Miniatur-/Kinderdolch

Begonnen von Neos, 12. Mai 2021, 22:14:23

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Neos

Moin, zusammen,

auf einem endneolithisch-bronzezeitlichen Fundplatz fand ich letzte Woche diesen Miniaturdolch. Er ist beidseitig flächenretuschiert und leider ist die Spitze des Dolches nicht mehr vorhanden. Dorsal wie ventral ist auf dem Blatt Sichelglanz vorhanden, sprich: es wurde damit gearbeitet. Ob er vielleicht einem Kind gehört hat, ist natürlich spekulativ, aber aufgrund der geringen Größe m. E. naheliegend.

In Peter Vang Petersens "Flint fra Danmarks oldtid", 3. Auflage, 2008, findet man ein ähnliches Stück unter der Nummer 250. Dort wird es als "Miniaturedolk" der älteren Bronzezeit bezeichnet.

Hier die Daten des Dolches:


  • Fundgebiet: Nördliches Schleswig-Holstein
  • Länge: 67 mm
  • Breite: 8 - 26 mm
  • Dicke: 4 - 7 mm

Viele Grüße

Frank

Steinkopf

#1
Moin Frank,

Ein interessanter Fund und gut erhalten.
Zu Deiner Überlegung:
    "Ob er vielleicht einem Kind gehört hat, ist natürlich spekulativ, aber aufgrund der geringen Größe m. E. naheliegend."
gibt es im Museum im Schloss Gottorf eine eigene Vitrine mit Fundstücken, die unter 'Spielzeugverdacht' stehen.

LG
Jan

Neos

Moin, Jan,

Zitat von: Steinkopf in 12. Mai 2021, 23:15:35
...
Gibt es im Museum im Schloss Gottorf eine eigene Vitrine mit Fundstücken, die unter 'Spielzeugverdacht' stehen.

dank dir für den Tipp. Diese Vitrine ist mir (natürlich  :-D) bestens bekannt.

Viele Grüße

Frank

Steinkopf


Wiesenläufer

Moin Frank,

ein ganz feines Fundstück!  :super:

Können diese Miniaturdolche nicht auch einfach Grabbeigaben gewesen sein ?

Meine, dass ich es schon mal gelesen/gehört habe.  :kopfkratz:
Das es nicht auf eine Originalgröße ankam, sondern als Bestandteil der Ausstattung des Toten.

Gruß

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

Steinkopf

Schade, dass das Knaufende gebrochen ist - oder sieht es nur so aus?
Miniaturdolche wurden oft als Feuerschläger benutzt. 
Schreibt Ebbe Lomborg: 'Die Flintdolche Dänemarks', Kopenhagen 1973.

LG
Jan

Neos

Zitat von: Wiesenläufer in 13. Mai 2021, 05:20:41
Können diese Miniaturdolche nicht auch einfach Grabbeigaben gewesen sein ?

Meine, dass ich es schon mal gelesen/gehört habe.  :kopfkratz:
Das es nicht auf eine Originalgröße ankam, sondern als Bestandteil der Ausstattung des Toten.

Hi, Gabi,

das erinnerst du vollkommen richtig. In diesem Fall ist es jedoch keine Grabbeigabe, denn ich fand diesen Dolch inmitten der Siedlung.


Zitat von: Steinkopf in 13. Mai 2021, 08:31:27
Schade, dass das Knaufende gebrochen ist - oder sieht es nur so aus?
Miniaturdolche wurden oft als Feuerschläger benutzt. 
Schreibt Ebbe Lomborg: 'Die Flintdolche Dänemarks', Kopenhagen 1973.

Hallo, Jan,

du täuscht dich (leider) nicht: Proximal fehlt etwas von dem Dolch. Sicherlich nicht viel, aber es fehlt ein kleines Stück des Griffes.

Viele Grüße

Frank

Danske

Moin Frank,

mal wieder ein schöner und interessanter Fund, aber wir sind ja von dir nichts anderes gewohnt. :zwinker:

Ja, schade, dass das Proximalende fehlt, welches u.U. die Funktion des Miniaturdolches als Feuerschläger belegen könnte.

Denn auch Jürgen Weiner schreibt im Floss: "Charakteristisch für die frühe Bronzezeit sind Miniaturdolche, die ausschließlich eine Funktion als Feuerschlagsteine besaßen."

Und Peter Vang Petersen schreibt zu der Nr. 250, wenn ich das richtig übersetze: "In der älteren Bronzezeit, als die eigentlichen Feuersteindolche vollständig durch Bronzedolche verdrängt wurden, war die Funktion des Feuersteindolches als Feuerstein anscheinend so fest verankert, dass sie weiterhin dolchförmige Feuersteine herstellten."

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

hargo

#8
Zitat von: Danske in 13. Mai 2021, 23:26:01
...
Ja, schade, dass das Proximalende fehlt, welches u.U. die Funktion des Miniaturdolches als Feuerschläger belegen könnte.

Denn auch Jürgen Weiner schreibt im Floss: "Charakteristisch für die frühe Bronzezeit sind Miniaturdolche, die ausschließlich eine Funktion als Feuerschlagsteine besaßen."

...

Davon würde ich, wenn J.W. das schreibt, dann auch fest ausgehen!
Keiner kennt sich in der Materie (Feuerschläger & Co) besser aus.

Heißt, die angenommene, spitz zulaufende Verlängerung auf 002.jpg muss nicht stimmen.

mfg

Neos

#9
Zitat von: Danske in 13. Mai 2021, 23:26:01
...
Und Peter Vang Petersen schreibt zu der Nr. 250, wenn ich das richtig übersetze: "In der älteren Bronzezeit, als die eigentlichen Feuersteindolche vollständig durch Bronzedolche verdrängt wurden, war die Funktion des Feuersteindolches als Feuerstein anscheinend so fest verankert, dass sie weiterhin dolchförmige Feuersteine herstellten."
...

Moin, Holger,

dank dir vielmals für deinen Kommentar und die interessanten und für mich in der Tat neuen Infos zu den Miniaturdolchen. Klasse! Ich sollte vielleicht doch mal einen Dänischkurs besuchen...


Zitat von: hargo in 14. Mai 2021, 00:51:06
...
Heißt, die angenommene, spitz zulaufende Verlängerung auf 002.jpg muss nicht stimmen.

Hallo, hargo,

unterstellt, dass dieser Miniaturdolch tatsächlich einzig als Feuerreißer genutzt wurde, kann das so sein. Das würde dann auch bedeuten, dass der Sichelglanz auf dem Blatt, den man auf den Fotos leider nicht erkennen kann, nicht vom Gebrauch, sondern von einer eventuellen Schäftung herrühren könnte.

So schnell kann sich (u. U.) das Blatt wenden: Vom mutmaßlichen Kinderdolch zum nostalgischen Feuerreißer.  :super:

Viele Grüße

Frank

Danske

Zitat von: Neos in 14. Mai 2021, 14:26:27

unterstellt, dass dieser Miniaturdolch tatsächlich einzig als Feuerreißer genutzt wurde, kann das so sein. Das würde dann auch bedeuten, dass der Sichelglanz auf dem Blatt, den man auf den Fotos leider nicht erkennen kann, nicht vom Gebrauch, sondern von einer eventuellen Schäftung herrühren könnte.

So schnell kann sich (u. U.) das Blatt wenden: Vom mutmaßlichen Kinderdolch zum nostalgischen Feuerreißer.  :super:


Moin Frank,

wie du im PVP S. 140/141 zur Nr. 251 lesen und sehen kannst, war die Schneide dieser Minaturdolche mitunter in Leder eingenäht, was eventuell den Glanz auf der Schneide deines Stückes erklären könnte.

Vielleicht trifft aber die Idee vom Kinderdolch im Einzelfall doch zu. Als Kind hatte ich auch ein kleines Taschenmesser, das war damals was ganz Tolles für mich. Liefert denn die besagte Vitrine im Schloss Gottorf ein Vergleichsstück? Nach unserem letzten Urlaub in Dänemark vor 3 Jahren haben wir auf der Rückreise in Schleswig einen Halt eingelegt. Leider hat die Zeit für einen Museumsbesuch nicht gereicht, heute ärgere ich mich darüber.

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Neos

Moin, Holger,

Zitat von: Danske in 14. Mai 2021, 15:59:49
wie du im PVP S. 140/141 zur Nr. 251 lesen und sehen kannst, war die Schneide dieser Minaturdolche mitunter in Leder eingenäht, was eventuell den Glanz auf der Schneide deines Stückes erklären könnte.

frei übersetzt steht dort Folgendes: "Miniaturdolche sind in den Gräbern der älteren Bronzezeit üblich, wo wir sie zusammen mit Pyrit und anderem Brennmaterial in den Lederbeuteln finden, die die Männer an ihren Gürteln trugen.".

Zitat
Vielleicht trifft aber die Idee vom Kinderdolch im Einzelfall doch zu. Als Kind hatte ich auch ein kleines Taschenmesser, das war damals was ganz Tolles für mich.

Und ich hatte als Kind ein Fahrtenmesser und kann das daher sehr gut nachvollziehen! Die Hoffnung stirbt zuletzt!  :super:

Zitat
Liefert denn die besagte Vitrine im Schloss Gottorf ein Vergleichsstück? Nach unserem letzten Urlaub in Dänemark vor 3 Jahren haben wir auf der Rückreise in Schleswig einen Halt eingelegt. Leider hat die Zeit für einen Museumsbesuch nicht gereicht, heute ärgere ich mich darüber.

Tatsächlich werden in der Vitrine, die Jan erwähnt, u. a. sechs Miniaturdolche mit der Überschrift "Spielzeugdolche?" gezeigt. Einer von diesen könnte der Zwillingsbruder des von mir gefundenen Dolches sein. Und was das Schloss Gottorf angeht, das du ja offensichtlich schon mindestens einmal besucht hast, Holger: Ich kann nur jedem einen Besuch wärmstens ans Herz legen. Jeder Steinzeit-Begeisterte wird das Museum mit einem Lächeln verlassen. Versprochen!

Beste Grüße

Frank