Levallois-Kern totale Patina

Begonnen von RockandRole, 04. Januar 2023, 20:15:52

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RockandRole

Hallo Leute,

bei der letzten Begehung war noch dieser nette Kerl mit dabei. Hier hat man, nachdem ein zentraler Zielabschlag geglückt ist, durch 3-4 Abhübe an der gegenüberliegenden Seite und leicht seitlich, die Konvexität wieder hergestellt und einen weiteren Versuch gestartet, welcher steckengenlieben ist. Schön, dass mal ein etwas größerer Kern übrig geblieben ist, der dann auch einen dementsprechende Geschichte erzählen kann. Wie üblich ist die Seite mit den Schlagflächen nur marginal hergerichtet. Man würde bei dem kleinen Rohmaterial auch viel zu viel Volumen verlieren und bei einem flacheren Kiesel stimmen die Winkel ja sowieso meist ganz gut.

Ich sage mal zu 70% ist der letzte Zielabschlag steckengeblieben. Das liegt halt an dem kleinen Rohmaterial und ist aber trotzdem Levallois. Ist ja mittlerweile auch durch die Fachwelt anerkannt. Diese komische Regel, dass der letzte Abschlag zu 50% durchgegangen sein muss, ist zumindest für meine Fundstellen kompletter Käse.

liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Merle2

Moin Daniel,
Ein wirklich tolles Teil und ganz klar  :super: :super:
Viele Grüße

RockandRole

Hey Marc,

Danke  :-) was meinst du, was das für ein Material ist? Fast schon Richtung Tonschiefer!?! Tonhaltiger Kieselschiefer wäre auch ne Möglichkeit, aber man sieht durch die Patina gar keine Quarzadern. Es soll doch auch solche Zwischendinger geben, hast du da schon mal was darüber gelesen. Mal Til fragen?

Womöglich ist das sogar was aus der vulkanischen Schiene?

Viele Fragen  :zwinker:

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Merle2

Hey,

Also ich dachte auch an Tonschiefer, das Material habe ich schon sehr oft so gesehen und auch mit der Patination. Sieht sehr uhrig aus...Till fragen ist immer richtig und ich denke er kann dir was dazu sagen und hat auch Stücke aus dem Material.
Viele Grüße und zeig bitte weiter viele dieser feinen Funde  :super:

hargo

Tonschiefer aus meinem Gebiet scheint mir ganz ungeeignet.
Aber wer weiß?
Ist der nicht viel zu weich?

mfg

thovalo




Ja und Ja .... alles zutreffend .............. und in dieser Miniaturform faszinierend!  :super:


Was mir immer noch fehlt ist die Erklärung warum die  von Dir gemachten altsteinzeitlichen Funde wie Artefakte für die steinzeitliche Puppenstube erscheinen.

Technologie und Zurichtungen sind identisch die Größenverhältnisse sind jedoch stark abweichend. Die von dem kleinen Stück gewonnenen Zielabschläge dienten sicher nicht der Bewehrung von Stoßlanzen oder Speeren wie das von den in der Levalloistechnik gewonnenen großen Foirmaten angenommen wird.


Du hast Doch Lutz Fiedler an der Hand ... was sagen denn diese erfahrenen Archäologen zu dieser Kleinformatrechnologie? WARum ging das in klein was es anderswo in zigfach größer gegeben hat?

Was sagt dass dann über die Funktion der Miniaturstücke aus?



lG Thomas  :winke:


Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

RockandRole

Hallo Leute,

das Rohmaterial sieht tatsächlich so urig aus, wie man es eigentlich bei Stücken dieses Alters erwarten würde, stellt aber in Wahrheit die Ausnahme dar. Der Rest wirkt jünger.  Ich würde mal den Anteil im Spektrum mal so mit 1% ansetzten.
Ich frage auch mal den Joachim, der ist ja auch sehr sehr fit mit Mainachottern. Vielleicht gibts auch ne verkieselte Variante? Jedenfalls sind ja Gerölle, welche schon einen langen Wasserweg hinter sich haben, ja eher die härteren, weil die weicheren sich schon aufgelöst haben.

Eine mögliche Anwendung dieser kleinen Abschläge konnten wir noch nicht nachweisen. Levallois-Abschläge sind eh selten zu finden, wenn überhaupt ist es nur der Ausschuss wenn man sie überhaupt erkennt. Ich kann mir darauf auch keinen Reim machen. Normalerweise werden diese Kerne in Größen aufgegeben und sind erschöpft, da fängt bei uns erst mal die Bearbeitung an.

Mit der allgemeine Verwendung von L-Abschlägen muss ich mich noch mal eingehender befassen. Da habe ich zugegebenermaßen noch Lücken.

Was den Rest des Gerätespektrums betrifft, geht das Meiste auch mit kleineren Geräten genau so gut, wie mit größeren. Vielleicht waren die ,Großgeräte' aus vergänglicheren Materialien, wie Muschelkalk. Da ist die Standzeit halt einfach schlechter.

Wenn das schon als Kleinformat bezeichnet wird, zeige ich später einen weiteren Kern. Der ist wirklich Mikro-Levallois. Da kann man auch verstehen, dass man die Entstehung eher in anderen Zeitstellungen sucht wie im MP. Das Teil ist echt Knaller  :-)

Patrick hat Fiedler doch schon so sehr in Beschlag, dass gar keine Zeit mehr nebenbei bleibt  :narr:

Liebe Grüße Daniel





gefährliches Drittelwissen

Danske

Für mich soweit anhand der Fotos und ohne Maßangaben erkennbar ein Levallois-Kern im absoluten Endstadium. Normalerweise ist bei einem Durchmesser von 5-6 cm und einer Dicke von knapp 2 cm Schluss. Weitere L-Abschläge sind dann wegen der geringen Größe und der Gefahr des Durchschlagens nicht mehr möglich.
Man kann dann höchstens noch versuchen, den Kern weiter zentripetal abzubauen.

Beim Material muss ich passen, aber Levalloiskerne aus Tonschiefer scheint es zu geben, obwohl das Material schon relativ weich ist.
https://www.academia.edu/42184180/Eiszeitliche_Besiedlung_in_Niedersachsens_H%C3%B6hlen_neue_Forschungen_an_der_Einhornh%C3%B6hle_im_Harz_Ldkr_G%C3%B6ttingen

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

RockandRole

Hallo Holger,

sehr cool  :-) schön dass du einen L-Kern aus Tonschiefer gefunden hast. Gibt, wie gesagt, bestimmt auch die Harten unter ihnen. Die Verrundungen sind auch nicht größer wie bei den Kollegen aus Keiselschiefer etc.

Das gezeigte Stück ist noch maximal 49 mm lang und vielleicht noch 14 mm hoch. Und das ist schon einer der größten Kerne von den Flächen hier  :winke: Zentripetaler Abbau steht auch nicht in Konflikt mit Levallois-Technik. Gibt ja verschiedene Abbauweisen.

liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

thovalo

#9
Zitat von: RockandRole in 06. Januar 2023, 13:49:16
Hallo Leute,

das Rohmaterial sieht tatsächlich so urig aus, wie man es eigentlich bei Stücken dieses Alters erwarten würde, stellt aber in Wahrheit die Ausnahme dar. Der Rest wirkt jünger.  Ich würde mal den Anteil im Spektrum mal so mit 1% ansetzten.
Ich frage auch mal den Joachim, der ist ja auch sehr sehr fit mit Mainachottern. Vielleicht gibts auch ne verkieselte Variante? Jedenfalls sind ja Gerölle, welche schon einen langen Wasserweg hinter sich haben, ja eher die härteren, weil die weicheren sich schon aufgelöst haben.

Eine mögliche Anwendung dieser kleinen Abschläge konnten wir noch nicht nachweisen. Levallois-Abschläge sind eh selten zu finden, wenn überhaupt ist es nur der Ausschuss wenn man sie überhaupt erkennt. Ich kann mir darauf auch keinen Reim machen. Normalerweise werden diese Kerne in Größen aufgegeben und sind erschöpft, da fängt bei uns erst mal die Bearbeitung an.

Mit der allgemeine Verwendung von L-Abschlägen muss ich mich noch mal eingehender befassen. Da habe ich zugegebenermaßen noch Lücken.

Was den Rest des Gerätespektrums betrifft, geht das Meiste auch mit kleineren Geräten genau so gut, wie mit größeren. Vielleicht waren die ,Großgeräte' aus vergänglicheren Materialien, wie Muschelkalk. Da ist die Standzeit halt einfach schlechter.

Wenn das schon als Kleinformat bezeichnet wird, zeige ich später einen weiteren Kern. Der ist wirklich Mikro-Levallois. Da kann man auch verstehen, dass man die Entstehung eher in anderen Zeitstellungen sucht wie im MP. Das Teil ist echt Knaller  :-)

Patrick hat Fiedler doch schon so sehr in Beschlag, dass gar keine Zeit mehr nebenbei bleibt  :narr:

Liebe Grüße Daniel



Nein  ganz im Ernst!


Die Levalloistechnologie war sehr weit verbreitet und ergab grundsätzlich Zielabschläge in großen Formaten.


Bei Dir hat man diese Technik nachgeahmt ohne die Formate jemals erreichen zu können. Ich sprach bereits von in Levallopistechnologie erstellten Spitzen die meist als Lanzenspitzen postuliert werden. Diese brauchten ihr großes Format. Mit den Zwergabschlägen Deines Inventars konnte man soetwas nicht leisten.

Die Menschen in Deiner Ecke haben entweder die Technologie einfach noch lange Zeit weiter verwendet und benötigten keine großen Abschläge mehr oder sie hatten bei gleicher Technolgie andere Verwendungsbereiche.

Das kann Niemand ernsnsthaft bestreiten und ist ein gravierender Unterschied. Was Du zeigst ist dieselbe Technologie ergibt aber nicht dieselben Produktformate. Also muss entweder ein anderer Zeitabschnitt und Bedarf dahinter stehen oder ein anderer Verwendungsbedarf vorgelegen haben.

Es ist schade, dass sich damit Keiner beschäftigt! Denn das Material ist meines Wissens nach so wie es ist einzigartig und auch im Maerialgebrauch eng regional gebunden. Und mich wundert es sehr dass Niemand darauf reagiert und das insbesondere nicht Lutz Fiedler, der ja die Gewohnheit hat sich regelmäßig sehr weit aus allen Fenster zu lehnen, nicht darauf eingeht.


Dein Sammeln bringt Nichts wenn nicht seriös wissenschaftlich damit weiter gearbeitet wird. Die Fundstellen vergehen und sidn ja bislang nicht in einem einzigen Fall komplex in situ erfasst worden, sofern noch einige Stellen in situ bestehen sollten.


lG Thomas  :winke:

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

RockandRole

#10
Salve,

man darf die Levallois-Technologie nicht so statisch betrachten. Es gab nicht nur DEN mittleren großen Zielabschlag. Es gab ja zich Vorgehensweisen, zentripetal, orthogonal, es gab spezielle Kerne für Levallois-Spitzen, Levallois-Klingenkerne dann gab es noch opportunistische Kerne. Selbst die Präparations-Abschläge wurden teilweise verwendet. Das wäre ja ein Unding gewesen so ein großes Volumen für wenige mittlere Zielabschläge zu verschwenden. Es gab also auch Bedarf an kleineren Abschlägen und speziellen Formen.

Die Speere von Schönigen sind zwar Wurfwaffen und noch von Homo Heidelbergensis, kommen aber auch ohne jegliche Steineinsätze aus. Gibt es mittlerweile einen Stoßspeer des Neandertaler der überliefert ist mit Steinspitze? Nicht, dass ich das unsinnig finde! Die Stoßlanze oder eher Spies von Lehringen ist auch nur aus Holz. Die Waffe ist vom Neandertaler

Naja, dass sich keiner damit beschäftigt stimmt doch gar nicht. Wir haben ein Ehrenamtlichen Projekt in Kooperation mit dem LFD und der Uni Köln am laufen, durch das schon 2 Masterarbeiten entstanden sind, eine über die Steine und eine über die Geologie. Wir konnten leider nur noch nicht mit unseren OSL Datierungen das Datum für das MP dort fest machen, aber wir starten in Frühjahr noch einen Versuch. Danach wird sich weisen, ob das noch mehr Wellen schlägt. Mit den Arbeiten hat man da schon mal ne gute Diskussionsgrundlage. Das ist schon viel zu tun für so nen popligem Ehrenamtlichen wie mich. Bin auch echt froh, dass da so tolle Leute zusammen gekommen sind.  :-) Ohne die wäre das noch lange nicht so weit.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

RockandRole

Zitat von: thovalo in 06. Januar 2023, 18:21:42


Die Menschen in Deiner Ecke haben entweder die Technologie einfach noch lange Zeit weiter verwendet und benötigten keine großen Abschläge mehr oder sie hatten bei gleicher Technolgie andere Verwendungsbereiche.


Du meinst damit aber den Homo neanderthalensis, oder?  :winke:
gefährliches Drittelwissen

RockandRole

Das mit der Diskussionsgrundlage ist nicht abwertend gemeint. Ich habe große Achtung vor den Beiden. Die machen das schon sehr gut. Aber es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen  :zwinker:
gefährliches Drittelwissen

Merle2

Moin,

Zu den Kleinformaten äußere ich mal eine Hypothese. Wäre es denkbar das es Artefakte aus einer Übergangszeit sind, die Hersteller kannten und nutzten noch die Levalloismethode, begannen aber die Zielprodukte anders, im Sinne von Kompositwerkzeugen zu nutzen?
Für den Fundplatz sind Keilmesser und Faustkeile belegt ebenso JP Werkzeuge. Vielleicht zeigen sich hier die Übergänge von auslaufendem MP mit noch Levalloistechnik- know- how und neuer Abbautechnik?
Könnte dann vielleicht bedeuten nicht mehr so große Zielabschläge zu benötigen...
Nur so als Gedanke
Viele Grüße

Wiedehopf

Recht kleine in Levallois-Technik gefertigte Steingeräte sind z.B. in der Aterien-Kultur in Nordafrika weit verbreitet.

https://de.wikipedia.org/wiki/At%C3%A9rien

Das hat zwar nichts mit dem hier vorliegenden Fundort zu tun, ich möchte aber Merle2 mit seiner Schlussfolgerung zustimmen.   

Viele Grüße
Michael

Alexis

Hallo,
nach Fotos ist Gestein schwer bestimmen. Kieselschiefer ist es nicht. Auch kein Quarzit. Vielleicht Tonschiefer.
Grüsse
Alexis