen sogar rückwärts von dorsal nach ventral. Und warum sollte man eine so schöne brauchbare Kante auf der Gegenseite auslassen?

Lässt mich zumindest nachdenken.

Fritz.

arriba

- ich bitte vielmals um entschuldigung Gentlemen, wie konnte ich nur......  :narr: 

thovalo

#14
Zitat von: steinsucher in 06. Juni 2010, 23:01:57

Lässt mich zumindest nachdenken.

Fritz.


Lieber Fritz!

Deine Formulierung hast Du sehr diplomatisch gemeistert !!!!


Ich finde sogar die Annahme dass das ein irgendwie artifziell gestaltetes Stück sein sollte bedenkenswert!

Insbesondere die großen ungleichmäßig in die Fläche gehenden Negative erscheinen blutjung und ich erkenne bislang auch keinen sonstigen Hinweis für die Annahme einer intentionellen Bearbeitung oder Gebrauchsspurenbilder. Alles erscheint rein mechanisch frisch und ungleichmäßig angeschlagen und  abgedrückt.  :glotz:



:winke:

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Grenzton

Okay, okay,

Bei so vielen dementierenden Argumenten, was die Herkunft dieses Stückes angeht, muss ich wohl meine Annahme, das es sich um ein Artefakt handelt, zurückziehen.
Bulbus, Schagnarbe und Bahnen zum trotze, werde ich das Stück in die Blumen geben.

Gruß, der unermüdliche Kalle
Ich möchte schlafend sterben wie mei Opa, und nicht schreiend wie sein Beifahrer!

Silex

Wenn ich von Bild 2 (schiefer Spitzschaber) ausgehe dann kann es sich nur um ein Artefakt handeln, Kalle, denn da ist rechts kein einziger Ausbruch zu erkennen.....und die Seite wäre doch auch  ziemlich anfällig-schmaldünn für  nachträgliche  Einwirkungen.
Nur noch bei "Mittelpaläolithikum" hätte ich eventuelle Schwierigkeiten. Obwohl!
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Ajo

 :-)
Ich sehe den ,,Quetscholith" auch nicht.

Grenzton

Ach lieber Edi,

Ich war wie auf "Entzug", soo lange war ich nicht am Überkorn, nun habe ich es doch mal wieder gewagt und ziehe dieses Teil aus dem Haufen, freue mich wie ein kleiner Junge, und dann wird es doch zerflückt.
Auf alle Fälle werde ich es beim Amt vorlegen, wie all die anderen Steine auch von dieser Baustelle.

Gruß, der Kalle
Ich möchte schlafend sterben wie mei Opa, und nicht schreiend wie sein Beifahrer!

Mark77

Also ich sage auch, Artefakt (ergo Abschlag) ja, Mittelpaläolithisch wohl eher nicht.
V.a. das Material ist sehr interessant. Also: behalten!!!! :super:

Schöne Grüße,
Markus

steinsucher

Zitat von: Grenzton in 07. Juni 2010, 22:19:13
Ach lieber Edi,

Ich war wie auf "Entzug", soo lange war ich nicht am Überkorn, nun habe ich es doch mal wieder gewagt und ziehe dieses Teil aus dem Haufen, freue mich wie ein kleiner Junge, und dann wird es doch zerflückt.
Auf alle Fälle werde ich es beim Amt vorlegen, wie all die anderen Steine auch von dieser Baustelle.

Gruß, der Kalle

Hallo Kalle, ich weiss jetzt nicht wie du das "Zerpflücken" meinst. Ich will es nicht schlecht machen. Ich will Dir nur meine Meinung dazu geben. Auf jeden Fall beim Amt vorlegen, ich habe ja nur Bilder.

Ich habe lange Zeit eine Überkorn-Halde beobachtet und vor alle Dingen dann auch die Grube, die mit dem Überkorn verfüllt wurde. Dies geschah mit robusten Baufahrzeugen. Die Ketten zermalmten alles, was darunter war. Heute ärgere ich mich darüber, dass ich da nicht auch gesammelt habe. Du glaubst nicht, was da alles produziert worden ist.

Du sagst, du hast die klassischen Merkmale auf dem Teil ausgemacht: Bulbus, Schagnarbe und Bahnen. Auf Bild 3 sehe ich auch Narben, sogar mehrere, aber keinen Schlagkegel. Bahnen sind leider nirgendwo zu erkennen. Die Male erinnern mich an das, was ich in der erwähnten Grube gesehen habe. Eine "Riesenklinge" habe ich noch. Fotos habe ich im Moment aber nicht parat.

Edi sagt:
ZitatWenn ich von Bild 2 (schiefer Spitzschaber) ausgehe dann kann es sich nur um ein Artefakt handeln, Kalle, denn da ist rechts kein einziger Ausbruch zu erkennen.....und die Seite wäre doch auch  ziemlich anfällig-schmaldünn für  nachträgliche  Einwirkungen.

Die Seite war auch anfällig! Das sieht man auf Bild 3. Dort sind einwandfrei kräftige Beschädigungen der "Seite" zu sehen, diesmal auf der linken Fotoseite. Auch hier keine menschlichen Retuschen.

Gut, das darfst Du "Zerpflücken" nennen. Ich habe versucht, Dir meine Punkte im Einzelnen zu beschreiben. Ich denke, das ist auch Sinn dieses Forums. Ich sage aber trotzdem, ich sehe nur (sehr gute) Fotos. Zum Schluss entscheidet der Fachmann.

Aus Heinsberg, Fritz.



Grenzton

Hier mal zum Vergleich ein anderes Stück von dieser Fundstelle.

Es ist spitz, hat einige Abschlagbahnen à la Levallois, und ist ringsum von Menschenhand verschohnt.
Die Schlagfläche wurde ebenfalls wegretuschiert.

Gruß, der Kalle
Ich möchte schlafend sterben wie mei Opa, und nicht schreiend wie sein Beifahrer!

steinsucher

Hallo Kalle,

danke für den Vergleich.

Ok, es ist spitz, Levallois kann ich nicht erkennen. "Von Menschenhand verschont" sehe ich auch. Es tut mir leid, aber wenn diese Teile von einem Menschen als Werkzeug hergestellt worden wären, sähen sie anders aus. Jeder abgebrochene Ast kann als Werkzeug benutzt worden sein. Deshalb muss man für absichtlich hergestellte Werkzeuge Maßstäbe setzen. Die erkenne ich hier nicht.

Aber klar, Amateur.